Pleiten, Pech und Pannen
Sonnenschein, Spatzengezwitscher, Lächeln, Zuversicht. Und dann schlagen sie zu: Schicksal, Pech, Konsequenzen. Dann stürzen Helden, wackeln Fahrwerke, platzen Motoren, enden Karrieren. Ungerecht oft, unerwartet, manchmal auch begründet – die Motorradwelt strotzt vor solchen Geschichten. Vor kleinen Ursachen und großen Wirkungen, wie hier beim armen Kurtis Roberts, der nach seinem Sturz unter Tränen dem Feuertod der teuren KR des armen Roberts-Teams zusehen musste. So it goes.
Die Motorradszene erlebte viele Katastrophen. Kleine persönliche und große selbst der größten Konzerne, die all ihre unstrittige Intelligenz und Manpower in ein Projekt steckten. Und winzige Details übersahen, scheinbar unbedeutende Aspekte missdeuteten, von völlig Neuem überrascht wurden oder durch schlichtes Pech der Mühe Lohn nicht einfahren durften.
Also beruhigen Sie sich, wenn Ihr frisch poliertes Rennerle zerschrammt im Kies steckt; sowas passiert den Besten, und darin steckt immer eine Lehre: Sorgfalt im Ansatz und Gelassenheit im Fall des Falles walten lassen – das Schicksal holt jeden ein, garantiert. Wahrscheinlich wollte die Evolution uns Menschen so die Demut nahe bringen. Und natürlich Biss und Fortschrittsglaube. Lehnen Sie sich also zurück, und ziehen Sie Ihre persönliche Lehre aus den Fehlern der anderen.
TL 1000 S Frühgeburt

Supersportlich, extrem, nominell 125 PS stark: Suzukis TL 1000 S wollte ab 1997 als erster supersportlicher Japan-V2 die Ducati-Domäne erobern. Sie kopierte Bewährtes wie 90 Grad Zylinderwinkel, Wasserkühlung und die an Nipponbikes damals noch ungewöhnliche Benzineinspritzung. Sie spielte neue Karten wie den Alu-Brückenrahmen und den extrem innovativen Drehflügeldämpfer fürs Hinterrad aus. Nur schoss Suzuki die TL leider zu früh in den Markt. Konnten handgeschnitzte Vorserien-Modelle bei der Präsentation noch überzeugen, zeigte die Serie gravierende Unreife. Die fehlinformierte Einspritzung spritzte enorme Spritmengen ein, was einerseits gewaltigen Verbrauch verursachte, andererseits unverbrannten Kraftstoff an den Kolbenringen vorbei ins Motorgehäuse lotste, das sich allmählich mit verdünntem Öl füllte. Nicht gut. Dann Lenkerschlagen: Wie ein wütendes Viech keilte die TL aus, keineswegs gut. Und der hintere Dämpfer: Alle Versuche halfen nichts, dieses Heck wollte nicht recht; nicht gut und noch verschlechtert durch grausige Erstbereifung.
Eilige wie eifrige Modellpflege heilte tatsächlich Vieles, so dass die TL 1000 S bald zum schön fahrenden Moped mit bis heute großer Fangemeinde mutierte. Die vielen Frühfehler begründeten allerdings einen Ruf, der allen Nachfolgern – der auch nicht unproblematischen TL 1000 R und der SV 1000 S – so sehr schadete, dass trotz guter Anlagen keines erfolgreich wurde. Schade drum.
Mut zum Fortschritt
Eine Weltmacht im Rennsport, und trotzdem strauchelte Honda ausgerechnet über die ehrgeizigsten Projekte. Die NR 500: Ovalkolben und acht Ventile pro Zylinder, nach fast zehn Jahren Zweitaktdominanz der erste Viertakter im GP-Zirkus. Anfangs Vollmundigkeit und Gerüchte, dann Defekte, Leistungsmangel, Schäden. Selbst in der japanischen Meisterschaft blieben trotz Riesenaufwand Erfolge aus, und im GP genügte ein Wheelie, dass die Ölpumpe Luft zog: Motorschaden. Honda schwenkte hastig zur genialen NS 500, einem Zweitakt-Drilling. Und präsentierte 1984 das nächste Technik-Monster: die NSR 500. Die Fach-Internationale bejubelte einen Zweitakt-V4 mit nur einer Kurbelwelle, Carbon-Verbundfelgen, dem Tank schwerpunktgünstig unterm Motor, vier Auspuff-Pythons unter der oberen Tankattrappe.
Alles rechnete mit Freddie Spencers Triumph, niemand mit der Katastrophe: Die Auspuffe versengten Freddies Brusthaar, die NSR fuhr böse. Beim ersten Lauf brach das Kohle-Hinterrad: Fahrgenie Spencer schwenkte zur Saisonmitte auf die NS 500 zurück, gewann wieder. Die NSR verschwand dezent, um ab 1985, revidiert und konventioneller, einen der längsten Triumphzüge der GP-Geschichte anzutreten. Auch die Besten lernen aus Fehlern.
Alex Hofmann

Schade. Wir Deutschen sind Nörgler. Oft selbstgerecht, doch hart gegen andere, auch zu eigenen Helden. Alex Hofmann bekam das zu spüren. Kein Biss, kein Talent, kein Weltmeister, höhnte die heimische Szene. Dabei glänzte Hofmann wie lange kein Deutscher: Trotz unterlegener Kit-Aprilia regelmäßig in den Top 7 der 250er? Kein Folgevertrag. Mit Kawas erstem MotoGP-Schlachtschiff auf Tuchfühlung mit weltmeisterlichen Teamkollegen? Genöle. Maulen, als er mit unterlegenen Dunlops weit schneller als Teammember Cardoso alles gab. Spott, als er mit der D'Antin-Ducati nicht Weltmeister wurde.
Hofmanns echte Klasse zeigen die traurigen Testergebnisse der Duc-Nachfolger Toni Elias – in Spanien ein gefeierter Held –, Marco Melandri – in Italien verehrt – und Silvain Giuntoli – in Frankreich wahrscheinlich geadelt, als er Alex per selten blödem Manöver abschoss, dessen Hand zertrümmerte, sich nicht dafür entschuldigte und schließlich auch noch dessen Cockpit erbte. Schneller fährt auch er bisher aber nicht. Ob er, wie Hofmann beim Abschuss, zur Saisonmitte auf WM-Rang 7 liegen wird, bezweifelt PS. Gewiss gibt es noch Bessere als Alex Hofmann. Aber wieviele eigentlich? Zwanzig? Oder doch nur fünf? Machen wir’s doch mal anders und freuen uns auf tolle Auftritte mit Aprilia in der Superbike-WM.
Gernegross
Pavel Blata ist gewiss ein intelligenter und erfolgreicher Mann. Seit den frühen 90ern verdient der Tscheche gutes Geld mit Minibikes, investierte schon immer in den Sport, etwa ins WCM-MotoGP-Team. 2005 plante der Minibiker das Maxi-Ding: Ein eigenes MotoGP-Bike, und, size matters, eines mit V6 – warum einschränken? Studien wurden gezeigt, Teamstrukturen beworben, Testfahrten angekündigt, Prüfstandsläufe beschworen. Das Aus kam ehrlich: Blata selbst gestand, dass dieses Projekt einfach zu groß geworden sei. Mutig. Und respektabel. Er hat’s probiert. Hätten wir nur mehr Pavel Blatas.
Pirouette, Sturz
Michi Rudroff war ein ganz schneller Deutscher. Kämpfer, Fahrtalent, Meister in der 500er-DM, als das noch was bedeutete, von 1989 bis 1995 guter Privatier in der 500er-WM, ab 1996 auf Suzuki ein Held der Deutschen Superbike-Meisterschaft. Der Mann hatte sich seine Wildcard verdient. Am Nürburgring, 1996, auf einer Werks-Suzuki wie Schwantz, von Mister Suzuki Bert Poensgen mit allem Einsatz angeleiert. Eine Nation fieberte mit der Nummer 54. Aber der Michi purzelte in der Einführungsrunde. "Ich dachte, das hört nie mehr auf", so kleinlaut der tragische Held. "Bis heute bekomme ich das in Japan zu hören“, kommentiert Bert Poensgen. „Nach über zehn Jahren immerhin mit dezentem Lächeln."
TT 600 Cucumber

Englische Helden sind edel und mutig. Oft triumphieren sie, manchmal scheitern sie tragisch. Edle Ziele und großer Mut müssen auch Triumph getrieben haben, als sie für die 2000er-Saison ihre TT 600 zur Welt brachten, in die leistungsdichteste Klasse damaliger Serienbikes. Nur 41,3 Millimeter Hub versprachen enorme Drehfreude, eine Zünd-/Einspritzanlage Kraft und Laufkultur bei allen Drehzahlen. Ein Win-or-loose-Versuch – Schicksal und Konkurrenz entschieden: Looser.
Alle Japaner deklassierten die TT, deren Look höchstens echten Fans Beifall entlockte. Und wenn auch ihr Chassis überzeugte, der Motor tat es nicht. Weder oben noch unten Leistung, kein Rundlauf, keine Manieren. Beim ersten Rundstreckentest heulte die TT laut, aber zahnlos, beklagte trotz eklatantem Leistungsmangel zwei Motorschäden binnen weniger Runden: ganz Shakespeare-Tragik, viel Lärm um nichts. Bis 2002 legte Triumph unzählige Nachbesserungen und 13 unglückliche Mappings nach, bis die TT kaum bemerkt verblich – wenn sie auch bis heute ihre Fans hat, wie so viele Underdogs. Immerhin stieg aus der Asche ihrer Ahnen die Daytona 675. Und die ist so gut, wie die TT 600 schlecht war.
Geier Sturzflug

Herr Tan Sri Dato’ Seri Azizan Zainul Abidin, seines Zeichens Petronas-Chef und fortan „Herr T.“ genannt, nahm Race-Legende Carl Fogarty gönnerhaft in den Arm, als er 2002 zu Füßen der Petronas Twin-Towers erklärte, er werde dessen Team bis 2007 unterstützen, um die Krone der Superbike-WM zu erobern. Das Werkzeug dazu sollte die wunderschöne Foggy Petronas 1, kurz: FP1 sein, die auf gemeinsamen MotoGP-Plänen von Petronas und Sauber-Engineering gediehen war. Man sattelte mit Troy Corser und James Haydon ein schlagkräftiges Fahrer-Duo, rüstete auf Reglements-konforme 900 Kubik – und wurde von der 1000er-Regel überrannt. Schlecht war die FP1 nicht, aber immer 100 Kubik schlechter als die Konkurrenz. Die Fahrer wechselten, man trat an, erzielte Anerkennung, nie Triumphe. Und dachte auch nicht mehr an eine Serienproduktion: Auf Achtungserfolgen lassen sich teure Motorräder schlecht verkaufen, und wenn sie noch so exklusiv, schön und speziell sind. 2006 zog Herr T. den Stecker. Schade für Teamchef Carl Fogarty und schade für die Motorradwelt: Ihr stand dieser türkise Farbtupfer gut.
Outsider

Die Exoten. Sie alle führen ihr Vorderrad anders als mit klassischer Telegabel – denn wo steht, dass das so sein muss? Sie verkörpern Ambitionen, klares Denken, Wagemut. Begeis-terten und begeistern, erstaunten und erstaunen durch verblüffend anderes, im ersten Eindruck stets seltsam anmutendes Fahrverhalten. Und mit erstaunlichen Stärken: satten Federungsreserven auf der Bremse, handlich durch Wechselkurven dank tief versammelter Fahrzeugmasse. Prächtige, exklusive, teils geniale Mopeds. Nur scheiterten sie bisher alle, hatten weder finanziellen Erfolg noch schaffte es auch nur ein Exemplar zu echter Serienfertigung oder höchsten Rennweihen.
Pierluigi Marconis Bimota Tesi, Cortanzes Elf, dann Tryphonos, Chiqane, Vyrus, Atomo. Teils vergessen, teils existent, denn ihre Vordenker denken weiter. Und mal ehrlich: Es muss was dran sein, wenn’s hervorragende Konstrukteure immer wieder probieren. Neuland betreten, wo das Arrangements eines Motorrades plötzlich anderen Gesetzen gehorcht. Neue Plätze für Kühler und Auspuff suchen, mechanisches Anti-Dive einplanen – und an „Kleinigkeiten“ wie alltagstauglichem Wendekreis, empfindlicher Lagerung, heiß laufenden Bremsen scheitern. Probleme, die konventionelle Mopeten auch mal hatten. Weshalb die Mutigen dranbleiben, mit meist bescheidenen Mitteln oft erregend gute Ergebnisse erzielen. Solche Menschen halten die Suppe am Kochen. Lasst die anderen lachen – Telelever und Duolever haben’s ja auch geschafft. Und wer weiß eigentlich, wie Mopeds in 30 Jahren aussehen werden?
Zu weit voraus
Yamaha lancierte 1993 eine Sensation: Die GTS 1000 bot G-Kat, elektronisch geregelte Zünd-/Einspritzanlage, ABS und Achsschenkellenkung. Scheiterte sie an ihren Ambitionen oder am konservativen Unverständnis? Gewiss an einem Detail: dem unharmonischen 130er-Vorderreifen – mit 120er lief alles prima. Weshalb sie bis heute treue Fans und Fahrer hat.
Denken ist kein Volkssport

Die Chance war historisch. Längst hatten die MotoGP-Viertakter ihre Macht demonstriert, als Olivier Jaque und Alex Barros beim Deutschland-GP 2002 auf dem Sachsenring das Feld anführten. Auf zwei 500er-Zweitaktern, einer todgeweihten Art, quasi auf und davon eilten. Vielleicht hätten die Fans hier den letzten Sieg einer 500er gefeiert. Vielleicht hätte Jaque auf seiner Yam die Nase vorn behalten, vielleicht Barros schließlich gesiegt, vielleicht wären beide ohnehin ausgefallen. "Ich musste hart angreifen, Oliviers YZR war einfach vom Speed überlegen", wagte Alex Barros hinterher den Versuch einer Entschuldigung. Umsonst, denn längst war er zum Gespött der Massen geworden. Die historische Chance auf den letzten Zweitaktsieg verstrich ungenutzt, ebenso die auf einen Sieg von Barros oder Jaque. Spätbremser Barros probierte es – im falschen Moment vielleicht. Oder an der falschen Stelle. Oder unüberlegt. Oder zu hitzig. Oder einfach mit der Brechstange. Jedenfalls nicht gut. Er rammte Jaque innen, beide stürzten, Crash, beide out, that’s racing. Ein tragischer Moment der Saison 2002. Ein irgendwie blöder auch.
Die Unvollendete

Mit der zweiten Generation japanischer Anti-Ducs ging Honda in die Vollen. Die VTR 1000 SP-1 war gut: toller Motor, sagenhafte Talente, schöne Technik – aufgeregt diskutierte die Presse seitliche Kühler, LCD-Drehzahlmesser, das Kurzhubverhältnis des Motors. Die RC 51 war sehr erfolgreich: Colin Edwards gewann mit ihr auf Anhieb die Superbike-WM. Die Serie knauserte aber etwas mit Herrlichkeit.
221 Kilo vollgetankt wahren für Sport-Twins okay, aber etwa 20 schwerer als R1 und Fireblade. Und die waren viel ausgewogener. Während Italo-Twins traumhaft fuhren, genügte das SP-1-Chassis zwar kommoder Landstraßenhatz, reagierte aber auf der Rennstrecke superzickig – auf mehr oder weniger Sprit im Tank, auf einen Klick hoch oder runter. Kein Setup machte zufrieden, die SP-1 fuhr unter gleichen Fahrern mit gleichen Reifen bis zu drei Sekunden langsamer als die Klassenbesten, die SP-2 machte es zwei Jahre darauf kaum besser. Dabei hatten beide Bikes super Anlagen, fuhren nach kundigem Umbau schnell – und wurden beide Weltmeister. Doch ihr lasches Serien-Potenzial verhinderte Verkaufserfolge. Und damit wohl weitere Race-Twins aus Japan. Schade. Wobei, vielleicht ja demnächst 1200er?
Toni und die Hayabusa

Erinnern Sie sich? Als das Unterschichten-TV Suzukis Sporttourer Hayabusa zur Verkehrsgefahr Nummer 1 erklärte, zu Kleinbürgers Horror? RTL schickte die GP-Legende Toni Mang auf die Autobahn und bat ihn, Tempo zu machen. Er als Profi schaffe es ja durch den Verkehr, es gehe um Zeitersparnis für den Dreh auf freier Strecke, teurer Hubschrauber und so. Klar hat er nachgefragt. Klar wurde er belogen. Und beim „gefährlichen Fahren“ gefilmt. RTL bastelte daraus seine „Todgeweiht“-Story, die – oft kopiert – der Motorradszene so sehr schadete. Nicht, weil Mopedfahren so gefährlich wäre, sondern weil Fernsehen so langweilig ist. Tja.
Über den Wolken

Die klassische Luftnummer: Guten Willens floss fettes Fördergeld, füllte zwar Taschen, erfüllte aber nie seinen Zweck: Als MZ 2001 stolz das MotoGP-Projekt vorstellte, wirkten die Pläne keineswegs hoffnungslos, die CADs vom 90-Grad-V4 mit pneumatischen Ventilfedern durchdacht, die Fahrerpaarung Ralf Waldmann und José-Louis Cardoso schlagkräftig. Nur wurde nix draus. Warum? Wahrscheinlich Schmie-rentheater, das unter anderen Waldi, Cardoso und Jürgen Zürn (re.) schädigte, Letzterer arbeitet heute als Renningenieur bei einem erfolgreichen DTM-Team. Wir hätten die MZ gern rennen gesehen. Jetzt fährt wohl irgendwo ein mit dem ergaunerten Geld bezahlter Sportwagen herum. Schade.
RS-Cube

Die Aprilia RS Cube rannte als erstes und vielleicht letztes Dreizylinderbike um MotoGP-Ehren, gebaut in der Hoffnung, von den 10 kg Gewichtsvorteil zu profitieren, die das Reglement Drillingen gegenüber Vier- und Fünfzylindern einräumte. Leider geriet sie schwer und ihr dreijähriges Leben glücklos, woran wohl schließlich Aprilias Finanzkrise schuld war, denn zuletzt standen die Dinge nicht schlecht.
Aprilia hatte Cosworth zum Motor um Rat befragt. Folgerichtig kreischte die RS-Cube lautstark als erstes Motorradtriebwerk mit Formel-1-Technik, sprich: pneumatischen Ventilfedern und extrem kurzhubiger Auslegung (angeblich 93 x 48,5 mm). Die unvermeidlichen Vibrationen des Drillings fing eine Ausgleichswelle zwischen Kurbelwelle und Primärtrieb auf. Der Motor drehte rückwärts, was beim Beschleunigen 2 kg Last aufs Vorderrad gebracht haben soll. An Leistung mangelte es nie, wohl aber am Handling, weshalb Chassis und Motor höher und höher geliftet wurden, was nur – Finanznot – über einen extremen Schwingenwinkel abzufangen war.
Niemand brillierte auf der schwierigen Cube: Regis Laconi nicht, Nitro-Nori Haga nicht, Colin Edwards nicht, auch Jeremy McWilliams und Shane Byrne nicht. Niemand zähmte die grausam spitze und chatternde Cube, die durchaus gekonnt hätte, wäre nur das Geld zur Lösung der längst bekannten Probleme geflossen. Lediglich Testpilot Marcellino Lucchi kam noch in den Genuss der geheilten 2005er-Version. Die lief gut – aber sie durfte nicht mehr. Aprilias neue Bosse schlossen den Geldhahn. Und damit eines der interessantesten MotoGP-Kapitel.
Le little Mac

Ein guter Name, Ilmor: Hier kaufte Mercedes Know-how für Formel-1-Motoren. Chef Mario Illien, durch und durch Racefan, startete 2006 zusammen mit Fahrwerkspapst und Mit-Schweizer Eskil Suter ein MotoGP-Projekt. Am Anfang lief alles prima. Trotz kleinem Hubraum konnte Gary McCoy auf der SRT X³ beim letzten Rennen 2006 einen WM-Punkt ergattern. Für 2007 engagierte Ilmor Andrew Pitt und Jeremy McWilliams – der sich bei Testfahrten so schwer verletzte, dass Einsätze ausblieben. Nicht, weil er nie mehr genas, sondern weil Illien, angeblich um 10 Millionen Euro ärmer, das Projekt entnervt aufgab. Und seither nach Sponsoren sucht – die Kosten für MotoGP-Racing sind durch die 800er-Klasse nicht unbedingt geschrumpft. Weshalb auch diese kleine Geschichte eine katastrophale Frage stellt: Wer eigentlich hat so viel Interesse am Motorrad-Racing, dass er einen Nährboden für Investitionen sieht?
Die Geister, die ich rief

Sie hatten gegen alle Widerstände auf die 800er-MotoGP-Klasse gedrängt. Dann stolperte ausgerechnet Honda über die gerufenen Geister. Na gut, Pedrosa wurde Vize-Weltmeister. Aber Hayden, Melandri, Checa, Elias und Nakano kamen gar nicht mit der winzigen Honda RC212V zurecht. Alles Nasenbohrer? Wohl eher gute Fahrer auf einer nicht so guten Honda – trotz eigener Spielregeln.
Dabei kursieren bis heute Zweifel am Sinn der 800er. Sie trieben die Kosten hoch und degradierten MotoGP zur „kleinen Klasse“ – warum eigentlich müssen die Könige mit kleinerem Hubraum antreten als ein Superbike? So verhinderte Honda nebenbei die auf dem Präsentierteller wartende Marktbefruchtung: Wer hätte nicht Hondas Serien-V5 applaudiert, einer V4-Suzuki oder einem Big-Bang-Reihenvierer. Aber mit 800 Kubik? Doppelter Preis für weniger Leistung? Langweilig. Und selbst schuld!
Zu Hilfe

Stellvertretend für viele Reifen seien drei Exemplare erwähnt, die sich einen gewissen Ruf erarbeitet haben. Metzelers ME Z3 in Sonderspezifikation für Yamahas R1 fuhr mal so gar nicht, hielt aber viele Runden Nardo aus – darauf hatte Yamaha trotz heftiger Gegenwehr seitens Metzeler bestanden. Die Lösung? Runter damit! Dann Bridgestones BT 50: Unter seiner Führung entstand das Schmähwort „Glitschstone“. Dabei funktionierten die Reifen gut, waren nur im Neuzustand derart rutschig, dass umsichtiges Anfahren in vielseitigen Artikeln erklärt und empfohlen wurde. Kein Reifen dürfte allerdings mehr Schäden verursacht haben als Michelins Pilot Race: Mit Null und wirklich keinem Kaltgrip brach er Knochen und Mopedteile, beendete Rennen und Renntrainings in der ersten Runde – und sensibilisierte uns für Reifenwärmer, denn vorgeheizt war der Pilot Race eine Wucht.
Oh Gott!

Ein cleverer Gedanke: BMW wollte mit dem Scarver eine ganze Erlebniswelt schaffen, eine Art Vehikel urbaner Identität. Ein junges Bike in junger Optik, jawohl, der Schlüssel zum Nachwuchs, wie schön. Nur leider daneben. Ein paar Yuppies mochten den Scarver; die meisten – der Nachwuchs eingeschlossen – witzelten über die Weichspüler-Optik. Was lernten einmal wieder alle, die’s hätten wissen müssen und es vergessen hatten? Motorradfahren ist unvernünftig, und Motorräder sehen nicht aus wie ein Stück Seife. Schon gar nicht, wenn sie cool sein wollen.