Gebrauchtberatung Ducati ST-Reihe
Welche Sporttouring-Ducati passt am besten zu mir?

Zwei, drei oder vier – ähnlich wie bei dem Kinderspielshow-Klassiker "1, 2 oder 3" sollte man vorher die richtige Antwort kennen. In diesem Fall: Welche Sporttouring-Ducati passt am besten zu mir?

Welche Sporttouring-Ducati passt am besten zu mir?
Foto: Ducati

Ducati ST-Reihe

Holla, die einstige Edelmaschine findet sich nun schon zu Preisen unter 2000 Euro. Wir reden von der ST2, die hat 1997 immerhin gut 20000 Mark gekostet! Ob diese oder doch eher eine der Schwestern die Richtige ist, dazu nun eine kleine Modellberatung.

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Motortechnisch gibt es immense Unterschiede

Vom Aussehen her unterscheiden sich die ST-Modelle über die zehnjährige Bauzeit (1997 bis 2007) nur wenig. Ab 2004 verpassten die Designer aus Bo­logna dem Motorrad ein markanteres Gesicht (ST3) – eine undramatische Geschmacksfrage für Interessenten.

Motortechnisch hingegen gibt es immense Unterschiede. Die ST2 wartet mit einem auf 944 cm³ aufgebohrten V2 aus der fast schon vergessenen 907 i. e. auf und versuchte seinerzeit, dem erfolgreichen Genre-Platzhirsch Honda VFR Konkurrenz zu machen. Mit „nur“ 83 PS ein schwieriges Unterfangen. Doch eine Probefahrt belehrt eines Besseren, denn der bullige, dennoch vergleichsweise genügsame Desmo-Twin macht Höllenspaß.

Auf dem Papier ist die Nachfolgerin ST4 (ab 1999) mit 105 PS deutlich überlegen, doch die spitze Leistungscharakteristik des sportlichen Vierventilers aus der legendären 916 passt nicht wirklich zu den Ansprüchen des klassischen Tourenfahrers. Der 996er-Motor (ab 2001) mit einer Nennleistung von 120 PS imponiert da schon eher, deshalb ist die ST4s, vorzugsweise mit ABS, als Gebrauchte auch besonders gefragt. Ein voll einstellbares Fahrwerk hebt Sie zudem von der normalen ST4 ab.

2004 löste dann die ST3 als jüngste Schwester im Reigen die Zweier und Vierer ab, bekam einen neuen Dreiventil-Motor, den sogenannten Desmotre spendiert. 102 PS stark, lecker im Antritt, robust. Das Fahrwerk mit Sachs-Federbein und die bei zackiger Fahrweise etwas zickige Gabel gaben aber Anlass zu Kritik. Doch die 2006/2007 gebaute ST3s (107 PS) mit Öhlins-Federbein, voll einstellbarer Showa-Gabel­ und ABS zeigt fast nur Schokoladenseiten – für ST-Interessenten ein ganz heißer Tipp.

Besichtigung

Archiv
Eingebettet in den filigranen Stahl-Gitter­rohrrahmen macht der wassergekühlte Zweiventil-Desmo-Twin in Ducatis Tourenmaschine eine gute Figur.

Für die Rennstrecke hat der italienische Hersteller aus Bologna genügend andere Modelle im Programm, und Käufer einer ST wissen das. Die Sporttouringmodelle verirren sich dementsprechend selten in diese Gefahrenzone, und Sturzschäden sind kein großes Thema bei dieser Modellreihe. Andererseits wird die ST gerne artgerecht bewegt, sie bekommt also gut Auslauf und viele Kilometer zu fressen, hohe Laufleis­tungen weit jenseits der 50 000 km sind keine Seltenheit. Kein Problem, attestieren Fachwerk­stätten und berichten von Dauerläufern mit über 100 000 Kilometern. Insbesondere der Zweiventil-Desmo der ST2 genießt einen guten Ruf. Anmerkung: Die Wartung von Ducati-Motoren sollte man besser absoluten Kennern überlassen (Serviceheft zeigen lassen!) – Obacht also bei Offerten aus Hobbyschraubers Händen.

Die ST4 hatte seinerzeit im MOTORRAD-50000-Kilo­meter-Langstreckentest schlecht abgeschnitten. Nockenwellen, Ventile, Kolben, Kupplung und andere Motorteile waren über das Maß hin­aus strapaziert und mussten getauscht werden. Noch eine Anmerkung: Hat das Motorrad eine  regelmäßige, dokumentierte Wartung durch eine Ducati-Werkstatt erlebt, kann man normaler­weise davon ausgehen, dass auch der Vierventil-Motor solide läuft und höhere Laufleistungen gut wegsteckt. Interessenten an Modellen mit Trockenkupplung sollten bei der Besichtigung nach Möglichkeit den Kupplungskorb auf Laufspuren untersuchen. Die ST4s ab 2005 sowie die Modelle ST3 und ST3s besitzen indes eine Ölbadkupplung, die sich als standhafter erwiesen hat. Unbedingt prüfen, wann der letzte Zahnriemenwechsel stattfand, denn wenn ein maroder Riemen reißen sollte, drohen kapitale Motorschäden.

Zubehör-Dreingaben wie ein komplettes Koffersystem inklusive Träger aus dem Originalzubehör heben je nach Zustand den Preis der Gebrauchten um bis zu 400 Euro an, aktuelle Tourenreifen mit geringer Laufleistung werden auch goutiert.

Marktsituation

fact
Die Stärkste in der ST-Reihe: ST4s mit 996er-Vierventiler und satten 120 PS.

Rund die Hälfte aller ST-Angebote stammt aus privater Hand, wobei das niedrige Preissegment bis 2500 Euro von Händlern kaum bedient wird. In dieser Liga finden sich überwiegend ST2 mit Lauf­leistungen von über 40 000 Kilometern, die beim Kauf einen gewissen Wagemut erfordern. Ab 3000 Euro sind ordentlich gepflegte und gewartete ST2 und ST4 mit vertretbaren Gebrauchsspuren im Angebot, und mit etwas Geduld ist auch eine ST3 zu diesen Kursen in den Inseraten auszumachen. Die Zweiventiler-ST, die bis 2004 im Programm war, erzielt realistisch auch in gutem Zustand, mit Scheckheft und weniger als 30 000 Kilometern kaum mehr als 3500 Euro. Inter­essenten mit eingeschränktem Budget also aufgepasst: Hier ist die Schnäppchendichte hoch! Und wie gesagt: 83 PS reichen für viel Spaß.

Die im Neupreis recht teure ST4s (ab 2001, ehemals gut 13 000 Euro) gibt es gebraucht mit Laufleistungen unter 30 000 Kilometern hingegen erst ab 3500 Euro. Allerdings werden bei diesem Modell auch für zehn Jahre alte Exemplare teilweise noch Preise um 5000 Euro auf­gerufen. Ob das tatsächlich jemand bezahlt oder der Anbieter dadurch eher eine Stand­uhr heranzüchtet, bleibt dahingestellt. Mehr als 5000 Euro für eine sauber dastehende und vorbildlich werkstattgepflegte ST3s ABS (Baujahr 2006/2007) und nicht mehr als 25 000 Kilometern auf der Uhr gelten jedoch als angemessen – hier stimmt der Gegenwert. Allerdings ist dieses ST-Modell, vorsichtig ausgedrückt, sehr überschaubar im Bestand vertreten (kaum in dreistelliger Stückzahl) und dementsprechend nur selten im Angebot.

Preisniveau in Euro
Baujahre km-Stand
Nierdrig  1700-2500  1997-2003 25000-70000
Mittel 2600-4500 1997-2007  15000-50000
Hoch 4600-6000 2002-2007 7500-20000
Modell Im Programm Bestand*
ST2 1997-2003 581
ST4/ST4s/ST4s ABS 1999-2005 1175
ST3/ST3s ABS 2004-2008 375
Stand: KBA-Bestand 2012

Modellpflege

Ducati
Ist in der Sporttouring-Szene ein Underdog – und deshalb ein heißer Tipp: ST3s.

1997: Markteinführung ST2, Zweiventiler, 944 cm³. Leistung: 83 PS. Preis: 19 990 Mark (10175 Euro).

1999: Modelleinführung ST4, Vierventiler (Motor entstammt der Ducati 916), Leistung: 105 PS. Preis: 23840 Mark (12189 Euro); Modellpflege ST2: neue Lichtmaschine, neuer Regler, mo­difizierter Lenker, leichtere Räder. Preis: 20340 Mark (10400 Euro).
2001 Modell ST4s mit Vierventilmotor aus der Ducati 996. Leistung: 117 PS. Preis: 24643 Mark (12600 Euro). ST2 und ST4 bleiben un­verändert im Programm, Preise: 18 580 Mark (9500 Euro) bzw. 22688 Mark (11600 Euro).

2002: Ungeregelter Kat für alle ST-Modelle. Preise ST2/ST4/ST4s: 9600/11700/12700 Euro.

2003: G-Kat für alle ST-Modelle. ST4s optional mit ABS (Aufpreis: 1000 Euro). Preise ST2/ST4/ST4s: 9900/12 000/13 000 Euro.

2004: Die Modelle ST2 und ST4 werden aus dem Programm genommen. Modelleinführung der ST3 mit komplett neu konstruiertem Dreiventilmotor, 992 cm³. Leistung: 102 PS. Modellpflege ST4s (ABS weiterhin gegen 1000 Euro Aufpreis optional erhältlich): modifizierte Verkleidung und Sitzbank, neuer Scheinwerfer. Preise ST3/ST4s: 10995/12995 Euro.

2006: ST4s nicht mehr im Programm, ST3s ABS mit Showa-Gabel und Öhlins-Federbein. Leis­tung: 107 PS. Preis: 12 695 Euro.

2007: Letztes Baujahr ST3s, damit endet die ST-Reihe. Preis: 13280 Euro.

Daten und Messwerte

Ducati
Logisch, in mediterranen Gefilden fühlt sich die tourensportliche Ducati ST am besten an.

Ducati ST2
(Modell 1997)
Ducati ST4s
ABS (Modell 2002)
Ducati ST3 S
 ABS (Modell 2006)
Motor
Bauart

Wassergekühlter
Zweizylinder-Viertakt-
90-Grad-V-Motor
Wassergekühlter
Zweizylinder-Viertakt- 
90-Grad-V-Motor
Wassergekühlter
Zweizylinder-Viertakt-
90-Grad-V-Motor
Vergaser/Einspritzung Einspritzung, Ø k. A. Einspritzung, Ø 50 mm Einspritzung, Ø 50 mm
Kupplung
Mehrscheiben-Ölbad-
kupplung (hydraulisch)
Mehrscheiben-Ölbad-
kupplung (hydraulisch)
Mehrscheiben-Ölbad-
kupplung (hydraulisch)
Bohrung x Hub 94 x 68 mm 98 x 66 mm 94 x 71,5 mm
Hubraum 944 cm³ 996 cm³ 992 cm³
Leistung 61 kW (83 PS) bei
8500/min
88 kW (120 PS) bei
8800/min
78,8 kW (107 PS) bei
8750/min
Drehmoment 70 Nm bei 7200/min 98 Nm bei 7000/min 98 Nm bei 7250/min
Fahrwerk
Rahmen
Gitterrohrrahmen aus
Stahl
Gitterrohrrahmen aus
Stahl
Gitterrohrrahmen aus
Stahl
Gabel
Upside-down-Gabel,
Ø 43 mm
Upside-down-Gabel,
Ø 43 mm
Upside-down-Gabel,
Ø 43 mm
Bremsen vorne/hinten  Ø 320/245 mm Ø 320/245 mm Ø 320/245 mm
Assistenzsysteme kein System ABS ABS
Räder 3.50 x 17; 5.50 x 17 3.50 x 17; 5.50 x 17 3.50 x 17; 5.50 x 17
Reifen
120/70 ZR 17;
170/60 ZR 17
120/70 ZR 17;
180/55 ZR 17
120/70 ZR 17;
180/55 ZR 17
Maße und Gewichte
Radstand 1430 mm 1430 mm 1430 mm
Lenkkopfwinkel 66 Grad 66 Grad 66 Grad
Nachlauf 102 mm 102 mm 102 mm
Federwege vorne/hinten 130/148 mm 130/148 mm 130/148 mm
Sitzhöhe* 830 mm 820 mm 815 mm
Gewicht vollgetankt** 230 kg 234 kg 235 kg
Zuladung* 190 kg 185 kg 185 kg
Tankinhalt/Reserve 23/4 Liter 21/6 Liter 21/6 Liter
MOTORRAD-Messwerte   
Höchstgeschwindigkeit 223 km/h 245 km/h** 230 km/h**
Beschleunigung0-100 km/h
3,6 sek

3,0 sek

3,6 sek
Durchzug
60-100 km/h

5,8 sek

4,8 sek

3,9 sek
Verbrauch Landstraße 5,3 Liter 5,4 Liter 6,4 Liter
*MOTORRAD-Messungen; **Herstellerangabe

Die aktuelle Ausgabe
MOTORRAD 20 / 2023

Erscheinungsdatum 15.09.2023