Gebrauchtberatung Honda CBR 600 F (PC 31)
Musterknabe

Seit 1987 hat sich Hondas Alleskönner CBR 600 F über 40000-mal verkauft. Rund ein Drittel davon stellt die PC 31, die seit dem Debüt der Kat-Version immer günstiger wird.

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Foto: Jahn

In Hondas nahezu lückenloser Modellpalette musste die CBR 600 F schon immer den breitesten Spagat machen. Einerseits hatte sie die sportive Klientel alle paar Jahre mit ein paar mehr PS als die Konkurrenz anzufüttern - steigerte sich also folgerichtig von ehemals 85 PS auf deren 110 -, andererseits sollte sie auf der Landstrasse und im Alltagsbetrieb die Tourer und Allrounder bedienen. Mit fünf Modellwechseln seit 1987 und einer Auflage von mehr als 40000 hierzulande verkauften Einheiten scheint der Musterschüler in der 600er-Mittelklasse diese Aufgabe überzeugend bewältigt zu haben.
Allein von der PC 31, von 1995 bis 1998 auf dem Markt, schlug Honda mehr als 13500 Stück los. Da dieses Modell vom Preis-Leistungsverhältnis am günstigsten ist, liegt der Schwerpunkt dieser Gebrauchtberatung auf der PC 31. Denn nach der Einführung der PC 35 mit Leichtmetall-Chassis und Einspritzung, ab Jahrgang 2001 auch mit geregeltem Kat, ist der Wiederverkauf des Vorgängermodells nur mit Preisnachlässen realisierbar und für Käufer darum besonders attraktiv.
Das gefahrene Exemplar, das die Firma Limbächer in Stuttgart-Echtderdingen gerade im Angebot hatte, war Erstzulassung 4/1998 und sollte mit rund 15000 Kilometern knapp 10000 Mark kosten. Der äußere Zustand war in Ordnung, der Erstbesitzer schien kein großer Putzfreak gewesen zu sein. Eher ein gutes Zeichen, versuchen routinierte Verkäufer doch gelegentlich mit ihren auf Hochglanz polierten Fahrzeugen von verdeckten Mängeln abzulenken. Die über der oberen Gabelbrücke montierten Lenkerhälften sind ohne große Verrenkungen auch für Kurzarmige kommod zu erreichen. Allerdings baut die Sitzbank etwas breit, so dss Fahrerinnen und Fahrer nicht wesentlich unter 1,70 Meter messen sollten, um mit den Füssen sicheren Bodenkontakt zu haben.
Alle Schalter und Hebel liegen ergonomisch an der richtigen Stelle, die Maschine wirkt wie speziell auf den jeweiligen Fahrer zugeschnitten und abgestimmt. Ohne lange Eingewöhnungszeit bewegt der Pilot die handliche, wendige Maschine, als wäre er nie etwas anderes gefahren. Zumal der Vierzylinder die Bewegungen der Gashand unmittelbar bis zirka 5000/min in zunächst eher zurückhaltende Vorwärtsbewegung umsetzt. Um oben hinaus kräftig zuzulegen und bei fünfstelligen Drehzahlen ein Feuerwerk abzubrennen, das im normalen Straßenverkehr blitzschnell die Grenzen der Legalität überschreitet.
Unter diesem Aspekt langen im letzten Gang des Sechsganggetriebes gerade mal 5000/min für die erlaubten 100 km/h auf der Landstraße. Die Vorderradbremse verzögert auch mit zwei Fingern effektiv bei exaktem Druckpunkt und die wirkungsvolle Dämpfung der hochwertigen Federelemente hat bei Landstraßentempo keinerlei Mühe, das nur 210 Kilogramm schwere Motorrad fast komfortabel im Zaum zu halten. Voraussetzung dafür ist allerdings, die Einstellschrauben für Zug- und Druckstufendämpfung für den touristischen Einsatzzweck fast ganz aufzudrehen. Wobei auch die montierten Bridgestone Battlax BT 56-Reifen zum überzeugend leichten Einlenken in Kurven und völlig neutralem Handling beitragen.
Bei so viel Licht für die fahrdynamischen Qualitäten und dem geglückten Kompromiss sowohl für die Reise- als auch die sportliche Klientel, wo bleibt der Schatten? Auch in Sachen Zuverlässigkeit und Haltbarkeit fährt die PC 31, wie schon ihre Vorgängerin, keine Minuspunkte ein. Interessenten für das Modell zwischen 1995 und 1998 sollten ihr Augenmerk primär auf gewisse Verschleißteile richten. Bei sportlicher Fahrweise des Vorbesitzers sind alle 10000 bis 15000 Kilometer vorn neue Bremsbeläge fällig (Vergleichstest in MOTORRAD 9/2000). Kosten zirka 120 Mark ohne Einbau, auch der Zustand der Bremsscheiben könnte ein Grund für einen Preisnachlass sein.
Häufiges Dampfstrahlen der Maschine kann den Radlagern bis zum Exitus zusetzen und den Kunststoff der Verkleidungsteile spröde und brüchig werden lassen. Auch die Kugellager des Lenkkopfs können bei starker Belastung - nicht zuletzt auch durch übermütige Wheelies – die Grätsche machen, erkennbar an einem leichten Einrasten bei Lenkbewegungen Lenkbewegungen oder Bremsmanövern. Von defekten Steuerkettenspannern, bei den Vorgängermodellen häufig ein Problem, ist nichts bekannt. Gleichwohl sollte ein deutlich zu vernehmendes Laufgeräusch des Nockenwellenantriebs einen schnellen Werkstattbesuch nach sich ziehen, bevor ein Steuerkettendefekt oder Schlimmeres droht.
Obwohl sich auf der Honda CBR 600 F große und kleine Fahrer meistens auf Anhieb wohlfühlen, tauschen sie, um den Winddruck zu minimieren, die Verkleidungsscheibe häufig gegen eine Spoiler- oder Tourenscheibe von MRA, Telefon 0 76 63/93 89 0, zum Preis von rund 160 Mark.
Während der Bauzeit der PC 31 galt noch das 100-PS-Agreement zwischen Industrie und Gesetzgeber, die Honda das Modell nur in der versicherungsgünstigen 98-PS-Variante ausliefern ließ. Wer heute den Motor auf die Originalleistung von 105 PS entdrosseln möchte, muss lediglich weitere Ansaugstutzen (zirka 250 Mark plus 1,5 Stunden Arbeitszeit) beim Händler montieren lassen und die Eintragung nicht vergessen, um im Fall der Fälle wegen Versicherungsbetrugs belangt zu werden.
Beim weiten Feld der richtigen Bereifung – der Pneu, der alles kann, lange hält und wenig kostet – hilft MOTORRAD 11 und 12/1997 weiter. Zwölf Paarungen für Touren- und Sportfahrer wurden getestet.
Mit dem Nachfolgemodell PC 35, das seit diesem Jahr mit geregeltem Katalysator und vorbildlichen Schadstoffwerten als Exempel für die zukunftsweisende Lösung in der aufgeregten Diskussion um künftige Grenzwerte und neue Besteuerungsmodelle gelten darf, ist der Wiederverkaufswert der PC 31 gesunken. Des einen Leid ist des anderen Freud. Interessenten für eine Gebrauchte dürften eine relativ große Auswahl haben. Anfang des Jahres gab es Angebote mit PC 31 mit knapp 10000 Kilometern kaum über 8000 Mark. Aber auch Exemplare mit der doppelten Kilometerleistung sind – entsprechende Checks vorausgesetzt – sicher ihr Geld wert. Musterschüler enttäuschen nun mal ungern die Leute, die einen wohlgefälligen Blick auf sie geworfen haben.

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Marktübersicht

Die Honda CBR 600 F gibt es seit 1987. Unter dem internen Firmenkürzel PC 19 schrieb sie mit damals 85 PS und zwei Jahre später mit 93 PS nachhaltig Modellgeschichte. Mit der PC 25, im Jahr 1990, waren dann die 100 PS erreicht, ab 1995 kam die PC 31 auf den Markt. Davon verkaufte Honda bis Anfang 1999 rund 13500 Stück, Die Schwacke-Liste notiert: Baujahr 1991 (83 400 Kilometer) 4600 Mark; 1993 (66 000) 5400 Mark; 1995 (49 800) 6600 Mark; 1997 (33 000)8450 Mark; 1999 (16 200) 10400 Mark. Mit dem Debüt des Modells PC 35, das ab 2001 endlich auch mit geregeltem Kat angeboten wird, gerieten die Preise für die PC 31 ins Rutschen. Die japanische Konkurrenz der 600er-Sporttourer: Kawasaki ZZ-R 600 zu relativ günstigem Preis und die Yamaha YZF 600 Thundercat, deren homogene Gesamtkonzeption mit dem Erscheinen der R6 leider etwas ins Hintertreffen geriet.

Lesererfahrungen - Honda CBR 600 F

Nach 20000 Kilometern habe ich meine PC 31, Baujahr 1997, verkauft. Ärgerlich war, dass Honda zu diesem Zeitpunkt den Preis für die CBR 900 RR gesenkt hatte und die PC 35 so einschlug, dass ich meine 600er nur deutlich unter Wert verkaufen konnte. Bei Kilometerstand 10000 wurde der Motor von 34 auf 98 PS entdrosselt und das defekte Federbein auf Garantie ausgewechselt. Die PC 31 war eine gutmütige, handliche Maschine zu einem fairen Preis.Antoni Hiristodulidis, HamburgAuf insgesamt 37000 Kilometern hatte die Maschine bis jetzt nur einen Defekt: Am Geber für die Öldruckleuchte trat Öl aus. Verschleißteile: Bremsbeläge vorn alle 12000 Kilometer, hinten bei 25000 Kilometern; der Kettenkit hielt 28000 Kilometer; nach der gleichen Laufleistung wurde das Lenkkopflager wegen lauten Knackens gegen Kegelrollenlager getauscht. Was ich an der CBR blöd fand: Die Firlefanz-Lackierung – jetzt ist sie uni-gelb. Und der Originalsound ist jämmerlich langweilig.Roland Popp, NeussNachdem ich mit meiner PC 31 seit 1998 mittlerweile 30 000 Kilometer abgespult habe, kann ich sagen, dass es sich um eines der ausgewogensten Motorradmodelle handelt. Mit der CBR ist weder eine flotte Gangart auf der Hausstrecke noch eine Reise mit Sozia und genug Gepäck ans Nordkap ein Problem. Bis jetzt ist außer Öl und Bremsbelägewechseln nichts gewesen. Nach der Umrüstung von Bridgestone BT 56 auf Pirelli Dragon habe ich jetzt einen Reifen gefunden, der gut mit dem Fahrwerk harmoniert. Für Koffer oder Alukisten und eine Gepäckrolle eignet sich der Five-Star-Gepäckträger hervorragend. Nach der Montage einer Racingscheibe von MRA bin ich auch mit dem Windschutz einigermaßen zufrieden.Walter Schwarzbeck, Mintraching

Technische Daten - Honda CBR 600 F

Honda CBR 600 F (PC 31)Technische DatenMotorWassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, zwei obenliegende, kettengetriebene Nockenwellen, vier über Tassenstößel betätigte Ventile pro Zylinder, vier Keihin-Gleichdruckvergaser, 0 36 mm, kontaktlose Transistorzündung, keine Abgasreinigung, Hubraum 600 cm³, Nennleistung 77/72 kW (105/98 PS), Sechsganggetriebe,E-Starter, O-Ring-Kette.FahrwerkBrückenrahmen aus Stahl, Telegabel, Standrohrdurchmesser 41 mm, mit verstellbarer Federbasis und Zugstufendämpfung, Zweiarmschwinge aus Stahlprofilen, Zentralfederbein mit verstellbarer Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Doppelscheibenbremse mit Doppelkolbensätteln und schwimmend gelagerten Bremsscheiben vorn, 0 296 mm, Scheibenbremse hinten, 0 220 mm, Leichtmetall-Gssräder, Federweg vorn/hinten 130/110 mm.Maße und GewichteSitzhöhe 800 mmTankinhalt/Reserve 17/3 LiterGewicht vollgetankt 210 kgService-Intervalle alle 6000 kmTestwerteHöchstgeschwindigkeit solo/mit Sozius 243/214 km/hBeschleunigung 0-100 km/h solo/mit Sozius 3,5/4,8 sekVerbrauch 7 LiterKraftstoff NormalErsatzteil-PreiseSturzteileKupplungsarmatur 23 MarkHandbremsarmatur 52 MarkLenkerhälfte 151 MarkRückspiegel 132 MarkBlinker vorn 118 MarkTachometer 278 MarkDrehzahlmesser 239 MarkScheinwerfer 342 MarkGabelstandrohr 234 MarkSchutzblech vorn 164 MarkSchalldämpfer 584 MarkTank, lackiert 1144 MarkRahmen komplett 2452 MarkVerkleidung:Oberschale 563 Markje Seitenverkleidung 288 MarkUnterteil 884 MarkScheibe 330 MarkVerschleißteileKettenkit 229 MarkBremsbeläge vorn, ein Satz 105 MarkKupplungsreibscheiben, ein Satz 194 MarkBremsscheibe vorn 561 MarkLuftfilter 61 MarkBatterie 141 MarkStärken und SchwächenStärkenAußerordentliche Allround-EigenschaftenZuverlässiger MotorGrosse FahrwerksreserveHauptständerSchwächenViele kostspielige KunststoffteileUngünstiger Wiederverkaufswert Test in MOTORRAD1Test 26/1994Vergleichstest 1/1995Vergleichstest 7/1996Vergleichstest 2/1997Modellreport 14/1997Vergleichstest 6/1998Fußnoten:1Tests können beim Verlag bestellt werden, Telefon siehe Kasten auf Seite xxx.

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