Die Verkaufszahlen sprechen Bände: In den 1990ern kauften jährlich rund 2000 Motorradfahrer die VFR, seit 2007 sind es weniger als 300 pro Jahr. Die Gründe? Den einst spannenden Technologieträger mit seinem aufwendigen V4-Motor lässt Honda seit der letzten Modellpflege 2006 im Programm nebenher laufen nach der Devise: Ein paar Fans wird es wohl noch geben. Doch auch treuen VFR-Verehrern gehen die Argumente für einen Neukauf aus. Mit maximal 109 PS ist im Sportverein heutzutage kein Blumentopf zu gewinnen, und die Fraktion sehr dynamisch Reisender steigt zunehmend auf immer stärkere Tourenenduros um. Aus eigenem Haus kommt zudem mit gleichem Motor seit 2011 das viel frischere Modell Crossrunner, preislich fast 2000 Euro unter der altehrwürdigen VFR angesiedelt, sowie seit 2010 die neue VFR 1200 F , die als gediegener 170-PS-Sporttourer die 800er klein aussehen lässt. Neukauf schön und gut, Secondhand-Jäger interessiert aber nur eins: Wie viel Motorrad bekomme ich für wie wenig Geld?
Und hier fällt die Bilanz für die VFR als 750er und 800er extrem positiv aus. Zuverlässigkeit? Ausgezeichnet, es gibt kaum Besseres auf dem Markt. Fahrdynamik? Note „sehr gut“, das gilt insbesondere für das Modell ab 2002, dessen ausgeklügelte VTEC-Ventilsteuerung aus dem feinen Vau-Vier beste Fahrleistungen herauskitzelt und dessen formidables Fahrwerk sowie die Bremsen (mit ABS) im Fach Sporttouring strebermäßig punkten. Und selbst die 750er taugt als schon ergraute Maschine noch ganz fabelhaft zum Touren mit sportlichen Turneinlagen. Mag sein, vom einstigen Glamour ist nur wenig übrig, die VFR macht eines aber richtig: Spaß!
Besichtigung / Modellpflege

Robust, standfest, stressfrei - der gute Ruf der V4-Motors ist das Aushängeschild des Motorrads. Egal ob 750er oder 800er, sofern alle Wartungsarbeiten fachmännisch erledigt wurden (Belege vorhanden?), sind keine bösen Überraschungen zu erwarten. Lenkkopf- und/oder Schwingenlager können ab etwa 40 000 Kilometern dran sein, prüfen! Und bei älteren Modellen mit sehr hohen Laufleistungen (über 80 000 Kilometer) sind je nach Beanspruchung verschleißbedingte Schäden nicht ungewöhnlich, deshalb bei Probefahrt auf rupfende Kupplung und heulende Getrieberäder achten. Typische Schwachstellen gibt es aber kaum, höchstens der Lichtmaschinenregler bei der 750er. Achtung beim Kauf eines VTEC-Modells: Die 24 000er-Inspektion erfordert vergleichsweise viele Arbeitsstunden und geht als Werkstattauftrag ordentlich ins Geld (ca. 500 bis 750 Euro). Als aufwertendes Zubehör gelten Gepäcksysteme und Touren-Windschilder.
Modellpflege
1986
Markteinführung der VFR 750 F, Typ RC24. In Deutschland nur mit 100 statt 105 PS. Preis: 12432 Mark (6356 Euro).
1988
Gründliche Modellpflege, unter anderem Vorderrad nun 17 statt 16 Zoll. Preis: 14550 Mark (7439 Euro).
1990
Neuer Typ RC36 mit steiferem Rahmen und 22 Kilo mehr Gewicht (244 kg). Preis: 15570 Mark (7961 Euro).
1994
Umfangreiche Modellpflege: größerer Tank, neue Auspuffanlage, neues Design, zehn Kilo weniger Gewicht. Preis: 18795 Mark (9610 Euro).
1997
Letztes Modelljahr der 750er. Preis: 19195 Mark (9814 Euro).
1998
Neuer Typ RC46 mit 782 cm³, Einspritzung und geregeltem Kat. Neuer Rahmen und neue Verkleidung, Verbundbremse modifiziert. Die 800er-VFR wiegt 237 Kilo und wird in Deutschland mit 98 PS
angeboten. Preis: 19685 Mark (10065 Euro).
2000
Neue Krümmerrohre, Leistung: 106 PS. Preis: 20495 Mark (10460 Euro).
2002
Der Typ RC46 wird stark überarbeitet: neuer V4 mit 109 PS, VTEC-Ventilsteuerung, verstärkter Rahmen, Gabel-Standrohre mit 43 statt 40 Millimetern, geänderte Auspuff- sowie Bremsanlage, neue, kantigere Verkleidung, neues Cockpit. Erhältlich auch mit Bremsassistent als Modell VFR-ABS. Gewicht: 249 kg. Preis: 11490 Euro (ABS: 12240 Euro).
2004
Warnblinklicht, neu lackierte Räder. Preis: 11640 Euro (ABS: 12590 Euro).
2006
Geringe Modifikationen an Schalldämpfern, VTEC und Einspritzung. Preis: 11690 Euro (ABS: 12640 Euro).
2012
Preis: 13290 Euro (mit ABS).
Marktsituation

Die VFR ist mit über 20000 750ern und 800ern ein Bestandsriese, naturgemäß ist deshalb die Vielfalt an Gebrauchtofferten riesig. Die 750er spielt allerdings bei Händlern nur noch eine Nebenrolle, da sie durch vergleichsweise hohes Alter und demzufolge niedrige Preise keine ernst zu nehmenden Gewinne verspricht. Interessenten finden bei privaten Anbietern die besten Stücke. Dahingegen steht die erste Serie der 800er, Typ RC46 (bis 2001), bei Gewerblichen öfter als ordentliche Günstig-Gebrauchte zwischen 3000 und 4000 Euro im Laden - ein gutes Geschäft für beide Seiten. Das VTEC-Modell wird ab rund 3500 Euro inseriert, um 5000 Euro finden sich scheckheftgepflegte Maschinen mit weniger als 20 000 Kilometern, die einen klasse Gegenwert bieten.
Technische Daten

Typ RC46; Modelljahr 2002
Motor
Wassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-90-Grad-V-Motor, vier Ventile pro Zylinder, Nasssumpfschmierung, elektronische Einspritzung, geregelter Katalysator mit Sekundärluftsystem, hydraulisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsgang-getriebe, O-Ring-Kette.
Bohrung x Hub 72 x 48 mm
Hubraum 782 cm³
Nennleistung 80 kW (109 PS) bei 10500/min
Max. Drehmoment 80 Nm bei 8800/min
Fahrwerk
Brückenrahmen aus Aluminium, Telegabel, verstellbare Federbasis, Einarmschwinge aus Aluguss, Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstellbare Federbasis und Zugstufendämpfung, Doppelscheibenbrem-se vorn, Scheibenbremse hinten, Verbundbremse, ABS.
Alu-Gussräder 3.50 x 17; 5.50 x 17
Reifen 120/70 ZR 17; 180/55 ZR 17
Maße + Gewichte
Radstand 1460 mm, Lenkkopfwinkel 64,7 Grad, Nachlauf 95 mm, Federweg v/h 109/ 120 mm, Sitzhöhe* 800 mm, Gewicht vollgetankt* 249 kg, Tankinhalt** 21 Liter.
Messungen
(MOTORRAD 25/2001)
Höchstgeschwindigkeit** 247 km/h
Beschleunigung
0-100 km/h 3,1 sek
Durchzug
60-100 km/h 5,1 sek
Verbrauch
4,4 l/100 km (bei 100 km/h),
5,9 l/100 km (bei 130 km/h)