Gebrauchtberatung Suzuki GSX-R 750 W
FIGURPROBLEME?

Mit Wasserkühlung ausgestattet, war der ehemals ranke Supersportler richt fett geworden.

Seit die 750er Supersportler 1985 mit 100 PS daherkamen, schien die Suzuki GSX-R 750 das Erfolgsrezept gepachtet zu haben. Konstanz in der Modellpflege, der konkurrenzlos günstige Preis und eine makellose, unverwechselbare Rennreplica-Optik sicherten dem Modell scheinbar mühelos das blaue Band des Erfolgs.Spontane Wackelei als Konsequenz des radikalen Aluminium-Fahrwerk-Leichtbaus und nachlassende Leistung des altmodisch auf Luft-/Ölkühlung beharrenden Triebwerks nach heißer Jagd konnten seinen Erfolg nicht schmälern. Nicht zuletzt, weil Suzuki auf Kritik im Zwei-Jahres-Rhythmus erfolgreich reagierte.
Allerdings blieben die Modifikationen nicht ohne Konsequenzen. Als 1992 das Vierzylinder-Triebwerk als letztes innerhalb der japanischen Supersport-Konkurrenz auf Wasserkühlung umgestellt wurde, war nicht mehr zu übersehen, daß aus der Klassenbesten in Sachen Leichtbau mit gerade mal 206 Kilogramm mittlerweile ein fülligeres Bike mit 66 Pfund Mehrgewicht geworden war. Gerade in der Welt der Supersport-Piloten mit ihrem ausgeprägten Hang zum Gewichtsfetischismus eine Tatsache, die wehtun mußte. Was allerdings Käufer, die auf die aggressivere Lackierung der Wassergekühlten abfuhren, nicht verprellen konnte. Mehr als 3000 Besitzer fand die GSX-R 750 W gleich im ersten Produktionsjahr.
Klar, auf der Rennstrecke fährt das W-Modell langsamer, hat aber für den Straßenbetrieb eindeutig tourensportliche Vorzüge. Die Sitzposition ermöglicht mit der höheren Stellung der Lenkerhälften eine etwas entspanntere Haltung. Der neue Motor ist laufruhiger, spricht entschiedener an und handelt - jetzt mit Tassenstößeln für den Ventiltrieb - den Gashaushalt souveräner. Resultat: eine etwas fülligere Drehmomentkurve im mittleren Drehzahlbereich. Die offene Leistung beträgt 118 PS, gedrosselt wird über die Gasschieber. Außerdem sind die üppigen Pfunde der GSX-R so günstig verteilt, daß sie Neulingen im Bereich sportlicher Fortbewegung gar nicht auffallen. Und die Kritik an der Upside-down-Gabel mit Schwächen in der Dämpfungschrakteristik, die sich trotz diverser Einstellmöglichkeiten nicht beseitigen lassen, werden nur Routiniers mit Vergleichsmöglichkeiten bestätigen können.
1994 begann Suzuki mit einem Diätprogramm. Immerhin bewirkte das auf Anhieb glatte elf Kilogramm, die GSX-R wog »nur« noch 228. Und das, obwohl die vordere Gabel mit 43 Millimetern stärkere Tauchrohre, die vordere Doppelscheibe ein zupackenderes System mit Sechskolbenzangen, die hintere Felge einen dickeren Pneu (180 Millimeter) erhielt und die Schwinge verstärkt wurde. Außerdem war der Zylinderkopf fest mit dem Rahmen verschraubt, damit sein Eigenleben gebändigt. Konsequenz dieser Maßnahmen: Das Handling wurde spielerischer, die Bremsen arbeiteten effektiver. Der Lenkungsdämpfer wanderte kompakter unter den Lenkkopf. Das 1994er Modell wurde mit Bridgestone Battlax BT 50-Bereifung ausgeliefert. Doch weniger kostet mehr: mit 17 500 Anschaffungspreis war die neue GSX-R 2000 Mark teurer geworden.
1996 schlug Suzuki barbarisch zu. Aktuelles Ergebnis: Die GSX-R 750 wiegt nur noch 205 Kilogramm und leistet in der offenen Version 128 PS. Sie ist so vollständig anders als alle ihre Vorgängerinnen in den elf Jahren Bauzeit, daß sie laut Kollegen Mini Koch »eigentlich gar nicht mehr GSX-R heißen sollte«. Der Motor ist eine komplette Neukonstruktion, was auch an der völlig neuen äußeren Kontur zu erkennen ist. Aufgrund des jetzt verwendeten Brückenrahmens statt der bisherigen Doppelschleifenkonstruktion wurde es möglich, erstmals die Einlaßkanäle geradlinig zu gestalten und dann mit konsequenter Fallstrom-Anordung der Vergaser mehr Gasdurchsatz, sprich Leistung, zu gewinnen. Dazu ermöglichen Schlünde in der Verkleidung den Auflade-Effekt bei höherer Geschwindigkeit.
Vorschlag zur Güte: Die neueste Entwicklung der GSX-R 750 spielt in einer anderen Liga. Noch zu neu und außerdem ohne das obligotorische Kürzel W, fällt sie aus diesem Gebrauchtkauf raus. Sie spult im Augenblick ihr Langstrecken-Programm ab. Danach wird man weitersehen.
Für die alte GSX-R 750 W aber gilt: motorisch gesund, lediglich bei Modelljahr 1992 gab es einen Ausrutscher mit hohem Ölverbrauch. Suzuki regelte das mit dem kostenlosen Austausch der Zylinder. Beschwerden gibt es bei einigen Fahrern, die der serienmäßig installierte Lenkungsdämpfer bei langsamer Fahrt empfindlich stört. Die zu hohen Dämpferkräfte beeinflussen das Lenkverhalten bereits bei gerigen Bewegungen Die Maschine läuft in langsamer Gangart nicht perfekt geradeaus, ein Gefühl,als hemme ein Kaugummi im Lenkkopf die Bewegungen. Ärgerlich, daß der für das Fahrverhalten unproblematische Abbau laut Betriebserlaubnis nicht legal ist.
Beliebt ist unter den vielen angebotenen GSX-R-Teilen Sturz-Prophylaxe, denn schon bei ansonsten harmlosen Stürzen zerbröselt es häufig den Deckel, hinter dem die Lichtmaschine und der linke Kurbelwellenstumpf plaziert sind. Eventuelle mißliche Folge: Lima plus Kurbelwelle sind hinüber. Ein sogenannter Schleifschutz der Firma Speer kostet 65 Mark, mit dem die Sorge, sich bei riskanter Fahrweise das Innenleben des Motors zu ruinieren, deutlich geringer ist.
Beste Noten für die Pneus erhielten der Brigdestone BT 50, der Dunlop D 202 und der Metzeler ME Z1 und Z2 für 170/180er Bereifung hinten, in Breite 180 Millimeter kommen noch Metzeler ME Z1 Racing, Michelin TX 11/23 HiSport und Pirelli MTR 01/02 dazu.
Von der Suzuki GSX-R 750 W wurden von 1992 bis Ende 1995 mehr als 9000 Maschinen verkauft. Modelle der Jahrgänge 1992 und 1993 werden je nach Konstitution und Kilometerleistung zwischen 7000 und 11 000 Mark gehandelt, das überarbeitete Modell ab 1994 liegt zwischen 10 000 und 13 000 Mark. Wie kräftig die Preise im Frühjahr ins Rutschen kommen, hängt sicherlich auch davon ab, wie locker das Geld für den Erwerb der neuesten Variante des alten Liedes GSX-R 750 sitzt.

Unsere Highlights

Technische Daten - Suzuki GSX-R 750 (GK)

Suzuki GSX-R 750 W Technische DatenMotorWassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, zwei obenliegende, kettengetriebene Nockenwellen, vier über Tassenstößel betätigte Ventile pro Zylinder, kontaktlose Zündanlage mit elektronischer Zündverstellung, vier Mikuni-Gleichdruckvergaser, 0 38 mm, Drehstromlichtmaschine 420 Watt, Batterie 12V/14Ah, E-Starter.Bohrung x Hub 70 x 48,7 mmHubraum 749 cm3Verdichtungsverhältnis 11,8 : 1Nennleistung 100 PS (74 kW) bei 11500/minMax. Drehmoment 7,2 kpm (71 Nm) bei 9500/minKraftübertragungPrimärantrieb über geradverzahnte Zahnräder, Mehrscheibenkupplung im Ölbad, Sechsganggetriebe, Sekundärantrieb über O-Ring-Kette.FahrwerkAluminium-Doppelschleifenrahmen, rechter Unterzug verschraubt, Upside-down-Gabel mit Zug-/Druckstufenverstellung, Federbasis stufenlos einstellbar, Leichtmetallschwinge mit Umlenkhebeln, Federbein mit Zug-/Druckstufenverstellung, Federbasis stufenlos verstellbar, Doppelscheibenbremsanlage mit Vierkolbenzangen vorn, O 310 mm, Vierkolbenzangen, hinten Scheibenbremse mit Zweikolbenzange, O 240 mm, Dreispeichen-Gußräder, hohlgegossen.Federweg vorn/hinten 120/145 mmFelgengrößevorn 3.50 x 17hinten 5.50 x 17 Reifengrößevorn 120/70 ZR 17hinten 170/60 ZR 17Maße und GewichteLenkkopfwinkel 65,5 GradNachlauf 94 mmLänge 2080 mmRadstand 1435 mmSitzhöhe 785 mmLenkerbreite 710 mmTankinhalt/Reserve 21/4 LiterGewicht vollgetankt 239 kgZul. Gesamtgewicht 420 kgService DatenService-Intervalle alle 6000 kmÖlwechsel mit Filter alle 6000 kmMotoröl SAE 10 W 50Füllmengemit/ohne Filter 3,3/3,0 LiterZündkerzen NGK CR 9 EKTelegabelöl SAE 10Füllmenge je Holm 454 cm3Ventilspiel kalt Einlaß 0,10 bis 0,20 mm Auslaß 0,20 bis 0,30 mm TestwerteHöchstgeschwindigkeit solo/mit Sozius 228/198 km/hBeschleunigung 0-100 km/h solo/mit Sozius 3,7/4,8 sekVerbrauch 7,3 LiterKraftstoff Normal bleifrei Ersatzteil-PreiseSturzteileKupplungs-Armatur 78 MarkHandbremsarmatur 95 Markrein Lenkrohr mit Klemmung 214 MarkRückspiegel 121 MarkBlinker komplett 63 MarkTachometer 370 MarkGabelstandrohr ohne Tauchrohr und Dämpfer 456 MarkSchutzblech vorn 271 MarkVorderradfelge mit Radlager und Adapter 862 MarkAuspufftopf 1280 MarkTank, lackiert 1039 MarkRahmen komplett ohne Schwinge 3992 MarkVerkleidung komplett mit Scheibe 2834 MarkSeitendeckel rechts 399 MarkVerschleißteileKettenkit 400 MarkBremsbeläge vorn (Satz) 113 MarkKupplungsbeläge, (Satz) 193 MarkÖlfilter 20 MarkLuftfiltereinsatz 51 MarkFederbein 1280 Mark Stärken und SchwächenStärkenVibrationsarmer MotorAusgezeichnetes Preis-/LeistungsverhältnisGute FahrleistungenSchwächenRelativ hohes GewichtMittelmäßige VerarbeitungMäßige Originalbereifung Test in MOTORRAD1Fahrbericht 1/1992Test 4/1992Vergleichstest 8/1992Generationenvergleich 9/1992Vergleichstest 8/1993Test 2/1994Vergleichstest 4/1994Test 26/1995Vergleichstest 1/1996Vergleichstest 4/1996 Reifenfreigaben Typ GR 7 BBvorn 120/70 ZR 17 TL, hinten 170//60 ZR 17 TLMichelin A/M 59 XMichelin A/M 89 XBridgestone BT 50Dunlop D 202Metzeler ME1Alternativbereifungin den Größen: 120/70 ZR 17 vorn 180/55 ZR 17 hintenMetzeler ME Z1Pirelli MTR 01/ 02Dunlop D204Fußnoten:1Tests können beim Verlag bestellt werden, Telefon siehe Kasten auf Seite xxx.

Lesererfahrungen

Fast jeder Leser macht’s: den Lenkungsdämpfer des 1992er-Modells abbauen. Doch trotz einiger Kritikpunkte ist eine frappierende Markentreue zu verzeichnen: Der Virus GSX-R hält sich hartnäckig. Es bleibt meist nicht bei einem Motorrad.

Nach zwei gebrauchten GSX-R kaufte ich mir ein nagelneues 1993er-Modell, welches leider ziemlich schwer und im Originalzustand nicht gerade besonders handlich war. Nach Umrüsten auf ME Z1-Racing, Demontage des Lenkungsdämpfers, Verändern von Federvorspannung und Dämpfereinstellung, Austausch des wahrscheinlich schwersten Endtopfes in der Geschichte von Sportmotorrädern gegen einen aus Carbon sowie weiterer Gewichtsoptimierung war das Motorrad in Sachen Handling um Klassen besser. Dem fehlenden Biß der vorderen Bremsanlage konnte ich durch Verwenden von Ferodo-(Spiegler-) und EBC-Racing-Belägen auf die Sprünge helfen. Sinnvolles Anbauteil ist ein Motorblockschutz für die linke Seite, da ein Austausch des Deckels nicht möglich ist und somit ein kleiner Ausrutscher richtig teuer werden kann. Ein Kolbenbruch bei Kilometerstand 16 000 sorgte für den ersten Motorschaden. 8000 Kilometer später wiederholte sich die Prozedur, die mit jeweils 2000 Mark zu Buche schlug. Die neue R gefällt mir zwar sehr gut, aber ob ich mir wieder eine Suzuki kaufen werde, ist doch sehr fraglich.Mark Uffelmann, Gemünden1993 kaufte ich meine Suzuki neu. Die serienmäßigen Michelin-Reifen erwiesen sich als ziemlich gewöhnungsbedürftig. Mit Metzeler Z1 zum Heizen und Z2 für ausgiebige Urlaubstrips ist man bestens bedient - sofern man die Reifen im Handel erhält. Die Lieferzeiten sind ein echtes Problem. Der Motor gibt sich untenherum etwas kraftlos und nervt mit Dröhngeräuschen im mittleren Bereich, hat aber obenraus ordentlich Power. Bis jetzt habe ich 34 000 Kilometer zurückgelegt, ohne von Defekten geplagt zu werden. Die Originalkette hielt 30 000 Kilometer. Stahlummantelte Bremsleitungen von Fischer-Hydraulik verbesserten den Druckpunkt deutlich. Das Gewicht von fast 240 Kilogramm spürt man nur beim Rangieren.Einmal in Bewegung, kann man damit leben.Gerhard Feßler, LichtenauMeine GSX-R 750 W, Baujahr 1992, kaufte ich mir im Oktober 1995 aus zweiter Hand für 9000 Mark mit 16 000 Kilometern auf dem Tacho. Trotz meiner 186 Zentimeter kann ich mich auch nach mittlerweile 14000 gefahrenen Kilometern nicht über die oftmals bemängelte Sitzposition beklagen. Als Reifen hat sich der Metzeler ME Z1 bewährt, der zwar sehr verschleißfreudig ist, aber auch Haftung ohne Ende bietet. Die Michelin A/M 59 X halten zwar länger, sind aber nicht empfehlenswert. Bis auf die anfallenden Inspektionen hat meine Maschine noch keine Werkstatt gesehen und mich noch nie im Stich gelassen. Insgesamt bin ich mit diesem Motorrad völlig zufrieden und hoffe auf weitere 30 000 spaßige und schnelle Kilometer. Und eins weiß ich schon jetzt: Mein nächstes Motorrad wird wieder eine GSX-R 750.Norman Jack, AchimIch habe das Motorrad letztes Jahr mit 6300 Kilometer gekauft. Zwischenzeitlich hat meine 1992er GSX-R 20000 Kilometer auf dem Buckel. Außer losvibrierten Verkleidungsschrauben traten keine Mängel auf. Ein Manko ist allerdings der schlechte Korrosionsschutz von Tank, Verkleidungsstreben und Krümmern. Die Bremsanlage ist zwar gut, aber nicht mit der 1994er-Sechskolbenanlage zu vergleichen. Völlig inakzeptabel finde ich die Michelin-Originalbereifung des 1992er Modells. Eine sehr gute Reifenwahl ist der Metzeler ME Z1, der in jeder Lage gut klebt und spurtreu ist. Den Lenkungsdämpfer habe ich abgeschraubt, wodurch kurvige Passagen viel leichter von der Hand gehen. Sinnvoll ist der Motorschleifschutz von Speer. Außerdem habe ich Miniblinker und F1-Spiegel montiert. Hohe Ersatz- und Verschleißteilpreise finde ich genauso ärgerlich wie die Schrauber-Unfreundlichkeit für Selbermacher. Um beispielsweise den Tank zu demontieren, ohne die Verkleidung zu verkratzen, muß die Heckverkleidung mit beiden Seitenteilen abgebaut werden. Trotzdem: alles in allem ein Superbike zum Superpreis.Stephan Greif, Marburg

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Erscheinungsdatum 15.09.2023