Gebrauchtberatung Youngtimer

Gebrauchtberatung Youngtimer Im Fokus

Immer mehr Liebhaber und Sammler konzentrieren sich mittlerweile auf die lange Zeit vernachlässigten Motorräder der 80er Jahre. Noch ist die Auswahl an relativ günstigen Youngtimern groß. Da heißt es zugreifen, bevor die Preise anziehen.

Im Fokus Bilski

Mal ehrlich, vor nicht allzu langer Zeit haben wir die Fotoalben mit den Bildern aus den 70er und 80er Jahren doch nur dann hervorgeholt, wenn wir uns mal wieder so richtig gruseln wollten. Wild wuchernde Koteletten bei den Jungs, die unvermeidlichen Schlaghosen, bunte Schuhe mit aberwitzigen Plateausohlen
– einfach grauenhaft! Und ein paar Seiten weiter dann die volle Dröhnung aus den 80ern mit Popperschnitt, Cowboystiefeln, Karottenhosen oder Lederkrawatte. Nach diversen Fernsehshows mit ihrem verklärenden Rückblick in die alten Zeiten hat sich jedoch einiges verändert. Viele Dinge sind auf einmal nicht mehr peinlich, sondern Kult.
Ähnliches trifft jedoch nur auf wenige Motorräder aus jenen Jahren zu. Zu den Klassikern dieser heutzutage als Youngtimer bezeichneten Maschinen zählen
vor allem die großen Big Bikes vom Schlag einer Yamaha XS 1100, Honda CBX oder Kawasaki Z 1300, die Ende
der 70er Jahre mit ihrem atemberaubenden Leistungswettstreit den gerade Fahrt aufnehmenden Motorradboom regelrecht anheizten.
Ein Ehrenplatz in den Zweirad-Geschichtsbüchern gebührt auch den großen europäischen Zweizylindern wie
beispielsweise einer BMW R 100 CS aus der bis 1984 gebauten Boxer-Baureihe oder den soundstarken Ducatis und Moto Guzzis. Selbst die ehedem ob ihres mu-
tigen Designs gescholtene Suzuki GSX 1100 Katana hat es mittlerweile in den
erlauchten Kreis der Klassiker geschafft. Doch was ist mit all den anderen Maschinen aus den 80er Jahren, als vor allem die japanischen Hersteller mit ihren fast unüberschaubaren Modellpaletten den Motorradboom weiter forcierten?
Von der kernigen Einzylinder-Enduro über die obligatorischen 27-PS-Einsteiger-Twins bis hin zu den beliebten Zwei- und Vierzylindern der populären 50-PS-Klasse, vom wendigen 650er-Kardantourer bis zum vollverkleideten Big Bike war alles vertreten. Keine Nische schien zu klein, um sie nicht mit noch ausgefalleneren Konzepten zu füllen. Dass dabei
oft ein Irrweg beschritten wurde, beweist unter anderem der Flop der Turbo-Motorräder. Auch andere technische Experimente, etwa die kurzzeitig weit verbreiteten 16-Zoll-Vorderräder, die Anti-Dive-Systeme oder die luftunterstützten Federelemente verschwanden bald wieder von der Bildfläche.
Mitte der 80er Jahre kam schließlich, was kommen musste. Der völlig überhitzte Markt konnte die Modellflut nicht mehr aufnehmen. Viele Bikes wurden deshalb mit satten Preisnachlässen von zum Teil über 40 Prozent verschleudert – infolge dessen fielen auch die Gebrauchtpreise der betroffenen Motorräder ins Bodenlose und mit ihnen das Image der gesamten Branche. Mit der Konsequenz, dass nicht nur den zur Ramsch-Ware verkommenen Modellen wie zum Beispiel einer Yamaha TR 1 oder der Suzuki GS 550 Katana
das Zeug zum Klassiker abgesprochen wurde, sondern dieses Urteil pauschal auf die Mehrzahl der – vornehmlich
japanischen – Motorräder dieser Dekade ausgeweitet wurde.
Seit einiger Zeit hat das Interesse an gepflegten Youngtimern jedoch spürbar zugenommen. Mit dem Abstand vieler
Jahre erfahren einst geschmähte Maschinen ihre Rehabilitierung. So werden für eine TR 1 im Originalzustand derzeit wieder Summen bezahlt, die fast an den
einstigen Einstandspreis heranreichen. Außerdem gibt es inzwischen einige Youngtimer, bei denen sich ein steigender Marktwert in den kommenden Jahren abzeichnet. Allen voran jene Motorräder, welche die Motorradszene maßgeblich beeinflusst haben.
Hierzu gehören die Kawasaki GPZ 900 R als früher Meilenstein bei den Sportmotorrädern, die BMW R 80 G/S
als erste Zweizylinder-Enduro oder die Yamaha XT 600 Ténéré mit ihrer rallye-mäßigen Aufmachung. Bei anderen weit verbreiteten Maschinen, etwa der Honda CB 900 F Bol d’Or, ist ebenfalls abzusehen, dass das Preisniveau aufgrund des stetig abnehmenden Bestands anziehen wird. Die Entwicklung der Gebrauchtpreise einer Yamaha SR 500 der ersten Baujahre veranschaulicht, welche Dimensionen diese selbst bei solchen klassisch-schlichten Fahrzeugen annehmen können: Heute gilt wieder der einstige Neupreis von umgerechnet rund 2250 Euro.
Noch ist die Gelegenheit zum Erwerb
eines künftigen Klassikers aber günstig, denn stolze Liebhaberpreise für Youngtimer sind momentan eher die Ausnahme. Aufgrund des großen Angebots hat
man zudem gute Chancen, sein Wunschmotorrad tatsächlich in überschaubarer Zeit zu finden. Wer jemals mit dem
Gedanken gespielt hat, sich irgendwann einmal einen Youngtimer zuzulegen, sollte deshalb den Kauf nicht mehr auf
die lange Bank schieben.
Schließlich gibt es viele gute Argumente, die für einen Youngtimer sprechen. So etwa die nahezu uneingeschränkte Alltagstauglichkeit der Motorräder aus den 80er Jahren. Bei einer
gepflegten und regelmäßig gewarteten Honda CB 900 F Bol d’Or oder Yamaha XJ 650, um nur zwei zu nennen, braucht man hinsichtlich der Zuverlässigkeit kaum Abstriche im Vergleich zu aktuellen
Maschinen zu machen. Wer nicht gerade
einem ausgefalleneren Modell verfällt, kann darüber hinaus auf eine leidlich funktionierende Ersatzteilversorgung mit Gebraucht- und Zubehörteilen vertrauen. In der Regel sind sogar noch viele Originalersatzteile lieferbar, wenngleich deren Anschaffung richtig ins Geld geht.
Die Verarbeitungsqualität vieler Youngtimer kann sich sehen lassen. Speziell unter den ab 1985 gebauten Hondas existieren einige Modelle, die in diesem Punkt sogar moderne Maschinen alt aussehen lassen, namentlich die VFR 750 R mit dem legendären Kürzel RC 30. Gleiches gilt für das Fahrverhalten, das in
der Regel den arrivierten Klassikern der frühen 70er Jahre wie beispielsweise
einer Kawasaki Z1 oder Honda CB 750 deutlich überlegen ist. Bereitet das Fahrwerk doch einmal Probleme, findet man im Zubehörhandel nach wie vor reichlich Auswahl an Optimierungsmöglichkeiten wie höherwertige Federelemente, Gabelstabilisatoren oder Präzisionslager.
Kostenlose Zugabe bei Youngtimern: dieses wunderbare Gefühl, mit einem
immer seltener werdenden Motorrad
etwas ganz Besonderes und in hohem Maße Individuelles zu bewegen, ohne hierfür Unsummen ausgeben zu müssen. Unentschlossene sollten ruhig einmal den Versuch wagen. Sie werden feststellen, dass selbst so preiswert zu erstehende Motorräder wie eine gepflegte Honda CB 450 S, Yamaha RD 350 oder Kawasaki
Z 550 heute wieder ihren ganz eigenen Reiz entfalten. Mögen Karottenhosen oder Lederkrawatten für viele noch immer peinlich sein – ein Youngtimer aus dieser Zeit ist es ganz bestimmt nicht.

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Tipps zum Youngtimer-Kauf

Wer sich auf einen Youngtimer einlassen möchte, gehört in der Regel nicht mehr zu den Motorradneulingen. Dennoch ist es ratsam, sich zunächst in aller Ruhe und Ausführlichkeit über das in Frage kommende Modell zu informieren. Dabei nach Möglichkeit sämtliche Informationsquellen nutzen, angefangen vom Vertragshändler, der idealerweise das betreffende Motorrad noch selbst kennt, über alte MOTORRAD-Testberichte (Tests können unter Telefon 0711/182-1229 nachbestellt werden) bis hin zu den einschlägigen Seiten im Internet, sofern vorhanden. Auf
diese Weise erhält man rasch einen guten Überblick über Stärken und Schwächen des geplanten Kaufobjekts.
Darüber hinaus sollte die Ersatzteilversorgung überprüft werden. Sind die wichtigsten Baugruppen noch als Originalteile lieferbar, oder fin-
det sich Passendes nur noch bei
Gebraucht- oder Zubehörhändlern? Diese Frage stellt sich insbesondere im Fall eines Exoten, weil man bei solchen Modellen im Schadensfall fast nur auf Originalteile zurückgreifen kann. Daran denken, dass zu den Exoten durchaus auch die seinerzeit schlecht verkauften Modelle der bedeutenden Hersteller zählen.
Eine weitere Kostenfalle stellen die oftmals aufwendigen Drosselmethoden vieler Bikes auf die damals für Führerscheinanfänger üblichen 27 PS dar. Im ungünstigsten Fall, wie beispielsweise bei der Honda CX 500, belaufen sich allein die Ersatzteilpreise für die Entdrosselung auf deutlich über 1000 Euro. Ein Blick auf die Internetseiten der Reifenhersteller bringt zum Abschluss
der Recherche Klarheit, ob für
den auserwählten Youngtimer überhaupt aktuelle Reifenpaarungen angeboten werden.
Nach dem Sammeln aller Fakten
beginnt die Suche. Dabei sollte man möglichst nach einem Exemplar mit wenigen Vorbesitzern sowie nachvollziehbarer Vorgeschichte Ausschau halten. Beim Studium der Offerten, egal, ob im regionalen Anzeigenblatt, den Fachzeitschriften oder im Internet, bekommt man gleichzeitig einen guten Überblick über das Preisniveau. Von den Fotos im Internet sollte man sich allerdings nicht täuschen lassen. Wegen des winzigen Formats besitzen diese praktisch keine Aussagekraft. Empfehlenswerter ist es, dem Besitzer eine exakte Zustandsbeschreibung mit Hilfe eines detaillierten Fragebogens zu entlocken. Ist der Standort der Gebrauchten weiter entfernt, sollte man sich die Angaben vom Verkäufer per Fax mit Unterschrift bestätigen lassen. Auf diese Weise kann man Enttäuschungen vor Ort zwar nie ganz ausschließen, aber zumindest reduzieren.
Wichtig ist, dass man die Geduld nicht verliert, selbst wenn man nach längerer Zeit immer noch nicht fündig geworden ist. Das Ziel sollte auf jeden Fall ein gut erhaltenes Exemplar im Originalzustand sein, weil ein höherer Kaufpreis für ein nahezu perfektes Motorrad am Ende zumeist doch günstiger kommt als eine Restaurierung. Deren Kosten lassen sich vorab nämlich in den seltensten Fällen exakt beziffern.

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