Lärmradar-Systeme im Einsatz
Erster Lärmblitzer Deutschlands steht in Berlin

Lärmblitzer werden immer öfter eingesetzt. Seit 31.5.2023 steht ein solches Gerät testweise in Berlin.

Lärmradar Medusa
In diesem Artikel:
  • Deutschland
  • Frankreich
  • England
  • Spanien
  • USA
  • Das grundlegende Problem
  • Fazit

Lärm ist weiterhin eine der Hauptursachen für Stress. In Städten ist der Verkehr die Hauptquelle von Lärm, wobei im Gegensatz zur teils überspitzten Betrachtung von Lärmquellen das Motorrad hier erwiesenermaßen eine Nebenrolle spielt. Trotzdem sind Zweiräder nicht ausgenommen, wenn Städte und Kommunen sich immer öfter entscheiden, mit automatisierten Systemen den Verkehrslärm Fahrzeug-genau zu orten und zu hohe Emissionen zu sanktionieren. Wo Motorräder von sogenannten Lärm-Blitzern bereits kontrolliert werden, schildern wir euch im Folgenden.

Debatte um Lautstärke von Motorrädern

Deutschland

In Berlin, am Kurfürstendamm, wurde am 31.5.2023 Deutschlands erster Lärmblitzer in Betrieb genommen. Auf dem Mittelstreifen auf Höhe der Gedächtniskirche wurde das Gerät für ein Forschungsprojekt aufgebaut, um 8 Wochen Daten zu sammeln. Geprüft wird dabei, wie gut laute Fahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr auf diesem Weg erfasst werden können – denn noch befindet sich der Lärmblitzer im Prototyp-Stadium. Eine Veröffentlichung der Ergebnisse ist für Juli 2024 geplant.

Frankreich

Startschuss des mittlerweile internationalen Rennens, um das erste voll eingesetzte Lärmradar machte im Herbst 2019 Paris. Zunächst, um Lärmquellen zu erkennen und zuzuordnen. Seit 2022 ist der Feldversuch des Medusa genannten Systems auf mehrere Städte und Regionen ausgeweitet. Geräte stehen neben Paris in Nizza, Toulouse, Bron, Villenueve le Roi, Rueil Malmaison und den Gemeinden des Haute Vallée des Chevreuse im Südwesten Paris. Am und um den Cole de la Schlucht in den Vogesen sind ebenfalls Medusa-Systeme testweise im Einsatz.

Lärmradar Medusa
So sieht die aktuelle Version der Medusa aus. Strafen gibt es bisher noch keine.

England

300.000 britische Pfund investiert die britische Regierung in ein Pilotprojekt in vier Regionen Englands, um den Einsatz und den Effekt von Lärm-Kameras zu nutzen. Start ist in der nordenglischen Stadt Bradford am 18, Oktober 2022. Später folgen Versuche in Bristol, Great Yarmouth und Birmingham. Wortgewandt sprechen die Briten dabei von "rowdy motorist" und "boy racers", die gebannt werden sollen. Das britische System arbeitet nur halb automatisch, wie ein Speed-Radar. Die Strafzettel werden wie in Frankreich nicht automatisch ausgestellt, sondern händisch ausgewertet. Das Programm soll helfen, die Belastung von Verkehrslärm auf das nationale Gesundheitssystem von jährlich geschätzten 10 Milliarden Pfund zu mindern. Hauptreaktionen auf Verkehrslärm sind laut des britischen Verkehrsministeriums Schlafstörungen, Herzprobleme, Schlaganfälle und Demenz.

Mit der Ankündigung der vier neuen Standorte wurden Ergebnisse eines Versuchs aus 2019 bekannt: Gezielt wurde ein beliebter Motorradtreffpunkt in Meon Valley ausgewählt und 12 Tage wurde gemessen. 9.902 Fahrzeuge wurden registriert, zu laut waren dabei nur 3 Motorräder, dafür 751 Autos. Parallel fand ein zweiter Test nahe des National Motor Museums in Beaulie statt: 51.941 Fahrzeuge wurden erfasst, 151 Autos waren zu laut und nur 1 Motorrad fiel auf.

Spanien

In Barcelona sind seit Kurzem zwei Lärmradar-Anlagen im Test. Wo genau, ob mobil oder stationär, ist nicht bekannt und soll geheim bleiben. Die Testphase in Barcelona ist auf drei Monate angesetzt, um Daten zu sammeln, auf Basis derer künftige Maßnahmen definiert werden.

USA

Erst seit 2019 steht zumindest im Bundesstaat Kalifornien das Fahren mit zu lauten Fahrzeugen unter einer Strafe. Für noch mehr Durchschlagskraft plant die Regierung den Einsatz von Lärmkameras in sechs noch zu nennenden Städten. Versuchszeitraum soll zwischen Januar 2023 und Dezember 2027 mit den automatisierten Systemen laufen.

Das grundlegende Problem

Von den großen technischen Hürden, ein System so fein zu entwickeln, dass es unter vielen Fahrzeugen das zu laute zu orten, stehen die Lärmblitzer vor rechtlichen Hürden: Es besteht derzeit in Europa kein absoluter Grenzwert für Geräuschemissionen von Fahrzeugen, sondern ist meist modellabhängig festgelegt. Bevor das nicht klar geregelt ist, dürften diese Systeme über die Testphase nicht hinauskommen.

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Fazit

Immer mehr Städte, Kommunen und Länder nutzen oder testen automatische Systeme, um zu laute Fahrzeuge zu identifizieren und Strafen auszusprechen. Seit 31.5.2023 steht auch in Deutschland ein solches Gerät, nämlich am Kurfürstendamm in Berlin.

Die aktuelle Ausgabe
MOTORRAD 20 / 2023

Erscheinungsdatum 15.09.2023