Wenn Unfall, dann besser richtig angezogen
Mitschuld durch zu leichte Kleidung möglich

Schutzkleidung auf dem Motorrad ist außer beim Helm kein Muss. Jedoch: Bei einem Unfall kann eine Mitschuld eintreten, wenn die Kleidung zu leicht war.

Leichte Kleidung Motorrad
Foto: Imagobild
In diesem Artikel:
  • Mitschuld droht
  • Krankenkassen nicht betroffen
  • Fazit

Der Sommer 2021 verlockt nicht unbedingt zur Fahrt in leichter Klamotte. Dabei erwischt haben, "mal eben" in Sneakers und Leinenrobe mit dem Motorrad loszufahren, dürfte sich aber trotzdem schon der ein oder die andere. Rein rechtlich auch kein Problem, ist in Deutschland einzig das Tragen eines Schutzhelmes verpflichtend. Regeln aufstellen, was unterhalb des Kinns getragen wird, darf das Sicherheitsbedürfins oder eben der individuelle Geschmack. Wäre man dann also bei einem Unfall mit Fremdeinwirkung auf der sicheren, weil legalen Seite? So einfach ist das nicht.

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P.S.: In der Fotoshow zeigen wir das Testfeld des letzten Jeans-Test.

Mitschuld droht

Gerade gegnerische Versicherungen könnten versuchen, zu leichte Kleidung beim Unfall zu einer Mitschuld zu drehen, um Zahlungen zu mindern. Besonders Schmerzensgeldzahlungen sollen so um einen erklecklichen Anteil gesenkt werden, da folgendermaßen argumentiert werden kann: Hätte der Geschädigte "richtige" Motorradkleidung getragen, wären die Verletzungen milder ausgefallen. Auf Nachfrage beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), ob grundsätzlich so gehandelt wird, ist zu lesen: "(…) der Verzicht auf ausreichende Schutzkleidung kann je nach Art des Unfalls und der Verletzungen dazu führen, dass sich der geschädigte Motorradfahrer ein Mitverschulden anrechnen lassen muss und der Schadensersatz dementsprechend gekürzt wird. Ob und wie dem Motorradfahrer ein solches Mitverschulden zuzurechnen ist, kann nicht pauschal, sondern nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls bewertet werden." In Urteilsdatenbanken sind zu solchen Fällen in den letzten Jahren unterschiedliche Beschlüsse zu lesen, die je nach Einzelfall eine Mitschuld bejahen oder verneinen. Unabhängig solcher Versuche Schadensersatzleistung zu kürzen, kann geschädigten Motorradfahrern das Einschalten eines Anwalts nur geraten werden, den übrigens die Versicherung des Unfallverursachers zahlt – sofern die Sculdfrage klar/geklärt ist.

Krankenkassen nicht betroffen

In den geschilderten Fällen geht es rein um Zahlungen, die von der gegnerischen Versicherung zu zahlen sind, also Schmerzensgeldzahlungen für körperliche Schäden. Die eigene gesetzliche Krankenkasse könnte die Leistungen nicht kürzen, nur weil man auf dem Motorrad zu leichte Kleidung trug. Dass Krankenkassen Leistungen zurückfordern können, ist laut dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankkassen (GKV-Spitzenverband) nach §52 SGB V nur möglich, wenn man sich vorsätzlich eine Krankheit oder Verletzung zuzieht, man sich bei einem Verbrechen verletzt oder bei einem vorsätzlichen Vergehen. Verbrechen wird im Kontext definiert als rechtswidrige Taten, die mindestens mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bedroht sind. Vergehen sind rechtswidrige Taten, die mindestens mit einer geringeren Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe bedroht sind.

Fazit

Egal wie, beim Unfall mit Fremdverschulden sollten Motorradfahrer immer einem eigenen Anwalt das Mandat erteilen. Bei einem vollen Fremdverschulden trägt die gegnerische Versicherung die Kosten zu vollen Teilen. So können deren Versuche, zu leichte Kleidung auf dem Motorrad zu einer Mitschuld zu drehen, direkt unterbunden oder entsprechend verhandelt werden. Krankenkassen können ihre Zahlungen selbst bei einem Mitverschulden oder Eigenverschulden nicht kürzen oder Regress fordern. Außer man hat sich die Verletzung absichtlich, bei einem Verbrechen oder einem Vergehen zugezogen. Unabhängig der Rechtslage: Anständige Schutzkleidung auf dem Krad, darf für uns selbst kein "Kann" sein.

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MOTORRAD 12 / 2023

Erscheinungsdatum 26.05.2023