Ratgeber Werkstatt
Radlager wechseln

Mit fortschreitender Laufleistung der Maschine besteht Gefahr, dass die Radlager Spiel bekommen und ausgewechselt werden müssen. Die Arbeit ist überschaubar, muss aber umsichtig ausgeführt werden.

Radlager wechseln
Foto: Schermer

Radlager prüfen
Speziell bei älteren Maschinen oder solchen mit hoher Laufleistung sollte man bei jedem Radausbau die Radlager prüfen. Dazu steckt man den Zeigefinger in den Innenring des Lagers, dreht dieses und spürt, wie das Lager läuft: Wenn die Lager spielfrei sind und ohne fühlbares Knacken und Rubbeln laufen, sind sie okay. Wenn die Lager beschädigt sind, also „Luft“ haben oder laut und knackend laufen, müssen sie erneuert werden.

Neue Radlager kaufen
Grundsätzlich sind neue Originallager die erste Wahl. Diese sind bei den meisten Maschinen beidseitig abgedeckt. So kann das Lagerfett nicht austreten, außerdem sind die Innereien vor Dreck geschützt. Alternativ können ebenso passende, qualitativ hochwertige Nachrüst-Radlager aus dem Kfz-Zubehörhandel verwendet werden. Auf jeden Fall sollten auch diese beidseitig abgedeckt sein. Sind die Lager nur einseitig abgedeckt, muss die offene Lagerseite vor dem Einbau gut mit Wälzlagerfett gefüllt werden. Verwenden Sie unbedingt qualitativ hochwertiges Wälzlagerfett aus dem Kfz-Bereich. Es soll „leicht“ sein, also kein „festes“ („hartes“) Fett verwenden. Motorrad-Öl- und Schmiermittelanbieter wie Bel-Ray, Castrol oder Shell haben solche Fette im Angebot. Wichtig: Keine beidseitig offenen Lager verwenden!

Lager im Kettenblatt-Aufnehmer
Das oben erwähnte gilt genauso für das im Kettenblatt-Aufnehmer eingebaute Kugellager. Dieses ist bei sehr vielen Maschinen nur einseitig abgedeckt, also nach innen offen. Verwenden Sie an dieser Stelle besser ein beidseitig abgedecktes Lager, es hält viel länger als das einseitige. Sollte diese Version vom Fahrzeughersteller nicht lieferbar sein, empfiehlt es sich, im gut sortierten Kfz-Handel nach einem passenden Lager mit beidseitiger Abdeckung zu suchen.


Bremsscheibe abmontieren
Vor dem Wechsel der Radlager muss die Bremsscheibe abgebaut werden.

1. Die Drehrichtung ist auf der Bremsscheibe durch einen Pfeil angegeben.

2. Weil die Bremsscheibenschrauben mit Loctite eingeklebt sind, lassen sie sich nur schwer lösen. Deshalb Schrauben am Kopf mit einem Heißluftföhn auf 80 bis 120 Grad anwärmen, das löst die Verklebung.

3. Schrauben über Kreuz lösen und ausdrehen. Bremsscheibe abnehmen.
Wichtig: Zum Lösen der Schrauben einen exakt passenden Inbusschlüssel verwenden, sonst wird der Innensechskant der Bremsscheibenschrauben rasch vermurkst!

Radlager warm wechseln
Zum Einbau von neuen Radlagern sollte man die Radnabe erwärmen. Dazu benötigt man eine Heizplatte sowie verschiedene Dorne und Nüsse. Steht keine Heizplatte zur Verfügung, kann man die Radnabe auch mit einem Heißluftföhn erwärmen.

Kalt sollte man die Lager auf keinen Fall wechseln!
Wichtig: hitzefeste Handschuhe tragen!


Radlager ausbauen
1. Kettenblattträger des Hinterrads abziehen. Dämpfergummis herausnehmen.

2. Simmerringe mit einem Reifenmontierhebel oder einem breiten, stumpfen Schraubenzieher aushebeln. Beim Vorderrad den Mitnehmer des Tachoantriebs herausnehmen.

Die weiteren Arbeitsschritte gelten für Vorder- und Hinterrad.
3. Rad mit der Nabe auf die kalte Heizplatte legen, Schalter auf mittlere Stufe stellen (und sich selbst in Geduld üben).

4. Heizplatte und Radnabe zusammen langsam aufheizen auf 80 bis 120° C.

5. Rad von der Heizplatte nehmen: Die Lager fallen jetzt fast schon von alleine heraus. Wenn dies nicht geschieht, vorsichtig mit einem dünnen Dorn und 100-Gramm-Hammer nachhelfen.

6. Radnabe und Lagersitze penibel reinigen und auf Beschädigungen untersuchen.

6.1 Macken im Lagersitz mit feinem Schmirgelleinen punktgenau entfernen.

Radlager einbauen
1. Radnabe auf der Heizplatte auf maximal 120° C anwärmen.

2. Beim Einbau des Lagers darauf achten, dass die Aufschrift nach außen weist: Wenn man es in den erwärmten Lagersitz einschiebt, fällt es fast von alleine hinein.

2.1. Mit einer passenden Nuss, deren Außendurchmesser zirka ein bis zwei Millimeter geringer ist als der Durchmesser des Lagers (oder der Passbohrung) und einem 100-Gramm-Hammer Schritt für Schritt sanft nachklopfen, bis das Lager auf dem Grund der Passbohrung aufsitzt. Lager mit einseitiger Abdeckung vor dem Einsetzen einfetten.
Wenn keine passende Nuss vorhanden ist: Dorn nehmen, diesen jedoch unbedingt nur am Lageraußenring ansetzen – NIEMALS am Lagerinnenring!

2.2. Rad umdrehen

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3. Radlager-Distanzhülse einsetzen.
3.1. Lager der anderen Seite einschieben, gegebenfalls mit passender Nuss und Hammer oder Dorn am Lageraußenring sanft nachklopfen.

4. Jetzt mit dem Finger prüfen, ob die Distanzhülse zwischen den Lagerinnenringen fluchtet, nicht zu viel Spiel hat, aber auch nicht zu fest sitzt. Sie muss satt zwischen den Lagerinnenringen sitzen und darf sich nur ganz leicht seitlich bewegen!

5. Neuen Simmerring sauber ansetzen und mit einer Nuss einschlagen, deren Außendurchmesser zirka ein bis zwei Millimeter geringer ist als der Durchmesser der Ringe oder der Passbohrung.

Wichtig: Simmerring nur so weit eintreiben, bis sich seine Oberfläche mit der Radnabe deckt. Nicht bis auf das Lager drücken!

Bremsscheibe montieren
1. Anlageflächen der Bremsscheibe mit Lappen und Gewinde der Befestigungsschrauben mit einer Messingbürste reinigen. Bremsenreiniger zu Hilfe nehmen.

2. Flüssige Schraubensicherung Loctite „mittelfest“ auf die Gewinde auftragen.

3. Bremsscheibe richtig herum (!) auf die Anlageflächen der Radnabe setzen, einige Male hin und her drehen.

4. Befestigungsschrauben eindrehen und über Kreuz Schritt für Schritt bis auf das vorgeschriebene Drehmoment festziehen. Besorgen Sie sich die für Ihr Modell vom Hersteller vorgeschriebenen Drehmomente beim freundlichen Markenhändler.

Richtwerte: Befestigungsschrauben M6: 12 bis 14 Nm; M8: 18 bis 22 Nm; M10: 30 bis 35 Nm

Wichtig: Vor dem Radeinbau die Bremsscheiben mit Bremsenreiniger reinigen.

Die aktuelle Ausgabe
MOTORRAD 12 / 2023

Erscheinungsdatum 26.05.2023