2022 soll es am Großen Feldberg im Taunus im Zeitraum von April bis Oktober an sieben Wochenenden zu Streckensperrungen für Motorradfahrer kommen.
2022 soll es am Großen Feldberg im Taunus im Zeitraum von April bis Oktober an sieben Wochenenden zu Streckensperrungen für Motorradfahrer kommen.
Die sieben Wochenenden mit den Streckensperrungen für Motorradfahrer sollen jeweils auf das zweite Wochenende eines jeden Monats von April bis Oktober fallen. Ist der Freitag vor diesen Wochenenden oder der Montag danach ein Feiertag, gilt das Fahrverbot auch an diesen Tagen. In 2022 gibt es unmittelbar vor oder nach den betroffenen Wochenenden allerdings keine Feiertage.
Gesperrt wird die L 3004 ab Ortsschild Oberursel bis Ortsschild Schmitten, die L 3024 ab Sandplacken bis kurz vor der Feldbergzufahrt aus Richtung Sandplacken, und die L3276 wird vom Sandplacken bis Oberreifenberg für Motorräder dicht gemacht. Diese Strecken wurden für Motorräder auch schon im Jahr 2019 gesperrt – und zwar einmal am 11. Mai und ein zweites Mal am 15. September. Im nächsten Jahr sollen die Streckensperrungen für Motorradfahrer also ausgedehnt werden.
Auch Motorradfahrer, die an den gesperrten Strecken wohnen, bekommen keine Ausnahmegenehmigung. Es soll lediglich eine Anliegerregelung geben, die besagt, dass jeder Motorradfahrer "von oder nach Hause kommen wird", hieß es in der Mitteilung des Hochtaunuskreises im Jahr 2019 wörtlich. Für alle Motorradfahrer soll es im Zeitraum der beiden Sperren eine überörtliche Ausschilderung der Umleitungsstrecken geben.
Kein kompromiss, sondern obrigkeitsstaatlicher Affront
Verkündet wurden die geplanten Streckensperrungen vom ersten Kreisbeigeordneten des Hochtaunuskreises, Thorsten Schorr. Und "mit Entsetzen, Enttäuschung und Verärgerung hat der Bundesverband der Motorradfahrer (BVDM e.V.) die Verkündung (…) zur Kenntnis genommen". Nicht nur würden die Maßnahmen auf einer dürftigen Datenlage basieren, sondern konstruktive Vorschläge und Gesprächsangebote seitens des BVDM ignoriert werden. "Deshalb interpretiert der BVDM die Ankündigung von Thorsten Schorr auch nicht als ‚Kompromiss‘ (wie dieser behauptet), sondern als einen ‚obrigkeitsstaatlichen‘ Affront. Ohne jegliches Bemühen um Einbindung der Bürger in eine Problemlösung", erklärt der BVDM in seiner Pressemitteilung vom 1. November 2021.
Auch die Biker Union e. V. äußerte sich überrascht: "Wir waren als Vertreter der Motorradfahrenden von der Kreisverwaltung in die Vorbereitung und Durchführung des Pilotversuchs eingebunden und haben ihn mit eigenen Vorschlägen unterstützt", sagte Rolf 'Hilton' Frieling, Vorsitzender der Biker Union e.V. "Vereinbart war, daß nach Auswertung der Ergebnisse am Runden Tisch mit allen Beteiligten über geeignete Maßnahmen zur Verbesserung der Situation vor Ort diskutiert werden sollte. Deswegen waren wir sehr überrascht, daß uns der Erste Kreisbeigeordnete Thorsten Schorr als Gastgeber bereits mit den betroffenen Kommunen abgestimmte 'Lärmpausen', d. h. die Sperrung der betroffenen Straßen nur für Motorräder an jeweils einem Wochenende im Monat in der Zeit von April bis Oktober jeden Jahres, als Ergebnis des Pilotvorhabens vorstellte. Als besonders ärgerlich empfanden wir es, daß die Medien bereits vorab über diese Entscheidung informiert wurden. Offenbar gibt es sehr unterschiedliche Definitionen des Begriffs 'Dialog'. Man könnte auch sagen, daß man versucht hat, uns zu verschaukeln."
Thorsten Schorr und die Bürgermeisterin von Schmitten, Julia Krügers, begründen die temporäre Streckensperrung als ‚Lärmpause‘. Diese Interpretation hält der BVDM für nicht glaubwürdig. Die Analyse der präsentierten Testergebnisse hätte ausdrücklich gezeigt, dass der Lärm nicht ‚pausiere‘, sondern in andere Gemeinden (z.B. Königstein) verlagert wird. Der BVDM betont, dass er sehr großes Verständnis für das Anliegen lärmgeplagter Anwohner durch illegales Verhalten einiger Motorradfahrer habe. Deshalb engagiere sich der Verein auch nicht für eine sogenannte ‚temporäre Pause‘ als Problemlösung, sondern für eine dauerhafte und nachhaltige Reduktion der Lärmemissionen.
Den offenen Brief mit den Lösungsangeboten sendete der BVDM bereits im März 2021 an die politischen Verantwortlichen – mit einer Bitte um ein offenes Gespräch. "Dieser Bitte um ein Gespräch ist die Politik nie nachgekommen, der Brief wurde auch nie beantwortet.", so die Auskunft des BVDM. Den Brief und das Thesenpapier findet ihr hier.
Der Bundesverband der Motorradfahrer, BVDM, hat die geplante Maßnahme in seiner Stellungnahme scharf kritisiert und fordert stattdessen "dauerhafte und konsequente Geschwindigkeitskontrollen". Weiterhin heißt es: "Der BVDM e.V. wird die temporäre Streckensperrung durch den Landrat des Hochtaunskreises (sollte sie wie angekündigt realisiert werden) juristisch prüfen und nach einer Prüfung gegen diese Maßnahme vor Gericht gehen. Gleichzeitig aber streckt der Verband, der die Interessen von mehr als 20.000 Motorradfahrern vertritt, nach wie vor die Hand zu einem konstruktiven Dialog und alternativen, wirksameren Maßnahmen zur Problemlösung aus."
Im Januar 2022 haben zehn Motorradfahrer-Organisationen aus dem Rhein-Main-Gebiet das "Aktionsbündnis Hochtaunus für Alle" gegründet. Am 22.05.2022 will sich das Aktionsbündnis im Rahmen eines "Biker Tags" erstmals der Öffentlichkeit vorstellen. Die Veranstaltung beginnt um 10:00 Uhr. Mehr Infos dazu hier
Auch MOTORRAD versteht lärmgeplagte Anwohner sehr gut – wir sind nicht nur Motorradfahrer, sondern auch Anwohner. Doch ein Kompromiss, eine Lösung oder eine Entscheidung – wie auch immer sie aussehen mag – steht von vornherein unter einem schlechten Stern, wenn nicht im Vorfeld alle Betroffenen miteinbezogen wurden. Es ist eine Sache, mit einem Kompromiss nicht alle Parteien glücklich machen zu können, aber eine ganz andere, wenn Betroffene geradezu ignoriert werden.