Wenn es so eine Art Seniorenbeauftragten in unserer Szene gibt, dann ist es der Thruxton-Fahrer. Denn ihm muss bewusst sein, dass er auch von älteren Damen und Herren immer und überall angesprochen wird: „Mein Vater hat früher auch so eine gefahren. Aber Ihre sieht ja noch wirklich gut aus!“ Der Thruxton-Fahrer könnte es jetzt still lächelnd dabei belassen. Oder er klärt auf! Dass es tatsächlich schon mal eine Triumph Thruxton gegeben hat. In Anlehnung an die Bonneville-Siege bei den 500 Meilen auf dem Racetrack von Thruxton (England) erschien 1964 der Production Racer für jedermann: die T 120 R Thruxton mit Doppelvergaser und beachtlichen 53 Horsepowers. Mit dem Triumph-Niedergang in den 70ern (und der Pleite 1983) geriet aber vieles in Vergessenheit. Bis ab 2001 die guten, alten Zeiten wieder aufgegriffen wurden.
Triumph-Relaunch erfolgte 1991
Erstes Modell mit luftgekühltem 790-cm³-Twin wird die Bonneville. Doch nach dem erfolgreichen Triumph-Relaunch von 1991, mit modernen wie charakterstarken Dreizylindermotoren und schließlich auch der identitätsstiftenden Speed Triple, ist es fraglich, ob mit erstklassigem Old-School-Look aber dürftiger Performance ein weiterer Kassenschlager gelingt. Die Triumph Thruxton als einer der vielen Bonneville-Ableger macht dabei mit kleinem Hubraumplus (865 cm³) und entsprechend mehr Leistung (69 anstelle von 60 PS) zwar schon auf etwas dicke Hose. Trotzdem aber bleibt der fad abgestimmte Motor ein Emotionskiller, und auch das einfach gestrickte Fahrwerk mit der Tendenz zum Rühren sowie die laschen Bremsen ermutigen nicht dazu, nochmals die sportlichen Erfolge der Ur-Thruxton aus den Sixties ausfahren zu wollen. Aber das muss man eigentlich auch gar nicht.
Braucht es wirklich noch mehr Gründe?
Die Triumph Thruxton gehört zu der Gattung Motorrad, die das berühmte Grinsen ins Gesicht zaubert. Beim Swing über die Hausstrecke, zur Zigarette am Treffpunkt, mit dem Bier abends vor der Garage und auch beim Kaffeeklatsch mit Oma und Opa am Rande der Fußgängerzone. In der Bauchwertung ist sie jedenfalls ganz vorne mit dabei. Braucht es wirklich noch mehr Gründe?
Die Marktsituation
Überschaubar und hochpreisig. Damit wären die Schlagworte zum Handel mit der Triumph Thruxton genannt. Besonders attraktiv: top ausgestattete Vorführer.
Triumph Thruxton ab 5.500 Euro
Niedriges Preisniveau
Auch die ersten Modelle der Triumph Thruxton, die schon zehn Jahre und mehr auf dem Buckel haben, halten sich hartnäckig über der 5.000-Euro-Marke. Interessant ist aber, dass auch die Einspritzer ab 2008 bei hoher Laufleistung unter sechs Mille angeboten werden.
Beispielanzeige: Triumph Thruxton mit 14.250 km, EZ 3/2005, Gelb/Silber, HU neu, 1. Hand, kleinere Schäden an Seitendeckel und Auspuff durch Umfaller, 5.999 Euro (Händlerangebot aus Bayern)
Triumph Thruxton ab 7.000 Euro
Mittleres Preisniveau
In der Ü-7.000-Liga ist der Abstand zum einstigen Neupreis schon recht gering. Viele Angebote wollen deshalb mit zahlreichen Extras (z. B. Heckumbauten) oder Dynamik-Upgrades (z. B. Fahrwerk-Kits) punkten. Der Zustand ist meist makellos, die km-Leistung gering.
Beispielanzeige: Triumph Thruxton mit 6.000 km, EZ 3/2005, in Rot, HU bei Kauf neu, 1. Hand, scheckheftgepflegt, dezenter Heckumbau, Wilbers-Federbeine, Miniblinker, Shark-Auspuff, 7.200 Euro (Privatanbieter aus Sachsen-Anhalt)
Triumph Thruxton ab 8.000 Euro
Hohes Preisniveau
Wer die Triumph Thruxton als Privatanbieter in dieser Liga abstoßen will, muss schon einiges an Extras mit in die Waagschale werfen. Denn als starke Konkurrenten locken hier Händler mit nahezu ladenneuen Vorführern.
Beispielanzeige: Triumph Thruxton mit 5.018 km, EZ 7/2015, in Grün, HU bei Kauf neu, 1. Hand, scheckheftgepflegt, umfangreiche Zubehörausstattung, drei Jahre Restgarantie, wegen Fehlkauf (zu sportliche Sitzhaltung) VB 8.530 Euro (Privatanbieter aus Niedersachsen)
Modellpflege Triumph Thruxton
- 2004: Markteinführung der Triumph Thruxton 900 auf Bonneville-Basis. Zweizylinder-Motor jetzt mit größerem Hubraum (plus 75 cm³), schärferen Nockenwellen und geänderten Vergasern. Farben: Schwarz/Silber, Rot/Silber. Preis: 8.360 Euro. Zulassungen in D: 200 Stück
- 2005: Technisch unverändert, erhältlich in Schwarz/Silber, Gelb/Silber, Blau/Silber. Preis steigt auf 8.750 Euro. Zulassungen in D: 156 Stück
- 2006: Technik, Farben und Preis unverändert, Zulassungen in D: 101 Stück
- 2007: Schwarzes Motorgehäuse, erhältliche Farben: Schwarz, Rot. Preis: 8.740 Euro. Zulassungen in D: 81 Stück
- 2008: Erste größere Modellpflege: Einspritzung statt Vergaser, höher verdichtende Kolben, Tank und Embleme neu, höher positionierter Stummellenker. Farben: Schwarz, Rot, Silber. Preis: 8.740 Euro, Zulassungen in D: 136 Stück
- 2009: Silber entfällt, Preis unverändert. Zulassungen in D: 119 Stück
- 2010: Sondermodell Triumph Thruxton SE in Weiß mit Rahmen/Schwinge in Rot, Standard unverändert. Preis: ab 8.990 Euro. Zulassungen in D: 157 Stück
- 2011: Preis unverändert. Zulassungen in D: 165 Stück
- 2012: Preis unverändert. Zulassungen in D: 181 Stück
- 2013: Neue Farbe: Grün ersetzt Rot, Preis unverändert. Zulassungen in D: 238 Stück
- 2014: Preis steigt auf 9.390 Euro. Zulassungen in D: 262 Stück
- 2015: Sondermodell Triumph Thruxton „Ace Cafe“ mit Zweifarb-Lackierung in Weiß/Schwarz, Standard unverändert. Preis ab 9.840 Euro. Zulassungen in D: 320 Stück
- 2016: Neues Modell mit wassergekühltem 1.200-cm³-Zweizylindermotor ersetzt 900er-Thruxton
Technische Daten Triumph Thruxton 900 (Modelljahr 2008)

Motor
Luftgekühlter Zweizylinder-Viertakt-Reihenmotor, vier Ventile pro Zylinder, Nasssumpfschmierung, Einspritzung, geregelter Katalysator mit Sekundärluftsystem, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Fünfganggetriebe, O-Ring-Kette. Bohrung x Hub: 90,0 x 68,0 mm, Hubraum: 865 cm³, Nennleistung: 51,0 kW (69 PS) bei 7.400/min, Max. Drehmoment: 70 Nm bei 5.800/min
Fahrwerk
Doppelschleifenrahmen aus Stahl, Telegabel, verstellbare Federbasis, Zweiarmschwinge aus Stahl, zwei Federbeine, verstellbare Federbasis, Scheibenbremse vorn, Scheibenbremse hinten. Speichenräder mit Alu-Felgen: 2.50 x 18; 3.50 x 17, Reifen: 100/90 H 18; 130/80 H 17
Maße + Gewichte
Radstand: 1.510 mm, Lenkkopfwinkel: 63,0 Grad, Nachlauf: 97 mm, Federweg vorn/hinten: 120/106 mm, Sitzhöhe: 830 mm, Gewicht vollgetankt: 231 kg, Tankinhalt: 16,0 Liter.
Messungen
(MOTORRAD 10/2008)
Höchstgeschwindigkeit: 200 km/h, Beschleunigung 0–100 km/h: 4,9 sek , Durchzug 60–100 km/h: 5,4 sek, Verbrauch: 4,3 l/100 km (Landstraße)
Händler-Interview mit Janine Gatzsch
Janine Gatzsch (36) arbeitet seit über zehn Jahren beim Vertragshändler Q-Bike Technik (www.q-bike.de) in Hamburg. Das sagt die Verkäuferin zur Triumph Thruxton 900.
MOTORRAD: Die Triumph Thruxton ist eindeutig ein Liebhaberfahrzeug. Woher kommen denn die typischen Lover des luftgekühlten Twins?
Janine Gatzsch: Es sind auf jeden Fall Klassikbegeisterte, die aus allen Ecken unserer Szene kommen. Natürlich viele Triumph-Fans, aber auch Fahrer anderer Marken nehmen irgendwann die Thruxton ins Visier. Anders als die Bonneville oder die Scrambler spricht die Thruxton vor allem dynamische Fahrertypen an. Technisch ist natürlich vieles identisch, aber die sportliche Sitzhaltung macht den Unterschied, weshalb man sich schließlich bewusst für die Triumph Thruxton entscheidet.
MOTORRAD: Der typische Thruxton-Kunde ist also sportlich, aber bestimmt auch Ü-50 …
Janine Gatzsch: Mit Erscheinen der neuen wassergekühlten 1.200er-Thruxton ab 2016 zeigt sich besonders deutlich der Generationenwandel. Die Klassikbegeisterung in der Motorradszene ist zunächst altersübergreifend. Doch die jüngeren „Ü-40er“ wollen den coolen Klassik-Look, aber auf moderne Zutaten wie das ABS nicht verzichten. Weshalb sie sich für die neue Thruxton-Generation entscheiden. Bei den älteren Klassik-Fans höre ich schon häufiger „viel zu viel Elektrikkram“. Die kann man mit den Bestimmungen der Euro 4-Norm fast schon jagen. Diese suchen dann gezielt nach der luftgekühlten Triumph Thruxton 900.
MOTORRAD: Steht der Café Racer eigentlich mehr vor Eisdielen oder wird er auch tatsächlich gefahren?
Janine Gatzsch: Wir haben Kunden, die inzwischen über 100.000 Kilometer mit ihrer Triumph Thruxton zurückgelegt haben. Und das ohne Probleme! Auffälligkeiten in der Werkstatt gibt es jedenfalls keine. Vielleicht, weil die Thruxton so sportlich ausgelegt ist, wird sie mehr gefahren als andere Klassiktypen. Eine zweite Liebhaberei ist natürlich das Customizing. Eine komplett serienmäßige Thruxton gibt es eigentlich gar nicht mehr. Irgendwas – ob Miniblinker, Sitzbankbezug, anderer Auspuff – hat jeder gemacht. Bei unseren Events und Ausfahrten sehen wir aber auch viele Bikes, die extrem aufwendig individualisiert sind.
MOTORRAD: Wer so investiert, hält seinem Bike wahrscheinlich lange die Treue.
Janine Gatzsch: Genau, eher wird ein Zweit- oder Drittmotorrad angeschafft, als die persönlich gestylte Triumph Thruxton wieder verkauft. Wir sehen es an den Preisen. Der Markt an Gebrauchten ist überschaubar und die Einstiegspreise sind sehr hoch. Grundsätzlich sind die Triumph Classic-Modelle sehr wertstabil und Sondermodelle wie die Ace Cafe gesucht!
Die Konkurrenz

BMW R nineT:
Es hat lange gedauert, bis BMW auf den Café Racer-Zug aufgesprungen ist. Dafür aber mit einem echten Straßenfeger.
Technische Daten: Zweizylinder-Boxermotor, 110,2 PS, Gewicht 222 kg, 0-100 km/h 3,3 sek, Vmax 217 km/h, Verbrauch 5,3 Liter, ABS, 11.500 Euro
Ducati GT 1000
Interessanter Mix aus Old-School-Auftritt und zeitgemäßer Technik. Die GT verblüfft mit sehr guter Dynamik. Sehr rar!
Technische Daten: Zweizylinder-V-Motor, 83,0 PS, Gewicht 209 kg, 0–100 km/h 3,8 sek, Vmax 210 km/h, Verbrauch 4,5 Liter, ab 7.000 Euro
Harley-Davidson XR 1200
Ja, auch die Amis können café-racen. Doch der Dirt Track-Look ist reine Show. Teuer, aber sehr wertstabil.
Technische Daten: Zweizylinder-V-Motor, 91,1 PS, Gewicht 263 kg, 0–100 km/h 4,2 sek, Vmax 200 km/h, Verbrauch 5,4 Liter, ab 7.500 Euro
Moto Guzzi V7 Racer
In Sachen Retro-Performance der Thruxton ebenbürtig. Großes Fan-Potenzial, aber als Sondermodell schwer zu finden.
Technische Daten: Zweizylinder-V-Motor, 48,3 PS, Gewicht 198 kg, 0–100 km/h 5,9 sek, Vmax 155 km/h, Verbrauch 4,1 Liter, ab 6.000 Euro