Nachhaltigkeit
Alternative Antriebe

Keine neuen Verbrenner-Bikes in UK ab 2035 im Plan

UK will Verbrenner-Motorräder verbieten Ab 2035 nur noch ohne Emissionen auf der Insel

Großbritannien will den Verkauf von Motorrädern, die Schadstoffe ausstoßen, ab 2035 verbieten.

Verbrenner Motor Verbot Länder 2019 Pexels / Patrick Lang
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CVO Road Glide 2021 20 Bilder

In der EU ist das Ende fossiler Brennstoffe in Pkw und leichten Nutzfahrzeugen zur Reduzierung der CO2-Emissionen ab 2035 angekündigt. Das Thema Motorrad ist in der EU noch nicht adressiert, und das wäre dem Motorrad gegenüber unfair: Bisher sind Zweiräder keinerlei CO₂-Limits unterworfen. Großbritannien scheint dies egal zu sein. Die Briten planen ab 2035 ein Neuzulassungsverbot von motorisierten Zweirädern, die Schadstoffe emittieren, sprich irgendetwas verbrennen. Bevor es so weit kommt: die aktuellen Motorradmotoren mit dem größten Hubraum in der Fotoshow.

Verbrennerverbot ohne Ausnahme

Großbritanniens Regierung plant, dass ab 2035 neu zugelassene, also neue Modelle, emissionsfrei sein müssen. Es darf nichts im Motor verbrannt werden, auch keine synthetischen Kraftstoffe aus Wasserstoff und Kohlendioxid oder Bio-Kraftstoffe. Die wären zwar CO₂-neutral, Schadstoffe mit Kohlenmonoxid oder Dioxide werden trotzdem ausgestoßen, und das ist für Großbritannien derzeit keine Option.

125ern geht es früher an den Kragen

In den Plänen des britischen Verkehrsministeriums, die am 21. September 2022 in die nächste Phase wechseln, geht es den 125ern, also Fahrzeugen der L3e-A1 mit maximal 11 Kilowatt Motorleistung, bereits 2030 an den Kragen. Diesen Fahrzeugen droht fünf Jahre früher ein Verkaufsverbot als den Fahrzeugen der Kategorien A2 oder A.

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Motorradverbände halten dagegen

Britische Industrieverbände greifen besonders den vorgezogenen Verkaufsstopp für 125er an. "Die Regierung hat die Komplexität des L-Kategorie-Sektors im Hinblick darauf, was machbar ist und was nicht, nicht berücksichtigt, wenn es darum geht, die anderen Schlüsselsegmente des Marktes auslaufen zu lassen", sagte Tony Campbell, Chief Executive von MCIA.

EU mit eingeschränktem Verbot

Damit ginge Großbritannien noch einen Schritt weiter als die EU. In der EU sind derzeit nur Pläne beschlossen, die Treibhausgase von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen zu senken. Für den Verbrenner ist das zuallererst Kohlendioxid, was die Tür für die E-Fuels und Biokraftstoffe wie E 100 theoretisch offen lässt. Die Treibhausemissionen von Motorrädern sind derzeit nicht direkt reglementiert und wohl auch nicht Gegenstand aktueller Pläne der EU. Trotzdem: Vor dem Hintergrund immer schärfer werdender Schadstoff – und Lärmrestriktionen für Pkw und Motorrad ist der Schritt von Herstellern in eine Antriebstechnik, die keine Schadstoffe emittiert und in Sachen Lärm unauffälliger ist, sehr nachvollziehbar.

Der Verbrenner kann es besser

Im Auto ist sein Ende nahe. Im Motorrad wird er wohl noch einige Zeit überdauern: der Verbrenner. Doch nur, wenn er mittelfristig weniger verbraucht und weniger Kohlendioxid ausstößt. Potenziale für weniger Verbrauch bei gleicher Leistung liegen in der Wahl des Kraftstoffs, in neuen Techniken und der Reduzierung der inneren Reibung. Reicht das für den Verbrenner? Für Neil Fraser, Leiter Engineering bei Mahle Powertrain, ist klar, "dass es noch Potenzial gibt, um den Wirkungsgrad von Motorradmotoren durch eine weitere Optimierung des Grundmotors und den Einsatz neuer Technologien zu steigern und so CO₂-Emissionen zu reduzieren. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, durch die Verwendung von synthetischen Kraftstoffen signifikante CO₂-Reduktionen zu erzielen. Vor allem, wenn sie auf einer Well-to-Wheel-Basis betrachtet werden". Well-to-Wheel bedeutet, die gesamte Wirkungskette von Energie in einem Antrieb zu optimieren.

Weniger Reibung

Mit Einführung der Euro 5 war oft zu lesen: Der Motor ist reibungsoptimiert. Motorenbauteile wurden neu abgestimmt, um weniger Kraft in der Bewegung zueinander zu brauchen. Als Beispiel der Kolben im Zylinder, die Kurbelwelle in ihren Lagern oder der Ventiltrieb per Nockenwelle. Mittels Beschichtungen, Bearbeitungsmethoden und Materialkombinationen kann Reibung im Motor reduziert werden. Ziel ist: Die Energie des Kraftstoffs für den Vortrieb zu nutzen und nicht für das Überwinden der inneren Reibung des Motors.

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Neue Techniken für den Verbrenner

Es klingt paradox: Steigerungen der Effizienz können bei der Formel 1 abgeschaut werden. In Relation zur Leistung zählen diese Motoren zu den sparsamsten Verbrennern. Hier werden Vorkammerzündungen eingesetzt. Anstatt per kleinem Zündfunken aus einer in den Brennraum ragenden Zündkerze wird das Gemisch durch eine große Flamme gezündet, die in der Vorkammer entsteht. Vorteil: Das Hauptgemisch kann sehr mager gebildet werden. Die Zündflamme selbst wird mit einer kleinen Menge fetten Gemischs entzündet. So kann die Verdichtung erhöht werden, die Verbrennung ist schneller, der Wirkungsgrad steigt. Und die bei großen Bohrungen nötige Doppelzündung kann entfallen, da das Gemisch gleichmäßiger und schneller entzündet. Und für das Motorrad? Honda hat sich so ein System jüngst patentieren lassen, und Neil Fraser hat bei Mahle diese Technik mitentwickelt: "Mahle hat die eigene Vorkammerzündung MJI (Mahle Jet Ignition) entwickelt, die seit vielen Jahren in der Formel 1 zum Einsatz kommt und zunehmend auch im Automotive-Umfeld angefragt wird. Die Vorteile einer schnelleren, stabileren Verbrennung führen zu einer Erhöhung der Verdichtung auch bei hohen Motordrehzahlen. Das passive MJI-System mit nur einer Zündkerze in der Vorkammer ist aus Bauraumsicht einfacher zu implementieren und somit gut für Motorradmotoren geeignet. Das aktive MJI-System mit Injektor und Zündkerze könnte weitere Effizienzsteigerungen ermöglichen, erfordert aber mehr Bauraum und komplexere Nachbehandlungssysteme, um den vollen Nutzen zu erzielen."

Weniger Verbrauch durch weniger Leistung?

Es scheint eine einfache Rechnung: weniger Verbrauch durch weniger Drehzahl und weniger Leistung. Der Experte widerspricht: "Nein. Mit geeigneten Kraftstoffen und Technologien können viel besser Effizienzsteigerungen ohne Kompromisse bei den Kundenanforderungen erreicht werden."

Der perfekte Motorradmotor?

Und wie sähe ein perfekter Motorradmotor für den Entwickler aus? "In einem zukünftigen Motorradmotor mit optimierter spezifischer Leistung würde ich ein MJI-Zündsystem und einen variablen Ventiltrieb für optimale Leistung, Effizienz und Emissionen kombinieren. Das Basismotor-Design wäre eine leichte Composite- und Skelett-Struktur, um das Gewicht zu reduzieren. Reibungsoptimierte Komponenten und synthetische Kraftstoffe würden dabei für einen nachhaltigen Spaß sorgen." Nachhaltiger Spaß. Schöne Vorstellung in Sachen Verbrenner im Motorrad.

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Fazit

Es wirkt skurril. Die EU plant, den Ausstoß von Kohlendioxid bis 2035 in Pkw und leichten Nutzfahrzeugen auf null zu reduzieren. Ein Verbot von Verbrennern ist das nicht direkt, es ist nur die logische Folgerung der Hersteller. Das Motorrad ist in diesem Kontext – bisher – nicht erwähnt.

Großbritannien haut hier heftig drauf. Nicht nur wollen sie weniger Treibhausgase ausstoßen, alle Schadstoffe sollen von den Straßen. Motorräder sollen 2035 betroffen sein. Keine Schadstoffe heißt keine Verbrennung, was einem Verbot von Verbrennern gleichkommt. Ob das die Hersteller pusht oder eine völlige Änderung der britischen Mobilität auf zwei Rädern auslöst, werden wir bis 2035 sehen.

Der Verbrenner ist im Kontext Kohlendioxid nicht am Ende. Motorenspezialist Mahle hat einige Techniken verfügbar, die den Motor deutlich weniger verbrauchen lassen, ohne auf Leistung oder Spaß auf dem Krad verzichten zu müssen.

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