Georgien-Megatour mit MZ-Gespann

Mit dem Motorrad auf dem Landweg nach Georgien
Megatour mit MZ-Skorpion-Gespann

ArtikeldatumVeröffentlicht am 01.11.2025
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Werner und Motorrad – das gehört einfach zusammen. Seit vielen Jahrzehnten erkundet er auf zwei Rädern die Welt. Er hegt viele Reiseträume, unter anderem wollte er mit Motorrad oder Gespann Amerika erkunden. Doch weil ein Start vom eigenen Zuhause aus einfacher umzusetzen zu sein schien, gab es die erste Planänderung: Es sollte mit drei Rädern aus sächsischer Produktion, einem Gespann auf Basis einer MZ Skorpion, weit in den Osten gehen, eine Fahrt über Griechenland, die Türkei, Georgien und Aserbaidschan bis zum Kaspischen Meer, danach weiter über Usbekistan bis zum Pamir-Gebirge in Zentralasien.

"Nur" bis nach Georgien

Doch an der Grenze von Georgien zu Aserbaidschan gab es Probleme mit der Einreise. Deshalb reiste er "nur" bis nach Georgien, drehte um, ließ es laufen über den Balkan und Osteuropa, steuerte zum Polarkreis und über Thüringen und Sachsen zurück in die Schweiz. Trotz dieser erneuten Planänderung: Was der begeisterte MZ-Fahrer mit seinem Skorpion-Gespann in 27 Ländern auf über 50.000 Kilometern erlebte, ist absolut bemerkenswert.

Veritables Reisemobil MZ-Skorpion-Gespann

Zusammen haben wir verdammt viel erlebt. Mein MZ-Skorpion-Gespann begleitet mich seit vielen Jahren im Ganzjahreseinsatz. Selbst das schneesichere Tauerntreffen in den winterlichen Alpen ist fester Bestandteil unseres Motorrad-Kalenders.

Unzählige Verbesserungen haben aus dem braven Dreirad ein veritables Reisemobil gemacht. Jede Schraube, vor allem jedes Radlager, kenne ich persönlich. Ausgerüstet mit einem größeren Kühler, verstärkter Kupplung sowie einem 20-Liter-Zusatztank, sollte das Dreirad jeden Strapazen gewachsen sein.

Für diese Reise hatte ich an Werkzeug immer alles dabei, was man für den Wechsel sämtlicher Verschleißteile benötigt. Selbst die komplette Zeltausrüstung fand ihren Platz auf dem Krad. Reifen habe ich aufgrund der besonderen Größen immer im Voraus an bestimmte Adressen liefern lassen. Heute weiß ich zudem: Notwendige Schweißarbeiten werden selbst im letzten Winkel der Welt mit großer Hilfsbereitschaft ausgeführt.

Am Beginn dieser Reise stand als Ziel nur fest: der Pamir-Highway in Tadschikistan. Die Tagesabschnitte sollten sich ohne Zeitdruck frei gestalten lassen, besondere Vorkehrungen? Kaum nötig. Weder gesundheitliche noch bürokratische. Selbst für Georgien reicht ein gültiger Reisepass. Nach Aserbaidschan sollte man mit einem E-Visum für schlappe 35 Dollar gelangen. So hieß es jedenfalls.

Motorschaden schon in Italien

Im März 2022 waren die Vorbereitungen abgeschlossen. Obwohl der Kalender schon April anzeigte, wollte der Winter nicht so recht von Mitteleuropa ablassen. Der Böhmerwald und Slowenien verlangten beim Fahren echtes Durchhaltevermögen. Italien verwöhnte schließlich kulinarisch und mit angenehmen Temperaturen.

Südlich der Po-Ebene glaubte ich erst, meine MZ Skorpion mit von Yamaha stammendem Einzylinder wolle sich akustisch den ortsansässigen Bologneser Vau-Zwos annähern. Das mahlende Geräusch aus dem Maschinenraum entpuppte sich allerdings als völlig zerstörtes Kurbelwellenlager.

Leider war beim örtlichen Yamaha-Händler das Werkzeug zum Trennen der Motorgehäusehälften nicht mehr vorhanden. Die Entscheidung, mit Mietwagen ein regeneriertes Aggregat aus der Schweiz zu holen, war schnell gefällt. Für einen leidenschaftlichen Schrauber wie mich war der Motortausch an der MZ kein großer Akt, und dann habe ich den Motor sorgfältig eingefahren.

Albanien empfing mich mit abenteuerlichen Straßen. Im angrenzenden Griechenland war es um den Straßenbelag oftmals nicht viel besser bestellt. Von Piräus, dem Athener Hafen, wollte ich nach Kreta übersetzen. Da nur noch teure Kabinen verfügbar waren, wählte ich die Deckpassage – sehr günstig, dafür aber ohne Schlaf. Zum Glück fand sich auf der Insel der Götter schnell ein Campingplatz, und im Schatten von Olivenbäumen kam beim Gedanken an den problemlos laufenden Motor nun echtes Urlaubsfeeling auf.

Mit Freunden durch Anatolien

In der Türkei wollte ich zusammen mit drei Freunden aus Deutschland einen Teil Anatoliens entdecken. Stefan, Robert und Martin kannte ich vom Tauerntreffen. Sie hatten sich bei unserem gemeinsamen türkischen Freund einquartiert. Nun wollten wir mit Birol eine große Schleife durch seine Heimat drehen.

Dank den alten Boxern wurde es nicht langweilig – zum Glück ließen sich alle auftretenden Problemchen mit Bordmitteln reparieren.

Zusammen erkundeten wir in den folgenden Tagen die Sehenswürdigkeiten Kappadokiens. Das dort vorherrschende weiche Tuffgestein wurde einerseits von der Natur und anderseits von Menschenhand geprägt. Im Ergebnis offenbart sich dem Betrachter eine faszinierende Landschaft, geprägt von mythisch anmutenden Felsformationen, die, teilweise ausgehöhlt, als Wohnraum dienen.

Unser weiterer Weg führte uns schließlich bis ans Schwarze Meer. In Ankara konnte ich in Birols Werkstatt den ersten von insgesamt drei Reifenwechseln der Reise durchführen. Vor den anstehenden Pässen sollten frische Pneus sicherlich nicht schaden. Gekrönt wurde die Serviceaktion von einem fürstlichen Abschiedsmahl.

Richtung Osten stellte das Wetter die Dichtigkeit meiner Kombi ernsthaft auf die Probe. Durch endlose Haselnuss-Plantagen donnerte ich im Siff Georgien entgegen.

Offroad in Georgien

Dem Verkehrschaos der Grenzregion bei Batumi entfloh ich schnellstmöglich in die Berge. Der Goderdzi-Pass sollte als Generalprobe für kommende Anstiege dienen. Was im Tal harmlos begann, entpuppte sich im weiteren Verlauf als endlose Baustelle: eine Schlammpiste, die mit chinesischer Hilfe zur Asphaltstraße aufgewertet werden sollte. Zu meiner Beruhigung ackerte die Skorpion tapfer, von den Unbilden des Straßenbaus unbeeindruckt, zur Passhöhe hinauf.

In Gori stattete ich tags drauf dem Stalin-Museum einen Besuch ab – obwohl es nicht mehr dem Personenkult dienen soll, fühlte es sich zwischen all den Devotionalien reichlich gruselig und gestrig an.

Gänzlich ohne Bedenken konnte ich hingegen einer Einladung folgen. Eine Freundin stellte den Kontakt zu Gerold und Regina her. Die beiden Schweizer leben in Marani. Der Platz in ihrem großen Garten reichte für zwei Zelte. Marco aus Holland mit seinem Ural-Gespann war ebenfalls Gast bei Gerolds Wiegenfest. So brauchte es nicht viel, um aus der Geburtstagsfeier einen unvergesslichen Abend zu machen.

Weiter gen Kaukasus wollte ich den Abano-Pass bezwingen. Auf dem Weg in den Nationalpark Tuschetien beeindruckte mich erneut die grandiose Natur Georgiens. Sattgrüne Täler, durchzogen von wilden Flüssen, gaben immer wieder Blicke auf schneebedeckte Gipfel frei. Im krassen Gegensatz dazu blieben oberirdisch verlegte Gasleitungen oder marode Brücken nur als gedankliche Fetzen zurück.

Große Hürden und die erste Niederlage

Was kann man nicht alles über die Tusheti Road, deren höchster Punkt besagte Abano-Passhöhe (2826 Meter) ist, im Netz finden. Eine der gefährlichsten Straßen der Welt sei sie. Die unbefestigte Piste ist tatsächlich eine Herausforderung für Mensch und Maschine. Gebirgsbäche hatten auch auf meiner Fahrt dort tiefe Rinnen hinterlassen. Unzählige Tafeln mit Namen und Bildern von Verunglückten säumten den Straßenrand. Doch meine MZ meisterte auch diese Herausforderung klaglos.

Gedanklich war ich allerdings bereits im gebuchten Hotel in Baku. Von hier sollte mich eine Fähre nach Kasachstan bringen. Leider wurde mir die Einreise nach Aserbaidschan trotz gültigem Visum verwehrt. In der Hoffnung, doch einreisen zu dürfen, verbrachte ich noch einige Tage im Land. Die Hauptstadt Tiflis wurde mit ausgiebigem Sightseeing gewürdigt.

Entlang der abgeriegelten Grenze zu Südossetien erreichte ich schließlich die östliche Rampe vom gesperrten Zagari-Pass. Der vergebliche Versuch, den Scheitel zu bezwingen, hatte auch etwas Gutes. Auf dem Rückweg fand ich nämlich den wohl schönsten Zeltplatz in der wilden Natur des Kaukasus. Von Westen, über Uschguli kommend, gelang es mir schließlich doch, die Zagari-Passhöhe (2621 Meter) zu erklimmen.

Oben sahen mich zwei deutsche Augenpaare verdutzt an. Die beiden waren bereits ein Jahr auf Fahrrädern unterwegs und lichteten begeistert mein Gespann mit den Worten "Sonst glaubt uns das keiner!" ab. Da mich von den Behörden weiterhin keine positive Nachricht zur Einreise nach Aserbaidschan erreichte, entschloss ich mich schweren Herzens umzukehren.

XXL-Umweg nach Hause

Nach entspannten Kilometern in Georgien ging es durch die Türkei zurück nach Europa. Entlang der Donau kurvte ich Richtung Balkan, um schließlich in den rumänischen Karpaten noch mal Höhenluft zu schnuppern. Nach Tatra und Riesengebirge folgte ich gern den Einladungen meiner MZ-Freunde: In der Oberlausitz begleitete mich erst Karsten, später wurden bei Elli und Micha Mensch und Maschine bestens umsorgt.

Das malerische Baltikum mit seinen endlosen Weiten und unberührter Natur erlebte ich im Hochsommer. Trotz schicker Altstädte zog es mich immer wieder in die Natur entlang der Ostsee. Als besonderes Kleinod blieb mir dabei die estnische Insel Saaremaa in Erinnerung.

Mit der Fähre ging es von Tallinn nach Helsinki und von dort nach einer ausgiebigen Schleife durch Finnland über den Bottnischen Meerbusen nach Stockholm. Größtenteils auf Schotterstraßen genoss ich den Weg Richtung Polarkreis. Schweden präsentierte sich wie aus dem Bilderbuch. So oft es ging, übernachtete ich im eigenen Zelt nach dem sogenannten Jedermannsrecht. Den Touristenstrom der norwegischen E 6 versuchte ich zu vermeiden.

Erst, als es in Thüringen wieder Rostbratwürste am Straßenrand gab, wurde mir das nahende Ende meiner Reise zumindest etwas schmackhaft gemacht. Voll mit Eindrücken, von denen ich noch eine ganze Weile zehren würde, erreichte ich im Oktober wohlbehalten die Schweiz.