Hard Rock. Biker. Bier. Harleys. Burger. Hotelparty. Jimi Hendrix. Hammer-Bergkulisse! Bilder und Gedanken im Kopf, als eine Einladung zur "Hard Rock Hotel Davos – Born to Be Wild"-Tour auf dem Tisch des zuständigen Reiseredakteurs von MOTORRAD landet. Hard Rock Hotel? So wie die Hard Rock Cafés, die Dinger, die man von aufgedruckten Logos auf T-Shirts und Schlüsselanhängern kennt? Ja und nein, denn "Hard Rock" Hotels und Cafés sind eigenständige Bereiche der gleichen amerikanischen Dachmarke, die seit Anfang der 1970er sehr hohen Bekanntheitsgrad erlangt hat. Eine Pilot-Tour soll Journalisten mit zwei Tour-Runden über erstklassige Pässe ins mondäne Davos locken. Flüela, Albula, Maloja, Splügen, Stilfser Joch – die Neugier ist geweckt, let’s rock!
Motorrad-Tour der etwas anderen Art
Florian Walther (49) ist der General Manager vom Hard Rock Hotel Davos. Er steht mit staubigen Bikerstiefeln, abgewetzter Bikerhose, rot-bunter Lederjacke, Kippe an der Lippe und dunkler Sonnenbrille in der prallen Mittagssonne bei über 30 Grad auf dem Hof von Bächli Motorcycles Heaven in Dietikon bei Zürich. Ein paar Schweißperlen rinnen von seiner Stirn, als er zum kräftigen Händedruck ansetzt. "Freut mich, dass ihr alle da seid", begrüßt er breit lächelnd die ebenfalls in der Hitze wartenden Gäste, die gerade Mietverträge für ein paar sauber aufgereihte Cruiser-Modelle unterschreiben.
Unsere kleine Reisegruppe: zwei freie Schweizer Journalisten, ein PR-Mann, ein langhaariger Fotograf mit eigener Harley, der Chef eines Berliner Frauen-Motorradmagazins, der Präsident eines Schweizer Auto- und Motorradfahrerverbands und ich, Reisemann bei MOTORRAD. Jeder ist gespannt, wie schon erwähnt, die Einladung war nur vage: "[…] neu konzipiertes Rundum-Paket für Bike-Fans, […] perfekte Auszeit für Kurvenjäger und Genussfahrer, […] Motorrad-Tour der «etwas anderen Art», […] zertifizierter Motorrad-Tourguide, der viele Tipps und Tricks parat hat."
Florian erzählt, dass der Tourismusverband in Davos eigentlich kein sonderlich großes Interesse an Motorrad-Touristen habe, man fokussiere sich eher auf Wanderer, Skifahrer, Kongressgäste und Mountainbiker. Da müsse man das Zepter halt selbst in die Hand nehmen und die Zielgruppe Motorradfahrer direkt ansprechen. Denn Hard Rock und Motorrad – das passe zusammen, daran lässt der selbstbewusste Vollblut-Manager, Macher und Kümmerer keinen Zweifel. Punkt.
Mit Miet-Motorrädern von Zürich nach Davos
Die erste Etappe: durch die Industrie-Peripherie Zürichs und ab auf die Autobahn. Zum Gewöhnen an die schweren Maschinen ganz okay, aber schön Motorradfahren sieht anders aus. Um nach Davos zu gelangen, muss man vom Motorradverleih erst durch die halbe Schweiz fahren, 160 öde Kilometer, zwei Stunden Fahrtzeit. Mein im mittlerweile sommerüberhitzter Kopf ist zwar kaum mehr zu großen Denkleistungen fähig, aber eine innere Stimme fragt: Ergibt das Sinn?
Hotelier Florian, beim Tankstopp darauf angesprochen, hingegen ist zuversichtlich: sei für internationale Gäste kein Thema. Wenn die einfliegen, könnten die easy ein Taxi vom Flughafen Zürich zu Bächli nach Dietikon nehmen, schwingen sich geschwind aufs Bike, und ab geht’s nach Davos, es gebe ja auch noch schöne Umwege abseits der Autobahn dorthin. Er könnte recht haben, und mindestens ein Tag Anreise bis zum Hotel gehört so oder so dazu. Aber warum eigentlich stehen die Motorräder nicht in Davos bereit? Egal, bald sind wir da. Die Harley Low Rider S rockt zumindest auf den letzten kurvenreichen Landstraßen-Kilometern schon mal ganz ordentlich.
Ein Hard Rock Hotel im Alpenörtchen
Einchecken im Hotel. Wow, tatsächlich beeindruckend, nicht nur für Hard-Rock-Fans. Das Hotel inmitten von Davos-Platz besteht aus drei alten, renovierten Gebäudeteilen, vor über 150 Jahren als Sanatorium erbaut. Überall alte Bauelemente, die ehemalige Kapelle, in der damals Messen für diejenigen gehalten wurden, bei denen nichts mehr zu heilen war, ist nun ein moderner Tagungsraum und dient für Hochzeitsfeiern. Übrigens: Die Schatzalp, Inbegriff für die Zeit, als Davos ein beliebter Kurort für Tuberkulose-Erkrankte aus ganz Europa und berühmter Schauplatz für Thomas Manns "Zauberberg" war, liegt mit klasse Talschau ein paar Hundert Höhenmeter oberhalb vom Hard Rock Hotel und lässt sich per Gondel oder Miet-Mountainbike mit einem kurzen Ausflug schnell erreichen.
Davos-Platz selbst ist ein Alpenörtchen mit gut 7.000 Einwohnern, allerdings weniger romantisch und heimelig als erwartet, eher geschäftig, mit vielen Touristen und Läden. Während des Weltwirtschaftsforums (WEF), bei dem die Mächtigen dieser Welt jährlich zusammenkommen, sind fast alle Hotels ausgebucht, und die Preise steigen in unmoralische Höhen.
"Rock Food" auf der Sommerterasse
Wir sind aber jetzt hier, die Zimmerpreise liegen für Schweizer Verhältnisse durchaus im normalen Rahmen, und beim Rundgang durchs Hotel entdecken wir die Vielzahl an Memorabilien (Gitarren, Kleidungsstücke, Schmuck, Accessoires, Bilder, Fotos usw.) von Stars aus der Rock- und Popgeschichte. Im Rock Shop® gibt’s, wen wundert’s: rockige Souvenirs; im Wellnessbereich Rock Spa® wird eine spezielle Subwoofer-Musikmassage angeboten, beim Sound of Your Stay®-Programm kann man sich E-Gitarren und On-Demand-Videounterricht (Picks®) aufs Zimmer liefern lassen. Die Fahrstuhlmusik allerdings: nix Hard Rock. Statt Motörhead, Whitesnake oder Van Halen nur: Werbung. Fürs eigene Haus und für die mannigfaltigen (auch preislich) exklusiven Angebote. Im Schwimmbad lullt einen ein großer Bildschirm mit Imagevideos zur Marke Hard Rock® ein. Mir ehrlich gesagt alles ein wenig too much® des Guten.
Abends beim Essen im hauseigenen Restaurant (Motto: "More than Burgers") wähle ich trotz ambitionierter Graubündner New Fusion-Küche lieber aus dem weltweit in allen Hard Rock Hotels erhältlichen "Rock Food": einen profanen Burger. Und muss zugeben, yes, tatsächlich "magnificent"! Luft schnappen auf der wunderschönen Sommerterrasse, ein Bierchen mit Blick auf Davos, aber wegen des langen Tages beschränkt sich meine anfänglich herbeifantasierte wilde Rock-’n’-Roll-Party (hotten, headbangen, Zimmer zerlegen) aufs brave Zubettgehen um 22.45 Uhr. Schließlich sind wir nicht im London der Siebziger. Deshalb: gemütlich und"guet nacht" im bequemen Boxspringbett.
Sportlich durchs Serpentinen-Geläuf
Kristalline Morgenluft auf 1.500 Höhenmetern. Frischauf, es geht in die Graubündner Berge, endlich! Die dicken V2-Motoren pötteln bassig vor sich hin, Tourguide Edy van de Kraats soll ab jetzt den Takt vorgeben. Zuerst hält er eine Einführungsrede, stellt sich ausgiebig vor, erklärt den Tourverlauf, erklärt Sicherheitsmaßnahmen, erklärt die Maschinen, erklärt Verhaltensregeln, erklärt die Besonderheiten alpiner Motorradfahrt. Es geht los, die kleine Gruppe mit ihren Dickschiffen setzt sich in Bewegung. Herrlich, fahren! Und Mannomann, ist das schön hier.
Graubünden bietet eine vorzügliche Alpenkulisse. Fototapete! Die Low Rider gleitet erstaunlich geschickt durch die Kurven, der Motor ist prächtig. Auch die Kollegen brutzeln mit den fetten Cruisern recht sportlich durchs Serpentinen-Geläuf, Daumen werden nach oben gereckt. Die Runde, die wir an dem Tag fahren, ist schön. Sehr schön sogar. Zumal noch Maloja- und Albula-Pass auf dem Programm stehen. Wenngleich im August starker Urlaubsverkehr vor manchen Kehren mutige Überholmanöver erfordert, um im Fahrfluss zu bleiben.
Abends dann BBQ auf der Hotel-Terrasse, cool! Und schon wieder (ist es etwa die Höhenluft oder der Saunagang vorm Abendessen?): Um kurz nach zehn bin ich hundemüde und hau mich aufs Ohr. Wieder keine harte Party, eher kuscheliger Soft Rock von der Playlist vorm Einpennen.
Flüela, Ofen und das legendäre Stilfser Joch
Noch so ein Traum-Morgen. Wie nach einem Jungbrunnen starte ich den Cruiser in der Tiefgarage, der lauthals ein "Jetzt aber!" aus seinen Auspuffrohren zu tröten scheint. Heute sind Flüela, Ofen und das legendäre Stilfser Joch plus vielleicht Umbrail, Bernina und Julier dran. Pässe-Vollpackung, geil! Zwischenziel Livigno, wo wir essen und zollfrei einkaufen, Rückfahrt über Sankt Moritz.
Mit Hard Rock in den Sonnenuntergang
Selbst hier in den hohen Bergen, fehlt frischer Fahrtwind für ein freies Biker-Feeling. Der Fotograf mit Helm und Schuhen, vermutlich noch aus seinen alten Punkzeiten, knipst locker rollend von seiner Harley aus. Hotelchef Florian zündet sich in der nächsten Parkbucht eine weitere Kippe an, raucht der eigentlich auch während der Fahrt? Warum eigentlich nicht? Hinter dem breiten Batwing-Schild dürfte das kein Problem sein. Er dreht an der Harley das Soundsystem auf und findet: Hard. Rock. Yeah!
Die Gruppe gleitet mit der untergehenden Sonne im Rücken wieder Davos entgegen. Ich freue mich. Auf Sauna, Burger, weiches Bett – und darauf, irgendwann hierher zurück in diese einmalig schöne Gegend zu kommen. Um die Touren noch einmal abzufahren.