Per Achse von Indien nach Deutschland zu fahren, ist schon extrem. Es aber mit drei neu gekauften 6,5-PS-Enfield-Diesel-Motorrädern im vierwöchigen Jahresurlaub zu versuchen, ist ziemlich mutig.
Per Achse von Indien nach Deutschland zu fahren, ist schon extrem. Es aber mit drei neu gekauften 6,5-PS-Enfield-Diesel-Motorrädern im vierwöchigen Jahresurlaub zu versuchen, ist ziemlich mutig.
Montag, 26. März Landung in Delhi. Mit einem uralten, rostigen Taxi geht es zum Busbahnhof und von dort nach Chandigarh zum Enfield-Händler. »Power brakes – keep distance”, steht vertrauenerweckend am Heck des Autos. Bei dem Gedanken, hier Motorrad fahren zu müssen, rutscht mir das Herz in die Hose. Egal – das hilft nun nix mehr. In Chandigarh sollen sie stehen, unsere drei Enfield Diesel mit 325 Kubik und 6,5 PS stark. Gerade richtig für 7000 Kilometer Heimweg. Todmüde kommen wir an, schlafen erst mal rund um die Uhr. Dienstag, 27. 3. 2001 – 2. Tag, Kilometer 0Tatsächlich – als wir aufwachen, sind sie da. Drei nagelneue Enfield Taurus sind bereits auf uns zugelassen. Als erstes reißen die Mechaniker die Plomben von der Einstellschrauben und drehen die Einspritzpumpen bis zum Anschlag auf. »More Power!« Dann ankicken. Geduldig zeigen sie uns mit Badeschlappen ihre Technik, die trägen Diesel anzuwerfen. Doch selbst mit schweren Stiefeln bringen wir das nicht so hin wie sie. Vorsichtig wagen wir erste Fahrversuche. Gar nicht so übel. Meine mitgebrachten Heizgriffe sind die Sensation. Jeder Mechaniker, Kunde oder Nachbar probiert sie mindestens einmal aus – am Abend ist die Batterie zusammengebrochen. Aus Martins Maschine tropft schon Öl. Jeder Vorbeikommende kickt die Dinger an, gibt ein paar Gasstöße und stellt sie wieder ab. Good bikes! Mister Manmohan verspricht Nachbesserung. Mittwoch, 28. 3. 2001 – 3. Tag, Kilometer 93Eigentlich wollten wir heute einen Ausflug in den Himalaya machen und die Motorräder einfahren. Doch Mister Manmohan rät nachhaltig ab, der Verkehr sei zu gefährlich für uns. Abends treffen die eigens für uns im Flaschnerviertel maßgefertigten Blechkoffer und die zusätzlich bestellten Ersatzteile ein. Manmohan hat ein bisschen übertrieben, jeder von uns nun einen Sack voll lebenswichtiger Dinge wie Fußrastengummis oder Lampenchromringe dabei, während Unwichtiges wie Ersatzschläuche leider nicht lieferbar ist. 150 Dollar extra pro Nase. Dreimal so hoch wie geplant, doch Manmohan hat sonst alles perfekt und mühevoll organisiert, so dass wir nicht meckern. Immerhin haben wir mehr Ersatzteile im Koffer als mancher Händler am Lager.Donnerstag, 29. 3. 2001 – 4. Tag, Kilometer 347Heute soll’s losgehen. Der Chef hat für jedes Moped einen Kranz aus Tempelblumen als Glücksbringer besorgt. Angesichts unseres Vorhabens sicherlich eine sinnvolle Investition. Zahlreiche Schaulustige und sogar ein Pressereporter haben sich eingefunden und verabschieden uns. Wir schlingern los. Mit Gepäck wackelt die Fuhre furchtbar. Bei höherem Tempo stabilisiert sich der Geradeauslauf zwar einigermaßen, wenn ich jedoch an die vor uns liegende Strecke denke, wird mir Angst und Bange. Dann der chaotische Linksverkehr, die enfieldtypisch vertauschten Schalt- und Bremshebel und - zur Krönung des Ganzen - ein umgekehrtes Schaltschema! Bei Notbremsungen stehe ich instinktiv auf den Schalthebel. Dank guter Reaktionen der anderen Verkehrsteilnehmer eiere ich dennoch unversehrt um sämtliche Fußgänger, Ochsenkarren, heiligen Kühe und um die radikal alles aus dem Weg fegenden Busse und Lkws. Amritsar taucht auf. Josef fährt wie immer voraus, mitten rein in Richtung Goldener Tempel. Doch schon nach wenigen Metern schließen sich die Wogen des Tuk-Tuk- und Rikscha-Meers hinter ihm. Nur aufgrund seiner Größe ist sein schwarzer Helm noch zwischen den Turbanen auszumachen. Am Tempel verursachen wir sofort ein Verkehrschaos. Innerhalb kürzester Zeit sind wir von Menschenmassen derart umringt, dass wir uns nicht mal per Zuruf verständigen können. Ein Polizist winkt uns schließlich weiter, um das Chaos aufzulösen. Immerhin haben wir ihn von weitem gesehen, den Tempel. Freitag, 30. 3. 2001 – 5. Tag, Kilometer 546Die pakistanische Grenze liegt vor uns. Nach einer Diesel-Probefahrt der Zöllner können wir ohne größere Probleme einreisen. Hinter der Grenze dreht Josef die Einspritzpumpe seiner Maschine zurück, um den barbarischen Rußausstoß und Treibstoffverbrauch etwas einzudämmen. Ab jetzt bewegen wir uns fast ausschließlich zwischen Ochsenkarren, Bussen, Fahrrädern und Rikschas. Autos sind kaum noch unterwegs. Jeder Stopp verursacht einen Menschenauflauf, Passanten laden uns spontan zum Tee ein oder zahlen unsere Getränke. Die Gastfreundschaft ist überwältigend. Wir überstehen unbeschadet das Verkehrschaos von Lahore und finden sogar eine autobahnähnliche Straße nach Multan. Allerdings in sehr wechselhaftem Zustand. Die Schlaglöcher, die auftauchen, sehen nach Überschlag aus. Ochsenkarren und Traktoren sind grundsätzlich in Gegenrichtung entlang des Mittelstreifens unterwegs, Lkws und Busse immer dort, wo der Asphalt am besten ist. Notfalls auch auf der anderen Richtungsfahrbahn. Da die Einfahrzeit jetzt rum ist, können wir endlich Vollgas geben - 80 km/h. Gleichzeitig machen sich an meinem Motorrad immer stärkere Vibrationen bemerkbar. Wir übernachten in Sahiwal. Die Bettwäsche des einzigen Hotels ist so dreckig, dass ich mich zum ersten Mal auf meiner Isomatte ins Bett lege. Die Motorräder werden dafür mit sauberen Decken geschützt und vom Hotelbesitzer bewacht.Samstag, 31. 3. 2001 – 6. Tag, Kilometer 899Bis Multan haben wir allmählich den asiatischen Fahrstil kapiert: Grundsätzlich nur nach vorn schauen, Rückspiegel und Blinker vergessen und an Kreuzungen keinesfalls vom Gas gehen oder gar zum Bremshebel greifen. Bereits eine minimale Temporeduzierung wird als Aufforderung für den Querverkehr gewertet. Ein Fahrradfahrer knallt mir bei solch einem Missverständnis voll in die Seite, wird von dem Blechkoffer umgerissen. Gottlob passiert ihm nichts. Als wir nach 30 Kilometern die Stadt hinter uns haben, liegen unsere Nerven blank. Richtung Quetta wird die Besiedelung dünner, Gebirgszüge erheben sich. Bald schraubt sich ein erster Pass spektakulär an steilen Felswänden gen Himmel. Kopf an Kopf »rasen« wir um die Wette hinauf. Ich gewinne! Auf der Hochebene angekommen, steht die Sonne schon tief und taucht die Felsen in herrlichstes Orange. Weshalb bei der Weiterfahrt die Schlaglöcher kaum mehr zu erkennen sind - die Mopeds müssen derbe Schläge einstecken. Bei völliger Dunkelheit erreichen wir einen kleinen Ort. An der Straße einige nur von Petroleumlampen erleuchtete Verkaufsbuden, die Menschen davor in gespenstischem Licht. Der Dorfpolizist bringt uns in das einzige »Hotel« beim örtlichen Busunternehmer. Ein gebildeter junger Mann mit britischem Akzent erscheint und lädt uns zum Essen ein. Der Sohn des Stammesfürsten, wie er sich vorstellt.Sonntag, 1. 4. 2001 – 7. Tag, Kilometer 1321Die steinige, eintönige Hochebene begleitet uns den ganzen Tag. In einiger Entfernung Gebirgszüge, gelegentlich Zelte. Immer wieder tauchen Menschen auf und laden uns ein. Doch leider reicht die Zeit für einen Besuch nicht, wenn wir Quetta vor Einbruch der Nacht erreichen wollen. Dienstag, 3. 4. 2001 – 9. Tag, Kilometer 1650 Nach einem Ruhetag in Quetta, wo wir Schläuche kaufen und den längst fälligen Ölwechsel machen, geht es auf einer gut ausgebauten Straße an der Bahnlinie entlang Richtung Dalbandin. Felsen und Geröll wandeln sich vorübergegend zur Sandwüste, deren Zungen bis auf die Straße reichen. Meine Endfield vibriert inzwischen so stark, dass ich abends Blasen an alle Fingern habe. Mittwoch, 4. 4. 2001 – 10. Tag, Kilometer 2035Statt Sand gibt’s wieder Stein, ansonsten ändert sich landschaftlich wenig. Dafür vibriert mein Moped inzwischen nicht nur, sondern scheppert auch furchtbar. In der brutalsten Mittagshitze treffen wir zwei Malaysier, die mit Mountain-Bikes von Bangkok nach London unterwegs sind. Für einen Eintrag ins Guinness-Buch.Am frühen Nachmittag erreichen wir die iranische Grenze. Die Zollabfertigung ist umständlich, aber reibungslos, man empfängt uns mit einem freundlichen »Welcome to Iran«. Bis zum ersten Polizeiposten sollen wir mit Soldatenbegleitung fahren. Martin, der als einziger genügend Platz auf dem Sozius hat, weigert sich, einen Söldner mitzunehmen. Schließlich lassen sie uns schutzlos weiterfahren. Endlich wieder Rechtsverkehr! Unmittelbar nach der Grenze verliert Martin die Befestigungsschraube der Verbindungsstrebe zwischen Zylinderkopf und Rahmenrückgrat, die gleichzeitig den Tank hält. Wir kontrollieren sofort die beiden anderen Motorräder. Bei Josef ist alles in Ordnung, ich habe bereits die Muttern verloren und eine der zwei Tanklaschen ist abvibriert. Ich entferne die Schraube vollends und stopfe einen Lappen unter den Tank, damit sich das Blech nicht durchscheuern kann. Die Strebe! Endlich ist die Ursache der mörderischen Vibrationen lokalisiert. Im Unterschied zu Pakistan herrscht im Iran fast westlicher Standard. Die Straßen sind in perfektem Zustand, aber streng überwacht. Drei Kontrollen bis Zahedan – auf 60 Kilometern. Bei der letzten werden wir höflich gebeten zu warten, bis uns eine Eskorte in die Stadt begleitet. Nach einer halben Stunde werden wir nervös, denn es dämmert bereits. Dann taucht endlich ein Pick-up mit mehrenen Schwerbewaffneten auf der Ladefläche auf. Wir dürfen los. Ohne Eskorte. Donnerstag, 5. 4. 2001 – 11. Tag, Kilometer 2367 Die Entfernung der Tankbefestigung war doch keine gute Idee. Nun schüttelt der Bock derartig, dass ich kaum noch den Lenker halten kann. Wir tanken noch einmal voll - 36 Liter Diesel für umgerechnet 1,40 Mark – und stürzen uns in die topfebene, kochendheiße Steinwüste »Lut«. Alles glüht, selbst der scharfe Wind, der mir schier den Atem nimmt und die Reste der Tempelblumen am Lenker davonreißt. Neben der Piste mumifizierte Schafe, Ziegen, Kühe, sogar Kamele. Selbst für Kontrollen scheint es zu heiß. Wie im Fegefeuer keuchen wir dahin, bis gegen Abend kurz vor Bam endlich wieder Hügel und erste grüne Oasen auftauchen - wir sind durch. Bei der Frage nach einem Quartier bietet ein junger Iraner spontan an, uns hinten drauf in die Stadt zu »Akbar‘s Tourist Guesthouse« zu geleiten. Er nimmt anschließend weder eine Einladung noch das Taxigeld für den Rückweg an – es war sein Gastgeschenk. In dem kleinen, palmenbestandenen Innenhof hat der pensionierte Lehrer Akbar ein echtes Idyll geschaffen. Nach dem Abendessen plaudern wir dort mit ihm noch lange über Europa, den Iran und sein Regime.Freitag, 6. 4. 2001 – 12. TagHeute ist Ruhetag. Wir besorgen Schrauben für die losen Streben und besichtigen »Arg-e Bam«, die alte Festung der mittelalterlichen Stadt. Samstag, 7. 4. 2001 – 13. Tag, Kilometer 2729Eine der japanischen Touristinnen aus dem Guesthouse will bis Kerman bei Martin mitfahren. Wegen ein paar Fotostopps bewege ich mich heute unabhängig. Nach 50 Kilometern merke ich, dass meine Jacke, die ich aufs Gepäck geschnallt hatte, weggeflogen ist. Mist. Umkehren und suchen. Beim ersten Polizeiposten hinterlasse ich eine Nachricht für die Kumpels, die aber vermutlich sowieso nur die Japanerin im Kopf haben. »Wartet im Prinzessinnengarten von Mahan.« Zurück nach Bam. Ich finde kaputte Reifen, jede Menge Müll, aber keine Gore-Tex-Jacke. Hätte ich bloß besser auf die Tempelblumen aufgepasst!Frustriert fahre ich zum »Prinzessinnengarten«. Keine Kumpels. Also weiter nach Kerman, in eines der von Akbar empfohlenen Hotels. Dort telefoniert ein hilfsbereiter Portier die halbe Stadt nach den Enfield-Fahrern ab. Ohne Ergebnis. Ich beginne in der 320000-Einwohner-Stadt eine verzweifelte Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Bis zum Einbruch der Dunkelheit quäle ich mich kreuz und quer durch den dichten Verkehr. Als ich gerade aufgeben will, entdecke ich sie winkend auf der anderen Straßenseite.Sonntag, 8. 4. 2001 – 14. Tag, Kilometer 3074An diesem kalten Morgen gedenke ich wehmütig meiner Jacke, die nun wohl gerade auf irgendeinem Basar verscherbelt wird. Josef leiht mir seine Windjacke. Ausgerechnet heute bläst ein böiger Wind, der einen fast von der Straße fegt. Am frühen Nachmittag laufen wir in Yazd ein, wollen etwas zum Essen kaufen, doch keiner tauscht unsere Dollars. Es ist zum Heulen. Ein Bäcker schenkt uns schließlich etwas Fladenbrot. Montag, 9. 4. 2001 – 15. Tag Kilometer 3380Der Gegenwind reißt nicht ab. Manche Steigungen keuchen wir mit gerade noch 40 km/h hoch. Ich friere fürchterlich ohne meine Jacke, und der aufgewirbelte Sand macht mich fast blind. Die Schutzbrille ist inzwischen auch draufgegangen. In Esfahan lassen wir in einer Moped-Werkstatt unter den fachkundigen Blicken einer größeren Zuschauergruppe das Motoröl wechseln. Wieder wollen die Mechaniker kein Geld, und wir müssen sie überreden, wenigstens ein Trinkgeld zu nehmen. Abends dürfen die Motorräder im Truthahn-Stall eines Hotelnachbarn übernachten.Am nächsten Tag ist Pause. Auf einem Basar erstehe ich eine Zwei-Marken-Jacke – vorne Adidas, hinten Nike. Beim Abendessen treffen wir Markus aus Lindau, der mit einer Yamaha 125 auf dem Heimweg ist. Wir wussten schon seit Pakistan, dass er vor uns ist, jetzt haben wir ihn also eingeholt. Mittwoch, 11. 4. 2001 – 17. Tag, Kilometer 3800Alle Straßen aus Esfahan scheinen nach Teheran zu führen. Dort wollen wir aber keinesfalls hin. Mit Mühe finden wir den Weg nach Arak. Zartes Grün an den Hängen der oben noch schneebedeckten Berge löst die karge Wüste ab, Frühlingsblumen und Obstbäume erinnern an zu Hause. Josefs Moped verliert plötzlich Leistung, fällt an den vielen Steigungen deutlich zurück. Donnerstag, 12. 4. 2001 – 18. Tag, Kilometer 4236 Vor der Abfahrt müssen wir erst alle Schrauben nachziehen, die starken Vibrationen fordern ihren Tribut – Kettenschutz, Kennzeichen, Werkzeugbox sind schon lose. Noch immer kämpfen wir mit dem Wind. Außerdem kriegen wir es allmählich mit richtigen Pässen zu tun. Bei Gegenwind kriechen wir teilweise im Schritttempo die Berge hoch, während Rückenwind uns in der eigenen Rußwolke geradezu hinaufträgt. Martin rast in einem Tunnel fast in einen unbeleuchtet entgegenkommenden Lkw Er streift den Laster mit der linken Schulter, schrammt schleudernd an der Tunnelwand entlang und vermeidet nur mit knapper Not einen Sturz. Am Nachmittag wird es wolkig und bitterkalt. Die Kollegen packen ihre Thermokombis aus, während ich friered in der Basarjacke weitertingle . Freitag, 13. 4. 2001 – 19. Tag, Kilometer 4714Morgens geht auch noch der Reißverschluss meiner Superjacke kaputt. Ich ziehe zwei Pullover drunter, schlinge einen Gürtel drüber, so dass sie einigermaßen dicht hält. Trotzdem friere ich erbärmlich. Es herrscht klassisches Aprilwetter, abwechselnd Regen, Sturm und Sonnenschein. Bei einer Pause in einer Teestube bekommen wir den Tee wie so oft geschenkt, und mindestens zwanzig Gäste versuchen, uns Mut zu machen. Ab Tabriz steigen die Berge immer höher, das Termometer fällt immer tiefer. Ich habe inzwischen alles an, was im Koffer war. Samstag, 14. 4. 2001 – 20. Tag, Kilometer 5087 Der türkische Grenzübergang Maku ist nicht mehr weit. Wir fahren extra früh los, da Horrorgeschichten über die Abfertigung kursieren. Sie ist tatsächlich chaotisch, ewig werden wir hin- und hergeschickt. Die Zöllner sind aber sehr nett, und bis auf eine illegale Rechnung läuft alles glatt. Am schneebedeckten Ararat vorbei fahren wir weiter Richtung Erzurum. Pass reiht sich nun an Pass, manche über 2000 Meter hoch. Teilweise liegt noch Schnee. Die Menschen am Straßenrand winken uns freundlich zu. Obwohl es immer kälter wird, fahren wir noch 50 Kilometer bis Askale. Die Hotelsuche in der Türkei ist einfach, da eigentlich immer ein hilfsbereiter Mensch zur Stelle ist, der Deutsch spricht. Unser Wirt versteht zwar nichts, umsorgt uns aber in fast schon beschämender Weise und bewacht nachts unsere Zimmertür.Sonntag, 15. 4. 2001 – 21. Tag, Kilometer 5578Wir stehen bereits um sechs Uhr auf, um zeitig los zukommen. Erneut liegen Berge sowie vermutlich wieder Schnee und Regen vor uns. Mehrfach jagen verwilderte Hunde hinter uns her, die in Rudeln die Straße belagern.Montag, 16. 4. 2001 – 22. Tag, Kilometer 6020Die Temperaturen sind immer noch mäßig, aber die Pässe mit maximal 1500 Metern nicht mehr so hoch. Martins Motor wackelt beim Lastwechsel wie ein Kuhschwanz. Er entdeckt lose Motorhalterungen. Bei meiner Maschine fehlt bereits ein durchgehender Motor-Haltebolzen sowie eine Auspuffschraube. Wir ziehen nach, was noch da ist, und fahren weiter.Ab Ankara beginnt die Zielgerade – Autobahn bis Izmir. In einem Motel erstmals wieder westlicher Standard. Dienstag, 17. 4. 2001 – 23. Tag, Kilometer 6455Ab jetzt scheint es nur noch bergab zu gehen. Das Thermometer steigt, die Gegend erinnert an die Toskana. Dann breitet sich tiefblau das Mittelmeer und direkt vor uns der Hafen von Izmir aus. Wir haben es fast geschafft. Von unseren letzten Dollars kaufen wir die Fährtickts nach Venedig und für mich endlich eine Motorradjacke. Samstag, 21. 4. 2001 – 27. Tag, Kilometer 6910Jetzt nur noch über die Alpen. Ab Venedig fällt die Temperatur wieder stetig. Am Gardasee beginnt es zu schneien, auf dem Brenner tobt ein Schneesturm. Noch 350 Kilometer. In Raststätten wärmen wir uns mit heißem Tee. Kurz vor der deutschen Grenze übernachten wir ein letztes Mal. Sonntag, 22. 4. 2001 – 28. Tag, Kilometer 7100Die Diesel sind dick mit Schnee bedeckt und springen bei der Kälte natürlich nicht an. Anschieben ist auf dem Schnee schwierig. Schließlich schaffen wir es, kämpfen uns mühsam weiter, von Raststätte zu Raststätte. Irgendwann, nach 28 Tagen und 7100 Kilometern nageln wir am Esslinger Ortschild vorbei. Wir sind zu Hause.
Mit etwas Abenteuergeist ist die Überführung einer Enfield aus Indien kein Hexenwerk.
Die Motorräder Der ursprüngliche Plan, die drei Taurus Diesel-Motorräder direkt bei Enfield India Ltd. im südindischen Madras abzuholen, ließ sich nicht realisieren, da Enfield nicht an Ausländer verkauft. So wurde über die Homepage von Enfield www.xxxxxxx.xx ein Händler ausfindig gemacht, der gerne den Deal mit den Deutschen abwickeln wollte. Manmohan Auto Stores, Sector 27-C in Chandigarh (Telefon xxx/xxxxx/xxxxx, Fax xxxx/xxxxxxx/xxxxx) übernahm gegen Anzahlung des halben Kaufpreises (von 1500 US-Dollar Endpreis in Indien) und 150 US-Dollar Gebühr Auslieferung und Zulassung der Motorräder. Für das Gepäck ließ er außerdem noch Blechkoffer anfertigen. Da in Indien offiziell keine Fahrzeuge auf Ausländer zugelassen werden, »erfand« der Händler kurzerhand einen Wohnsitz für die Deutschen, auf den dann die Fahrzeuge angemeldet wurden. Schwieriger war die spätere TÜV-Abnahme in Deutschland, weil die Abgase der kleinen Selbstzünder jede Norm sprengten. Hier half der Heppenheimer Händlerxxxxx,xxxxx,xxx, xxxxx weiter. Inzwischen hat Enfield jedoch die Dieselproduktion eingestellt, weshalb Nachahmer klassische Benzinmotoren kaufen müssten und sich dieser Punkt somit künftig erübrigt. Alle drei Motorräder haben die gut 7000 Kilometer lange Strecke ohne echte Pannen durchgehalten. Verlorene Schrauben und kleinere Vibrationsschäden waren überschaubare Mängel. Von entscheidender Bedeutung ist deshalb die regelmäßige Kontrolle der Schraubverbindungen, um nicht wesentliche Teile unterwegs zu verlieren. Dazu sollte ein kompletter Werkzeugsatz an Bord sein, kombiniert metrisch/Zoll, da gemischte Gewindearten - manchmal sogar an ein und derselben Schraubenverbindung - vorkommen. Der Verbrauch lag im Schnitt bei 2,4 Liter Diesel, variierte aber stark mit der Einstellung der Einspritzpumpen.Die ReiseZum Zeitpunkt der Reise (Frühjahr 2001) war die Tour ohne besondere Sicherheitsbedenken machbar. Momentan sollte aber die politische Lage im Nahen und Fernen Osten genau beobachtet und die Hinweise des Auswärtigen Amts in Berlin beachtet werden, Telefon 01888170 oder www.auswaertiges-amt.de. Für Indien, Pakistan und Iran sind Visa nötig, die bei den jeweiligen Konsulaten in Deutschland (zumindest Anfang 2001) problemlos innerhalb von sechs Wochen ausgestellt wurden. Sogar der Iran gewährte auf Anhieb 14 Tage. Für die Überführung der Motorräder ist ein Carnet de Passage nötig, das Mitglieder beim ADAC gegen 275 Euro Gebühr und 3000 Euro Kaution erhalten.Die KostenDie komplette Reise mit Flug, Visagebühren, Impfungen, Kartenmaterial, Motorradkauf und Rückreise inklusiv Fähre Izmir-Venedig kostete knapp 3500 Euro plus Zollgebühren in Deutschland von 375 Euro. Zeitaufwand: 4 Wochen Gefahrene Strecke: zirka 7000 Kilometer