Aprilia SR 125 GT und 200 GT im Fahrbericht
Sportroller mit leichter Enduro-Anmutung

In Form von Aprilia SR 125 GT und 200 GT kommt der SR zurück. 1992 mischte der rasante 50er mit seiner Racing-Optik den Markt regelrecht auf. Jetzt kommt er als sportlicher Gran Turismo mit leichter Enduro-Ausrichtung und viel erwachsener als früher.

Aprilia SR 125 GT und 200 GT
Foto: Aprilia

Roller waren für Aprilia ursprünglich die Erfolgsbasis: Mit pfiffigen 50ern und 125ern machte sich der Hersteller aus Noale im Veneto einen Namen. Doch im Jahr 2004 kaufte Piaggio, Europas Rollerkönig und Mutterkonzern von Vespa, die Marke und dünnte die Palette aus: Motorräder durfte Aprilia weiterhin bauen, doch größere Roller verschwanden bald aus dem Programm – sie sollten der neuen Muttergesellschaft nicht länger Konkurrenz machen. Jetzt, 18 Jahre später, ändert Piaggio seine Strategie und lässt Aprilia auf angestammtes Terrain zurückkehren – zum Sportroller. Beim Comeback zünden die Entwickler gleich einen Knaller: Roller mit leichter Enduro-Anmutung sind europaweit absolut angesagt, in der 125er-Klasse bislang aber nicht vertreten. In diese Marktlücke stößt nun der neue SR GT 125, den es auch als 200er gibt. Präsentiert wurde der SR GT erstmals auf der EICMA 2021.

Motorrad-Neuheiten

Fahraktives Gerät statt gemütliches Sofa

Das macht der Aprilia SR GT 125 mit Bravour. Er präsentiert sich als SUV auf zwei Rädern – unterhaltsam, erfrischend und dabei höchst funktional. Für wilde Offroadabenteuer ist er zwar nicht gedacht, aber das sind vierrädrige SUV ja auch nur in den seltensten Fällen. Für Holperstraßen und Feldwege zeigt sich der Aprilia SR GT hingegen gut gerüstet mit seinem 14-Zoll-Vorderrad, Reifen mit leichtem Stollenprofil, viel Bodenfreiheit und langen Federwegen von Gabel und Federbeinen, die von Showa stammen. Auch die Optik überzeugt: die angriffslustige Front mit LED-Scheinwerfern und -Blinkern erinnert an die Motorräder des Hauses. Ungewöhnlich für einen Roller ist der tiefe und breite Rohrlenker im Stil eines Naked Bikes. Dazu passt die straff gepolsterte Sitzbank – Aprilias neuer Roller macht unmissverständlich klar, dass er sich nicht als gemütliches Sofa, sondern als fahraktives Gefährt versteht.

Genau das setzt er im Stadtverkehr gleich um. Agil und stabil zugleich kreuzt er bei der Vorstellung durch das Städtchen Rapallo an der ligurischen Küste. Hindernisse wie Schlaglöcher, Kopfsteinpflaster oder Rüttelschwellen meistert das Fahrwerk und der extra für ihn entwickelte Doppelschleifenrahmen mit links, die Federwege vermitteln Komfort, das größere Vorderrad zusätzliche Sicherheit. Mit 144 Kilo vollgetankt lässt sich der Aprilia SR GT 125 kinderleicht aufbocken; ein Seitenständer zählt ebenfalls zur Serienausstattung. Als Lastesel eignet sich der Roller allerdings weniger: Das Helmfach fasst nur 25 Liter, und wegen des großen Mitteltunnels findet im Fußraum nicht allzu viel Gepäck Platz. Gute Idee: Im Handschuhfach sorgt ein zusätzlicher Einschub dafür, dass das Handy tatsächlich immer griffbereit ist.

Aprilia SR GT 125 mit 15 PS und CBS

Als echtes Pfund entpuppt sich der Motor: Der 125er-Einzylinder entstammt Piaggios neuester Motorengeneration und schafft echte 15 PS, heutzutage in dieser Klasse keine Selbstverständlichkeit mehr. Flüsterleise und mit Start-Stop- Automatik ausgestattet, unterhält er Fahrer oder Fahrerin mit starkem Antritt und gut dosierbaren CBS-Verbundbremsen; in Kürze soll er auch mit Einkanal-ABS verfügbar sein.

Aprilia SR GT 200 mit 18 PS und ABS

Das bringt der Aprilia SR GT 200 schon vom Start weg mit. Bei seinem Motor handelt es sich um eine Neuentwicklung, er kommt auf knapp 18 PS und ein üppigeres Drehmoment als der 125er, was sich speziell auf der Landstraße bemerkbar macht.

Aprilia SR 125 GT und 200 GT
Aprilia
Außerorts liegt ein überraschend starkes Einsatzgebiet des Aprilia SR GT. Dank des Naked-Bike-Lenkers und der aktiven Sitzposition fährt er sich tatsächlich eher wie ein Motorrad als wie ein Roller

Apropos Landstraße: Außerorts liegt ein überraschend starkes Einsatzgebiet des Aprilia SR GT. Dank des Naked-Bike-Lenkers und der aktiven Sitzposition fährt er sich tatsächlich eher wie ein Motorrad als wie ein Roller, geht willig in Schräglage, bleibt stabil auf Spur und überzeugt mit gutem Handling. Der spritzige Motor und das tadellose Fahrwerk passen bestens zusammen und garantieren jede Menge Fahrspaß, wie die rund 80 Kilometer lange Probefahrt entlang der bergigen ligurischen Küste unter Beweis stellte. Nur bei wirklich steilen Anstiegen verlassen speziell den Aprilia SR GT 125 irgendwann die Kräfte, hier verbucht der Aprilia SR GT 200 klare Vorteile.

Aprilia SR GT kostet ab 3.990 Euro

Der Preis von knapp 4.000 Euro geht angesichts des stimmigen Konzepts und der sauberen Verarbeitung voll in Ordnung; der 200er kostet 200 Euro mehr. Demnächst folgen für je 100 Euro Aufpreis die Sondermodelle S wie Sport: Sie unterscheiden sich von den Basisrollern nur durch eine rasante Lackierung im Stil der großen Aprilia-Bikes Tuono und RSV.

Zubehör gibt es für die neuen Roller Aprilia SR GT 125 und SR GT 200 reichlich, von Connectivity über verschiedene Topcases bis zur höheren Scheibe. Da liegt auch ein Kritikpunkt: Bei flotter Landstraßenfahrt schützt die Serienscheibe nur bedingt. Doch dieses kleine Manko wiegt der große Spaßfaktor im Sattel mehr als auf.

Fazit

Willkommen zurück, Aprilia! Die coolen Roller aus Noale haben der Szene tatsächlich gefehlt, zumal sie oft innovative Interpretationen des Themas lieferten. Das gelingt Aprilia auch beim Neustart: Einen kompakten SUV-Roller gab es in der 125er-Klasse bislang noch nicht. Mit spritzigem Motor, untadeligem Fahrwerk und langen Federwegen sind Aprilia SR GT 125 und SR GT 200 sportlich und komfortabel zugleich.

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MOTORRAD 12 / 2023

Erscheinungsdatum 26.05.2023