Voge SR4 Max 350 und BMW C 400 GT im Vergleich
Zwei Roller aus demselben Werk – welchen kaufen?

BMW C 400 GT und Voge SR4 Max 350 werden vom gleichen Einzylinder-Motor mit 350 Kubik angetrieben, und auch sonst sind sie technisch weitgehend identisch. Beide werden von Loncin in China gefertigt. Große Unterschiede gibt’s bei den Preisen. Voge vs. BMW – MOTORRAD vergleicht alle Details.

Voge SR4 Max 350 und BMW C 400 GT Roller Scooter Vergleich Kaltvergleich China Kopie
Foto: Voge/BMW
In diesem Artikel:
  • BMW-Partner Loncin aus China mit Eigenmarke Voge
  • BMW C 400 GT und Voge SR4 Max 350
  • Gleicher Antrieb: Viertakt-Einzylinder-Motor mit 350 Kubik
  • 34 PS für BMW, 29 PS für Voge
  • BMW C 400 GT rund 10 km/h schneller
  • Gleiches Fahrwerk: Stahlrohr-Rahmen mit KYB-Komponenten
  • Gleiche Räder mit gleichen Bremsen samt ABS
  • Beide wiegen 214 Kilo
  • Großzügige Sitzpolster und viel Komfort
  • Ausstattung mit ABS, Traktionskontrolle und LED-Leuchten
  • Farbmonitor und Connectivity
  • Voge mit Front-Kamera, BMW mit Flex-Case
  • Beide Roller "keyless", Heizung nur bei BMW
  • Preise, Gewährleistung, Garantie und Service
  • Voge SR4 Max 350 für 6.399 Euro
  • BMW vergleichbar ausgestattet für 9.185 Euro
  • Fazit

Seit 2005 ist Loncin der chinesische Partner von BMW Motorrad. Mit der Auftragsfertigung des 650er-Einzylinder-Motors für die BMW-Motorräder der F- und G-Modelle begann diese Zusammenarbeit. 2018 folgten die nächsten gemeinsamen Schritte mit der Produktion der Reihenzweizylinder-Motoren für die F-Typen 750 bis 900. Zudem fertigt Loncin seit 2018 die C 400-Roller für BMW – in diesem Fall nicht nur die Motoren, sondern die kompletten Fahrzeuge. Die Bezeichnung "CMW" für "Chinesische Motoren Werke" ist bereits scherzhaft im Umlauf.

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BMW-Partner Loncin aus China mit Eigenmarke Voge

Ebenfalls seit 2018 gibt es die Motorrad-Marke Voge. Dabei handelt es sich um die neu etablierte Eigenmarke von Loncin. Dass hierfür unter anderem vorhandene technische Entwicklungen von BMW genutzt werden, ist naheliegend – wenn auch wohl nicht immer ganz im Sinne von BMW.

BMW C 400 GT und Voge SR4 Max 350

Ein offensichtliches Beispiel hierfür ist der Roller SR4 Max 350 von Voge, der weitgehend identisch ist mit dem 2019 eingeführten C 400 GT von BMW. 2023 kam der Voge-Roller in den Handel, und er wird auch in Deutschland angeboten.

Gleicher Antrieb: Viertakt-Einzylinder-Motor mit 350 Kubik

Antrieb beider Roller ist ein Viertakt-Einzylinder-Motor mit Wasserkühlung, Benzineinspritzung, einer obenliegenden Nockenwelle und 4 Ventilen. Rollertypisch ist das Triebwerk am Heck platziert, vor dem Hinterrad, und mit einer Fliehkraftkupplung samt stufenloser Riemen-Variomatik (CVT) kombiniert.

34 PS für BMW, 29 PS für Voge

2021 modernisierte BMW den C 400-Antrieb mit elektronischem Gasgriff und Euro-5-konformer Abstimmung. Dabei bleibt die Spitzenleistung unverändert: 34 PS (25 kW) bei 7.500/min. Als maximales Drehmoment nennt BMW 35 Nm bei 5.750/min. Etwas geringere Werte gibt Voge an: 29 PS (21,3 kW) bei 7.500/min sowie 30 Nm bei 6.000/min. Dabei hängen beim SR4 Max 350 noch "klassisch" zwei Seilzüge unten am Gasgriff.

BMW C 400 GT rund 10 km/h schneller

Rund 140 km/h Höchstgeschwindigkeit erreicht der C 400 GT, genauer: 139 km/h. Circa 10 km/h weniger, also knapp 130 km/h, schafft der SR4 Max 350. Ob diese Performance-Unterschiede durch separate, unterschiedliche Euro-5-Abstimmungen bedingt sind oder eher formale Bestandteile des Kooperations-Deals, ist nicht bekannt. Und ein direkter Vergleichstest steht noch aus. In China wirbt Voge jedenfalls mit den "vollen" 34 PS (25 kW). Dabei steigt der Spritverbrauch dieses Motors selten über 4 Liter pro 100 Kilometer. Voge gegen BMW beim Antrieb: 1:2 für BMW.

Gleiches Fahrwerk: Stahlrohr-Rahmen mit KYB-Komponenten

Wie der etwas sportlicher positionierte C 400 X ist der C 400 GT auf ein Stahlrohr-Chassis aufgebaut und vorn mit einer 35er-Telegabel, hinten mit einer Aluminium-Zweiarmschwinge sowie zwei vorspannbaren Federbeinen bestückt. Gabel und Federbeine liefert Kayaba (KYB) zu – für den parallel produzierten Voge SR4 Max 350 ebenso. Ein weiteres Indiz für den identischen Fahrwerksaufbau ist der mit 1.565 Millimeter genau gleich lange Radstand.

Gleiche Räder mit gleichen Bremsen samt ABS

Ebenfalls gleich sind die Formate der Aluminiumguss-Räder, vorn bereift mit 120/70-15, hinten mit 150/70-14. Und die der Bremsen, mit jeweils zwei 265er-Scheiben vorn und einer 265er-Scheibe hinten. Vom ursprünglich spanischen Brembo-Sublabel J.Juan stammen die Bremszangen, vorn radial angeschraubt mit je vier Kolben, hinten mit einem Kolben. Jeweils beide Räder überwacht ein ABS. Wobei Voge ausdrücklich auf die Erstbereifung von Pirelli hinweist. Voge gegen BMW bei Fahrwerk und Bremsen: 2:2 – unentschieden.

Beide wiegen 214 Kilo

Mit jeweils zu 90 Prozent befülltem 12,8-Liter-Benzintank wiegen beide Roller angeblich genau gleich viel: 214 Kilogramm. Auch an dieser Stelle ist die enge Verwandtschaft deutlich zu erkennen. Pro & Contra beim Gewicht: 1:1 – unentschieden.

Großzügige Sitzpolster und viel Komfort

Gleich großzügig sind die Sitzbänke, und die Angaben zur Fahrerpolster-Sitzhöhe unterscheiden sich lediglich um 5 Millimeter: 780 Millimeter beim SR4 Max 350, 775 Millimeter beim C 400 GT. Um wenige Zentimeter höher ragt der Windschild beim BMW-Roller auf – für die alltägliche Nutzung unwesentlich. Voge gegen BMW beim Komfort: 1:1 – unentschieden.

Ausstattung mit ABS, Traktionskontrolle und LED-Leuchten

Moderner Standard und als Grundausstattung an Bord ist bei beiden – neben dem ABS – eine Traktionskontrolle. Und LED-Leuchten rundum. Wobei die Tagfahrlicht-Funktion bei BMW 105 Euro extra kostet, und Voge ohne Aufpreis sogar noch eine Abbiegelicht-Funktion dazu serviert, deren Funktionsweise jedoch noch nicht genau erklärt hat.

Farbmonitor und Connectivity

Außerdem montiert Voge grundsätzlich den großen Farbmonitor mit integrierter Smartphone-Connectivity. BMW liefert zum Grundpreis mit LCD-Cockpit aus und nur für stolze 630 Euro extra das farbige TFT-Display mit Connectivity – dann allerdings samt Pfeilnavigation.

Voge mit Front-Kamera, BMW mit Flex-Case

Dafür punktet Voge mit einer Front-Kamera in HD-Qualität, die in Europa jedoch nicht uneingeschränkt genutzt werden darf, Stichwort Datenschutz. Wie beim Kartenspiel zückt BMW dann das im Stand nach unten ausklappbare Gepäckfach namens "Flex-Case". Beleuchtet sind die Gepäckfächer unter der Sitzbank wiederum bei beiden Rollern. Jeweils ein Integralhelm und ein Jethelm passen hinein – mindestens. Roller-Standard, bei beiden, sind zudem Hauptständer und Seitenständer.

Beide Roller "keyless", Heizung nur bei BMW

Zudem haben beide kleine Staufächer vorn im Beinschild sowie jeweils eine USB-Buchse. Ebenfalls moderner Standard sind die Funkschlüssel-Systeme ("Keyless"). BMW bietet nach Tradition des Hauses eine Griffheizung und zusätzlich auch eine Sitzheizung als Sonderausstattung an ("Komfort-Paket" für 420 Euro). Voge gegen BMW bei der Ausstattung: 9:12 für BMW – wobei beide auf hohem, modernem Niveau rollern.

Preise, Gewährleistung, Garantie und Service

Den 3 Jahren Gewährleistung bei BMW stehen 2 Jahre Gewährleistung bei Voge gegenüber. Ob als C 400 GT oder als SR4 Max 350, die inzwischen bewährte Technik muss alle 10.000 Kilometer oder einmal pro Jahr zur Inspektion. Voge gegen BMW bei Garantie und Service: 1:2 für BMW.

Voge SR4 Max 350 für 6.399 Euro

Für 6.399 Euro bietet Voge den SR4 Max 350 in Deutschland an, wahlweise in Schwarz oder in Weiß (zuzüglich Liefernebenkosten, Stand Sommer 2023). Bei BMW steht der "alpinweiße" C 400 GT ab 8.450 Euro in der Preisliste (ebenfalls zuzüglich Liefernebenkosten, Stand Sommer 2023). Das sind bereits mehr als 2.000 Euro Differenz. Hinzu kommen auf Wunsch 50 Euro für "Style Exclusive" mit "Imperialblau metallic" oder 205 Euro für "Style Triple Black". Zudem, gegebenenfalls, 630 Euro für den Farbmonitor samt Connectivity, 105 Euro für die Tagfahrlicht-Funktion und 420 Euro für Griff- und Sitzheizung.

BMW vergleichbar ausgestattet für 9.185 Euro

Am besten vergleichbar mit dem SR4 Max 350 ist der C 400 GT in "Alpinweiß" mit TFT/Connectivity und Tagfahrlicht. So kostet er 9.185 Euro (plus Liefernebenkosten). Dann ist der ungefähr gleich ausgestattete Roller mit den BMW-Emblemen 2.786 Euro teurer als der mit den Voge-Emblemen – aus demselben Loncin-Werk in China. Besonders ausgeprägte Wertstabilität, sonst typisch für BMW, ist beim C 400 GT indes nicht zu erwarten. Voge gegen BMW beim Preis: 1:0 für Voge.

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Fazit

Mehr als 2.000 Euro beträgt die Grundpreis-Differenz bei Voge SR4 Max 350 und BMW C 400 GT – obwohl beide Roller technisch weitgehend identisch sind und im selben Loncin-Werk in China produziert werden. Mit vergleichbarer Ausstattung ist der BMW-Roller sogar 2.786 Euro teurer als der Voge-Roller. Damit ist der SR4 Max 350 deutlich preisgünstiger und der Fall eigentlich klar.

Beide Roller sind modern und umfangreich ausgestattet, unter anderem mit ABS an beiden Rädern, Schlupfregelung und Funkschlüssel-System ("Keyless"). Farbmonitor samt Connectivity kostet bei BMW als Sonderausstattung extra. Dafür punktet BMW mit dem Hauptständer sowie mit dem im Stand nach unten ausklappbaren Gepäckfach ("Flex-Case"). Zudem gibt’s bei BMW optional Griff- und Sitzheizung.

Dafür prescht Voge mit der Front-Kamera und mit der Abbiegelicht-Funktion vor. Wohl eher formal als praxisrelevant sind die unterschiedlichen Eckdaten des gleichen 350er-Einzylinder-Motors, mit 34 PS Spitzenleistung bei BMW und 29 PS bei Voge.

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MOTORRAD 20 / 2023

Erscheinungsdatum 15.09.2023