Eine bunte Gruppe zieht fröhlich ihre Bahn über schwarzes Asphaltband. Ein unverwechselbares Geräusch begleitet sie, das seit mehr als einem halben Jahrhundert viele von uns sofort als das typische Summen des gebläsegekühlten, drehschiebergesteuerten Vespa-Zweitakters identifizieren können.
Vespa 150 VBA von 1959
Peter fuhr schon auf dem Gymnasium eine Vespa PX 200, und beim letzten Abiturtreffen erzählte er mir, dass er heute eine 300 GTS fährt, aber eine besondere Schwäche für alte Vespas hat und mehrere Oldtimer des Kultrollers sein Eigen nennt. "Und bei uns im Klub gibt es noch eine Menge mehr."
Vorneweg fährt Torsten mit seiner Vespa 150 VBA von 1959. Mit der Technik von Vespa beschäftigt er sich, seit er 15 wurde, und ist die treibende Kraft dahinter, dass die historischen Vespas in seinem Bekanntenkreis immer zuverlässig laufen. Eigentlich ist der immer gut gelaunte 54-Jährige von Beruf Polizist, doch seit er vor zwölf Jahren ein altes Bauernhaus mit Scheune gekauft und Letztere zu einer Werkstatt ausgebaut hat, ist er zum Vespa-Guru im Kölner Umkreis geworden.
In seinem Haus stehen Vespa-Unikate ab den 1940er-Jahren, auf dem Dachboden lagern Teile aus sechs Jahrzehnten. Was gleich auffällt: Seine edle VBA im Rentenalter kann zum Zeitpunkt ihrer Geburt niemals so schnell gewesen sein. "War sie auch nicht", grinst Torsten. "Weil sich an den Motorgehäusen von der VBA bis zur PX bis in die 80er-Jahre hinein nichts geändert hat und Letztere gar bis 2017 gebaut wurde, passen spätere Teile, und es gibt jede Menge feine Weiterentwicklungen von Zubehörherstellern."
Schlitzgesteuerter Zweitakter im Wide Frame
Die Vespa VBA läutete 1959 ein neues Zeitalter ein. Vorher hatten die Vespas einen breiteren, tieferen Rahmen, der heute als Wide Frame bezeichnet wird. In ihm steckte ein schlitzgesteuerter Zweitakter. Mit dem neuen Rahmen, von dem es bald zwei Größen gab – heute als Large und Small Frame bezeichnet –, kam auch die Drehschiebersteuerung, mit der statt 1 : 25 nun 1 : 50 getankt werden konnte, weil durch das Ansaugen direkt in die Kurbelkammer die unteren Lager besser geschmiert wurden.
Dazu wurde auch das Getriebe verbessert. Torsten hat seine Vespa VBA vor sieben Jahren in sehr schönem Zustand gekauft, sie war in den 1980er-Jahren restauriert worden. "Ich habe sie dann mit 177-cm³-VMC-Aluminium-Zylinder, Polini-Rennkurbelwelle, 24er-Vergaser, Auspuff von LTH und 10- statt 8-Zoll-Rädern umgerüstet", verrät er. "Alle Modifikationen habe ich eintragen lassen und konnte es dann gar nicht erwarten, damit auf die Straße zu kommen. Eingetragen ist sie mit 18 PS statt den ursprünglichen knapp sechs, und die dürfte sie auch haben."
Vermächtnis des Flugzeugbaus
Die Ur-Vespa wurde nach dem Zweiten Weltkrieg aus der Not geboren. Der Flugzeughersteller Piaggio durfte nach dem Krieg keine Flugzeuge mehr bauen, und Enrico Piaggio, Sohn des Firmengründers Rinaldo Piaggio, entschied sich, ein nützliches Fahrzeug für die Motorisierung des Wiederaufbaus auf den Markt zu bringen. Bereits während des Krieges machte er sich Gedanken über ein Zweirad, das einen besseren Wetterschutz bietet als konventionelle Motorräder und das auch die schmierige Technik von seinem Fahrer fernhält.
Vespa mit freiem Durchstieg für Frauen in Röcken
Renzo Spolti und Vittorio Casini entwarfen für ihn einen Prototyp, der die Technik komplett unter einem Blechkleid versteckte, doch der hatte einen hohen Mitteltunnel. Piaggio aber wollte einen freien Durchstieg hinter dem Beinschild, damit sich sein Produkt auch für Frauen eignete, die damals noch vorwiegend Röcke trugen. Corradino D’Ascanio machte dann einen Entwurf nach diesen Vorgaben, indem er den Motor rechts neben dem Hinterrad platzierte.
Dieser Prototyp erinnerte Piaggio an eine Wespe, und so gaben sie ihm den Namen Vespa. Mit ihren kleinen 8-Zoll-Rädern, deren Felgen vorn und hinten identisch waren, dem gepressten Blechrahmen, vor allem aber wegen ihrer hohen Zuverlässigkeit wurde die Vespa in den Nachkriegsjahren zum Erfolg.
Dass sie aber von den vielen Marken, die nach dem Krieg Italien wieder flottmachten, bis heute überlebt hat und zu einem Kultobjekt geworden ist, während die anderen wieder in Vergessenheit geraten sind, liegt an der steten Entwicklung, die Piaggio all die Jahre vorantrieb.
Vespa 150 Sprint von 1966
Schön kann man das an der Vespa 150 Sprint von 1966 nachvollziehen, mit der Armin gekommen ist. Bei ihr ist gegenüber der Vespa VBA das rechteckige Blech über dem Lenkschaft nicht mehr aufgeschweißt, sondern mit in den Beinschild eingepresst. Sie hat einen rechteckigen Scheinwerfer und hinter dem Beinschild ein abschließbares Gepäckfach. Die Vespa Sprint hat auch einen 20 Millimeter längeren Radstand für mehr Stabilität und größere Kotflügel für die 10- statt 8-Zoll-Räder.
Dass es mit dem Design aber auch mal wieder rückwärtsging, beweist Peters Vespa 150 Sprint von 1972. Bei ihr ist der Scheinwerfer wieder rund statt eckig. "Mitte der 60er waren der muschelförmige Tacho und der eckige Scheinwerfer modern, dann brachte Vespa die Sprint Veloce mit 10 PS. Um die von den anderen abzuheben, bekam sie einen runden Scheinwerfer, und man stellte fest, dass der mehr Lichtausbeute bot, und kehrte später auch bei anderen Modellen zu ihm zurück", weiß Torsten.
Er ist es, der Peters Vespa 150 Sprint restauriert und sie mit der verstärkten Kurbelwelle der 150 Sprint Veloce versehen hat. "Die hat ein größeres unteres Pleuellager und damit deutlich mehr Reserven."
Vespa PK 80
Die Letzte im Bunde ist die Vespa PK 80 von Martin. 1977 brachte Vespa die P-Baureihe, bei der alles eckig wurde, zunächst als PX mit dem Large Frame. 1981 kam sie als PK auch mit dem kleineren Rahmen. Die PK gab es als 50er, 80er und 125er, die 80er, die für Deutschland als Leichtkraftrad aufgesetzt wurde, konnte mit 100-cm³-Umbausatz aufgerüstet werden, damit sie die Besitzer, wenn sie 18 wurden, aus der teuren Versicherungsklasse der Leichtkrafträder in die billigste Motorradklasse umschreiben lassen konnten. Martins Vespa aber ist im Originalzustand und lässt uns wieder in die Zeit zurückversinken, als diese Vespa der Traum aller hippen Teenager war.
Neben ihren modernen Nachfahren mit symmetrisch platzierten Viertakt-Automatic-Motoren mögen die Vespas kompliziert zu handhaben und nicht mehr umweltfreundlich genug sein. Das Summen dieser Jahrzehnte aber wird für immer ein Kulturgut bleiben.