Supermotos von Ducati und GasGas im Alpen-Test

Ducati Hypermotard 698 Mono und Gasgas SM 700
Supermotos im extremen Alpen-Test

Veröffentlicht am 27.08.2024

Während Supermotos sich in Deutschland großer Beliebtheit erfreuen und besonders diejenigen anziehen, die mit Insta, TikTok und Co. groß geworden sind, sieht man sie in den Alpen eher selten. Aus nachvollziehbaren Gründen haben sich diese Bikes doch auf die Fahnen geschrieben, ein sportlich-puristisches Fahrerlebnis ohne viel Schnickschnack oder Komfort zu bieten. Deshalb kann mit ihnen schon die Anreise zum Alpen-Urlaub die erste Herausforderung darstellen. Lange Etappen, schlimmstenfalls auf der Autobahn, gehören nicht zu den Stärken von Supermotos, das ist klar. Doch wenn man erst mal am Pass angekommen ist, spielt die Kombination aus aufrechter Ergonomie, spritzigem Motor und geringem Gewicht klar ihre Trümpfe aus. Blenden wir also mal kurz aus, dass sowohl Ducati Hypermotard 698 Mono RVE als auch GasGas SM 700 auf Dauer für kribbelnde Hände und schmerzende Hinterteile sorgen und keinen Stauraum für Gepäck bieten.

Hochverdichtende Einzylinder mögen keine alpine Höhe

Der erste Motorstart auf etwas über 1.000 Metern Höhe verläuft für beide Supermotos holprig. Während sich die Ducati Hypermotard 698 Mono mit schwankendem Standgas auf Temperatur hämmert, dreht die GasGas SM 700 gleich mehrere Sekunden auf über 3.000/min, um dann ihr normales Standgas-Niveau zu entdecken. Hochverdichtende Einzylindermotoren sind eben empfindliche Zeitgenossen, da sind alpine Höhen nicht gerade hilfreich.

Und am liebsten mögen diese Aggregate, das wissen wir, Vollgas. Aber eins nach dem anderen. Auf der Zufahrt zum Umbrail-Pass müssen zunächst ein paar kleinere Ortschaften überwunden werden. Und hier sticht natürlich der raue Motorlauf der Singles hervor. Während die GasGas SM 700 nur mit Vibrationen auffällt, kommt bei der Ducati Hypermotard 698 Mono zusätzlich ein ausgeprägtes Konstantfahrruckeln hinzu. Die schon im MOTORRAD-Top-Test (Ausgabe 7/2024) bemängelte Abstimmung der Motorelektronik bleibt verbesserungswürdig, besonders im Teillastbetrieb.

Der Quickshifter der Ducati-Supermoto funktioniert allerdings gut und fordert nur wenig Kraft. Die Schaltung der weniger ruckeligen GasGas verfügt ebenfalls über einen Assistenten fürs Hoch- und Runterschalten, der einen guten Job macht, allerdings nur auf energische Schaltbefehle reagiert.

GasGas entscheidet Motor-Kapitel für sich

Nach der kurzen Anfahrt erscheint vor den Supermotos die Passstraße, die sie über rund 16 Kilometer bis aufs Stilfser Joch führen wird. Hahn auf, los geht’s. Die Ducati Hypermotard 698 Mono übernimmt im engen Kehrengetümmel die Führung. Sie klappt flott in Schräglage und zieht den Fahrer vertrauensvoll auf engen Radien. Links-rechts-links, wieder und wieder. Das Handling der Duc ist intuitiv und lässt keinen Platz für Unklarheiten.

Im Vergleich wirkt die GasGas SM 700 etwas steif, will mit Nachdruck um Kehren gebeten werden und stellt sich beim Bremsen stärker auf. Wo die Ducati runde Bögen zeichnet, bewirkt das Bremsen-Einlenken-Beschleunigen mit der GasGas eher eckige Linien. Im Scheitelpunkt geht die SM 700 beim Gasanlegen dafür sanfter zu Werke und fordert weniger Kupplungseinsatz.

Und zwischen den Kehren drückt die GasGas spürbar kaltblütiger an als die Ducati. Zwar holt sich die Hypermotard dank kürzerer Übersetzung bei den Durchzugsmessungen bergauf genauso viele Punkte, doch das schmalere Drehzahlband fordert in der Praxis mehr Schaltarbeit. Am Pass ist das eher ein Nachteil als ein paar Pferdchen weniger Spitzenleistung, weshalb die GasGas SM 700 unterm Strich die Kategorie Motor für sich entscheidet.

Ducati Hypermotard mit reichlich Elektronik

Elektronisch fährt die Ducati dagegen mit einstellbaren Assistenten für Drifts und Wheelies mehr auf. Das ABS bietet gar 4 Stufen, allerdings taugt für den Einsatz am Pass nur der defensivste Modus, denn er hält als einziger das Heck zuverlässig am Boden. So auch das lediglich abschaltbare ABS der GasGas, das Stoppies konsequent unterbindet. Beim Bremsen bergab sind es aber vor allem die Gewichtsverteilung und das straffere Fahrwerk, die der GasGas einen Vorteil sichern.

Während die Hypermotard vorn schnell abtaucht und zum Stoppie ansetzt, bleibt die SM 700 aufrecht und lässt eine höhere Verzögerung zu. Bei der getesteten Hypermotard sorgte die trotz festgezogener Schrauben sehr lockere Gummilagerung des Lenkers dafür, dass er beim harten Ankern spürbar nach vorn klappte. Eine Eigenheit, die bei den bisherigen Testexemplaren der Ducati-Supermoto nicht auffiel. Anmerkung: Mangels Soziusrasten wurden beide Supermotos solo gemessen.

Nach dem kurzen Stopp bei Brunos Bratwurststand an der Passhöhe beginnt der Abstieg aufgrund dieser Auslegung auf der GasGas souveräner. Wer mit Körpereinsatz das Aufstellmoment beim Bremsen überwindet, könnte der Ducati hier gar enteilen. In der Praxis bleibt dieser Vorteil aber klein, denn die Supermotos dermaßen auszuquetschen, gelingt auf buckligen und ausgewaschenen Straßen nur selten. Hier sticht dagegen das deutlich komfortablere Fahrwerk der Ducati, das bei aller Supermoto-Sportlichkeit ordentlichen Restkomfort generiert. Das liegt der GasGas fern, sie federt und dämpft so straff, dass man die Passstraße am liebsten gegen eine Kartbahn tauschen würde. Weil es hier aber um den Vergleichstest in den Alpen geht, unterliegt die GasGas SM 700 der Hypermotard 698 Mono RVE.

Ducati Hypermotard 698 Mono

 Umfangreiche und feine Assistenzelektronik
 Geschmeidiges, neutrales Handling am Pass
 Fahrwerk mit gutem Komfort
 Bissige Bremsanlage

 Konstantfahrruckeln
 Gabel taucht beim Bremsen bergab schnell weg
 Aus niedrigen Drehzahlen wenig Punch
 Locker in Gummi gelagerter Lenker am Testbike

Gasgas SM 700

 Kraftvoller Motor mit ausgefeiltem Mapping
 Große Fahrwerksreserven bei sportlicher Fahrweise
 Hohe Stabilität in Kurven
 Gute Bremsstabilität

 Magere elektronische Ausstattung
 Mini-Cockpit
 Präsentes Aufstellmoment beim Bremsen
 Mäßiger Federungskomfort