Ducati 959 Panigale im Fahrbericht

Ducati 959 Panigale im Fahrbericht Große Kleine

Lassen wir den neuen Auspuff mal beiseite, es geht ja schließlich auch um innere Werte. Und da hat die Ducati 959 Panigale durchaus mehr zu bieten als nur ein gutes Schnapsglas mehr an Hubraum.

Große Kleine Ducati
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"Panigalina, kleine Panigale, nennen wir die Ducati 959 Panigale im Werk", grinst Projektmanager Stefano Strappazzon. Aber Vorsicht, was so niedlich klingt, könnte es faustdick hinter den Ohren haben. Immerhin sprechen wir praktisch von einem 1000er-Superbike mit homologierten 152 PS. Nur zur Erinnerung: Die 999 R hatte 2006 in ihrer letzten Ausbaustufe als Superbike-Basis 140 PS, mit Titanpleueln und -ventilen und allem Pipapo. Die ein Jahr später gefeierte 1098 hatte zwar nominell etwas mehr Punch, aber nicht das gut bestückte Elektronik-Arsenal der 959: drei Fahrmodi (Race, Sport, Rain), Ride-by-Wire, Traktionskontrolle, ABS, elektronisch einstellbare Motorbremse. Und: 16.290 Euro (16,490 in weiß) sind zwar rund 800 Euro mehr als für die 899, dennoch ist die 959 damit gut 1000 Euro billiger, als es die 1098 war.

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Das macht neugierig. Zumal Euro 4 zum Abschied von der genialen Optik mit Under-engine-Auspuff zwingt und den doppelläufigen Auspuff nötig machte, der die gewohnte und schlüssige Pani­gale-Optik kräftig durcheinanderrüttelt. Zumindest erfüllt er seinen Zweck. Mit wohlgedämpfter Stimme, vielleicht nicht ganz so bassig wie erhofft, aber unverkennbar Ducati, nimmt der 955 cm³ große Twin die Arbeit auf. Was also hat sie drauf, die Ducati 959 Panigale? Wunderbar leicht lässt sich die neue Anti-Hopping-Kupplung ziehen, ersten Gang reindrücken und raus geht’s auf die GP-Strecke von Valencia.

Basis-Setup der Gabel für die Rennstrecke zu soft

Vorerst im Sport-Modus. Bereits ab 3000/min geht der Twin der Ducati 959 Panigale schön sanft ans Gas, läuft angenehm weich und lässt sich auch bei niedrigen Drehzahlen ohne hässliches Hacken auf die Kette fahren. Aber wir sind ja auf der Rennstrecke hier, also Feuer. Berechenbar und linear marschiert der Twin das Drehzahlband hinauf, zwischen 7000 und 8000/min rauscht dann ein zweiter Wind durch die Brennkammern, und die 959 hämmert energisch dem Begrenzer entgegen, der unverändert bei 11.500/min wartet. Doch schon die ersten Runden zeigen, dass das Basis-Setup der Gabel für die Rennstrecke zu soft ist.

Am Kurveneingang fehlt die Präzision. Flugs zurück in die Box, die Einstellschräubchen lassen sich mit dem Zündschlüssel bedienen. Dazu das direkter ansprechende „Race“-Mapping gewählt und zurück auf die Strecke. Das passt schon besser. Spürbar knackiger und direkter, aber nicht barsch ­reagiert der Twin jetzt auf Gaskommandos. Die Ducati 959 Panigale gehört zwar nicht zu den Maschinen, die sich gierig von selbst auf die ganz enge Linie stürzen, sie trifft aber nun deutlich präziser den Scheitel und folgt exakt der angepeilten Linie. Am Kurvenausgang ist satt Grip vorhanden, um mächtig am Kabel zu ziehen. Und wenn die Traktionskontrolle mal einschreiten muss, macht sie das auf der dritten von acht Stufen nahezu unmerklich.

Heck um fünf Millimeter angehoben

Für mehr Grip senkten die Entwickler den Schwingendrehpunkt um vier Millimeter ab. Eine Maßnahme, die schon die großen Panigale mit mehr Traktion dankten. Um die Einbußen an Handlichkeit zu kompensieren, hoben die Techniker das Heck über ein längeres Federbein um fünf Millimeter an. Das macht die Ducati 959 Panigale zwar nicht zum wuseligen Kurvenräuber, doch wendig genug, um schnellen Schräglagenwechseln ohne große Mühe zu folgen.

Hilfreich dabei ist die Beschränkung auf einen 180/60er-Hinterreifen auf der 5,5 Zoll breiten Felge. Laut Testfahrer Alessandro Valia „der beste Kompromiss zwischen Handling und maximaler Auflagefläche für gute Traktion“. Damit lässt sich die Power am Kurvenausgang sauber in Vortrieb ummünzen. Aber es zeigt sich auch rasch, dass die Ducati 959 Panigale dafür im passenden Drehzahlbereich gehalten werden will. Nicht nur, weil die Sekundärübersetzung um einen Zahn länger ausfällt (43er- statt 44er-Kettenblatt).

Erst ab 7000/min werden die Muskeln gespannt

Der Hubraumzuwachs schlägt sich weniger in kernigem Bums von unten nieder. Erst ab 7000/min spannt die Ducati 959 Panigale richtig die Muskeln. Dann treten die zusätzlichen neuen, zentral über den elliptischen Drosselklappen thronenden Shower-Einspritzdüsen in Aktion und die 959 dreht forsch in die Höhe. Der Schaltfuß ist also ­gefordert, doch nachdem der Schaltautomat nun mit dem Gang­sensor der großen Panigale bestückt ist, gehen die Gangwechsel sehr reibungslos und flutschig vonstatten.

Dabei gingen die Entwickler bei der Suche nach Hubraum nicht den gängigen Weg über eine noch größere Bohrung, sondern vergrößerten den Hub um 3,6 auf 60,8 mm. Denselben Wert wie bei der 1299. Und sie spendierten ihr die bereits erwähnte zweite, zentrale Einspritzdüse. Zusätzlich wuchs der Durchmesser der Krümmer von 55 auf 60 Millimeter. Ventile, Kanäle und Nockenwellen blieben bei der Ducati 959 Panigale unangetastet. Die Zylinderköpfe erhielten wie diverse andere Motordeckel Verstärkungen zur Geräuschreduzierung.

Vollgetankt wiegt die Ducati 959 Panigale 207 Kilo

Zusammen mit der neuen Kurbelwelle und der Rutschkupplung legte der Motor so um 2,5 Kilo an Gewicht zu. Die neue Auspuffanlage steuert weitere 3,5 Kilo bei und zusätzliches Dämmmaterial etwa eines, macht rund sieben Kilo Mehrgewicht gegenüber der 899. Ausgehend hiervon dürfte die Ducati 959 Panigale auf etwa 207 Kilo vollgetankt kommen. Nicht rekordverdächtig, doch bietet die 959 mit ihrem kultivierten V2 auch ohne Extremwerte gute Voraussetzungen für stressfreien Spaß auf der Rennstrecke. Wenngleich die mit Bosch-ABS bestückten Bremsen einen knackigeren und etwas konstanteren Druckpunkt liefern dürften. Dafür hält die Rutschkupplung in Verbindung mit der einstellbaren Motorbremse das Heck selbst bei heftigem Ankern schön ruhig. 

Mit ihrem auch untenrum kultiviert agierenden Twin und ihren sportlichen Qualitäten positioniert sich die Ducati 959 Panigale als feine Alternative für sportlich orientierte Landstraßen-Fahrer. Die Bubble-Scheibe aus dem Zubehörprogramm (119 Euro) sorgt dazu für racige Optik und guten Windschutz. Und wer sich noch nicht recht mit dem neuen Auspuff anfreunden mag, für den hält Ducati für 1229 Euro eine adrettere Titan-Alternative von Akrapovic bereit, die nicht nur im Fersenbereich mehr Bewegungsfreiheit lässt, sondern gleich noch eineinhalb Kilogramm einspart.

Technische Daten Ducati 959 Panigale

Ducati
Die Optik ist immer noch Panigale, aber irgendwie auch nicht mehr. Doch ohne die Schalldämpfer keine Euro 4-Zulassung.
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