Fahrbericht Ducati 1299 Panigale R Final Edition

Fahrbericht Ducati 1299 Panigale R Final Edition Die letzte V2-Panigale

Vier Ventile, Wasserkühlung, Einspritzung - die Ducati 1299 R Final Edition ist der krönende Abschluss einer glanzvollen Ära. Testredakteur Andi Bildl ist sie auf dem Hockenheimring gefahren.

Die letzte V2-Panigale markus-jahn.com
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Es schien eine untrennbare Allianz, Ducati-Superbike und V2. Seit Bologna 1988 den Desmoquattro in der 851 Tricolore präsentierte, gehörte das im Rennsport einfach zusammen wie Champagnerdusche und Siegerpodest. Doch nichts ist so beständig wie der Wandel. Also aus, vorbei, Vergangenheit. Nach fast drei Jahrzehnten hat das Leistungswettrüsten den L-Twin an seine Grenzen gebracht. Besonders, was die sinnvolle Größe der Einzelhubräume, die Leistungsausbeute und Fahrbarkeit angeht. Der letzte WM-Titel 2011 liegt zudem lange zurück. Noch mehr Leistung und Fahrbarkeit ist wohl fortan nur mit einem V4 drin. Zeit also für die Ablösung. Aber nicht ohne würdigen Abgang, ohne noch einmal ein mächtiges V2-Leuchtfeuer zu zünden. Und das heißt nach dem sündteuren und limitierten Karbon-Renner Superleggera nun Ducati 1299 Panigale R Final Edition.

Knapp 0,92 Kilo pro PS

Befeuert vom infernalischen Superleggera-Motor (siehe MOTORRAD 12/2017). Das heißt Titan-Pleuel und -Ventile, leichte Kurbelwelle mit Wolfram-Stopfen, Renngetriebe, Zwei-Ring-Kolben. Der V2 der Ducati 1299 R Final Edition muss im Grunde nur auf das Sandguss-Gehäuse verzichten, atmet dafür seine heißen Abgase Euro 4-konform über eine Akrapovic-Volltitan-Superbike-Auspuffanlage aus. Das Fahrwerk ist bestückt mit Öhlins-Federelementen, Schmiederädern und einigen netten Karbon-Details. 209 PS (Werksangabe) treffen auf 192 Kilo (MOTORRAD-Messung) vollgetankt. Allerdings ohne Nummernschildträger und Spiegel, unsere Testmaschine war zum Ausritt in Hockenheim ohne angetreten.

Knapp 0,92 Kilo pro PS, das ist eine Hausnummer. Und so geht die Ducati 1299 R Final Edition auch ab. Sie hängt bissig am Gas, fällt wie angestochen über die Hockenheimer Parabolica her. Der Twin dreht mit einem Affenzahn in die Höhe. Nahtlos und geschmeidig zappt der Schaltautomat einen Gang nach dem anderen rein. Bereits kurz nach der Hälfte des lang gezogenen Linksbogens streicht der Tacho die Segel. Seine Anzeige reicht bis 299, darüber zeigt er nur noch „- - -“, trotzdem dreht der Twin im Sechsten weiter. Mit Irrsinns-Speed und 40 Grad Schräglage pfeffert die Ducati auf die Spitzkehre zu. Die hochgezogene Bubble-Scheibe der Verkleidung spendet dabei effizienten Windschutz.

Die Ducati 1299 R Final Edition - ein Augenschmaus

Biss und Dosierbarkeit der Brembo-Anker sind über jeden Zweifel erhaben. Die Öhlins-Gabel stemmt sich vehement dem Abtauchen der Front entgegen. Raus aus der Spitzkehre, ab 5.000/min schnalzt die Ducati 1299 R Final Edition vorwärts, zwischen 8.000 und 9.000/min bricht dann der Leistungsvulkan aus. Eine fein eingreifende Wheelie-Kontrolle sorgt dafür, dass sie dabei nicht unentwegt Männchen macht.

Zwar bekam die Ducati 1299 R Final Edition nicht die hochgestochene Elektronik der Superleggera mit zwei Sechsachsen-IMUs. Schräglagen-ABS, Evo-Wheelie- und Traktionskontrolle sowie der Ducati Data Analyzer mit GPS und Schräglagenanzeige sind aber mit an Bord.

Der Motor ist eine Granate. Überhaupt ist die Entwicklung, die der Desmoquattro seit seiner Geburt genommen hat, atemberaubend. Aus 851 cm³ und 102 PS in der Urversion von 1988 wurden 1299 cm³ und 209 PS. 50 Prozent mehr Hubraum, aber 100 Prozent mehr Leistung, vom geringeren Gewicht ganz zu schweigen. Noch Fragen? Die Leistungseruption mündet dank der Superbike-Auspuffanlage an der Ducati 1299 R Final Edition nicht in exorbitantem Gebrüll. Die Titan-Anlage ist auch optisch eine Wucht. Armdicke Krümmer quellen in schillernden Violett-Tönen aus der Verkleidung hervor und winden sich unter der Sitzbank. Ein Augenschmaus.

Knackigeres, schärferes Handling wie Standard-Panigale

Auch fahrwerkstechnisch ist die Ducati 1299 R Final Edition wesentlich dichter an einer Superleggera als an einer 1299 S. Die Öhlins-Federelemente tasten sorgfältig die Fahrbahn ab, ihre straffe Grundabstimmung entspricht im Grunde der Superbike-Basis Panigle R. Wie die Superleggera ist auch die Final Edition ein wenig Diva, wenn sie mit voller Wucht aus den Ecken hinaus beschleunigt wird. Beim Sprint durch die lang gezogene Parabolica lässt sie sich, unsanft angepackt, leicht in Unruhe bringen und beginnt zu pendeln. In Schikanen beim raschen Umlegen harsch angepackt, zuckt sie auch schon mal mit dem Lenker. Kräftig in die Rasten stemmen und Gewicht nach vorne verlagern hilft, das im Keim zu ersticken. Die Druckstufe an Gabel und Federbein relativ weit zu öffnen, beruhigt die Renn-Diva ebenfalls.

Eine Standard-Panigale ist da verzeihender. Aber auch bei Weitem nicht so wendig wie die Ducati 1299 R Final Edition. Das geringe Gewicht, vor allem aber die leichten Schmiederäder verleihen der Signorina ein wesentlich knackigeres, schärferes Handling. All das rückt sie noch ein gutes Stück weiter in Richtung Rennmotorrad. Was in letzter Konsequenz nur logisch ist, so schließt sich der Kreis wieder. Denn genau das war die Zielrichtung vor rund 30 Jahren, als Ducati den wassergekühlten Desmoquattro auf die Gegner losließ: Er sollte auf der Rennstrecke eine Macht sein, an der sich die Gegner die Zähne ausbeißen würden. Insofern setzt die Final Edition einen würdigen Schlusspunkt unter die glanzvolle Ära der Ducati-Superbike-Twins, die dem Rennsport über fast drei Jahrzehnte ihren prägenden Stempel aufgedrückt haben. Mag ja sein, dass der ihm nachfolgende V4 vieles wird besser können, aber der harte, trockene Schlag des V2 wird uns fehlen.

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