Schon die bisherige Daytona war ein kurzes Motorrad mit knackigem Motor. Die neue wurde in vielen Punkten verfeinert, behält aber diesen Charakter. Wie sie das macht, lässt sich freilich nicht in drei Worten beschreiben.
Schon die bisherige Daytona war ein kurzes Motorrad mit knackigem Motor. Die neue wurde in vielen Punkten verfeinert, behält aber diesen Charakter. Wie sie das macht, lässt sich freilich nicht in drei Worten beschreiben.
Welcher Gang für Kurve Nummer drei? Vor dieser Frage steht jeder, der sich die Rennstrecke im südspanischen Cartagena erschließt. Der enge Bergab-Linksbogen muss aus einer Rechtskurve mit einem energischen Umklappen des Motorrads angesteuert werden, doch während der ersten Runden agiert man zu zaghaft, ist zu spät dran für die richtige Linie und parkt in Schräglage. Untertourig lahmt der Motor im zweiten Gang, dafür zieht und bremst er im ersten so heftig, dass man -einen wüsten Verhau von Last- und Schräglagenwechseln produziert.
„Halte dich zuerst ganz rechts, trau dem Vorderreifen und klapp sie einfach um. Bleib im zweiten Gang, von neun- bis vierzehntausend hast du sowieso immer das gleiche Drehmoment zur Verfügung“, empfiehlt Triumph-Testfahrer und -Entwickler David Lopez. Und tatsächlich: Der etwas höhere Kurvenspeed reicht dem Dreizylinder, um im zweiten Gang mit Macht aus dem Eck zu drücken. So rasch schnalzt er durchs Drehzahlband, dass selbst auf der kurzen Geraden bis zur Schikane das Vorderrad leicht wird. Trotz der um zwei Millimeter größeren Bohrung und des kürzeren Hubs hat der ganz neu entwickelte Motor gegenüber seinem Vorgänger also kein bisschen an Kraft aus der Mitte eingebüßt. Das liegt daran, dass die Triumph-Entwickler überraschenderweise darauf verzichtet haben, die größere Bohrung für größere Ventile und weitere Kanalquerschnitte zu nutzen. Der Tellerdurchmesser der Auslassventile ist sogar geringfügig kleiner (24,2 statt 25,5 mm), um eine günstigere Strömung mit weniger Wirbeln zu erzielen. Strömungsgünstiger wurden auch die Einlassventile, die im Übergang vom Schaft zum Teller eine weniger tiefe Kehle aufweisen. Den dadurch entstehenden größeren Materialaufwand und das Mehrgewicht kompensierten die Techniker durch leichtes Titan.
Was sich auf der schon erwähnten kurzen Geraden angedeutet hat, bestätigt sich in einem anschließenden weiten Linksbogen, der voll beschleunigend durchfahren wird: Der Dreizylinder besitzt eine kräftige Mitte und ist zugleich wunderbar drehfreudig. Das lässt er einen nicht nur spüren, sondern mit einem enthusiastischen Gebrüll auch hören, selbst mit dem Serienauspuff. Zwar lässt es sich ohne direkten Vergleich nicht mit Sicherheit sagen, doch dem subjektiven Eindruck nach dreht er leichter und rascher hoch als der Vorgänger. Dafür sprechen die dezent vergrößerten Ventilhübe, die geringeren Schwungmassen von Kurbelwelle und Lichtmaschinenrotor, vor allem aber die kürzere Sekundärübersetzung. Sie wurde möglich, weil die Techniker dem neuen 675er-Dreizylinder 500 Umdrehungen mehr erlauben; der Begrenzer setzt jetzt erst bei 14400/min ein.
So „breit“ die Leistungscharakteristik dieses Motors angelegt ist, so zugespitzt erscheint einem das Fahrwerk. Schon die bisherige Daytona war ein äußerst agiles Motorrad. Und bei der neuen gewinnt man den Eindruck, dass alle Veränderungen, die mehr Fahrstabilität brachten, von weiteren Maßnahmen begleitet wurden, welche die Handlichkeit noch mehr fördern. Angeblich hat die neue Auspuffanlage mit einem großen Vorschalldämpfer unter dem Motor und einem kurzen seitlichen Endrohr zur stärkeren Konzentration der Massen um den Schwerpunkt und damit zu einer satteren Straßenlage beigetragen, weshalb die Fahrwerksspezialisten sogleich den Radstand verkürzt haben. Der Nachlauf wurde geringfügig länger, dafür steht der Lenkkopf einige Zehntelgrad steiler. Kurz: Die Daytona lenkt auf den bloßen Gedanken hin schon ein. Diese Leichtigkeit verlangt aber auch eine Menge Disziplin vom Fahrer, der die Lenkung behutsam führen und die Linie präzise anvisieren sollte. Dies möge bitte niemand als Besserwisserei verstehen, sondern als Erfahrung eines Tages, der mit einigen stümperhaften Lenkmanövern begann und sich bis zu einem flüssiggefahrenen, fast schon spielerischen letzten Turn sehr erfreulich entwickelte.
Diese Entwicklung beinhaltet einen behutsamen Umgang mit der Bremse. Nicht, weil sie zu bissig wäre. Keine Sorge, die Brembo-Monoblock-Anlage lässt sich trotz gewaltiger Leistung sehr fein dosieren, und das bei der Daytona R serienmäßige Nissin-ABS ist ja auch noch an Bord. Doch im Rennstrecken-Modus, der sich auf der Rennstrecke auch nachdrücklich empfiehlt, ist die Stoppie-Kontrolle außer Funktion gesetzt. Wer zu rasch zu hart am Hebel zieht, stellt die kurze, leichte Daytona a tempo aufs Vorderrad, womöglich steiler, als ihm lieb ist. Selbst in der Bergauf-Bremszone am Ende der Zielgeraden stupsen kleine Bodenwellen gelegentlich das Hinterrad in die Luft. Und noch beim weniger scharfen Bremsen in Schräglage ist das Hinterrad weitgehend entlastet, sodass selbst die neue Anti-Hopping-Kupplung gelegentliche Schlenker beim Einkuppeln nach dem Zurückschalten nicht verhindern kann. Trotzdem verdient sie Lob, weil sie mitrelativ weichen Federn nur geringe Betätigungskräfte verlangt.
Wie bei ihrer Vorgängerin gehören auch bei der neuen Daytona R Öhlins-Federelemente zur Ausstattung, deren Abstimmung überarbeitet wurde. Die Gabel bietet zehn Millimeter mehr Federweg, und das TTX-Federbein erhielt eine weichere Feder. Vor allem diese Änderung macht sich bemerkbar; die Hinterradfederung arbeitet längst nicht so bockig wie früher. Mit dem überarbeiteten Getriebe, das einen neuen Schaltmechanismus und neue Zahnradpaare für die ersten beiden Gänge bekam, rundet sich der erste Eindruck von der neuen Daytona ab: Ein starker Motor mit hoher Laufkultur und tadellosem Ansprechverhalten bildet den Kern, ein vielfältig verfeinertes, betont auf die Rennstrecke zugeschnittenes Fahrwerk die Peripherie. Mit ihren edlen Komponenten kostet die R zwar wieder viel Geld, dafür bleiben fast keine Wünsche offen.
Für 1800 Euro weniger (11890 Euro plus Nebenkosten) verzichtet die Standardversion der Daytona zwar auf Öhlins-Federelemente, das serienmäßige ABS, die Brembo-Bremszangen, den Schaltassistenten und einige Karbonteile, bietet ansonsten aber alles, was auch die R hat, vor allem den überzeugenden Motor. Für 400 Euro Aufpreis kann man auch die Daytona mit ABS bestellen, darüber hinaus bietet Triumph etliche weitere Zubehörteile inklusive Schaltassistent an, deren Preise jedoch noch nicht kalkuliert sind.
Mit den Kayaba-Federelementen der Daytona geht eine etwas andere Abstimmung einher - die Federn sind vorn und hinten ein wenig härter, die Federwege kürzer, wobei sich nur an der Gabel ein nennenswerter Unterschied von 110 statt 120 Millimetern ergibt. Wie sich die Sportlerin damit fährt, konnte der Redakteur noch nicht ausprobieren; die Präsentation in Cartagena war dem R-Modell vorbehalten. MOTORRAD wird bei der ersten Gelegenheit berichten.
Motor
Wassergekühlter Dreizylinder-Viertakt-Reihenmotor, eine Ausgleichswelle, je zwei obenliegende, kettengetriebene Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Tassenstößel, Nasssumpfschmierung, Einspritzung, Ø 44 mm, geregelter Katalysator mit Sekundärluftsystem, Lichtmaschine 402 W, Batterie 12 V/7 Ah, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung (Anti-Hopping), Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette, Sekundärübersetzung 47:15.
Bohrung x Hub 76,0 x 49,6 mm
Hubraum 675 cm³
Verdichtungsverhältnis 13,1:1
Nennleistung 94,0 kW (128 PS) bei 12500/min
Max. Drehmoment 74 Nm bei 11900/min
Fahrwerk
Brückenrahmen aus Aluminium, Upside-down-Gabel, Ø 41 mm, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Lenkungsdämpfer, Zweiarmschwinge aus Aluminium, Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 310 mm, Vierkolben-Festsättel, Scheibenbremse hinten, Ø 220 mm, Einkolben-Schwimmsattel, ABS.
Alu-Gussräder 3.50 x 17; 5.50 x 17
Reifen 120/70 ZR 17; 180/55 ZR 17
Maße + Gewicht
Radstand 1375 mm, Lenkkopfwinkel 67,0 Grad, Nachlauf 88 mm, Federweg v/h 120/133 mm, Leergewicht 184 kg, Sitzhöhe 830 mm, Tank-inhalt 17,4 Liter.
Garantie zwei Jahre
Farbe Weiß
Preis 13 690 Euro
Nebenkosten 370 Euro