Finale: Dirt-Track-R1

Finale: Custom-Bike Dirt-Track-R1

Sie finden, dass es zu viele Roadster gibt, die aussehen wie die FZ1 oder die Z 1000? Sie lieben den klassischen Stil, wollen aber mehr Dampf als Triumph Bonneville oder Guzzi V7 bieten können? Dann hat Gregg Desjardins genau das Richtige für Sie.

Dirt-Track-R1 Folch

Greggs Tracker auf Basis einer 2009er-R1 lädt zu allem nur denkbaren Übermut ein. Auf die kleinen Straßen losgelassen, die sich durch das Tal oberhalb von Campbell südlich von San Francisco schlängeln, gibt sich das vollgetankt nur knapp über 180 Kilogramm leichte Motorrad mit seinen schmalen Reifen und dem breiten Lenker teuflisch handlich. Hingerissen übt sich der Fahrer in zackigen Schräglagenwechseln; er muss nur aufpassen, nicht jedesmal die Lenkerenden in den Asphalt zu rammen. Es ist auch kinderleicht, den Tracker aufs Hinterrad zu stellen. Dabei neigt er allerdings manchmal zur Gewalttätigkeit, weil die Gasannahme zu energisch ist und die Hinterradbremse zu schüchtern.

Und wenn es schnell geradeaus geht, sollte man unbedingt den schmalen Tank fest zwischen die Knie klemmen. Wer am Lenker hängt, statt die Hände nur leicht aufzulegen, provoziert derbes Pendeln. Bis man das merkt, fährt man aber meist schon mehr als doppelt so schnell wie die in Kalifornien erlaubten 55 Meilen. Der Sinn des Spiels mit einem Motorrad, das von einem Dirt-Tracker inspiriert ist, liegt sowieso woanders. Der originale Dirt-Track-Pneu auf dem schmalen Hinterrad bringt das gewaltige Drehmoment des 1000er-Vierzylinders kaum auf die Straße. Stets reißt der Motor herrliche Drifts an, wenn man kurvenausgangs Gas gibt. Darum geht es.

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Der Tracker bleibt bei dieser Übung gut kontrollierbar, weil ihre Reifen gutmütig rutschen und der Motor ein breites Band besitzt. Sie fühlt sich sogar auf Feld und Wiese wohl und beweist dort ihre Fahrbarkeit. Wenn es nur kein so großes Herz brauchen würde, abseits des Asphalts die Tür zu den 160 PS weit aufzumachen.

Ein Meilenoval wäre das ideale Spielfeld gewesen. Dort hatten schließlich auch die Vorbilder von Greggs Tracker, die Yamaha-Miler von Kenny Roberts ihre Bühne. "Als ich den Vierzylinder mit der 90-Grad-Kurbelwelle zum ersten Mal gehört habe, erinnerte mich sein Klang an den Schlag eines großen Zweizylinders und ich habe mir gedacht, daraus muß ich einen Dirt-Tracker machen. Das fiel zusammen mit den Festlichkeiten um Kenny Roberts beim Grand Prix von Indianapolis im vergangenen Jahr ...", plaudert Gregg aus der Entstehungsgeschichte seines Werks.

Folch
Breiter Lenker, radikal abgemagert: Der Tracker verführt zu jeder Art von Übermut.

Seine eigene Lebensgeschichte schildert der bescheidene, fast schon schüchterne Umbauer so: "Alles hat damit angefangen, dass ich als Jugendlicher in meiner Garage alte Autos wie diese 65er-Corvette restauriert habe, die du hier siehst. Erst mit Verspätung bin ich 1995 zum Motorradfahren gekommen. Aber gleich meine erste Maschine, eine Yamaha RZ 350 (eine unverkleidete RD), habe ich mit der Gabel einer Fireblade und der Schwinge einer Kawasaki ZXR aufgebrezelt und seither jedes meiner Motorräder umgebaut."


Aus beruflichen Gründen übersiedelte der ehemalige Halbleitertechniker 1999 ins Silicon Valley. Seit 1998 hat er alle Yamaha YZF-R1 der Reihe nach besessen und mit aus dem Vollen gefrästen Blinkern sowie selbst geschweißten Kennzeichenhaltern und Einarmschwingen in Gitterrohrbauweise ausgerüstet. Diese feinen Teile erregten nach und nach das Interesse anderer Motorradfahrer, und sie bestellten bei Gregg, der anfing, sie über das Internet zu verkaufen. 2003 ließ er seinen Job in der Computerbranche dann endgültig sausen, seither verdient er sein Geld als Customizer. Pro Jahr entstehen etwa sechs seiner schlichten und geschmackvollen Kreationen.

Bei der Gestaltung des Tracker half ihm ein Freund, der Designer Dave Garrison. "Wir wollten da kein Plastikteil dranhaben. Also entschlossen wir uns, die Abdeckung der Airbox zu entfernen und von der Vorderseite des Tanks etwas abzunehmen. Dafür habe ich einen kleinen Käfig aus Titanrohren geschweißt, in dem wir dann das originale Anzeigeninstrument verstecken konnten." Im Sattel sitzend muss der Fahrer die Nase auf den Lenker drücken, um das Instrument abzulesen. Trotz dieser Mühe empfiehlt es sich, regelmäßig die Kühlwassertemperatur zu kontrollieren, da die R1 ziemlich heiß läuft und Gregg aus stilistischen Gründen die Kühlerventilatoren entfernt hat. Wenigstens hört man das kernige Ansaugröcheln sehr schön, wenn man den Kopf so tief hält.

Folch
Das ist, worauf es bei dem Tracker ankommt: lange Drifts zu ziehen. Wenn man nur kein so großes Herz bräuchte, um seine 160 PS abseits des Asphalts zu entfesseln.

Nachdem die Bohrungen für die Verkleidungshalter zugeschweißt waren, wurde der originale Alurahmen vernickelt. Den Heckrahmen, der auch die Batterie aufnimmt, schweißte Gregg aus Titanrohren selbst, das Bürzel stammt aus einem Katalog für Dirt-Track-Teile. "Das Startnummernfeld aus Alu mit dem eingelassenen Scheinwerfer ist meine Eigenkreation, den Projektionsscheinwerfer selbst habe ich aus einer GSX-R 1000 genommen. Die Einarmschwinge ist zwar Teil meines Tuningprogramms, allerdings mußte ich einige Dreiecksverbände ändern, um sie an das schmale Hinterrad anzupassen." Beide 19-Zoll-Räder stammen aus dem Rennteileangebot von Roland Sands, dem berühmten Anbieter von Customteilen, der in der Nähe von Gregg ansässig ist. Schließlich wurde der Bremszangenhalter an der Achsaufnahme des rechten Gabelholms abgefräst und der Federweg um zwei Zentimeter verlängert. Diese Operationen machen die R1 fast 28 Kilogramm leichter als das Original. Und zu einem wundervollen Spielzeug, mit dem man sich stilvoll amüsieren kann. Gregg bietet es für etwa 25000 Dollar zum Verkauf an. Wer sich selbst einen Tracker à la Desjardins bauen möchte, kann die Teile auch bestellen - mehr unter www.greggscustoms.com.

Technische Daten

Folch
Wenig Zugeständnisse an den Alltag: Was nicht zum gebraucht wird, muss weg.

Motor:
Vierzylinder-Reihenmotor, Wasserkühlung, vier Ventile pro Brennraum, eine Ausgleichswelle, zwei obenliegende Nockenwellen,Tassenstößel, Bohrung x Hub 78 x 52,2 Millimeter, 998 cm3, 134 kW (182 PS) bei 12500/min, 116 Nm bei 10000/min, Einspritzung, E-Starter, Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, Kettenantrie

Fahrwerk:
Alu-Bückenrahmen, Upside-down-Gabel vorn, Einarmschwinge hinten, Mono-Federbein, Einscheibe vorn und hinten, 310/220 mm, Gussräder, Bereifung 27/7-19" und 27,5/7,5-19".

Maße und Gewicht:
Radstand 1473 mm, Sitzhöhe 838 mm, Gewicht 183 kg, Tankinhalt 17,5 Liter, Preis: etwa 25000 Dollar

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