Honda CBR 1000 RR Fireblade SP im Fahrbericht
Verfeinerung und Präzision

Keine wilden Leistungseckdaten, keine spektakulären elektronischen Gimmicks. Bei der Honda CBR 1000 RR Fireblade SP wird auf gezielte Detailarbeit und feinste Zutaten gesetzt.

Verfeinerung und Präzision
Foto: Honda

Wie man sich doch täuschen kann. Lässt man die Lackierung in den traditionellen HRC-Farben – welche der Honda CBR 1000 RR Fireblade SP ganz ausgezeichnet stehen – einmal außer Betracht, deutet kaum etwas daraufhin, dass Hondas Top-Sportler für 2014 mehr als nur optische Retuschen erfahren hat.

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Doch dass sich durchaus etwas mehr getan hat, merkt man schon beim Platznehmen. Die Sitzhaltung wirkt deutlich harmonischer und sportlicher als beim Vorgänger. Die Lenkerstummel um jeweils fünf Grad weiter ausgestellt und nach unten gekröpft, dazu die Rasten auf gleicher Höhe, aber zehn Millimeter weiter hinten – Kleinigkeiten können sich zu einem beträchtlichen Ganzen summieren. Gar nicht klein, sondern ein Novum ist für Honda der Schritt, der Fireblade neben dem Basismodell noch eine stärker auf den Renneinsatz zugeschnit­tene SP-Variante zur Seite zu stellen. Und damit sind wir bei einem weiteren Novum bei Honda: Die Honda CBR 1000 RR Fireblade SP, die bei der Präsentation auf dem Losail-Circuit von Doha bereitstand, ist das erste Sportbike der Japaner, das nicht mit Showa- und Nissin-Komponenten bestückt ist, sondern mit Brembo Monobloc-Zangen und Öhlins-Federelementen.

Beine sind angenehmer verstaut

Doch gibt es natürlich Änderungen an Chassis und Motor, die sowohl Standard- als auch SP-Version teilen und der Blade zu einer um 3 auf 181 PS gestiegenen Leistung verhelfen. Allein die Honda CBR 1000 RR Fireblade SP kommt jedoch in den Genuss ausgesuchter Kolben, die sich im Gewicht um maximal ein Gramm (Standard: drei Gramm) unterscheiden.

Honda
Goldene Räder und HRC-Lackierung machen die SP zum Blickfang.

Ihre Öhlins-Gabel hat einen Millimeter mehr Standrohr-Durchmesser als das Showa-Pendant der Basis, steckt außerdem in einer CNC-gefertigten oberen und einer überarbeiteten unteren Gabelbrücke, die durch ein Steuerrohr aus Stahl mit nur zwei Millimeter Wandstärke verbunden sind.

Das Combined-ABS ist zwar nach wie vor nicht abschaltbar, aber für die Honda CBR 1000 RR Fireblade SP stärker auf den Sporteinsatz abgestimmt. Der Tritt auf die hintere Bremse aktiviert die vordere Bremse nun nicht mehr so stark. Ein leichterer Heckrahmen spart der einsitzigen SP ein ­Kilo Gewicht, und das deutlich straffere Sitzpolster soll für mehr Rückmeldung am Popometer sorgen. Dazu rollt die SP auf sportlichen Pirelli SP-Gummis.

Damit ging es am Vormittag hinaus auf die Piste. Die überarbeitete Sitzhaltung erweist sich schnell als guter Griff, die Beine sind angenehmer verstaut, der Kniewinkel nicht zu sportlich, fühlt sich gut an.

Sauber marschiert der Reihenvierer durchs Drehzahlband, schön gleichmäßig und kraftvoll stürmt er seinem Höhepunkt entgegen, den er etwa 800 Umdrehungen vor dem Abriegeln erreicht. Ab da flaut der Vorwärtsdrang wieder etwas ab, ehe der Begrenzer relativ hart eingreift. Um eine wirkliche Hilfe bei der Suche nach der richtigen Schaltdrehzahl zu sein, sollten die Schaltlampen im Cockpit aber heller leuchten. Laut oder rau zu werden, liegt dabei nicht in der Natur der Honda und ihres kultivierten Vierzylinders. Was mit daran liegt, dass die Lastwechsel nicht mehr so prägnant ausfallen. Lediglich im zweiten Gang erscheint der erste Leistungseinsatz bisweilen etwas härter als nötig. Einen Schuss Handlichkeit gewonnen hat die Fireblade SP ebenso. Laut der Öhlins-Techniker sind ihre Federelemente mit geringfügig weicheren, aber kräftiger vorgespannten Federn bestückt, was das Fahrzeugniveau insgesamt anhebt. Klasse, wie sich die Blade damit immer tiefer abwinkeln lässt. Um den Federelementen richtig auf den Zahn zu fühlen, ist die glattgebügelte Piste von Qatar allerdings nicht Herausforderung genug.

Slides am Hinterrad lassen sich gut kontrollieren

Dennoch war beim schnellen Umlegen und harten Herausbeschleunigen Bewegung im Heck. Der Versuch, dem mit einer härteren Einstellung hinten abzuhelfen, ging allerdings mit geringerem Grip am Hinterrad einher. Spätestens jetzt hätte man ein Ride-by-Wire mit Traktionskontrolle als hilfreich empfunden.

Offenbar will Honda nicht einfach ein weiteres System unter vielen einsetzen, sondern eine Lösung, die der Konkurrenz einen Schritt voraus ist. Fraglich aber, ob es die richtige Entscheidung ist, die Honda CBR 1000 RR Fireblade SP ganz ohne diese Fahrhilfen antreten zu lassen. Zumindest lassen sich Slides am Hinterrad dank toller Rückmeldung und fein dosierbarem Gas gut kontrollieren. Und schließlich waren wir ja noch mit Straßenreifen unterwegs. Und da die Blade ihre erste Visitenkarte auf der Rennstrecke abgab, bekam sie für den Nachmittag klebrige Renngummis, Pirelli Supercorsa SC II, umgeschnallt. So besohlt konnte sie richtig zeigen, was in ihr steckt. Der Hinterreifen im 190/55er-Format hebt das Heck handlingfreundlich etwas an, was die Wendigkeit nochmals eine Spur beflügelt. Warum man in der Serie noch immer am betagten 190/50 festhält, wird wohl das Geheimnis von Honda bleiben. Jetzt war es trotz der etwas staubigen Piste jedenfalls da, dieses knack-direkte Einlenken, das präzise und enge Halten der

Honda CBR 1000 RR Fireblade SP lupft freudig das Vorderrad

Linie am Kurvenausgang. Und das zuvor noch etwas verhaltene Gefühl fürs Vorderrad wich glasklarer Transparenz. Die steifere Front trägt da gewiss ihren Teil dazu bei. Und dann punktgenau am Kurvenscheitel den Hahn spannen. Die gestärkte Mitte und die gute Gasannahme ermöglichen den wohldosierten Einsatz der Power. So lupft die Honda CBR 1000 RR Fireblade SP öfter im zweiten Gang freudig das Vorderrad. Wobei sich Wheelies fein mit der rechten Hand dosieren lassen. Am Ende der rund ein Kilometer langen Zielgeraden rauscht die Blade mit rund 285 auf dem Tacho in die Bremszone. Nicht nur viel Leistung macht schnell, auch die Möglichkeit, frühzeitig die Leistung einzusetzen. Die neue Verkleidungsscheibe bietet dabei übrigens ordentlichen Windschutz.

Zwar liefert das Honda-ABS, das ja ein Brake-by-Wire-System ist, also keine direkte Verbindung vom Handhebel zur Hydraulik hat, nach wie vor nicht das gleiche Gefühl wie herkömmliche Bremsen. Doch sind die Brembos mit ihren 30 und 32 mm großen Bremskolben von der standfesten Sorte. Im ersten Zupacken recht sanft, dann aber bei zunehmender Handkraft recht vehement. Mancher Racer hätte sich vielleicht etwas kräftigeren Initial-Biss gewünscht, auf der Landstraße ist diese Auslegung jedoch sicher kein Nachteil. Eine zu aggressive Abstimmung hätte auch nicht recht in das Bild der ausgewogenen, leicht beherrschbaren Fahrmaschine gepasst. In dieser Hinsicht ist die Fireblade wohl besser denn je. Ob das aber angesichts des ziemlich happigen Preises von 18.290 Euro gegen die Konkurrenz reicht, die mit dem vollen Arsenal an elektronischen Fahrhilfen lockt, das ist die spannende Frage, die ein Vergleichstest klären wird.

Das ist neu?

Honda
Fraglich ist, ob es die richtige Entscheidung war, die Blade ganz ohne diese Fahrhilfen antreten zu lassen. Zumindest lassen sich Slides am Hinterrad dank toller Rückmeldung und fein dosierbarem Gas gut kontrollieren.
  • Kanäle neu geformt und poliert, neues Mapping, Leistung von 131 kW/178 PS auf 133 kW/181 PS gestiegen, angeschrägte Ansaugtrichter.
  • Dünnere Krümmer (35 statt 38 mm) Interferenzrohr zwischen Krümmer zwei und drei, Auspuffinnereien überarbeitet, Batterie 6 Ah (2013: 7 Ah).
  • Rahmen im Bereich der Schwingenaufnahme flexibler.
  • Verkleidungsscheibe für bessere Aerodynamik höher gezogen.
  • Lenkerstummel um fünf Grad weiter ausgestellt und nach unten gekröpft, Fußrasten 10 mm weiter hinten.

Zusätzliche Ausstattung der SP-Version:

  • Öhlins-Gabel mit 55 mm Standrohren (Showa: 54 mm), Öhlins-TTX-Federbein.
  • Kolben und Pleuel gewichtsmäßig austariert.
  • Brembo Monobloc-Bremszangen , C-ABS für Rennstrecke abgestimmt.
  • Obere Gabelbrücke CNC-gefertigt, Stahl-Lenkschaftrohr (Standard: Alu).
  • Mono-Höcker, leichterer Heckrahmen.
  • Bereifung Pirelli Supercorsa SP.
  • Sitzpolster härter.

Daten und Fakten

Honda
Das Combined-ABS ist zwar nach wie vor nicht abschaltbar, aber für die SP stärker auf den Sporteinsatz abgestimmt. Der Tritt auf die hintere Bremse aktiviert die vordere Bremse nun nicht mehr so stark.

Motor
Wassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, eine Ausgleichswelle, zwei obenliegende, kettengetriebene Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Tassenstößel, Nasssumpfschmierung, Einspritzung, Ø 46 mm, geregelter Katalysator, Lichtmaschine 409 W, Batterie 12 V/6 Ah, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung (Anti-Hopping), Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette 2,625.
Bohrung x Hub: 76,0 x 55,1 mm
Hubraum: 1000 cm³
Verdichtungsverhältnis: 12,3:1
Nennleistung: 133,0 kW (181 PS) bei 12.000/min
Max. Drehmoment: 114 Nm bei 10.500/min

Fahrwerk
Brückenrahmen aus Aluminium, Upside-down-Gabel, Ø 43 mm, elektrohydraulischer Lenkungsdämpfer, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Zweiarmschwinge aus Aluminium, Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 320 mm, Vierkolben-Festsättel, Scheibenbremse hinten, Ø 220 mm, Einkolben-Schwimmsattel, ABS.
Alu-Gussräder: 3.50 x 17; 6.00 x 17
Reifen: 120/70 ZR 17; 190/50 ZR 17

Maße und Gewichte
Radstand 1410 mm, Lenkkopfwinkel 66,7 Grad, Nachlauf 96 mm, Federweg v/h 120/135 mm, Sitzhöhe 820 mm, Gewicht vollgetankt 210 kg*, Tankinhalt 17,5/4,0 Liter.
Garantie: zwei Jahre
Serviceintervalle: 6000 km
Farben: Rot/Weiß/Blau
Preis: 18.290 Euro
Nebenkosten: 295 Euro

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Erscheinungsdatum 15.09.2023