KTM RC 390 R Serienmodell Cup SSP 300 Test

KTM RC 390 R Serie / Cup / SSP 300 im Test (2018) Rennmaterial für den Nachwuchs

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Supersport 300 klingt für 1000er-verwöhnte Racer nicht gerade nach großer Schlacht. Aber für Youngster ist es endlich die bezahlbare Chance auf dem Weg in die Weltelite. Denn Power allein macht keine Weltmeister! Wir haben uns die KTM RC 390 R etwas genauer angesehen, in der Serienvariante, als Cup-Modell und als SSP-300-Bike.

Rennmaterial für den Nachwuchs KTM
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Moto3, selbst auf nationalem Niveau im für den Motorradsport so wichtigen Spanien, ist verdammt teuer. „200.000 Euro reichen meist nicht als Mitgift vom Fahrer, um auf wirklich konkurrenzfähiges Material zu steigen“, weiß Dario Giuseppetti. Der Ex-125er-GP-Fahrer und sauschnelle ehemalige IDM-Superbiker muss es wissen. Er hat während seiner aktiven Zeit viele verschiedene Klassen durchlaufen und seit dem Karriereende für einige Moto3- und Moto2-Teams in Spanien gearbeitet. Außerdem kümmert er sich für den ADAC um den deutschen Nachwuchs – etwa im Junior Cup. Neben den hohen Kosten für Moto3 ist es zusätzlich durch das Wegbrechen der 600er in vielen Ländern und dem stark geschrumpften Interesse allgemein an der Supersport-Klasse für den Nachwuchs sehr schwer geworden, überhaupt den richtigen Einstieg zu finden. Von engagierten Sponsoren hierzulande trotz florierender Wirtschaft mal ganz zu schweigen.

Supersport 300-Klasse auch in der IDM

Mit der Supersport 300-Klasse, wie sie seit letzter Saison auch in der IDM gefahren wird, hat sich da erfreulicherweise etwas getan. Zum einen wird mit exakt dem gleichen Reglement in den USA, Australien, Spanien oder auch Deutschland gefahren, wodurch sich eine gewisse Vergleichbarkeit unter all den Talenten bietet. Zum anderen gibt es die Klasse mit dem gleichen Reglement im Rahmen der Superbike-Weltmeisterschaft auf internationalem Parkett. Gefahren wird mit Kawasaki Ninja 400, Yamaha-R3 und KTM RC 390 R. Mit Eingriffen bei Drehzahl und Gesamtgewicht werden die Unterschiede von Ein- zu Zweizylindern, bei Hubräumen und Leistung angeglichen und mit fertigen Renn-Kits die Kosten gedeckelt.

Die KTM RC 390 R in drei Ausbaustufen

PS konnte die KTM RC 390 R in drei Ausbaustufen exklusiv am Salzburgring testen und mit dem Chef der KTM-Kundenrennsport-Abteilung, Wolfgang Felber, sprechen. Der erfahrene Techniker, der auch die RC8 baute und aktuell einen Dirt Tracker für die US-Meisterschaft entwickelt, hatte bei der Konzeption des Supersport 300-Kits ein klares Ziel. „Wir wollten ein Motorrad mit einem Komplett-Kit von der Verkleidung bis zum zweiten Radsatz für Regenrennen anbieten können, das sofort nach dem Umbau um Siege mitfahren kann – ohne zusätzliches Tuning und dem extremen Know-how von hochspezialisierten Renntechnikern“, erklärt er. Mit 11.000 Euro für den insgesamt 230 Teile umfassenden Kit zum Homologations-Bike RC 390 R (für 8.500 Euro) obendrauf darf man den Anspruch erheben, zumindest vom Material her überall Supersport 300-Rennen gewinnen zu können – auch in der WM.

KTM
Auch im ADAC-Junior Cup wird mit der 390er-KTM gefahren.

Und dieser Race-Kit hat es in sich. Er drückt das Gesamtgewicht der Standard-KTM RC 390 R im Renntrimm auf 131 Kilo. Leichte Verkleidung, entsprechender Kabelbaum, abgespecktes Cockpit, Lager, Schrauben, Halter – all das spart gegenüber dem Straßenmodell mit Spiegeln, Lichtanlage etc. fast 16 Kilo. Damit ist die Rennversion jetzt so leicht, dass die KTM-Youngsters auf internationaler Ebene nach Einführung eines Mindestgewichts von 208 Kilo für Maschine plus Fahrer mit bis zu elf Kilo Zusatzgewichten herumfahren müssen.

Dieses Problem bleibt uns allerdings erspart (wir bringen unser Extra-gewicht selbst mit), weshalb sich die SSP 300-KTM leicht wie ein Fahrrad dirigieren lässt und dank der Kit-Fahrwerksoptimierung, die KTM mit Fahrwerksspezialist Andi Vogt entwickelte, mit krisper Rückmeldung und geradezu hingetackert enger Linie fasziniert. Trotz der wenigen Kurven am Salzburgring wird allein in den zwei Wechselkurven vor Start/Ziel und der Schikane danach deutlich, wie heftig die ultra-leichte KTM mit dem steifen Chassis, der im Vergleich zur Serie nur wenig veränderten Geometrie und den straffen Dämpfern abklappt. Verglichen mit einer noch so überragend handlichen 1000er ist das wie vom anderen Stern. Komplett neue Fahrwerksteile wie Gabel oder Federbein sind dafür gar nicht nötig, denn bei der KTM RC 390 R dürfen für die SSP 300 laut Reglement hinten nur die Feder und die Shims und vorn der voll einstellbare Gabel-Kit eingebaut werden. Damit lässt sich dann professionell am Fahrwerk arbeiten und lernen.

Im Vergleich RC 390 R und SSP 300

Wie groß der Unterschied ist, zeigt der direkte Vergleich mit der KTM RC 390 R. Obwohl diese schon mit der Homologations-Gabel und dem WP-Federbein ausgestattet ist und außerdem eine professionellere Gabelbrücke und Stummel gegenüber der einfachen RC 390 besitzt, ist der Sprung zur SSP 300-Version gewaltig. Alles ist exponential „handfester“. Einmal aufgesessen, wirkt die SSP 300 augenblicklich wie ein richtiges Rennmotorrad. Durch die Komplettverkleidung mit steifem Höcker und dünnem Sitzbrötchen stimmt schon die direkte Verbindung zum Hinterrad. Den fetten Rest übernimmt Vogts Abstimmungsarbeit. „Die KTM bietet ganz viele Möglichkeiten“, erzählt Jan-Ole Jähnig. Der 17-jährige Schüler aus Altenburg fährt für das Freudenberg-Team auf KTM in der SSP 300-WM mit und hat die Klasse in der IDM letzte Saison auf Yamaha-R3 gewonnen. „Schon durch den Gitterrohrrahmen ist die KTM viel steifer, die Yamaha war insgesamt viel weicher. Dadurch war das Setup nicht ganz so entscheidend. Bei der KTM muss ich viel mehr daran arbeiten. Wenn es aber passt, ist die RC ein perfektes Rennmotorrad“, so der Top Ten-Fahrer, der in der nächsten Saison den WM-Titel fest im Blick hat.

KTM
Mit Renn-Kit wird die 390er zu einem richtigen Racing-Bike.

Jan-Oles Begeisterung für seinen aktuellen Untersatz rührt auch von der Leistung der Kit-390er her. Die ist wieder verglichen mit einer 1000er zwar mau. Aber mit 52 PS steht der Kit-Racer allein genommen eigentlich ganz schön im Saft. Deshalb musste das Reglement nach zwei Rennen angepasst und die ursprüngliche Maximaldrehzahl der SSP 300-KTM von 11.000/min auf nur noch 10.450/min reduziert werden – die KTM war vor allem gegenüber den Yamahas zu überlegen, die jetzt andere Nockenwellen nutzen dürfen. Wie aber kommt trotz engem Reglement die Mehrleistung von neun PS zum Serienbike zustande? „Für die Leistungssteigerung dürfen wir eine Titan-Komplettanlage von Akrapovic verwenden und am Motor selbst nur die Verdichtung anheben, weshalb im Race-Kit nur eine entsprechende Kopfdichtung enthalten ist“, erklärt Felber. Der Kit-Motor verdichtet jetzt mit 12,9:1 (Serie: 12,5:1). Daneben hat KTM den 500 für die Homologation nötigen KTM RC 390 R-Exemplaren bereits einen kürzeren Ansaugtrichter gegönnt – lässt man die entsprechende Kit-ECU mit entsprechendem „Race-Mapping“ außen vor, war es das mit leistungssteigernden Maßnahmen.

„Es geht ja nicht nur darum, aus Kostengründen die Leistungssteigerung durch zügelloses und damit teures Tuning zu unterbinden“, erläutert Felber die Überlegungen. „Der Motor wird verplombt und darf nur zwei Mal insgesamt in der Saison revidiert werden. Also muss er halten – auch das spart viel Geld.“ Dass so ein kleiner Motor entsprechende thermische Belastungen aushalten muss, bedingt den effektiveren Kit-Kühler. Um die SSP 300 richtig in die Ecken zu feuern – und das bedeutet bei überschaubarer Leistung eben viel Schwung mitzunehmen –, steckt im Kit auch eine Slipper-Kupplung, die das überraschend deutliche Bremsmoment der R-Basis sauber wegbügelt. Nach der Beschleunigungsphase aus der Schikane am Ende von Start/Ziel bis in den sechsten Gang folgt sehr spätes Bremsen hinein in die Nocksteinkehre bei gleichzeitigem Herunterschalten in den dritten oder vierten Gang. Dank der Kit-Kupplung kann der SSP 300-Pilot dann den Hebel schnell rauslassen und mit viel Schwung Richtung Kurvenscheitelpunkt stürmen.

KTM
Auch die Standard-Variante ist ein solider Sportler für Einsteiger.

Wie schnell die Jungs mit den seriennahen, rund 50 PS starken Motorrädern sind, zeigte auch Jan-Ole Jähnig. In Assen fuhr er mit einer schnellsten Rundenzeit von 1.52,5 min auf den achten Platz. Sein Teamkollege und Rennsieger Luca Grünwald, der 2014 bereits eine Moto3-GP-Saison gefahren ist, legte gar eine 1.51,9-min-Rennrunde hin, der Schnellste fuhr knapp über 1.50 min. Wirklich gute Rundenzeiten, die zeigen, dass auch kleinere Bikes als Supersport-600er abseits der teuren kleinen GP-Klassen ein wichtiger Teil in der Karriere eines Nachwuchs-Racers sein können. Von der Junior-Cup-KTM RC 390 R auf die SSP 300 gilt das schon. Und danach Moto2 oder Supersport-WM? Das muss neben ganz viel Glück und treuen Sponsoren vor allem das Talent zeigen.

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