Wunderlich-BMW SpeedCruiser

Racebike: Wunderlich-BMW SpeedCruiser BMW SpeedCruiser von Wunderlich

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Tarnen und täuschen? Ist das wirklich ernst gemeint? Will uns Wunderlich auf die Probe stellen und beim TunerGP ein Kuckucksei unterjubeln? Oder hat es diese seltsame Boxer-Kreation doch faustdick hinter den Zylindern? Hier gibt es überraschende Antworten.

BMW SpeedCruiser von Wunderlich Seitz
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Eine etwas seltsame Szene spielte sich beim TunerGP ab. Beim Eintreffen von Frank Hoffmann, Produktmanager beim BMW-Spezialisten Wunderlich, hätte jeder eine top getunte S 1000 RR erwartet. Stattdessen standen die PS-Redakteure verwundert vor dem geöffneten Sprinter. „Hübsch ist das nicht“, so der eine. „Fertig lackiert wohl auch nicht“, kritisierte ein anderer. Will sich da ein hässliches Entlein in die Reihe der glänzenden Racebikes einschleichen? Aber einen Grund muss es haben, dass Frank selbstbewusst die Reifenwärmer der SpeedCruiser, wie das Werk heißt, einsteckt.

Eins wird sofort klar: Das Motorrad fällt auf. Sofort steht die Box voller Menschen. Basis dieser Kreation ist eine BMW HP2 Sport. Voller Neugier knie ich vor der SpeedCruiser und löchere Frank mit Fragen. Seine Antwort: „Erst fahren, dann fragen.“ Die Landmaschinentechnik der Kupplung und des Getriebes - sein Tipp, seine Wortwahl - muss artgerecht bedient werden: „Kurven immer auf Zug und Kupplung sanft einrücken!“

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Dashboard: alle Informationen auf einen Blick. Und wenn man sich bei Highspeed so richtig klein macht, hat man das Mäusekino direkt vor den Augen.

Und wer hätte das gedacht: Schon nach den ersten Kurven verstehe ich Hoffmanns selbstbewussten Auftritt. Die Speed-Cruiser sucht ihresgleichen! Ein Motorrad ganz nach meinen Wünschen: breiter Lenker, top Balance und scharfe Bremsen. Spielerisch nimmt sie jede Kurve, keine Bodenwelle bringt sie aus der Ruhe. Der mechanische Grip ist der Hammer. Selbst als ich einmal zu heftig abwinkle, dadurch der Boxer-Zylinderkopf aufsetzt und damit das Vorderrad leicht aushebelt, kann ich die Situation mit dem Knie, wie einst Colin Edwards, unspektakulär meistern und einen Sturz vermeiden. Dieses Fahrwerk, so scheint es, steckt alles weg. Sanft setzt das Vorderrad wieder auf, und die Kurve wird einfach mit einem etwas weiteren Bogen erledigt.

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Cooler Sound, coole Optik - der GPR-Retro-Auspuff.

Wahnsinn! Mein Vertrauen in das mit Öhlins gepimpte Telelever wächst und wächst. Werde ich auf der langen Parabolika von vielen überholt (da steht die SpeedCruiser lange am Begrenzer an), schnupfe ich einige Kontrahenten schon auf der Bremse wieder auf. Bis hin zur Mercedes-Tribüne wird weiter überholt. Mit dem perfekt funktionierenden Schaltautomaten überlistet man das Traktorgetriebe reibungslos und generiert nahezu ruckfreien Vortrieb. Dank der prima passenden 190/60er-Conti-Slicks gelingt das ohne Gaslupfen. Der Spaß kennt kaum Grenzen, man kann sich klasse im Infight mit anderen Racern duellieren. Die SpeedCruiser nimmt die eingeschlagene Linie willig an und zelebriert Schräglagen auf allerhöchstem Niveau. Da, die Zielflagge! So kurz ist mir ein Turn noch nie vorgekommen. Kräfte und Nerven sind kaum strapaziert.

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Der Boxer ist halt nicht für mehr Leistung ausgelegt. Für die Landstraße reicht das allemal. Aber selbst auf der Rennstrecke werden viele 1000er trotzdem hinter der superhandlichen und agilen SpeedCrusier bleiben müssen.

Bereitwillig erklärt mir Frank jetzt, wie diese Performance möglich ist. Schwinge beziehungsweise Kardan wurden geändert und durch eine Wunderlich-Paralever-Strebe ergänzt. Die Gabelbrücke entstammt dem firmeneigenen Superbike-Regal. Die HP2-Stummel wurden durch einen Magura FX-Lenker ersetzt. Die Bremsen sind mit Moto Master Flame-Scheiben, SRQ-Brems-belägen und einer Magura 195er-Radialbremspumpe verfeinert. Das System läuft noch über den BMW-Wandler, wenn auch ohne ABS. Die leichten PVM-Schmiedefelgen spielen erheblich mit in das Fahrwerk hinein. Zusätzlich wurde alles Überflüssige für die Rennstrecke einfach weggelassen, eine Tankhutze laminiert und eine ergonomisch perfekte Sitzposition mittels Aluheck konstruiert.

Anfängliche Zweifel sind purer Faszination gewichen. Alles erfüllt seinen Zweck, selbst die kleine Lippe oberhalb der Startnummerntafel ist so effektiv, dass man auch bei Höchstgeschwindigkeit nah am Tank genügend Windschutz findet. Der Motor wurde nicht verändert, um kurze Motorrevisionsintervalle zu vermeiden. 131 PS auf 195 kg funktionieren gut. Für Sound und Optik hat Frank eine GPR-Wunderlich-Anlage in herrlichem Paris - Dakar-Retrostyle montiert.

Für Wunderlich ist bei spektakulär eigenwilliger Optik des Motorrads die Fahrbarkeit das höchste Gut. Und das ist ihnen zweifellos grandios gelungen. Der PS-TunerGP wurde als Ritterschlag verstanden, was uns sehr ehrt. Im nächsten Schritt wird nun die Optik weiter verfeinert. Leider habe ich keine 35000 Euro über, sonst könnte ich schwach werden, und obendrein ist die Stückzahl stark begrenzt.

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