Yamahas Supersport-Waffe bietet eine grandiose Basis für geradezu perfekte Rennmotorräder. Die ultimative R6 heißt Stingl-Yamaha YZF-R6 und kommt aus Sachsen.
Yamahas Supersport-Waffe bietet eine grandiose Basis für geradezu perfekte Rennmotorräder. Die ultimative R6 heißt Stingl-Yamaha YZF-R6 und kommt aus Sachsen.
Dafür ist er bekannt, der 600er-Brenner von Yamaha: Quirlig, drehfreudig und agil, aber unter 10.000/min geht einfach nichts. Doch das stimmt nur bedingt. In der Serie ist das sicher so und bestimmt auch bei den IDM-Bikes, bei denen einem Stocksport-Reglement folgend kaum Eingriffe am Motor erlaubt sind. Was jedoch geht, wenn das Motorrad keinem regulativen Limit unterliegt, durften wir am Sachsenring herausfinden. Die Stingl-Brüder Thomas und Tino (www.stinglmotorsport.de) überließen dort nämlich PS die Stingl-Yamaha YZF-R6.
Als Tester Pascal Eckhardt, der nicht nur einst den Yamaha- R6-Cup gewann, sondern mit der R6 auch IDM-Supersport-Siege einfuhr, von der Stingl-Yamaha YZF-R6 stieg, war es um ihn geschehen. „Die geht, Wahnsinn, wie die geht!“, freute sich Ecke. Die 1.29-min-Runden im Trainingsverkehr unterstrichen seine Begeisterung.
„Unsere IDM-R6 bei SKM hatte schon auch 135 PS“, so Pascal, „aber 147 PS am Rad mit so viel Druck schon unterhalb der 10.000er-Marke – das ist irre.“ Dafür haben sich die beiden Jungs aus Chemnitz bei der Stingl-Yamaha YZF-R6 aber auch ganz schön ins Zeug gelegt und investiert. CP-Schmiedekolben, YEC-Kit-Nockenwellen, dazu den Zylinderkopf und die Ventilsitze optimiert, die feingewuchtete Kurbelwelle, speziell angefertigte Karbonansaugtrichter und eine sehr schöne SC Project-Komplettanlage aus Titan im Moto2-Stil (die wir leider im Fahrbetrieb auf dem Sachsenring nicht genießen durften), dazu die Verdichtung rauf auf 14,2:1 – so kommen die Leistung und die blitzsaubere Laufkultur des Vierzylinders zustande.
Selbstverständlich fährt man damit nicht automatisch so schnelle Runden. Das Gesamtgewicht der Stingl-Yamaha YZF-R6 von 146 Kilo erfordert weiteres Tuning. Zumal der große Febur-Racingkühler nicht gerade beim Gewichtsparen hilft. Das tut zum Beispiel die YEC-Kit-Lichtmaschine, Anlasser samt Batterie wanderten in die Altteile-Kiste. Der Kit-Kabelbaum spart auch ein paar Gramm. Richtig Gewicht purzelt selbstverständlich mit den Marchesini-Magnesium-Rädern und dem selbst gebauten, sehr kompakten Rahmenheck, über dem ein selbst entworfener Höcker sitzt, den sich die Stingls bei der letzten 250er-GP-Honda abgeschaut haben.
Auch der Rest der Rennverkleidung an der Stingl-Yamaha YZF-R6 entstammt den Ideen von Thomas und Tino, denen das übliche R6-Plastik zu schmal geschnitten war. Und tatsächlich: Mit der etwas breiteren, aber immer noch sehr schlüpfrigen Frontverkleidung wird der R6-Reiter hervorragend aus dem Wind genommen, kann wunderbar tief dahinter abtauchen.
Bis hierher ist die Stingl-Yamaha YZF-R6 schon ein großartiges Motorrad! Aber es kommt noch besser, denn selbstverständlich machten sich die Jungs mit Akribie, großem Sachverstand und mit ihrer ganzen Racing-Erfahrung ans Fahrwerk. Am Hinterrad arbeitet ein 46er-Öhlins-Federbein, das Thomas Stingl ebenso passend auf die Berg-und-Talbahn am Sachsenring abstimmte wie die überarbeitete Öhlins-Gabel. Damit konnte man es beispielsweise wunderbar in die Senke laufen lassen und vor der Sachsenkurve spät den Anker werfen.
Apropos: Die Bremsanlage der Stingl-Yamaha YZF-R6 war ein Genuss. Die Dosierbarkeit der Brembo-P4-Monoblocks mit Titankolben und -pumpe war atemberaubend, was einem das schwierigste Stück der Piste, das Omega, richtiggehend leicht von der Hand gehen ließ. Besonders in Verbindung mit diesem irre leichten Handling. Da passte nach dem kurzen Bergabstück der Ausgang rechts wieder hinauf zur ersten blinden Kuppe Runde um Runde.
Die Konzentration auf den Bremspunkt wurde auf der Stingl-Yamaha YZF-R6 durch absolut nichts getrübt, denn das Runterschalten geriet mit dem Schaltautomaten mit Blipper-Funktion zur völligen Nebensache. Weil die Elektronik das kupplungsfreie Einlegen des nächstkleineren Ganges ermöglicht und selbstständig Zwischengas gibt, fällt das späte Bremsen längst nicht mehr so schwer. Hilfe kommt hier zusätzlich vom Fahrwerk, denn auch in der Bremszone verhielt sich die R6 sauber, unterstrich das gute Setup an Gabel und Federbein. Lediglich vor der fiesen, weil hängenden Rechts nach Start/Ziel ließ sie ein etwas instabiles Heck spüren.
Dort flogen wir aber auch mit irrer Power heran, denn wie dieses Motorrad das Gas am tiefsten Punkt der einzig echten Geraden annahm und dann blitzsauber und mit dieser typischen Vierzylinder-R6-Gier bis über 14.000/min drehte, das war einfach grandios. Ecke war etwas von den Dunlop-16,5-Zoll-Slicks enttäuscht, die ihm nicht genug Grip boten, aber wir waren uns beim Feierabend-Bier in zwei Punkten absolut einig: So ein Tag geht leider viel zu schnell vorbei, und ein Motorrad wie die Stingl-Yamaha YZF-R6 unterstreicht dick und fett, warum das Heizen auf Rennstrecken so irre Spaß macht. „Die ging Uwe, Wahnsinn, wie die ging!“ Absolut Ecke!
Dreht, dreht, dreht und drückt - die klasse Performance der Stingl-Yamaha YZF-R6 wird im Diagramm ersichtlich, ausnahmsweise nur anhand der Hinterradleistung.
Stingl-Yamaha YZF-R6
Gewicht: 146 kg
Leistung: 147 PS
Preis: ca. 41.000 Euro
Hersteller: Stingl Motorsport (www.stinglmotorsport.de)