Vergleichstest: Superbikes 2012
Die Supersportler auf dem Highspeed-Track

Ducati zieht alle Register: Zum Lieferumfang der Ducati Panigale gehören neben dem stärksten V2 aller Zeiten auch jede Menge Elektronik und ein Kit mit Windabweisern, um die Aerodynamik zu verbessern. Kann der neue Superbike-Star so gerüstet auf dem Highspeed-Kurs von Nardo auftrumpfen?

Die Supersportler auf dem Highspeed-Track
Foto: jkuenstle.de

Aston Martin, Ferrari, Porsche. Dicke Daimler, sportliche BMW. Alfa, Ford und Opel. Alle getarnt mit mächtigen Plastikgeschwülsten und zentimeterdickem Tape, eilig unterwegs zwischen Handling-Parcours, Dynamikfläche und Hochgeschwindigkeitspiste. Und dazwischen? Neun Supersportler in Räuberzivil. Signalfarben und bunte Rennkombis, die inmitten dieser Tarnfarben-Armada auffallen wie ein Karnevalszug an der Binnenalster. Als Eskorte immer dabei sind die pflichtbewussten Nardo-Offiziellen, die penibel darauf achten, dass die Paradies-vögel hier nicht aus der Reihe tanzen oder gar auf unerlaubtes Terrain vordringen. Oder fotografieren, obgleich sämtliche Handy-Linsen ordnungsgemäß verklebt sind. Alle Bilder auf den folgenden Seiten entstanden daher am Sonntag, da durfte der Fotograf sein Equipment mitnehmen hinter die Sichtschutz-Barrikaden. Am -heiligen Sonntag haben hier in Nardo, im erzkatholischen Süditalien, sogar die nimmermüden Testteams Zwangspause.

Sie merken schon, dieses Hochgeschwindigkeitsrondell ist eine eigene Welt. Eine sehr ernste zudem. Hier geht man zum Lachen zwar nicht in den Keller, aber doch in die eigene Halle, während nach draußen routinierter Eifer zur Schau gestellt wird. Ganz so, als müssten Testfahrer und Techniker durch extra mürrische Gesichtszüge beweisen, dass das, was man hier tut, keinesfalls Spaß macht.

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Tut es vielleicht ja auch nicht, in so einem vollklimatisierten Zwei-Tonnen-Geschoss, gänzlich entkoppelt durch Adaptivfahrwerk und Hitzeschutzverglasung, in denen sich 280 km/h anfühlen wie früher 50 km/h im Golf I. Auf zwei Rädern sieht die Welt zum Glück noch anders aus. Es ist Abenteuer und Herausforderung zugleich, dieses hoch technische Material einmal seiner Bestimmung zuzuführen, die wirkliche Leistungsfähigkeit moderner 1000er-Vierzylinder oder 1200er-Zweizylinder auszukosten, die Bremsen und Fahrwerke in extremen Geschwindigkeitsbereichen an ihre Grenzen zu treiben, zu spüren, welche Kräfte da an Fahrer und Fahrzeug zerren. Darum sind wir hier, und zwar schon im dritten Jahr. Möglich macht das Salvo -Pennisi, der Pirelli-Testchef, selbst vielfacher Geschwindigkeitsweltrekordler und nimmermüder Initiator spektakulärer Zweirad-Events. An dieser Stelle ein ganz besonderes Dankeschön.

Doch zurück zu den eigentlichen Hauptdarstellerinnen. Und hier vor allem zu einer, die auf dem Weg in den Stiefelabsatz schon Federn lassen musste, denn unter dem Strich konnte die neue Ducati Panigale die hochgesteckten Erwartungen noch nicht ganz erfüllen. Weder im Alltag (womit zu rechnen war) noch auf der Rennstrecke (was viele überraschte). Für die Ducatisti vermutlich noch viel schlimmer: Auf der Jagd nach der schnellsten Rundenzeit stand ausgerechnet die Aprilia RSV4 Factory ganz oben auf dem Treppchen, die italienische Erz-Konkurrenz, während man sich an die beeindruckende Performance einer BMW S 1000 RR (Platz eins auf der Landstraße, Platz zwei auf der Rennstrecke) ja mittlerweile gewöhnt hat.

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Die Supersportler: Aprilia RSV4 Factory APRC, BMW S 1000 RR, Ducati 1199 Panigale S, Honda Fireblade, Kawasaki Ninja ZX-10R, KTM 1190 RC8 R, MV Agusta F4 RR, Suzuki GSX-R 1000, Yamaha YZF-R1 im Megatest.

Jetzt also Nardo, der dritte Anlauf. Taugt diese kompromisslose Schnellfahr-Piste für ein Superbike, das rücksichtslos für die Rennstrecke konzipiert wurde? Für eine, die im Lieferumfang extra zusätzliche Windabweiser für die Lenkerausschnitte der Verkleidung hat. Die Disziplinen: eine Beschleunigungsorgie (bis 250 km/h), Bremsen im Extrembereich (von 250 auf 0 km/h), Verbräuche weit jenseits des Üblichen (bei 250 km/h) und vor allem: neun Runden Vollgas, nur unterbrochen von einem Fahrerwechsel pro Runde. Man mag sich kaum vorstellen, mit welchem Tempo dann Kolben in ihren Laufbuchsen auf- und abfahren oder welche Kräfte am oberen und unteren Totpunkt auf Lager und Bolzen wirken. Ebenso wenig möchte man sich vorstellen, was passiert, wenn während so einer Vollgas-Orgie ein Glied der Kraftschlusskette Kolben-Pleuel-Kurbelwelle-Getriebe-Sekundärtrieb-Hinterrad unter den enormen Kräften bricht. Vor zwei Jahren waren wir mit drei kleineren und einem kapitalen Motorschaden schon einmal so wei. In diesem Jahr rief uns BMW zurück, weil die Mutternbeschichtung der Pleuelverschraubung bei einem Teil des 2012er-Jahrgangs einen falschen Reibwert aufweist und die Muttern sich lösen können. Leider erst, nachdem die Nardo-Tests gelaufen waren und die S 1000 RR durchgehalten hatte. So wie alle anderen. Man muss auch mal Glück haben!

Die Frage der Standfestigkeit wäre also schon geklärt. Für diesen Test, mit diesen Motorrädern wohlgemerkt. Dennoch darf man das getrost als den ersten Triumph für die Panigale werten, denn der nominell 195 PS starke V2 ist technisch zwangsläufig mindestens so auf Kante genäht wie in der Vierzylinder-Armada die bärenstarke BMW. Und selbst in Bayern dürften die Konstrukteure im Lastenheft kaum neun drei-minütige Vollgasetappen vorgesehen haben. Für nicht ganz so flotte Rechner: Das entspricht einer Strecke von rund 110 Kilometern in 27 Minuten. Dabei wird neunmal beschleunigt und wieder verzögert - wohlgemerkt. Anders gesagt: Wer morgens um 7.30 Uhr in München starten würde, wäre ganz -locker um neun Uhr im Stuttgarter Zentrum im Büro. Und hätte zwischendurch neunmal Pinkelpause gemacht.

Reine Theorie, doch hier in Nardo wird diese Theorie zur grenzwertigen Realität. Genau wie die Beschleunigung von 0 auf 299 km/h. Dieser Wert markiert gleichzeitig die Höchstgeschwindigkeit der BMW S 1000 RR und den absoluten Topspeed-Bestwert, denn so schnell ist keine andere. Und das, obgleich die Münchnerin in diesem Jahr kürzer übersetzt ist als im Modelljahr 2011 und daher exakt 6 km/h früher in den Begrenzer läuft. Auch der Beschleunigungswert fällt mit 10,6 Sekunden auf 250 km/h geringfügig schlechter aus als 2011, weil die permanente Wheelie-Neigung bis hinauf in den dritten Gang durch diese Maßnahme nochmals größer wird. Ob daran der nun neun Millimeter kürzere Radstand oder die kürzere Übersetzung (das Kettenrad hat einen Zahn mehr) größeren Anteil hat, muss offen bleiben.

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Und die Reifen? „Spezial-pneus von Pirelli!“ „Gott sei Dank!“ .

Daran, dass die S 1000 RR auch in diesem Jahr wieder die Königin von Nardo ist, ändert das nichts. Mit dieser Gewalt, mit diesem ungestümen Vorwärtsdrang stürmt nach wie vor niemand sonst voran, und das hat mehrere Ursachen. Grund Nummer eins: der urgewaltige Motor, der auch im fünfstelligen Drehzahlbereich dem Begrenzer entgegenjubelt wie kein anderer. Grund Nummer zwei: der klar definierte Kupplungsdruckpunkt, der die BMW katapultartig aus den Startblöcken befördert. Grund Nummer drei: der optionale Schaltautomat (364 Euro), der nicht nur die Schaltzeiten bis in den vierten Gang (das reicht für 250 km/h) verkürzt, sondern auch den Lastwechsel minimiert und somit für zusätzliche Stabilität sorgt. Das Ergebnis: ein Sprint von 0 auf 100 km/h in 3,2 Sekunden, von 0 auf 200 km/h in 7,2 Sekunden und von 0 auf 250 km/h in den erwähnten 10,6 Sekunden.

In Metern ausgedrückt bedeutet das: Nach nur 45 Metern ist die 100er-Marke- erreicht, gut 150 Meter weiter zischt die BMW mit 200 km/h vorbei, und nach etwas mehr als 400 Metern liegen 250 km/h an. Eine nach wie vor unglaubliche Performance, der bestenfalls die ebenso bärenstarke Kawasaki ZX-10R (siehe Messwerte Seite 31) folgen kann. Der Rest des Felds verliert spürbar an Boden, es können weder die übrigen Japaner noch die MV Agusta F4 RR (ebenfalls deutlich kürzer übersetzt als die letztjährige, pfeilschnelle Standard-F4), noch die Aprilia und schon gar nicht die KTM folgen. Aber das stand schon von der Papierform her beinahe vorher fest, auch wenn man der MV (rupfende Kupplung!) mit ihren 190 PS mehr zugetraut hätte.

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„Wie machen wir es?“ „Immer Vollgas!“ „Alles klar“.

Die spannendste Frage aber ist: Was macht die Ducati, denn die tischt zunächst einmal ja richtig auf? Gemessene 190 PS an der Kurbelwelle, mit 195 Kilogramm die Leichteste im Feld, dazu die zierliche Statur und megabitweise Elektronik an Bord, ein Schaltautomat, ein Aerodynamik-Kit - da sollte doch was gehen, oder? Geht es auch, selbst wenn ihr das geringe Gewicht und die Elektronik in Sachen Topspeed nicht weiterhelfen. Die Panigale geht obenheraus sogar richtig gut, auch wenn sie von den Bestwerten der BMW ein ordentliches Stück entfernt bleibt. Sie reiht sich mit 292 km/h hinter den beiden Kraftprotzen S 1000 RR und ZX-10R ein und liegt damit erstaunlicherweise gleichauf mit der 10 PS schwächeren Aprilia, die offensichtlich aerodynamisch richtig gut aufgestellt ist. Doch nicht nur das. Die RSV4 glänzt im Vergleich zur Panigale nicht nur mit der gleichmäßigeren Leistungsentfaltung, sondern auch mit fein kontrollierbarer Gasannahme und dem besten- Schaltautomaten im Feld. Mit dem Ergebnis, dass die stärkere Ducati der Aprilia auch bei den Beschleunigungsdisziplinen den Vorrang lassen muss. Und noch ein weiterer Punkt fällt auf. Bei der Durchzugsprüfung im letzten Gang (von 150 auf 250 km/h) bleibt von der Panigale-Leistungsherrlichkeit wegen des krassen Drehmomenteinbruchs zwischen 4000 und 8000/min, den wir schon beim 1000-Punkte-Test an der Kurbelwelle attestierten, nur wenig übrig (siehe Hinterrad-Leistungskurven vorherige Seite). Im Bereich zwischen 120 und 220 km/h liegt die Duc hier klar unter allen anderen und fährt demzufolge die mit Abstand schlechtesten Durchzugswerte ein. Die S 1000 RR (auch in dieser Disziplin die Beste) schenkt ihr unglaubliche 4,3 Sekunden ein, die Aprilia RSV4 immer noch über drei, und selbst die KTM, Vorletzte in dieser Übung, ist noch über zwei Sekunden schneller.

In diesem Feld sind das Welten. Und Punkte, die am anderen Ende der Fahrdynamik-Skala nicht wiedergutzumachen sind. Die Panigale-Brembos verzögern aus 250 km/h fulminant und fein dosierbar, die Duc steht, wenn Bremsmodus eins (ohne Stoppie-Erkennung) aktiviert ist, nach knapp 230 Metern. Das ist Spitze, in diesem Feld nicht zu toppen. Und dennoch muss sie sich den obersten Platz auf dem Treppchen teilen. Jetzt raten sie mal, mit wem? Richtig, die BMW ist ein weiteres Mal ganz vorn dabei. Unter dem Strich liegt die Münchnerin damit in den Kapiteln Höchstgeschwindigkeit, Beschleunigung, Durchzug und Bremsweg vorn - und damit uneinholbar in Führung. Ihr reicht beim Geradeauslauf, Verbrauch und Windschutz ein Mittelfeldplatz locker aus, um hier in Nardo zu gewinnen. So gesehen muss sich die Panigale nicht grämen, dass sie auch noch hinsichtlich des unruhigen Geradeauslaufs Punkte liegen lässt. Am siebten Gesamtrang hätte das nichts geändert.

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Komfortabel schnell fahren ist mit der GSX-R 1000 kein Problem.

Apropos Platzierung: Wo landet Japan und der Rest der Welt? Die Aprilia mit ihrem frappierenden Chassis (ultrahandlich auf der Rennstrecke, begeisternd stabil in Nardo) und ihren tollen Fahrleistungen auf dem guten dritten Platz hinter der starken und ebenfalls begeisternd stabilen Kawasaki. Die MV, mit geringerer Höchstgeschwindigkeit als im Vorjahr, aber besserem Durchzug und nach wie vor guter Stabilität, auf Rang fünf, während sich Rest-Japan auf den Rängen vier (Fireblade), sechs (GSX-R) und acht (R1) tummelt und eine Philosophie offenbart, mit der man im zivilen Leben noch gut dabei ist, bei einem Ausnahme-Event wie diesem aber wenig holen kann. Der entscheidende Punkt: Honda, Suzuki und Yamaha bauen Motoren, die immer und überall zuverlässig funktionieren und das in der Regel schon über Jahre unter Beweis gestellt haben, verzichten dafür aber auf das letzte Quäntchen Spitzenleistung. In Zahlen bedeutet das knapp 30 PS Rückstand (an der Kurbelwelle), am Hinterrad sind es um die 25 Pferdchen. Diese Motoren packt man dann in Fahrwerke, die ähnlich gestrickt sind. Weder superhandlich noch bretthart, sondern massenkompatibel und - das darf besonders an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben - bockstabil. Das Ergebnis: Bestenfalls mit der MV Agusta umrundet man die Nardo-Piste so sicher und unkompliziert wie auf den japanischen 1000ern. Nur eben nicht ganz so schnell, während einen speziell auf der weder besonders schnellen noch stabilen KTM angesichts des fragilen Geradeauslaufs mitunter ungute Gefühle beschleichen.

Unterm Strich bleibt für diese Philosophie in dieser Ausnahmesituation nur das Mittelfeld. Das Ausloten des technisch Machbaren, das Innovative und Faszinierende übernehmen derweil andere. BMW zum Beispiel mit der S 1000 RR, deren Ausnahmestellung sich auch im Nardo-Rondell wieder bestätigt. Oder die Aprilia, deren eigenständiges V4-Konzept es mittlerweile zu einer begeisternden Reife gebracht hat. Und auch Ducati, weil sie technologisch die Flucht nach vorn antraten. Selbst wenn die derzeit auch hier in Nardo nicht über den siebten Rang hinausreicht.

MOTORRAD-Speedwertung

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Ducati 1199 Panigale S Eine Top-Performance auf der Bremse, aber Schwächen beim Geradeauslauf.

Max.
Puktzahl
Aprilia BMW Ducati Honda Kawasaki KTM MV Agusta Suzuki Yamaha
Höchstgeschwindigkeit 40 36 40 36 33 38 31 34 35 34
Geradeauslaufstabilität 30 27 26 25 29 27 24 28 27 26
Beschleunigung 0–250 km/h 30 25 28 24 23 27 20 24 23 21
Bremsweg 250–0 km/h 30 27 30 30 25 26 24 25 23 25
Durchzug 150–250 km/h 20 17 20 9 15 15 14 18 15 15
Verbrauch konstant 250 km/h 20 15 16 14 16 18 17 13 16 12
Windschutz 30 23 24 25 27 24 26 25 25 25
Summer 200 170 184 163 168 175 156 167 164 158
Platzierung 3. 1. 7. 4. 2. 9. 5. 6. 8.

1.BMW S 1000 RR
Es bleibt dabei: Gegen die Kombination aus diesem bärenstarken Motor und den besten Bremsen im Feld ist in Nardo kein Kraut gewachsen.

2.Kawasaki ZX-10R
Power pur zum Zweiten: Nicht ganz so stark und schnell wie die BMW, aber mit superstabilem Fahrwerk und guten Bremsen läuft die Kawa auf Rang zwei ein.

3.Aprilia RSV4 Factory APRC 
Die Aprilia verteidigt ihren Podestplatz aus dem Vorjahr. Sie ist topstabil, richtig schnell, zieht gut durch und bremst fulminant. Chapeau!

4.Honda Fireblade
Dank des speziellen Lenkungsdämpfers mit dem besten Geradeauslauf gesegnet, dazu ein ordentlicher Durchzug - das reicht für den vierten Platz.

5.MV Agusta F4 RR 
Weil die RR kürzer übersetzt ist als die Basis-F4, läuft sie bei 289 km/h in den Begrenzer. Dafür glänzt sie wie die Fireblade mit tollem Geradeauslauf.

6.Suzuki GSX-R 1000
Komfortabel schnell fahren ist mit der GSX-R 1000 kein Problem. Auf der Bremse und beim Beschleunigen hingegen sind andere besser.

7.Ducati 1199 Panigale S 
Eine Top-Performance auf der Bremse, aber Schwächen beim Geradeauslauf und erst recht beim Durchzug. Damit ist nicht mehr drin. Trotz Aero-Kit!

8.Yamaha YZF-R1
Ein Leistungswunder war der charakterstarke Reihenvierer mit ungewöhnlichem Hubzapfenversatz noch nie. Und auch kein Kostverächter. Die Kupplung ist zu weich.

9.KTM 1190 RC8 R 
Die vorbildliche Leistungscharakteristik des V2 hilft der KTM hier nicht weiter, weil die Spitzenleistung fehlt. Und dem handlichen Fahrwerk Geradeauslaufstabilität.

Der Megatest im Überblick

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Die Supersportler: Aprilia RSV4 Factory APRC, BMW S 1000 RR, Ducati 1199 Panigale S, Honda Fireblade, Kawasaki Ninja ZX-10R, KTM 1190 RC8 R, MV Agusta F4 RR, Suzuki GSX-R 1000, Yamaha YZF-R1 auf dem Highspeed-Track in Nardo.

Es war eine Mammutaufgabe für Ducati, so viel ist klar. Mit dem V2 in Vierzylinder-Leistungswelten vorstoßen: Das mag auf dem Rennplatz, mit der kompromisslosen Ausrichtung einzig auf die schnelle Rundenzeit, vielleicht gelingen. Im zivilen Leben scheint es ein kühnes Unterfangen.

Trotzdem ging man in Bologna mit Enthusiasmus ans Werk, preschte mit einem ausgeklügelten Elektronikpaket voran, warf den Gitterrohrrahmen über Bord, überraschte mit vielen eigenständigen Lösungen und einem atemberaubenden Design. Zudem schuf man zweifellos das beste Ducati-Superbike aller Zeiten.

Dass es dennoch nicht reichte, um die BMW vom Thron zu stoßen, hat vermutlich auch in Bologna niemanden wirklich überrascht und war - zumindest was die Alltagswertung angeht - ganz sicher auch nie das Ziel. Die Niederlagen auf der Rennstrecke und in Nardo hingegen dürften schmerzen. Und zwar umso mehr, als dass sich mit der Aprilia RSV4 Factory überraschend die Konkurrenz im eigenen Land mit einem eigenständigen Konzept auf Platz zwei etablierte. Aber nur zur Erinnerung: Auch die Aprilia brauchte Zeit, wurde über die Jahre weiterentwickelt und gelangte erst jetzt zur vollständigen Reife.

Dasselbe gilt übrigens - auch wenn das die Punktewertung nicht unbedingt widerspiegelt - für die KTM, die sich zu einem famosen Landstraßenrenner gemausert hat und die lediglich der gänzliche Verzicht auf Assistenzsysteme zurückwirft, während die Japanerriege mit Ausnahme von Kawasaki vor allem damit kämpft, dass man die Herausforderung aus München nicht annahm und so leistungsmäßig als auch im Hinblick auf die elektronischen Helfer ins Hintertreffen geriet.

Das heißt jetzt nicht, dass Japan schlechte Superbikes baut. Aber dann, wenn es gilt, nämlich auf der Rennstrecke und beim Image, haben sie ein wenig den Anschluss verloren, während die MV Agusta dort noch mithalten kann. Doch auch ihr Konzept ist in die Jahre gekommen. Wir freuen uns in beiden Fällen auf etwas Neues.

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BMW S 1000 RR.

Das Gesamtergebnis

Max.
Punktzahl
Aprilia BMW Ducati Honda Kawasaki KTM MV Agusta Suzuki Yamaha
Summe 1000-Punkte-Wertung  1000 678 716 672 694 690 668 629 676 668
Summe Rennstrecken-Wertung 400 368 364 359 326 351 324 334 329 328
Summe Speed-Wertung 200 170 184 163 168 175 156 167 164 158
Summe Gesamtwertung 1216 1264 1194 1188 1216 1148 1130 1169 1154
Platzierung Gesamtwertung 2. 1. 4. 5. 2. 8. 9. 6. 7.

1.BMW S 1000 RR
Alltag Platz 1
Rennstrecke Platz 2
Highspeed-Track Platz 1

Zum totalen Triumph reicht es nicht ganz, weil die winkelige Rennstrecke der BMW nicht entgegenkam. Trotzdem bleibt sie das Maß der Dinge.

2.Aprilia RSV4 Factory APRC
Alltag Platz 4
Rennstrecke Platz 1
Highspeed-Track Platz 3

2.Kawasaki ZX-10R
Alltag Platz 3
Rennstrecke Platz 4
Highspeed-Track Platz 2

4.Ducati 1199 Panigale S
Alltag Platz 6
Rennstrecke Platz 3
Highspeed-Track Platz 7

5.Honda CBR 1000 RR Fireblade
Alltag Platz 2
Rennstrecke Platz 8
Highspeed-Track Platz 4

6.Suzuki GSX-R 1000
Alltag Platz 5
Rennstrecke Platz 6
Highspeed-Track Platz 6

7.Yamaha YZF-R1
Alltag Platz 7
Rennstrecke Platz 7
Highspeed-Track Platz 8

8.KTM 1190 RC8 R
Alltag Platz 7
Rennstrecke Platz 9
Highspeed-Track Platz 9

9.MV Agusta F4 RR
Alltag Platz 9
Rennstrecke Platz 5
Highspeed-Track Platz 5

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MOTORRAD 20 / 2023

Erscheinungsdatum 15.09.2023