Casey Stoner über Geheimnisse im MotoGP

Casey Stoner über Geheimnisse im MotoGP Epochale Biester

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Casey Stoner, der Weltmeister im Ruhestand, verrät die Geheimnisse aus drei Epochen im MotoGP und seine Tricks. Und der Australier erklärt, warum es immer noch zu viel Elektronik im MotoGP gibt.

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Casey Stoner ist zweifellos einer der Größten in der MotoGP-Geschichte. Der Australier gewann mit seinen einzigartigen Fähigkeiten zwei MotoGP-Weltmeisterschaften für unterschiedliche Hersteller und fuhr die 990er-, 800er- und 1000er-Bikes. Außerdem trug Stoner sein Herz schon immer auf der Zunge, weshalb es niemand Besseren gibt, um über den MotoGP und dessen Veränderungen in den letzten zehn Jahren zu sprechen. Für PS erklärt er die Charaktereigenschaften der einzelnen Maschinen, wie sich die Fahrtechnik mit den neuen Motoren und Regeln änderte und warum einige „Verbesserungen“ den Grand Prix eher schlechter als besser machten.

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990er-Ära Stoners Highlight: Pole beim Debüt

Das MotoGP-Bike war eigentlich ein bisschen einfacher zu fahren als die Zweitakt-250er, besonders im Vergleich zur Aprilia. Das waren gemeine kleine Biester. Sehr, sehr effektiv und unglaublich schnell, wenn man alles richtig machte. Aber um sie dahin zu bekommen, war es ganz schön tricky. Mit italienischen Rennmaschinen ist das tatsächlich immer so eine Sache.

Als ich die Honda RC 211V das erste Mal am Saisonende 2005 in Valencia testen konnte, fand ich Richtungsänderungen sehr viel einfacher, sodass ich weit weniger aggressiv sein musste als auf der 250er. Möglicherweise lag das daran, dass die 250er einen viel höheren Kurvenspeed und oft besseren Grip hatte. Deshalb kostete es wegen der höheren gyroskopischen Kräfte mehr Körner.

"Habe mich noch nie auf den Grip verlassen"

Das MotoGP-Bike wirkte aber weit weniger steif, weil das Gewicht und die Power so hoch waren und das Motorrad deshalb so viel rutschte und das Hinterrad durchdrehen wollte. Es wollte nicht so aus der Kurve schnellen wie die 250er. Für mich fühlte es sich so an, als würde ich auf einer rutschigeren Strecke fahren. Und ich fühlte mich schon immer sehr gut, wenn wir mit der 250er auf rutschigeren Strecken unterwegs waren. Als Fahrer habe ich mich noch nie auf den Grip verlassen. Ich musste immer spüren, wo der aufhörte, und je mehr ich das Bike rutschen fühlte, desto besser war ich unterwegs. Dann kannte ich genau mein Limit. Fährst du auf dem reinen Grip, musst du dich viel zu sehr darauf verlassen, dass er hält. Und damit kann es dann ganz plötzlich vorbei sein. Mir war das zu gefährlich und ich zog es vor selbst zu wissen, was ich mit dem Limit anstellen konnte.

Die meisten 250er-Fahrer passten ihre Linien kaum an, als sie auf die MotoGP-Maschinen umstiegen. Solange du weich ans Gas gegangen bist, konnte man die 990er wie eine 250er fahren und auch bis zu einem gewissen Punkt sehr schnell damit sein. Genau an dem Punkt aber hatten wir Aufsteiger dann unsere Probleme mit den wilden Crashs. Wir versuchten es mit zu viel Kurvenspeed oder pushten das Bike so brutal auf eine Linie, die zwar extrem schnell war, aber es ist eben nicht immer gut gegangen.

Es gibt viele Arten, schnell mit einem MotoGP-Bike zu fahren, aber die meisten davon sind nicht besonders sicher. Mit dem hohen Fahrzeuggewicht geht das nicht – deshalb stürzt du. Aber so haben wir gelernt, wie man schnell wird und den Fahrstil entsprechend angepasst. Später bremsen und etwas aggressiver auf der Bremse in die Kurve hineinfahren ist wichtig. Wir sind schneller in die Kurven hineingefahren als auf den 250ern und länger auf der Bremse geblieben, um das Bike anzuhalten. Die Power nutzt man dann am Ausgang. Mit der 250er hast du die Bremse früh aufgemacht und das Motorrad durch die Kurve rollen lassen.

Da die Richtungswechsel mit der 990er einfacher gingen, war ich wesentlich sanfter am Gasgriff. Ich nutzte das Gas, um die Richtung zu ändern: Während ich im Mittelteil beim Umlegen Druck auf die Fußraste gab, legte ich ganz leicht etwas mehr Gas an, um Druck aufs Fahrwerk zu geben. Danach machte ich die Drosselklappen gleich wieder zu, um dem Bike auf die andere Seite zu helfen. Erst dann gab ich wieder Vollgas. Man musste das progressiv machen, damit es nicht rutschte.

"Die Besten waren die 990er"

Um das Bike aus den Kurven zu holen, habe ich auch mehr Gewicht auf die innere Fußraste gegeben. So hat das Motorrad endgültig gelenkt und sich aufgestellt, und es hat außerdem mehr Druck direkt auf den Reifen gebracht. Die Theorie mit dem Gewicht auf der äußeren Fußraste habe ich nie verstanden. Im Speedway macht man das so, damit sich das Motorrad in die Kurve hinein querstellt. Aber ab dem Scheitelpunkt haben die Jungs ihre Füße komplett von der Raste.

Die 990er waren in meinen Augen die besten MotoGP-Bikes. Die Elektronik war gerade recht. Es gab sie, damit sie dich bis zu einem gewissen Punkt schützte, aber sie half dir nicht wirklich dabei, deine Rundenzeiten zu verbessern. Im Training am Sachsenring 2006 hatten wir erhebliche Probleme mit der Elektronik und wir haben sie schließlich komplett abgeschaltet. Danach war ich nur eine Zehntel langsamer als mit Traktionskontrolle, obwohl ich viel vorsichtiger fuhr. Heute könntest du ohne kaum gefahrlos den Gasgriff anfassen. 2006 war eines der besten Jahre im MotoGP überhaupt. Viele verschiedene Fahrer haben Rennen gewonnen, viele waren ganz vorn dabei.

800er-Ära – Highlight: WM-Titel 2007 mit Ducati

Die 800er wären 2007 ohne die gewaltigen Schritte im Motormanagement völlig unfahrbar gewesen. Das war der große Fortschritt in der 800er-Ära, nicht so sehr die Traktionskontrolle. Dieser Fortschritt machte es überhaupt erst möglich, so viel Power aus diesen Motoren herauszuholen und sie gleichzeitig zu zähmen. Als ich noch bei Ducati war, nutzten sie dieses Know-how, um den Motor ganz smooth hinzubekommen. Andernfalls wäre das ein furchtbares Biest geworden. Das Bike hat anfänglich heftig gepumpt und uns Fahrer vor ernsthafte Probleme gestellt. Bis sie den Motor gezähmt hatten. Mit der Doppelzündung etwa, oder dass beim Gasanlegen nur drei Zylinder gezündet wurden, um den Motor bei niedrigen Drehzahlen zu beruhigen. Ohne diese Mittel war das einfach irre und echte Schwerstarbeit.

Das Leistungsband der 800er war definitiv kleiner, aber mit den Zweitaktern hatte das nichts gemein. Es gab immer noch ein gewaltiges Drehmoment, wir mussten jedoch präziser mit der Getriebeabstimmung sein als bei der 990er. Alles andere habe ich ziemlich genauso gemacht wie vorher, etwa in den gleichen Kurven früh hochgeschaltet gegen Wheelspin am Ausgang.

Was die 800er an einer Stelle verloren haben, holten sie an einer anderen wieder rein. Sie waren ein wenig leichter. Das hat ihnen ein gewisses 250er-Feeling gegeben. Und der Motor hatte durch den kleineren Hubraum kein so hohes Massenträgheitsmoment. Das verlieh dem Bike eine gewisse Leichtigkeit, und es ließ sich dadurch leichter herumwirbeln. Die 250er-Technik kam etwas zurück. Aber nur ganz wenig, denn auch mit der 800er bremsten wir sehr spät und tief in die Kurven.

Diese Bikes hatten nicht diesen gewaltigen Antritt der 990er, weshalb wir mit mehr Speed durch die Kurven fuhren, um denselben Gang nutzen zu können. Deshalb purzelten auch die Streckenrekorde, obwohl wir 20 Prozent vom Hubraum verloren hatten.

"Die Motoren-Jungs hassten mich dafür"

Der größte Sprung in Sachen Elektronik betraf die Motorbremse, wodurch die 800er viel ruhiger in die Kurven fuhren, was wiederum mehr Kurvenspeed zuließ. Schaust du dir die WM 2006 mit den letzten 990ern an, fuhren alle noch quer in die Kurven. Außerdem hatte der Bridgestone-Hinterreifen weit mehr Grip auf der Flanke als der Michelin, aber nicht annähernd so viel Grip im Traktionsbereich. Deshalb sind wir mit mehr Kurvenspeed gefahren und haben das Bike später aufgestellt, um mehr vom Seitengrip zu nutzen.

Ich habe dann auf der Ducati erstmals die Bremse während der Kurvenfahrt eingesetzt. Es ging nicht anders. Alle anderen Hersteller hatten ihren Tank weit hinten unter dem Sitz und tief im Motorrad, Ducati aber einen ganz vorn. Und er war sehr hoch, so dass sich während des Rennens mit dem Spritverbrauch die Balance gewaltig veränderte. Wenn wir das richtige Setup manchmal nicht gefunden haben, kamen wir im Rennen an den Punkt, wo wir kaum noch Gewicht auf das Vorderrad brachten. Ich bin nicht groß genug, um mich richtig über die Front zu wuchten. Also habe ich auch in der Kurve vorne gebremst, damit genug Gewicht vorne drauf war, das Rad am Boden blieb und sich das Motorrad so noch lenken ließ. Die Ducati lenkte sich ohnehin nicht besonders. Ich habe natürlich nicht komplett durch die Kurve gebremst und das Gas offen gehalten – das ist zu kompliziert –, aber bis zum ersten Anlegen des Gases, gerade so, dass das Ding lenkte.

Wie ich darauf kam? Behutsam! Damals hatten wir arg mit nachlassenden Reifen zu kämpfen, also habe ich versucht, die Kurven möglichst zu umfahren, aber das hat nicht funktioniert. Also blieb mir nur der Versuch mit der Bremse oder ich musste jede Kurve weit gehen. Hauptsächlich galt das für lange Kurven wie die „La Chapelle“ den Berg runter in Le Mans.

Auf bestimmten Strecken nutzte ich die Elektronik zu meinem Vorteil, wie ich auch das Drehzahllimit nutzte – was mein Team nicht gern sah. Ich drehte in Kurven in Overdrive, um sie perfekt nehmen zu können. Wie Kurve 5 in Sepang. So funktioniert das: Aus Kurve 4 geht es über eine Kuppe, wo das Motorrad sehr leicht wird. In Kurve 5 kannst du deshalb sehr leicht highsiden, weil die Elektronik schon davor zu kämpfen hat. Also war ich über die Kuppe bereits sehr aggressiv und stellte sicher, dass das Bike noch vor dem höchsten Punkt in den Drehzahllimiter ging. Auf diese Weise hatte der Motor kein Drehmoment mehr, und ich konnte schneller in die Fünf rein, weil ich nun sicher war, dass mich das Motorrad trotz geöffnetem Gasgriff nicht mehr abwerfen konnte. So habe ich das auch in Kurve 3 in Valencia gemacht. Ich driftete rein und wusste, dass ich in Sekundenbruchteilen ins Drehzahllimit ballern würde. Der Limiter funktionierte als Sicherheitselektronik und ich wusste, dass ich nicht mehr weiter drifte. Die Elektronik-Abstimmung ist im Prinzip auch nichts anderes als der Limiter, nur dass sie früher einsetzt. Die Motoren-Jungs hassten mich dafür.

1000er-Ära – Highlight: Weltmeister mit Honda 2011

Als ich die 1000er von Honda das erste Mal testete, war das ein gewaltiges Ding. Einfach großartig! Ich liebe Power – je mehr, desto besser. Zwischen den 1000ern und den 990ern ist der Unterschied prinzipiell nicht besonders groß, nur eben der Fortschritt beim Chassis, den Reifen, der Elektronik und dem Motor. Die 1000er haben definitiv noch mal mehr Power, aber sie fühlen sich über das gesamte Drehzahlband viel zahmer und sanfter an, weil sich jeder Aspekt über das Motormanagement und die Elektronik kontrollieren lässt. Verglichen mit den 800ern ist es ein Quantensprung. Wieder gibt es mehr Drehmoment, sodass du aus tieferen Drehzahlen aus den Kurven feuern kannst und dadurch mehr Grip hast. Sie sind außerdem etwas schwerer beim Richtungswechsel, also greifen wieder die alten Mechanismen beim Fahrstil. So wie der MotoGP heute ist, würde ich sagen, dass es kaum Unterschiede zwischen den Fabrikaten gibt. In der 800er-Ära hatten die Bikes sehr unterschiedliche Charaktere. Die einen hatten unten rum mehr Power, die anderen oben herum.

Jetzt sind wir wieder bei den 1000ern mit einem fantastisch fetten Drehmoment. Die Elektronik ist aber immer noch viel zu gut, meine ich. Zu 990er-Zeiten half sie uns nur bei der Motorbremse: Die Bikes waren immer noch voll in Bewegung, man rutschte immer noch rein in die Kurven. Die Elektronik verhinderte lediglich, dass sie komplett blockierten und wegrutschten. Bei den 990ern war die Elektronik auch zur Stelle, wenn es wirklich haarig wurde. Hattest du deinen Reifen komplett hingerichtet, brachte dich die Elektronik noch sicher heim – solche Sachen. Aber generell bevormundete sie einen Fahrer nicht so und man musste die Dinge selbst richten. Darum war diese Zeit für mich die beste im GP. Bei den 990ern stimmte die Dosis an Elektronik. Sie spielte keine so dominante Rolle und ich wollte das auch nicht, denn es fühlt sich auch nicht gut an. Ich habe mein ganzes Leben damit verbracht, allein durch mein Können und Gefühl schnell fahren zu lernen. Deshalb verstehe ich auch nicht, wie die Verantwortlichen darauf kommen, dass die neue Fahrergeneration das unbedingt will oder braucht.

"Diese Wheelie-Kontrollen – ich mag das eben nicht"

Heute ist die Elektronik so ausgeklügelt und progressiv, dass sie fast unmerklich agiert. Selbst das neue Dorna-Paket mit der Einheitselektronik ist an sich sehr gut. Die Top-Teams haben vielleicht nicht mehr ganz so viele Optionen für das Feintuning oder die Corner-to-corner-Abstimmung, aber es ist aus technischer Sicht immer noch unglaublich beeindruckend. „Rudimentär“, wie oft behauptet, wird es selbst verglichen mit den 990ern auf keinen Fall. Mir wäre noch weniger lieber. Lasst uns zurück zu 2006 oder 2007. Die Dorna hat wohl vor, damit die Kosten einzudämmen und die Entwicklung zu bremsen, aber sie geben das Rennfahren damit sicher nicht zurück in die Hände der Fahrer.

Mir gefiel es, verschiedene Sachen an mir beim Fahren auszuprobieren, etwa Wheelies zu verhindern. Diese Wheelie-Kontrollen – ich mag das eben nicht. Mit einem leicht abhebenden Vorderrad zu spielen und mit viel Schub aus der Kurve zu beschleunigen, darum geht es doch beim Fahrkönnen. Das macht die Art, ein Motorrad zu fahren zur Kunstform. Stattdessen zieht man heute das Gas auf und die Elektronik kümmert sich um alles. Die fahrerischen Elemente sind heute an der Spitze fast vollkommen verschwunden. Mir passt das einfach nicht, denn ich glaube, dass am Ende des Tages keine Elektronik so gut ist wie die menschliche Hand.

Dieses ganze Elektronik-Feeling habe ich immer schon gehasst. 2011 drehte ich für Honda einen TV-Spot, und es war echt lustig: Ich fahr also auf dieser privaten Rennstrecke mit einer Fireblade herum und komme für die Kameras aus jeder Kurve quer heraus. Zurück in der Box habe ich den Honda-Technikern dann vorgeschwärmt, dass wir diese Elektronik im MotoGP brauchen. Die wäre so smooth, man spüre sie überhaupt nicht, besonders wie sie einsetzt. Die Jungs schauten erst sich, dann mich ratlos an und meinten: „Wir haben überhaupt keine Elektronik in dem Bike.“ Sie fuhr einfach so perfekt, die Slides waren ganz einfach und die Blade machte genau das, was ich wollte. So muss ein Bike arbeiten.

Diese ganze Elektronik ist übrigens auch verantwortlich dafür, dass die Quali-Zeiten heute so eng beieinander liegen. Da denkt man, wow, wie so viele Fahrer so schnell sein können. Alles, was sie wirklich tun müssen, ist spät zu bremsen, entschlossen einzulenken und das Gas aufzuziehen – die Elektronik kümmert sich um den ganzen Rest. Mit fahrerischer Finesse hat das wenig zu tun. Die Elektronik hilft den Fahrern, die es sonst nicht hinbekommen würden, das Hinterrad voll zu kontrollieren. 2006 hast du diese Jungs auf der folgenden Geraden schon auf der Hälfte überholt.

"Wir brauchen mehr Respekt für das Motorrad"

Die Top-Fahrer hatten auch alle ein ganz anderes Setup. Dani Pedrosa etwa stimmte sein Bike speziell für die Passage „Scheitel bis Ausgang“ ab. Beim Kurveneingang war er viel schwächer. Aber in der Mitte klebte er dann plötzlich neben dir und presste sich vorbei. Jeder Fahrer hatte seinen eigenen Stil. Jeder konnte das sehen. Gegenwärtig herrscht Einheitsbrei, am Kurvenausgang macht keiner mehr den Stich. Alle geben am selben Punkt Gas – Elektronik, bitte übernehmen!

Ich sitze vorm Bildschirm und warte nur darauf, bis einer das Vorderrad überfordert und die anderen mit rauskegelt, denn alles geht jetzt darum, wer spät bremst und am Eingang das meiste riskiert. In meinen Augen ist das völlig falsch. Wir brauchen mehr Respekt für das Motorrad, dann respektiert man auch den anderen und den Asphalt. Aber über das Vorderrad zu stürzen ist heute so problemlos und ungefährlich. Beim Test in Sepang bin ich vielen Jungs hinterhergefahren und war echt schockiert. Fast jeder ist einfach geradeaus geschossen. Die Auslaufzonen waren früher Kiesbetten. Dank Elektronik darf man heute ungestraft viele Fehler beim Anbremsen machen. Wer Fehler macht, verliert – so lautete einst die Devise. Jetzt gehst du weit über die asphaltierte Fläche und hängst dich eben wieder dran – keine Kunst.

 Die aktuell gefahrenen Michelin-Reifen bedeuten natürlich auch eine Veränderung. 2007 hinkte Bridgestone beim Hinterrad-Grip  hinter den Michelins von 2006 her. Die Fahrer sagen das gerade auch. Michelin ist hinten unglaublich gut – immer schon. Aber aus irgendeinem Grund ist es heute das gleiche Problem wie damals: Der Hinterreifen scheint einfach nicht zum Vorderreifen zu passen. Er überfordert ihn.

Es fühlt sich nicht so an, als überfahre er den Vorderreifen. Es fühlt sich eher so an, als würden Umfang und Kontur hinten und vorn nicht zusammenpassen. Während der Einlenkphase hat das Bike diesen winzigen Augenblick, in dem es sich so anfühlt, als habe der Vorderreifen keinen Kontakt mehr. Dann kommt er augenblicklich zurück, und der Hinterreifen macht etwas Komisches. Ich weiß, warum die Leute stürzen, aber das ist nicht einfach in den Griff zu kriegen. Du kannst nicht sagen, okay, dann gehe ich an dieser Stelle eben ein bisschen sanfter rein. Es dreht sich um die wichtigste Stelle in der Kurve, an der du das Bike ausrichtest. Dort haben alle zu kämpfen.

Die Reifen passen zu manchen Fahrern besser als zu anderen, aber ich glaube, die Meisterschaft entscheidet sich dieses Jahr zwischen denen, die es schaffen geduldig zu sein und dieses entscheidende Etwas weniger pushen, wenn sie mit der Front nicht völlig happy sind. Über die Saison gesehen wird es wichtig, auch mal mit dem vierten oder fünften Platz zufrieden zu sein und nur dann volle Pulle zu gehen, wenn wirklich alles passt.

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