Wo immer er hinkam, erregte der deutsche Fotograf Thomas Goos während der Tourist Trophy Aufsehen. Denn er hatte überall ein lebensgroßes blaues Kunststoff-Schaf dabei.
Wo immer er hinkam, erregte der deutsche Fotograf Thomas Goos während der Tourist Trophy Aufsehen. Denn er hatte überall ein lebensgroßes blaues Kunststoff-Schaf dabei.
Es ging schon auf der Autobahn los. Seit er sein BMW-Gespann bei Büttelborn auf die Auffahrt Groß-Gerau-Süd gelenkt hatte, war ihm Aufmerksamkeit sicher: „Aus Autos, Wohnmobilen, Lastwagen haben sie mir zugewunken, haben gelacht und mit dem Daumen nach oben gezeigt.“ Der Beifall galt seiner Beifahrerin. Denn im Seitenwagen von Thomas Goos’ BMW R 1150 GS hatte ein blaues Schaf Platz genommen, blickte aus blauen Augen ausdruckslos nach vorn, harrte geduldig dem noch so weit entfernten Fahrziel entgegen.
Das blaue Schaf sollte auf der Isle of Man, der vollgasverrückten Insel zwischen England und Irland, Fotomodell spielen – während der Tourist Trophy. „Na klar haben mich die meisten für bekloppt gehalten“, grinst Goos, der Groß-Gerauer Profifotograf. Und fraglos ist es das ja auch – ein künstliches blaues Schaf gut 1000 Kilometer weit dahin zu kutschieren, in die Landschaft zu stellen und zu fotografieren. Doch dass das Bekloppte durchaus auch sein Gutes hat, ist Goos, der zuvor schon dreimal mit Freunden (aber noch ohne Schaf) zu den Rennen auf der Insel gefahren war, nicht bloß auf der Autobahn aufgefallen: „Das Schaf ist ein echter Sympathieträger. Wo immer ich damit aufgetaucht bin, haben uns Wildfremde freudig begrüßt, haben uns, wenn’s eng war, Platz gemacht, uns durchgelassen oder haben geholfen, wenn ich mit dem Gespann mal irgendwo eng wenden oder rückwärts rangieren musste. Und auf der Fähre ist mir noch nie so viel Bier ausgegeben worden wie diesmal.“
Das Schaf ist Teil eines Kunstwerks, stammt aus der blauen „Friedensherde“ eines mit Goos befreundeten Kölner Künstlerpaars. Zur Isle of Man hat es der Fotograf aber nicht nur wegen irgendeines tieferen Sinns mitgenommen. „Nein, ich wollte neben Rennen- und Motorrädergucken auch einfach noch was anderes machen. Ich bin Fotograf, hab nix anderes gelernt, also wollte ich fotografieren und habe ein Thema gesucht.“ So kam er irgendwann aufs Schaf. Und weil Lebensgefährtin Pauli ohnehin keine Lust hatte, die Männerrunde nach Man zu begleiten, war Paulis Platz im BMW-Beiwagen eben frei fürs blaue Schaf.
Während der TT fuhr Goos jeden Tag in aller Frühe los, um sein Model irgendwo anders auf der Insel zu platzieren und im besten Morgenlicht zu fotografieren. Am Kiesstrand, unter höchst irritierten, lebenden Artgenossen auf einer Schafsweide, in der Boxengasse in Douglas, aber auch mitten auf dem „Mountain Course“, der während der TT nur in Einbahnrichtung befahrbaren Bergstraßen. „Dafür habe ich ein paar Police Officers gefragt. Die waren so begeistert, dass sie extra für mich mal eben den kompletten Kurs absperrten.“ Ein paar Minuten später hatte der Typ mit dem „German sidecar and the blue sheep“ sein Foto im Kasten. Ganz gelassen schaut das Schaf darauf in Richtung der hinter der Polizeisperre wartenden und feixenden Biker. „Am fünften Tag habe ich dann morgens beim Aufbruch angefangen, mit dem Schaf zu reden“, erzählt Goos grinsend. „Habe ‚Guten Morgen‘ gesagt und Dinge wie ‚Na, geht’s wieder los!‘. Aber Gott sei Dank hat es mir niemals geantwortet …“
Zum ersten Mal war der Fotograf vor 15 Jahren bei der TT auf Man. „Wir wohnten damals rein zufällig neben Joey Dunlop. Das war ein witziger Vogel. Und trinkfest!“ Seither fahren Goos und ein fester Freundeskreis regelmäßig alle fünf Jahre. Für 2020 hat die Truppe schon wieder vorgebucht. Aber auch sonst ist der Fotoprofi aus Groß-Gerau viel unterwegs. Wenn’s nicht gerade für Jobs ist, wie das gesamte Suzuki-Motorrad-Modellprogramm auf Mallorca abzulichten oder die Parkgaragen des vielleicht irgendwann mal fertigen neuen Berliner Hauptstadtflughafens, dann nimmt der Hesse auch gern an organisierten Motorradreisen teil. So war er 2012 auf einer Reise mit Enfields durch Nepal dabei, lernte „ein wunderbares Land mit unglaublich offenen, netten Menschen“ kennen. Und eben auch den Reiseveranstalter und Organisator Peter Paulo Dos Santos, der die Enfield-Tour zum Dach der Welt auch weiterhin gemeinsam mit dem MOTORRAD action team anbietet.
Nach den verheerenden Erdbeben von April und Mai 2015 hat Dos Santos das Hilfsprojekt „Bikers Support Nepal“ ins Leben gerufen, um möglichst effektiv und dauerhaft Hilfe beim Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur zu leisten. Von Indien aus, wo Dos Santos seine Motorradreise-Agentur betreibt, organisiert der Deutsche „Motorbike Solidarity Rides“, um die Spenden ins Land und exakt dahin zu bringen, wo sie am dringendsten gebraucht werden.
Das Geld, das Thomas Goos mit dem Verkauf der Fotos vom blauen Schaf auf der Isle of Man einnimmt, spendet der Fotograf an „Bikers Support Nepal“ von Peter Paulo Dos Santos. Ein Hochglanz-Fineart-Print im Format 70 x 50 Zentimeter kostet 65 Euro (40 x 50 cm: 45 Euro). Von jedem Verkauf gehen 30 Euro an die Nepal-Hilfe.
Zu sehen, auszuwählen und zu bestellen sind Thomas Goos’ Bilder unter: www.studio-goos.de/the-blue-sheep.