MotoGP: Die Rossi-Yamaha-Ära (mit Foto-Show)
Der Abschied nach sieben Jahren Yamaha

Tschüs, meine Schöne - so verabschiedete sich Valentino Rossi von dem Motorrad, das er in den gemeinsamen Jahren mit Yamaha entwickelt und in seinen sieben Inkarnationen zu lieben und zu hassen gelernt hat. Schnelligkeit war dabei wichtig, Schönheit immer ein Thema.

Der Abschied nach sieben Jahren Yamaha
Foto: 2snap

Verflixt ist das siebte Jahr einer Beziehung, so die weit verbreitete Legende. Und 2010 bekam sie zumindest im MotoGP-Zirkus neue Nahrung, als der italienische Superstar Valentino Rossi im siebten Jahr seiner Partnerschaft mit dem japanischen Motorradhersteller Yamaha Schluss machte. Das Ende einer Erfolgsgeschichte, während der Rossi 46 Grand Prix-Siege und vier WM-Titel in der Motorrad-Königsklasse zum Ruhm der Marke mit den drei Stimmgabeln beitrug und in kongenialer Kooperation mit seiner Techniker-Crew um Jeremy Burgess und Yamaha-Konstrukteur Masao Furusawa eine Maschine formte, die heute als Maß der Dinge im Motorradsport gilt: die Yamaha YZR-M1.

Als Rossi nach der Saison 2003 im Streit mit seinem damaligen Arbeitgeber Honda brach und zu Yamaha wechselte, ging für Furusawa ein Traum in Erfüllung: "Unser Motorrad war schlecht. Warum hätte Rossi, damals schon fünffacher Weltmeister, sich das antun sollen?" Andererseits war Furusawa und der Yamaha-Chefetage klar, dass es nur eine Chance gab, die elfjährige Durststrecke ohne WM-Titel im Motorrad-Spitzensport zu beenden: Rossi.

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Der Rest ist Geschichte. Am 18. April 2004 pilotierte Rossi im südafrikanischen Welkom erstmals eine Yamaha YZR-M1 in einem Rennen - von Startplatz eins zum Sieg und gleich in der ersten Saison zum Titel.

Sieben Versionen der M1 fuhr Rossi über die Jahre, jede mit Eigenheiten, an die er sich leicht erinnert. "Zuerst mussten wir aus der Yamaha ein schönes Motorrad machen, das 2003er-Modell war hässlich. Korrekturen am Design, dazu etwas von meiner Lieblingsfarbe Gelb, und wir konnten mit einer echten Schönheit in die WM 2004 starten", beschreibt Rossi sein erstes Rendezvous mit der M1. Technisch lag der Fokus auf dem Motor: "Gute Fahrwerke konnte Yamaha immer bauen, die M1 war handlich und ließ sich leicht durch Kurven fahren. Furusawa gab mir drei Motorvarianten zur Auswahl. Wir entschieden uns für die Version mit weniger Höchstleistung, dafür angenehmerer Kraftentfaltung", sagt Rossi.

Offenbar die richtige Entscheidung, wie der WM-Erfolg zeigt. Dies scheint auf den ersten Blick auch dafür zu sprechen, dass die aktuelle M1 ein Produkt stetiger Evolution ist, die dank Rossis Vorstellungen, der Ideen seiner Techniker und der Kunst der Yamaha-Ingenieure jedes Jahr ein bisschen besser wurde.

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Abschied von Yamaha: Etliche Mitglieder seiner Technik-Crew folgen Rossi (Mitte) zu Ducati.

Doch weit gefehlt. "Die M1 von 2005 war wohl die beste, die ich je hatte", schwärmt Rossi noch heute, "handlich, mit angenehmer Kraftentfaltung wie das Vormodell, aber viel stärker." Der Versuch, nach dem zweiten WM-Titel von Rossi und Yamaha das Fahrwerk weiter zu verfeinern, führte 2006 ins Chaos: "Wir handelten uns Vibrationen am Vorderrad ein, die das Motorrad beim Bremsen fast unfahrbar machten."

Zwar konnten die Probleme behoben, die gewonnen Erkenntnisse aber nur teilweise für die Entwicklung der 2007er M1 genutzt werden, weil ein neues Reglement nur noch 800 statt der bis dahin möglichen 990 cm³ Hubraum erlaubte. "Ich habe nie verstanden, was das sollte", so Rossi, "die Motorräder wurden kleiner, schwächer und schwieriger zu fahren." Yamaha ging die entstandenen Probleme im Folgejahr mit massiv weiterentwickelter Elektronik an, und auf diesem Gebiet werden seither die entscheidenden Verbesserungen erzielt. Sei es, um die Wünsche der Piloten zu erfüllen oder neue Regeln wie Einheitsreifen oder die Begrenzung auf maximal sechs Motoren pro Jahr und Fahrer zu kompensieren.

Ab 2011 fährt Valentino Rossi im Ducati-Werksteam. Seine erste Amtshandlung: der traditionell rot-weißen Desmosedici, seinem neuen Sportgerät, etwas Rossi-Gelb zu verpassen. Ob es reicht, um damit in den siebten Himmel zu fahren? Rossi- und Ducati-Fans warten gespannt auf die Antwort.

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