Ducati Patent: Seamless-Getriebe aus der MotoGP

Ducati schaltet nahtlos
Nächste Panigale mit MotoGP-Getriebe?

Zuletzt aktualisiert am 07.07.2021

Als Honda im letzten MotoGP-Jahr der 800er-Klasse 2010 das Seamless-Getriebe brachte, musste es von einem eigenen Sicherheitsmann bewacht werden. So revolutionär war das System. Die Fahrer konnten so unter Volllast und ohne Unterbrechnung der Zugkraft die Gänge hochschalten und so den sogenannten Shift-Shock unterbinden. Der tritt bei schnellen Gangwechseln unter hoher Last auf, bringt durch Drehmomentspitzen Unruhe ins Fahrwerk und quält den Reifen zusätzlich. Auf der Straße kann man den Shift-Shock per Quickshifter spüren, wenn beim Gangwechsel das Heck leicht wackelt oder das Motorrad sich kurz um die Hochachse bewegt. Seamless macht dem Shift-Shock ein Ende. Klar, dass alle Hersteller nachzogen. Ducati waren die ersten. Und sie sind wohl auch die ersten, die die Funktion auf die Straße bringen wollen.

Seamless vs. Doppelkupplung

Im Grunde funktioniert das Seamless-Getriebe wie das DCT von Honda, nur eben mit nur einer Kupplung. Eine konventionelle Schaltwalze legt auf einer zweigeteilten Eingangswelle immer zwei Gänge zeitgleich ein. Dabei läuft die eine Gangpaarung frei, während die anderen das Drehmoment überträgt. Leitet der Fahrer konventionell per Fuß einen Schaltvorgang ein, dann dreht er nicht nur die Schaltwalze, sondern schließt auch den Freilauf des nächsten Ganges, während der vorherige Gang herausgenommen wird. Mit dieser Drehung wird dann bereits der nächste Gang vorgelegt. Das DCT Getriebe von Honda arbeitet ähnlich, nur wird hier der Kraftschluß per zweiter Kupplung gesteuert. Beim Seamless-Getriebe übernimmt diese Aufgabe eine Art Freilauf mittels eines starken Rollenlagers, dass über eine Nabe mit Kraft beaufschlagt wird oder eben nicht.

Jetzt kommt der zweite wichtige Teil: es reicht nicht allein die Kraft von der Welle zu nehmen, auch die Gangräder der vorgelegten Paarung müssen freilaufen. Sonst würde sich das Getriebe bremsen, unter Umständen selbst zerstören. Das geschieht mittels Sperrklingen in der Lagerung der Zahnräder. Kommt keine Last auf den Teil der Welle, dann drehen die Räder frei. Wird durch den Schaltvorgang die Kraft zum nächsten Gang geschlossen, drehen schließen kleine Aussparungen in der Welle die Sperrklinken genau in dem Moment in dem der Kraftschluß umschaltet. Eine kleine feinmechanische Meisterleistung. Und genau hier, wie auch bei den beiden nabengesteuerten Rollenlager, liegt das größte Potenzial: Die Teile müssen Tausende von Kilometern ohne Revision oder Ausfall halten. Im Rennsport werden die Getriebe regelmäßig revidiert.

Panigale mit MotoGP-Getriebe?

Die gezeigte Konstruktion dürfte sich am Ende doch etwas von der aus der MotoGP unterscheiden, da die mechanischen Lösungen klar auf einen Einsatz in einem bestehenden Getriebegehäuse eines konventionellen Motors hinweisen. Ducati möchte das in der Patentschrift auch klargestellt wissen. Somit ist der Einsatz als Seriengetriebe in einer neuen Panigale V4 denkbar und später auch in anderen leistungsstarken Motoren. Der größte Vorteil ist: Das Getriebe braucht keine elektronischen oder hydraulischen Komponenten. Einzig die Motorsteuerung braucht die Info über die Art des Getriebes, denn beim Herunterschalten brauchen die Wellen einen Gasstoß, um die Welle lastfrei zu bekommen, geschaltet wird weiter per Quickshifter, nur noch schneller und ruhiger.