Kupplung richtig einstellen und reparieren: Ein umfassender Leitfaden

Aufbau, Verschleiß, Reparatur der Motorradkupplung
Kupplung richtig einstellen und reparieren

ArtikeldatumVeröffentlicht am 05.08.2025
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Die Kupplung bildet die Verbindung vom Motor zum Getriebe, und in der Regel wird die Kraft von der Kurbelwelle per Zahnrad oder Kette auf die Getriebeeingangswelle übertragen.

Auf dieser sitzt die Kupplung, die aus einem äußeren Korb sowie einem inneren (der sogenannten Nabe) und einer bestimmten Anzahl von Reibscheiben und Stahlscheiben besteht. Die Kupplungsreibscheiben (oder Lamellen) sind per Verzahnung mit dem äußeren Kupplungskorb (und damit der Kurbelwelle) verbunden, die Stahlscheiben mit der Nabe (und damit dem Getriebe).

Je stärker der Motor, desto größer die Kupplung

Dieses "Paket" wird mithilfe einer Druckplatte und Federn so stark zusammengepresst, dass die Kraft des Motors auf das Getriebe übertragen werden kann. Die Anpresskraft zwischen den Scheiben, deren Anzahl und Größe sich nach der Motorleistung richtet, ist enorm und kann bis zu 500 kg betragen.

Je stärker der Motor ist, umso größer muss die Kupplung dimensioniert sein. Diese Konstruktion erlaubt eine präzise Kontrolle der Kraftübertragung und ermöglicht sowohl sanftes Anfahren als auch schnelles Schalten.

Verschiedene Bauarten

Die am häufigsten verwendete Bauart bei Motorradmotoren ist die Mehrscheiben-Nasskupplung, die im Ölbad läuft. Relativ selten gibt es auch eine Ausführung als Mehrscheiben-Trockenkupplung, die ohne Öl arbeitet. Charakteristisch ist bei dieser Bauart häufig ein ausgeprägtes Rasseln, das z. B. bei Ducati früher ein Markenzeichen war. Sonderbauarten sind Ein- oder Zweischeiben-Trockenkupplungen, die bei den meisten BMW-Boxern und den Moto Guzzi-V2-Motoren verwendet werden. Aufgrund der unterschiedlichen Bauarten daher bei Schrauberaktionen unbedingt Reparaturanleitung oder Werkstatthandbuch beachten!

Auch bei den Ausrückmechanismen der Kupplung gibt es verschiedene Bauarten: Sitzt der Kupplungsausrücker auf dem Motorseitendeckel, hinter dem sich die Kupplung befindet, spricht man von einer "gezogenen" Betätigung. Befindet er sich dagegen auf der gegenüberliegenden Seite und arbeitet mit einer Druckstange, die durch eine hohlgebohrte Getriebewelle geführt wird, handelt es sich um eine "gedrückte" Betätigung. Für die Funktion bzw. die Reparatur hat die Bauart aber keine große Bedeutung.

Zur Schmierung des Mechanismus eignen sich Schmierstoffe mit MoS2 besonders gut.

So funkioniert's

Beim Kuppeln wird über den Kupplungshebel am Lenker per Seilzug oder Hydraulik eine sogenannte Kupplungsdruckstange gegen die Druckplatte gedrückt. Dadurch werden die Reib- und Stahlscheiben voneinander gelöst, sodass sich Korb und Nabe frei drehen können und ein Schaltvorgang möglich wird.

Das klappt dauerhaft aber nur, wenn die Kupplung korrekt eingestellt ist. Bei einer per Seilzug betätigten Kupplung muss der Bowdenzug richtig verlegt, in einwandfreiem Zustand sowie bei nicht-teflongeführten Zügen ausreichend gefettet sein. Zwischen dem Hebel und der Aufnahme sollten circa 3 mm Spiel sein.

Dieses Spiel ist notwendig, damit die Kupplung einwandfrei arbeiten kann. Ist das Spiel zu gering, schleift sie, ist es zu groß, trennt sie nicht richtig, und das Getriebe hakt und lässt sich schlecht schalten. Falls sich das Spiel am Handhebel per Rändelschraube und Kontermutter nicht vernünftig korrigieren lässt, kann der Zug auch an der Einstellschraube am Kupplungshebel, der sich auf oder am Motorgehäuse befindet, justiert werden.

Bei einigen Motorrädern gibt es auch noch zusätzliche Einstellmöglichkeiten unten am Ausrückmechanismus (Handbuch beachten). Liegt der Mechanismus außerhalb des Motors, wie z. B. bei der Honda VFR 400, wo er sich unter der halb offenen Abdeckung des Ritzels befindet, kann es zu einer starken Verschmutzung kommen, die die Funktion beeinträchtigt.

Grundsätzlich sollte man regelmäßig kontrollieren, ob alle beweglichen Komponenten sauber und gut geschmiert sind und auch den Seilzug auf Leichtgängigkeit überprüfen.

Die einfachere Variante

Hydraulisch betätigte Kupplungen benötigen kein Spiel, und sie brauchen meist auch deutlich weniger Handkraft. Da die Hydraulik in der Regel vergleichbar mit der Bremsanlage ist, ist die Wartung auch identisch, d. h. Flüssigkeitswechsel alle zwei Jahre, gegebenenfalls Entlüften und Prüfung der Kolben auf Leichtgängigkeit.

Zubehöranbieter Magura bietet mit den Hymec-Komplettsystemen eintragungsfreie Umrüstkits an, die nicht nur eine leichtere Bedienung ermöglichen, sondern auch einen dauerhaft konstanten Druckpunkt bieten. Da sie als Hydraulikmedium wartungsfreies Mineralöl verwenden, sind sie wartungsfrei. Bei meiner Honda Sevenfifty habe ich mit der Hymec sehr positive Erfahrungen gemacht und möchte sie nicht mehr missen.

Wann ist die Kupplung kaputt?

Die Funktion einer Kupplung beruht auf Reibung, daher ist sie logischerweise ein Verschleißteil. Besonders das unvermeidliche "Schleifenlassen" einer Kupplung beim Anfahren führt dazu, dass die Reibscheiben sich (ähnlich wie Bremsbeläge) langsam, aber sicher abnutzen. Je stärker sie belastet werden, umso schneller sind sie verschlissen. Hohe Drehzahlen beim Anfahren sollte man daher möglichst vermeiden.

Durch die Abnutzung werden die Scheiben zunehmend dünner, und irgendwann reicht der Anpressdruck der Federn nicht mehr aus, um den Kraftschluss herzustellen. Die Kupplung rutscht zunehmend durch und verschleißt dadurch nur umso schneller. Allerdings geht eine Kupplung eigentlich nie "plötzlich" kaputt, vorher gibt es meist klare Anzeichen für Funktionsstörungen. Da dieser Prozess aber schleichend ist, bleibt er oft unbemerkt.

Wenn die Motordrehzahl steigt, aber das Motorrad vor allem an Steigungen nicht beschleunigt wie erwartet, dann rutscht die Kupplung bereits durch. Das ist besonders auffällig im höchsten Gang, weil dann das größte Drehmoment übertragen wird. Taucht dieses Problem bei Young-/Oldtimern mit Nass-Kupplung direkt nach einem Ölwechsel auf, liegt es oft an der Verwendung von ungeeignetem Öl. Daher unbedingt die Herstellerangaben beachten und keinesfalls Synthetik-Öl verwenden.

Eine eher leichtere Motorreparatur

Weitere Indizien für Kupplungsschäden sind Schwierigkeiten beim Schalten, ein veränderter Druckpunkt sowie ungewöhnliche Geräusche. Ein Geruch nach verbranntem Belag oder Gummi ist ein Hinweis auf eine überhitzte und verschlissene Kupplung. In diesem Fall sind entweder die Reibscheiben verschlissen oder beschädigt, die Kupplungsfedern ermüdet oder in Ausnahmefällen auch die Stahlscheiben verzogen.

Zur Überprüfung muss die Kupplung auf jeden Fall ausgebaut und zerlegt werden. Bei einer Standardkupplung ist das eine eher leichtere Motorreparatur. Da es aber viele Unterschiede je nach Bauart gibt, sollte man unbedingt die entsprechende Anleitung genau beachten und möglichst viele Fotos der zahlreichen Einzelteile und der Reihenfolge machen, damit der korrekte Zusammenbau auch wieder gelingt.

Die Zerlegung beginnt

Zum Ausbau muss die Maschine stabil stehen. Nach dem Ablassen des Motoröls (bei Nass-Kupplungen) und dem Aushängen des Kupplungszuges unten am Motor (gegebenenfalls muss man auch Fußraste, Kickstarter oder eine Ölsteigleitung abbauen) kann man den entsprechenden Motor-Seitendeckel demontieren. Dazu die Deckelschrauben über Kreuz lösen und ausdrehen.

Der Deckel sitzt relativ fest auf dem Motorgehäuse und lässt sich oft nur durch leichtes Klopfen ringsherum mit einem Gummihammer lösen. Keinesfalls die Dichtflächen durch einen Schraubendreher oder Ähnliches beschädigen. Unbedingt auch auf vorhandene Passhülsen und vor allem eventuell vorhandene Öldüsen/Dichtungen achten. Hier hätte ein falscher Zusammenbau gravierende Folgen bis hin zum Motorschaden.

Ist der Deckel demontiert, sind Kupplungskorb und Druckplatte gut zugänglich. Die Schrauben der Druckplatte stehen unter Spannung und werden bei eingelegtem ersten Gang schrittweise und über Kreuz ausgedreht, damit der Korb nicht mitdrehen kann. Danach lassen sich die Kupplungsfedern herausnehmen.

Notreparatur für Touren

Bemerkt man z. B. auf einer Urlaubsfahrt, dass die Kupplung nicht zuletzt aufgrund der geänderten Beladung/Belastung beginnt, langsam durchzurutschen, kann man sich mit einer einfachen Notreparatur behelfen, die ich während meiner Zeit als Tourguide diverse Male durchgeführt habe.

Es genügt, die mit Scheiben versehenen Schrauben, die die Federn anpressen, zu entfernen und je eine zusätzliche Unterlegscheibe einzubauen. Stellt man das Motorrad auch noch entsprechend schräg, muss man nicht mal das Öl ablassen. Mit ein wenig Dichtmasse lässt sich auch die alte Dichtung wiederverwenden. Die zusätzlichen Scheiben spannen die Federn vor und ermöglichen so die Weiterfahrt für eine begrenzte Zeit, zumindest bis zur nächsten Werkstatt.

Im Zweifel hilft das Forum

Lässt sich die Druckplatte nach Entfernen von Schrauben und Federn abnehmen, kann man den Ausbau direkt fortsetzen. Bei manchen Modellen muss man aber leider erst die große Zentralmutter, die den Kupplungskorb hält, demontieren. Die ist meist mit über 100 Nm angezogen und häufig auch noch mit einem Bördelblech/Körnerpunkt etc. gesichert.

Am besten klappt das Lösen mit einem Schlagschrauber, einer passenden Nuss (z. B. für eine Kronenmutter) sowie einem Kupplungskorbhalter, um die Welle zu blockieren. Den gibt es als Universal-Ausführung relativ günstig, u. a. von der Louis-Eigenmarke Rothewald. Bei meiner VFR und NTV passt er perfekt, bei meiner Sevenfifty allerdings nicht. Hier wird ein Spezialhalter benötigt. Im Zweifel hilft das Forum mit entsprechenden Tipps weiter.

Der weitere Ausbau

Beim Abnehmen der Druckplatte auf eventuell vorhandene Markierungen achten und zur Sicherheit für den späteren Einbau ein Foto machen. Anschließend kann man die Reib- und Stahlscheiben entnehmen. Häufig sind einige Scheiben (meist die erste) unterschiedlich, und zusätzlich gibt es manchmal auch Federringe.

Daher unbedingt alle Teile in der Reihenfolge des Ausbaues ablegen. Die Stahlscheiben, die gerne leicht verkanten, lassen sich dabei gut mit einem Stabmagneten herausziehen. Für die Scheiben und Federn gibt es modellabhängige Verschleißgrenzen (siehe Handbuch). Sie werden mit der Schieblehre überprüft.

Die alten Federn dürfen zwar um bis zu 3 mm kürzer sein als die neuen, aufgrund des günstigen Preises würde ich sie aber auf jeden Fall ersetzen. Die Reibscheiben misst man an mindestens vier Stellen. Eine Abweichung von 0,2 mm ist tolerierbar. Die Scheiben werden von Ölresten gesäubert und ebenfalls geprüft. Wenn sie nicht verzogen sind, kann man sie weiterverwenden.

Eine bläuliche Verfärbung deutet auf eine Überhitzung hin. Der Verzug darf nicht mehr als 0,2 mm betragen und lässt sich am einfachsten mit einer Glasscheibe und Fühlerlehre prüfen. Im Zweifel würde ich sie ersetzen. Bei manchen Motorrädern gilt das "Paketmaß". Dann wird das komplette (gereinigte!) Kupplungspaket nach den entsprechenden Vorgaben vermessen.

Gründlichkeit ist gefragt

Vor der Zerlegung weiß man natürlich nicht, welche Teile am Ende wirklich gewechselt werden müssen. Bei hohen Laufleistungen würde ich deshalb direkt ein sogenanntes Komplettpaket von einem renommierten Hersteller wie TRW (gibt es z. B. bei Louis) empfehlen. Es besteht aus Stahl-, Reibscheiben, Federn und den entsprechenden Dichtungen und kostet auch nicht die Welt. Alternativ kann man natürlich alle Teile auch einzeln bestellen bzw. nach dem Ausbau nur die tatsächlich benötigten besorgen.

Auch das Lager in der Druckplatte verdient eine Überprüfung, es muss sich sauber drehen lassen und spielfrei sein. Ferner sollte man auch einen Blick auf den äußeren und inneren Kupplungskorb werfen. Haben sich die Scheiben schon stark in die Nuten eingearbeitet, hilft meist vorsichtiges Glätten mit einer Feile. Dazu müssen sie aber ausgebaut werden, da sonst die Gefahr besteht, dass Späne im Motorgehäuse verbleiben.

Bei dieser Gelegenheit kann man auch den Zustand eines eventuell vorhandenen Ruckdämpfers prüfen.

Der Zusammenbau

Vor dem Zusammenbau werden alle Teile gründlich mit Bremsenreiniger gereinigt und eventuell vorhandene Dichtungsreste vollständig von den Dichtflächen entfernt. Das geht am einfachsten mit einem passenden Dichtungsschaber.

Die neuen Reibscheiben legt man vor dem Einbau am besten über Nacht in eine Wanne mit frischem Motoröl. Keinesfalls dürfen sie trocken eingebaut werden, da sie sonst bei der ersten Betätigung irreparabel beschädigt würden. Alle anderen Bauteile werden ebenfalls leicht eingeölt.

Sofern man den Kupplungskorb nicht abbauen musste, ist der Zusammenbau einfach. Beginnend mit einer Reibscheibe werden alle Kupplungsscheiben (und soweit vorhanden auch Federring und Federsitzring) in der richtigen Reihenfolge eingesetzt und anschließend die Druckplatte montiert.

Befindet sich auf der Druckplatte eine Markierung, muss sie mit der Markierung auf der Kupplungsnabe fluchten. Anschließend können die neuen Federn aufgesteckt und die Schrauben mit dem vorgegebenen Drehmoment angezogen werden. Achtung: Das Drehmoment ist relativ gering und das Gewinde empfindlich. Wurde der Korb demontiert, ist der Aufwand deutlich größer.

Die Zentralmutter wird oft mit über 100 Nm angezogen, und der Korb muss wie beim Abbau mit einem speziellen Halter fixiert werden. Gegebenenfalls müssen auch eine neue Mutter oder ein Bördelblech verwendet werden. Manchmal wird die Mutter auch mit einen Körnerpunkt gesichert.

Im Anschluss kann die Kupplungsbetätigung montiert werden. Bei einer gezogenen Kupplungsbetätigung muss man dazu die Druckplatte mit eingesetztem Zugbolzen aufsetzen. Bei einer gedrückten Kupplungsbetätigung wird erst die Druckstange durch die Bohrung der Getriebewelle gesteckt, danach soweit vorhanden die Kugel, dann der Druckpilz eingeführt und am Ende die Druckplatte aufgesetzt.

Gleich geschafft

Am Ende werden die Kupplungsfedern eingesetzt und die mit Scheiben versehenen Schrauben gleichmäßig über Kreuz und Schritt für Schritt mit dem angegebenen Drehmoment von meist nur 10 bis 15 Nm festgezogen. Vorsicht, der Kupplungskorb aus Aluminium ist sehr empfindlich.

Als Letztes muss nur noch der Gehäusedeckel angebaut werden. Die neue Gehäusedichtung kann man dabei gegen Verrutschen mit einem Tropfen Dichtmasse fixieren. Gegebenenfalls müssen noch weitere Vorgaben, wie zum Beispiel korrekter Sitz der Verzahnung des Zugbolzens in der Hebelwelle, berücksichtigt werden – Handbuch beachten!

Sofern eine Ölsteigleitung demontiert wurde, wird sie mit neuen Dichtungen versehen wieder angebaut und der Deckel über Kreuz festgezogen. Nicht vergessen, Öl einzufüllen, das Kupplungsspiel zu prüfen und gegebenenfalls zu korrigieren. Die Kupplung sollte nun wieder einwandfrei funktionieren.

Die Kupplung 2.0

In den letzten Jahren gab es immer wieder Ansätze, den Gangwechsel leichter und schneller zu machen bzw. zu automatisieren. Bei einigen Honda-Modellen ist z. B. ein Doppelkupplungsgetriebe (DCT) optional verfügbar.

Es besteht aus zwei kompletten Kupplungen, eine für die ungeraden Gänge (1, 3, 5) sowie eine für die geraden (2, 4, 6), die beim Schalten innerhalb von Sekundenbruchteilen zusammenarbeiten. Das sorgt für einen schnelleren und weicheren Wechsel der Gänge, ist aber erheblich aufwendiger und teurer sowie mit circa 10 Kilogramm extra auch schwerer.

Da es sich um eine relativ komplexe Konstruktion handelt, ist eine Reparatur viel aufwendiger und nur erfahrenen Schraubern zu empfehlen.