Motorradfahrer stehen auf Funktion und Qualität. Auf diese Kernaussage lässt sich eine Umfrage von MOTORRAD reduzieren, in der die Redaktion die großen Anbieter der Bekleidungsszene um Statements zum Kaufverhalten deutscher Biker bat. Wer kauft noch eine Lederkombi, was bleibt im Laden hängen, wie geil ist Geiz wirklich? Seit Jahren ungebrochen ist der Griff zum Textilanzug. Im Schnitt kauft nur noch jeder vierte Kunde eine Lederkombi. Doch das könnte kippen. Gerade in der Hochpreisliga interessieren sich die Motorradfahrer wieder verstärkt für Leder. Wird dieses zudem mit neuen Funktionen beispielsweise in wasserdichter Ausführung angeboten, könnte die Nachfrage weiter steigen. Funktionalität ist ohnehin das Zauberwort, wenn es um Motorradbekleidung geht. Besonders die niederpreisige Produktschiene gerät diesbezüglich zunehmend unter Druck. »Der Motorradfahrer«, so ein Produktentwickler gegenüber MOTORRAD, »erwartet immer mehr von seinem Anzug auch in der günstigen Variante.« Nur eine gefällige Optik reicht nicht aus, um den Biker zu überzeugen: Gezielt und gut informiert werde nachgefragt, welche Protektoren eingesetzt sind oder wie es um die Materialgüte bestellt ist.
In einem Atemzug mit der Funktion wird das Design genannt. Zwar hinke man in diesem Punkt nach wie vor dem Modehandel um Jahre hinterher, doch das Bewusstsein wachse: In der Zukunft wird funktionell ausgestattete Streetwear, die einen »Mix aus Style und Sicherheit« bietet, an Bedeutung gewinnen. Und die Jagd nach dem Schnäppchen? Die, so sind sich viele einig, ist passé. Das Qualitätsbewusstsein, so heißt es, sei deutlich gestiegen, das reine Billigangebot ist im Fachhandel stark rückläufig oder werde bei Discountern wie Aldi, Lidl und Co. abgegriffen.
Accessoires In & Out

Das muss kommen:
-Handgelenk-Klettriegel mit Abdeckung als Muss beim Handschuh.
-Stiefel mit sinnvollen, praxisgerechten Weitenverstellern an der Wade.
-Gut belüftete Protektoren.
-Ein deutliches Plus an Signalfarben und Reflektoren.
Das darf nicht mehr sein:
-Rückenprotektoren mit zu kleinen Schutzflächen.
-Stiefel ohne Fersen- und Knöchelprotektoren.
-Handschuhe, bei denen das Futter nicht fixiert ist.
-Stiefel mit zu glatten Sohlen und ohne Absatz, die keinen Halt auf den Rasten finden.
Accessoires

Handschuhe, Stiefel, Protektoren. Neben vielen Designspielereien sind auch etliche Evolutionsschritte zu beobachten.
Protektorenwesten können 2008 ein echter Verkaufsrenner werden. Das Angebot ist reichhaltig, die Preise sind moderat. Interessant sind vor allem Kombilösungen mit Brustpanzer oder Gelenkprotektoren. Letztere sind aufgrund der eng am Körper fixierten Protektoren insbesondere für Träger von Textilkombis geeignet. Ein weiteres Thema in diesem Jahr: der Airbag in der Motorradbekleidung. Per Reißleine gesteuerte Modelle gibt es zwar schon lange. Doch weit innovativer ist das Dainese-Projekt eines prozessorgesteuerten Fullsize-Airbags. Nach einer Rennfahrer-Version (MOTORRAD 1/2008) wird derzeit die Variante für Straßenfahrer entwickelt. Im Stiefelgewerbe treten 2008 eine Flut neuer Hersteller mit neuen Modellen und Designs an. Und bei den wasserdichten Handschuhen soll eine neue Verarbeitungstechnik das Gefühl am Griff verbessern.
Fazit: Neue Konzepte bei Stiefeln, Handschuhen und Protektoren, dazu auffällige Designs. Das Jahr kann sicher werden.
Accessoires Einkaufsguide 2008

Besser zwei als eins: Bei den Rückenprotektoren hat sich die nach schärferen Grenzwerten getestete Schutzklasse »Level 2« als Standard etabliert. Beim Kauf unbedingt auf eine ausreichend große Schutzfläche achten.
Besser geklebt als gelegt: Xtrafit heißt die Technik, bei der die wasserdichte Gore-Tex-Membrane direkt mit Außen- und Innenhand des Handschuhs verklebt wird. Dieser gewinnt damit spürbar an Griffigkeit. Wird mittlerweile in vielen Modellen unterschiedlicher Hersteller angeboten.
Besser Licht als Schatten: Ein Programmpunkt für 2008 ist ein deutliches Plus an passiver Sicherheit. Regenkombis gibt es in extrem auffälligen Farbkombinationen, Textiljacken lassen sich durch Überziehjacken in Signalfarben erweitern oder können mit einer batteriebetriebenen Leuchteinheit auf dem Rücken (Spidi Safety Lamp) bestückt werden.
Helme In & Out

Das muss kommen:
-Leichte Helme: Das Gewicht sollte im Schnitt um 15 Prozent sinken.
-Beschlagfreie Visiere müssen endlich zum Helmstandard gehören.
-Mittels reflektierender Oberflächen die passive Sicherheit deutlich erhöhen.
-Eine deutlich besser gedämpfte Windkulisse.
Das darf nicht mehr sein:
-Eine komplizierte Visiermechanik, die den Wechsel unnötig erschwert.
-Fummelige Belüftungsschieber, die mit Handschuhen nicht zu bedienen sind.
-Ein nicht herausnehmbares Helmfutter. Denn etwas Hygiene sollte möglich sein.
-Zug im Augenbereich durch nicht bündig schließende Visiere.
Helme

Multifunktionalität: Bei den Kopfschützern dominieren in diesem Jahr neue Crossover-Konzepte.
Die schlechte Nachricht zuerst: Das Thema »Helmgewicht« ist bei den Herstellern 2008 out. Dabei wäre es sinnvoll, diesem deutlich mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Denn leichte Helme lassen sich in jedem Fall angenehmer tragen, das geringe Gewicht bringt zudem beim Sturz Vorteile. Karbonhelme sind diesbezüglich der Konkurrenz überlegen. Doch beim MOTORRAD-Vergleichstest (Heft 25/2007) schnitten von den derzeit sieben erhältlichen Modellen nur drei gut oder sehr gut ab. Hoffen wir, dass zur Intermot neue Leichtbau-Helme vorgestellt werden. Aktuell sind multifunktionelle Helme »in«, die sich durch einfachen Umbau schnell an verschiedene Bedürfnisse (Autobahnhatz, Schotterpiste, City-Cruising) oder Wetterlagen (Sommer, Winter, Regen, Sonne) anpassen lassen.
Fazit: Ein Helm für viele Gelegenheiten das ist die Kernbotschaft vieler neuer Modelle. Wer sich aber fürs Thema »leicht und sicher« interessiert, muss lange suchen.
Helme Einkaufsguide 2008

Youngtimer: 2008 ist das Jahr der Heroen. Zumindest bei den Helmdekoren. Wer auf alte Meister steht, auf moderne Helmtechnik aber nicht verzichten möchte, wird unter anderem bei X-lite fündig. Tolle Dekore von Mike »the Bike« Hailwood bis zu Johnny Cecotto.
Multitasking: Einer für alles. Diesem Motto widmen sich viele Hersteller (unter anderem Arai, Caberg, Givi, Shoei, Uvex). Die Bandbreite flink umbaubarer Helme ist enorm, die Preise liegen je nach Modell zwischen 200 und 450 Euro. Doch Vorsicht. Manch vermeidlicher Integralhelm ist tatsächlich nur als Jethelm homologiert.
Ausgeblendet: Das Thema Sonnenblende hat in vielen Helmkollektionen an Fahrt gewonnen. Die Konzepte reichen von einfach eingesteckt bis voll versenkbar. Gerade für Alpentouristen machen Sonnenblenden mehr Sinn als klassisch getönte Visiere. Ein MOTORRAD-Test folgt in Kürze.
Leder In & Out

Das muss kommen:
-Der Rückenprotektor in Serie und zwar in allen Preisklassen.
-Sauber eingepasste, höhenverstellbare Protektoren, die druckfrei anliegen.
-Sauber vernähtes Futter, das den Einstieg in die Kombi deutlich erleichtert.
-Gescheite Übergänge von den Hosenbeinen zum Stiefel.
Das darf nicht mehr sein:
-Der Verzicht auf abriebfesten Textilstretch aus Kevlar.
-Sportkombis mit groben Schnittfehlern, die den Fahrer unbeweglich machen.
-Fein verzahnte Plastik-Reißverschlüsse, die sich nach kurzer Zeit verhaken oder sogar ausbrechen.
-Zu lang und zu weit geschnittene Ärmel Standardfehler bei vielen Kombis.
Textil In & Out

Das muss kommen:
Sauber positionierte, eng anliegende und damit verrutschsichere Protektoren.
Stufenlos verstellbare Kragen, die eng, aber druckfrei den Hals umschließen.
Alle Außentaschen in wasserdichter Ausführung.
Wasserdichte Übergänge von den Ärmeln zu den Handschuhen.
Das darf nicht mehr sein:
Reißverschlüsse, die sich beim Zuziehen im Stoff verhaken.
Nicht fixiertes Futter in Ärmeln und Beinen, in dem man sich verheddert.
Kurze Klettriegel, die sich praktisch nicht verschließen lassen
Viele Designer- und Ziernähte, aber kein praxistauglicher Schnitt.
Leder Einkaufsguide 2008

Wetterschutz: Leder ist sicherer als Textil. Nun kommt mit dem Gore-Tex-Leder der Wetterschutz dazu. Spätestens zur Messe Intermot im Herbst werden neben Rukka weitere Hersteller wasserdichte Lederkombis anbieten. Dann sinken die Preise.
Abriebschutz: Für Sportfahrer ist Känguruleder erste Wahl. Abrieb- und Reißfestigkeit sind top, dazu gesellen sich geschmeidiger Sitz und geringes Gewicht. Unser Tipp: die überarbeiteten Kombi-Empfehlungen von Spidi und Ixs aus dem MOTORRAD-Vergleichstest (18/2007) anprobieren.
Schutzgeld: Besonders in der hart umkämpften Preisregion zwischen 600 und 800 Euro trumpfen Hersteller mit vielen neuen und besonders attraktiv ausgestatteten Lederkombinationen auf. Wer gut verhandelt, kann Rabatte oder einen Bonus in Form eines passenden Rückenprotektors rausholen.
Textil Einkaufsguide 2008

Nanotechnik: Immer mehr Anbieter statten ihre Textilkombis mit schmutzabweisenden Oberflächen aus (erster Test in MOTORRAD 19/2007). Wer es farbig liebt, sollte auf dieses Feature nicht verzichten. Praxistaugliche Jacken gibt es bereits ab 200 Euro.
Allwetterschutz: Trocken durch den Regen, hitzefrei durch den Sommer. Das ist die Stärke der neuen Verbund-Jacken, die sich durch abnehmbares Außengewebe und einknöpfbare Membran-Innenjacken schnell dem jeweiligen Wetter anpassen lassen. Kosten ab rund 200 Euro.
Einteiler: Praktisch wie eine Regenkombi, dafür aber binnen Sekunden deutlich schneller angezogen. Dazu mit abriebfestem Stoff, Protektoren und Klimamembrane erheblich besser ausgestattet. 2008 sind einteilige Textilkombis, die unter anderem von Alpinestars, Revit und Spidi angeboten werden, schwer im Kommen.
Textil

Mehr Features, klares Design, neue Zielgruppen. Bei der Textilbekleidung steht Nutzwert im Vordergrund.
Über Jahre hat die allwettertaugliche Textilbekleidung der klassischen Lederkombination den Rang abgelaufen. Die Branche spricht von einer Verteilung von drei zu eins zugunsten der Synthetikfaser. Der deutsche Biker schätzt den Textilanzug vor allem wegen seines Komforts bei Schlechtwetter. Die Nachteile beim Sturz nimmt er dabei billigend in Kauf. Denn in puncto Schutz muss sich Textil trotz vieler Evolutionsschritte in Richtung Hightech-Fasern immer noch geschlagen geben. Selbst hochpreisige Anzüge der 1000-Euro-Liga rangieren beim Abrieb auf dem Niveau einer günstigen Lederkombination. Dazu stellen die Protektoren ein großes Problem dar, da sie in den meist weit geschnittenen Kombinationen beim Sturz verrutschen und das zu schützende Gelenk freilegen können. Hier sind Produktentwickler tunlichst gefragt, neue Konzepte zu entwickeln.
Fazit: Der 2008er-Textil-Jahrgang präsentiert sich in angenehm schlichtem Design. Bei der Ausstattung setzt man vermehrt auf den Komfort im Hochsommer. Doch etwas wirklich Revolutionäres ist bislang nicht in Sicht.
Leder

Runter vom Abstellgleis. Bei der Lederbekleidung rotiert es in diesem Jahr besonders kräftig.
Die Lederbranche hat die letzten Jahre kräftig verschlafen. Kaum Innovationen und auch beim Zuschnitt tat sich wenig. Kein Wunder, dass die Masse der Käufer zum Textilanzug abgewandert ist. Doch das kann sich ändern. Leder hat bezüglich Sicherheit immer noch unschlagbare Vorteile gegenüber Textilgewebe. Diese gilt es zu unterstreichen und zudem mit sinnvollen Features statt lediglich mit neuen Ziernähten aufzupeppen. Wie die Lederkombi in wasserdichter Ausführung. 2008 gibt es ein brandneues Lederlaminat vom Klima-Experten Gore-Tex. Das ist so überzeugend, dass die Textilspezialisten von Rukka weltweit als erste die Gore-Tex-Lederkombi anbieten. Außerdem begrüßenswert: Viele Hersteller haben endlich eine sehr eigenständig gestylte Damenkollektion im Programm. Die Schnittvorgaben sind tatsächlich ladylike und nicht länger auf »36 bis 42« heruntergerechnete Herrengrößen.
Fazit: 2008 kann das Jahr der Lederkombi werden. In wasserdichter Ausführung bietet sie dem Textilanzug Paroli. Dazu kommt eine erfrischende Design-Vielfalt.