Kurven, Kultur und Chianti: Leser-Experience Ducati Diavel V4

Leser-Experience Ducati Diavel V4
Kurven, Kultur und Chianti

ArtikeldatumVeröffentlicht am 07.11.2025
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Morgendämmerung über Borgo Panigale in Bologna, dem Herzen von Ducati. Vor den Werkshallen glänzen sechs makellose Diavel V4 in Reih und Glied. Ihr "Ducati-Rot" leuchtet gegen den Himmel, als wolle es den Tag selbst begrüßen.

Von Herbst ist Anfang Oktober in der Emilia-Romagna noch keine Spur: Die Sonne wärmt, der Oleander am Straßenrand blüht, und auch die Gesichter der vier Gewinner strahlen, als sie ihre Maschinen zum ersten Mal sehen.

Handys werden gezückt, Kameras klicken. "Sechs-Zoll-TFT, Quickshifter, Kurven-ABS", erklärt ein Ducati-Techniker, während sie ehrfürchtig um die Bikes kreisen.

Vier Charaktere, eine Passion

Wem er das erzählt? Einem Professor, einer Anwältin, einem Schornsteinfeger und einem TT-Veteranen – alle mit Faible für italienische Ingenieurskunst.

Barbara, Anwältin und Frohnatur, entpuppt sich als wahre Technikexpertin. Schon nach fünf Minuten stellt sie die ersten Fragen zum V4. Auch Hermann, Hochschulprofessor und Purist, will es genau wissen: "Warum hat Ducati bei der Diavel V4 auf desmodromische Ventilsteuerung verzichtet?" Die Antwort kommt später.

Ingo, zwei Meter groß, Schornsteinfeger aus Wilhelmshaven, sieht das gelassen. Er fährt eine Harley und liebt entspanntes Cruisen. Und da ist noch Herbert, Eheberater im Ruhestand, jedes Jahr auf der Isle of Man zur TT. Ein Mann mit einer Ausstrahlung, die sofort klarmacht: Der meint es ernst mit dem Fahren.

Nach der Führung durchs Werksmuseum und die Fabrikhallen, vorbei an Panigale-Chassis, roten Legenden und etlichen Weltmeistermaschinen, ist es dann so weit: Helme zu, Motor an, Abfahrt Richtung Toskana.

Ducati Leserexperience Diavel V4 2039
Ducati

Drehmoment und Dolce Vita

Die sattgrünen Hügel des Apennins begrüßen uns mit engen Radien und siehe da: Die Ducati Diavel V4 fällt trotz 240er-Hinterschlappen erstaunlich leicht in die Kurve und feuert mit übersattem Drehmoment wieder hinaus.

Am Passo della Raticosa legen wir unsere erste Pause ein. Vor dem Chalet, einem bekannten Bikertreff, stehen Dutzende Maschinen. Drinnen riecht es nach Espresso, draußen nach Kettenfett. Auf der Theke: Kaffeetassen, Panini – und WD-40.

Ducati Leserexperience Diavel V4 2031
Ducati

Nach einer Stärkung geht’s über schmale Straßen Richtung Mugello. Noch ein kurzer Fotostopp an der Rennstrecke, dann weiter Richtung Süden. Wir schlängeln uns durch Olivenhaine und Pinienwälder. Florenz blitzt kurz in der Ferne auf, dann führt die Route hinauf nach Fiesole, wo der Blick weit über die Stadt reicht.

Nach fixem Check-in in der "Fattoria di Maiano" grinst Hermann: "Ich bin Schnellduscher und Spätbremser!" Der Satz bleibt hängen. Und jetzt, Feierabend?

Keineswegs! Das nächste Highlight wartet schon: ein Olivenöl-Tasting an der hauseigenen Mühle. Handverlesene Früchte, intensiver Geschmack. Dazu wird reichlich Pecorino, Lardo und Chianti gereicht. Die Toskana ist kulinarisch einfach eine Wucht.

Ducati Leserexperience Diavel V4 2033
Ducati

Ein Biest mit Manieren

Ebenfalls eine Wucht: die Ducati Diavel V4. Natürlich will sie Eindruck schinden – mit ihrem XXL-Hinterreifen und der bulligen Optik. Doch kaum sitzen wir morgens wieder im Sattel, fällt auf, wie leichtfüßig die vermeintlich wuchtige Diavel den Übergang von Genuss zu Gas meistert.

Das Fahrwerk bügelt Unebenheiten mit lässiger Souveränität weg, der Motor zieht kraftvoll, aber nie grob. Besonders charmant: die seidenweichen Gangwechsel per Quickshifter.

Auf Hermanns Frage vom Vortag nach der Desmo-Steuerung grinste der Ducati-Techniker nur: "Braucht sie nicht mehr. Weniger Komplexität, mehr Zugänglichkeit." Ein Satz, der viel über Ducatis Kurs verrät – weg vom knallharten Puristenimage, hin zu mehr Offenheit und Modell-Vielfalt. Doch keine Sorge, die DNA bleibt. Ein Biest ist die Diavel trotzdem – nur eben eines mit Manieren.

Malerisches Val d’Orcia

Doch zurück in die Toskana-Idylle. Vorbei an Florenz und Siena, hinein in das malerische Val d’Orcia. Zwischen Zypressenalleen und kilometerlangen Feldern taucht die Cappella della Madonna di Vitaleta auf, eine kleine Kapelle, die ein überaus entzückendes Fotomotiv abgibt.

Wir bollern weiter, vorbei an Weinbergen und ehrwürdigen Gutshöfen. Später empfängt uns die "Villa Lecchi", eine Jugendstil-Residenz aus dem 18. Jahrhundert. Hier lassen wir den Abend stilvoll ausklingen.

Ducati Leserexperience Diavel V4 2035
Ducati

Ciao Bella!

Die Route am letzten Tag führt über Volterra nach Lajatico, Heimat von Andrea Bocelli. Hier steht das "Teatro del Silenzio", eine Freilichtbühne, auf der der Tenor einmal im Jahr auftritt. Die restliche Zeit ruht sie in Stille.

Hinter Lajatico flachen die Hügel allmählich ab, der Verkehr nimmt zu. Wir gleiten durch den Feierabendverkehr zurück nach Bologna. Das Empfangskomitee wartet schon mit Espresso und Urkunden.

Zwei Tage zuvor standen hier fünf Fremde vor glänzenden Diavels. Nun verabschieden sich Freunde – auch von dem überraschend höflichen Biest.