Die neue Tiger 1200 tritt natürlich gegen die R 1250 GS an. Triumph gegen BMW. Welche 19-Zoll-Reiseenduro mit Kardan ist auf dem Papier die bessere?
Die neue Tiger 1200 tritt natürlich gegen die R 1250 GS an. Triumph gegen BMW. Welche 19-Zoll-Reiseenduro mit Kardan ist auf dem Papier die bessere?
Wichtig ist was Triumph nicht sagt. Zwar sagt Triumph über die neue Tiger 1200 viel und wirft mit tollen Zahlen um sich, gegen wen Triumph die neue Großkatze platziert kommt durch die rechtssichere Hintertür: "… als der kardangetriebene Wettbewerb.", heißt es in der Unterlage gern. Bevor der neue MOTORRAD-Katalog hektisch nach Kardan-Enduros durchblättert wird: Es geht um die BMW R 1250 GS. Ab in den Ring zum Papiervergleich der neuen Tiger 1200 GT und der BMW R 1250 GS. Richtig: den beiden Basis-Modellen mit 19-Zoll vorn, Gussrädern, 20 Liter-Tanks und unter 18.000 Euro Einstiegspreis.
Triumph schickt die neue Tiger 1200 erneut mit einem Reihenmotor mit drei Zylindern in den Ring. Er basiert auf dem Triple in den Modellen Speed Triple RS und RR und holt aus 1.160 Kubik 150 PS bei 9.000 Touren und 130 Nm bei 7.000/min. Die GS vertraut weiterhin auf die Schlagkraft des Shift-Cam-Boxers. Er produziert aus 1.254 Kubik 136 PS bei 7.750/min und 143 Nm bei 6.250 Touren. Die Unterschiede in Drehmoment und Höchstleistung lassen sich im Grunde durch das Layout der Motoren erklären. Die Tiger verteilt den Hubraum auf drei Zylinder mit je 90 Millimetern Durchmesser. In den Zylinder legen die Kolben zwischen den Totpunkten 60 Millimeter zurück, was das höhere Drehzahlniveau erklärt. Die BMW hat mehr Hubraum aus zwei Zylindern und setzt auf Bohrungen von je 102,5 Millimetern und 76 Millimetern Hub: Der Boxer dreht deutlich niedriger und stellt mehr Kraft parat. Auffällig bei beiden Motoren sind die fast irren Verdichtungen. Der Triple verdichtet mit 13,2:1, der Boxer 12,5:1. Werte, die vor kurzem noch reinrassigen Rennmotoren vorenthalten waren.
Fazit Motor:
Klar ist hier arbeiten zwei High-Tech-Maschinen mit für Enduros absurden Zahlen. Auf dem Papier ist der Triple mit der höheren Leistung vorn, der Boxer hält mit seinem enormen Drehmoment wacker dagegen. Für den Triple spricht das breitere Drehzahlband zwischen den Spitzenwerten und womöglich dessen Ass: der unregelmäßigen Zündfolge mit dem starken Drehmomentverlauf im Keller. Punktestand 1:1.
Die Wahl der beiden Kontrahenten traf im Grunde Dimension und Bauweise des Vorderrades: Gussfelge in 19 Zoll und der Reifengröße 120/70 ZR 19. Zwar gibt es Tiger und GS mit Speichenfelgen zu bestellen, in der Triumph nur in den Rally-Varianten mit 21-Zoll vorn. Vorn Gleichstand, hinten Unterschiede in der Bereifung: Die GS rollt mit einem 170/60 ZR 17, die Triumph enduristisch in 18 Zoll und 150/70er-Reifen. Mehr eine Frage der Philosophie als Garant für Papier-Punkte. Anders sieht es beim Fahrwerk aus. Egal welche der fünf Modellvarianten der Tiger 1200: Sie kommen alle mit einem semiaktiven Fahrwerk von Showa. Ein vergleichbares elektronisches System in der BMW kostet Aufpreis. Tiger im Detail: Showa -USD-Gabel mit 49 Millimetern Standrohrdurchmesser, manueller Vorspannung und semiaktiven Dämpfungen mit 200 Millimetern Federweg. Showa Zentralfederbein mit semiaktiven Dämpfungen und semiaktiver Vorspannung mit 200 Millimeter Federweg. Die GS: Telelever mit 37 Millimetern Standrohrdurchmesser und Zentralfederbein mit 190 Millimetern Federweg. WAD-Federbein hinten mit hydraulischer Vorspannung und 200 Millimetern Federweg. Direkten Einfluss auf das Fahrgefühl hat die Fahrwerksgeometrie mit Lenkkopfwinkel, Radstand und Nachlauf. Hier weist die Triumph mit 65,9 Grad zu den 64,3 Grad der BMW einen etwas flacheren Lenkkopf auf. Unterstrichen wird das von den Radständen: 1.560 Millimeter zu 1.514 Millimeter und den Nachläufen: 120 Millimeter zur 100,6 Millimetern. Die BMW scheint beweglicher. Enorme Unterschiede weisen die Bremsanlage auf. Tiger mit vorn zwei 320er Scheiben, hinten 282 Millimetern und Brembosätteln. Die BMW mit vorn zwei je 305 Millimeter großen Scheiben, hinten 276er Durchmesser und Doppelkolbensattel.
Fazit Fahrwerk:
Das serienmäßige semiaktive Fahrwerk lässt die Tiger hier nach vorne springen und das Hinterrad in 18 Zoll dürfte Offroad-Freunden Freude bringen. Beides pariert die BMW mit ihren auf dem Papier mit beweglicheren Geometriewerten. Prestigepunkte sammelt die Triumph mit ihrer Bremsanlage und der Hardware von Brembo und Magura. Punktestand 2:1 für die Tiger.
Für Boxer relevant: Gewicht und Reichweite. Triumph ist lesbar stolz dem kardanbetriebenen Wettbewerb bis zu 17 Kilogramm voraus zu sein. Beim Fight der Basis-Bikes sind es neun. Die Tiger 1200 GT steht mit 240 Kilogramm fahrfertig im Ring, die GS mit 249 Kilogramm und beide schöpfen aus einem 20-Liter-Tank. BMW gibt den Verbrauch auf 100 Kilometer mit 4,75 Litern an, was theoretisch 421 Kilometer Reichweite ergibt. Die Tiger 1200 ist noch nicht final homologiert, es fehlen Werte. Jedoch: Triumph geht derzeit von einer Reichweite von bis zu 400 Kilometern aus, was bei 20 Litern Volumen 5,0 Liter Verbrauch bedeutet. Gegen das Sparwunder GS wird die Triumph es trotzdem schwer haben.
Fazit Gewicht:
Die Punkte für das Gewicht gehen an die Triumph. Neun Kilo sind ein Wort. Auf der anderen Seite wird sich die neue Tiger strecken müssen, um die gleiche Strecke wie die sparsame BMW zu packen. Punktestand 2:2.
Beginnen wir mit den deckungsgleichen Features. Beide tragen ein TFT-Farbdisplay mit Bluetooth zum Vernetzen des Handys oder als Hub für Intercoms. Pfeilnavigation ist bei beiden an Bord, die Tiger hat ontop noch die Features der GoPro-Steuerung und der what3words-Navigation. Ein System, dass jeden Punkt der Welt mit drei Worte markiert hat. Für Offroader ein interessantes Feature. LED-Scheinwerfer mit Tagfahrlicht tragen beide, ebenso drei Fahrmodi ab Werk und schräglagen-sensible Fahrhilfen. Ein serienmäßiges Key-Less-Go trägt die Tiger exklusiv, die BMW hat das SOS-System als Alleinstellungsmerkmal. Die Sitzhöhe in Tiger und GS sind je zweifach einstellbar auf 850 oder 870 Millimeter. Die Windschutzscheiben sind mechanisch verstellbar. Triumph gibt Werte zwischen 1.436 Millimeter und 1.497 Millimeter Höhe Oberkante an. BMW gibt einzig die Fahrzeughöhe mit 1.430 Millimetern gemessen an der Scheibenkante an. Zeigt: Die Tiger hat in der Basis bereits eine höhere Windschutzscheibe als die GS, mehr oder besser Windschutz ist nicht die logische Folge. Wichtig bei gerne zum Reisen eingesetzten Kräder: Zuladung. Die GS darf 216 Kilogramm zuladen, die Zuladung der Tiger ist Triumph noch schuldig. Nach der finalen Homologation steht die fest.
Fazit Komfort:
In Bezug zum Preis von 17.750 Euro geht diese Runde klar an die Triumph. Semiaktives Fahrwerk und das Keyless-Go-System kosten bei der BMW (17.200 Euro) in zwei Pflichtpaketen mit Extras in Summe knapp 2.000 Euro. Die restliche Ausstattung der Basisbikes deckt sich mehr, als dass sie sich unterscheiden. Punktestand 3:2 für die Tiger.
Ein echter Kampf oder der ohnehin in MOTORRAD kommende Vergleich der neuen Triumph Tiger 1200 und der BMW R 1250 GS wird – egal in welcher Ausstattung – ein enger. Darauf deuten die Papierwerte klar hin. Auf besagtem Papier ist die Tiger zwar vorn, aber nur hauchdünn und nur wegen der stärkeren Basisausstattung.