Norton und Rennsport – das passt zusammen. Schließlich dominierten die seit 1913 gebauten Motorräder die Rennen auf der Isle of Man bei der „Senior TT“ von 1939 bis 1954 fast nach Belieben. Da wundert es wenig, dass der erste Ableger der seit 2011 erhältlichen Norton Commando auf den Namen Domiracer hörte. Stuart Garner, der Norton 2008 übernahm, und sein Chefdesigner Simon Skinner setzten sich zusammen, schmissen die Stereodämpfer der Commando 961 über Bord, verbauten einen Mono-Dämpfer, schärften deren Design und rüsteten das Bike mit allerlei hochwertigen Teilen aus.
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Fahrbericht Norton Dominator 961
Bulldogge im Straßenkleid
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Heraus kam die limitierte und mit 24.000 Pfund nicht gerade billige Norton Domiracer. Von der gab es 50 Stück weltweit. Diese waren ruckzuck weg. Und eigentlich nur für Show- und Race-Einsätze zu gebrauchen, auch wenn es vorsichtshalber für weitere 2000 Pfund noch einen Extra-Homologations-Kit zu kaufen gab. Vom Erfolg selbst ein wenig überrascht, legten Garner und Skinner 2015 mit der Domiracer SS eine weitere Kleinstauflage nach. 200 Exemplare gab es hiervon, ebenfalls für 24.000 Pfund. Auch diese Charge war unter den Liebhabern der Marke weltweit heiß begehrt, im Nu ausverkauft.
Bulldoggen-Look voll alltagstauglich verpackt
2016 folgt nun der offizielle Produktionsstart des Straßenablegers der Domiracer, die Norton Dominator 961, das zweite Serienmodell in der Norton-Palette neben der Commando 961. „Die Pläne hierfür schlummerten schon seit 2011 bei mir in der Schublade“, erklärt Skinner. „Wichtig war mir beim Serienableger, den gleichen Bulldoggen-Look wie schon bei den Domiracern zu erhalten, das Ganze dann aber voll alltagstauglich zu verpacken.“ So ist der neue Tank die signifikanteste Änderung, die auf den ersten Blick auffällt. Bei der Norton Dominator 961 kommt ein rotationsgegossenes Spritfass zum Einsatz, die Domiracer bunkerte das Benzin noch in einem handgefertigten Aluminiumbehälter samt Monza-Tankverschluss. „Diese Änderung vereinfacht die Produktion deutlich“, erläutert Skinner.
Weitere Anpassungen verbergen sich eher im Inneren der Maschine. „Beim Motor handelt es sich um eine deutliche Evolution im Vergleich zum ursprünglichen, 961 Kubikzentimeter großen Antrieb“, führt der Designchef weiter aus. So besitzt die Norton Dominator 961 ein neues Kurbelgehäuse, neue Zylinder, einen anderen Zylinderkopf, neue Kolben, eine geänderte Kurbelwelle sowie ein neues Getriebe. „Unser Ziel war es, die Vibrationen des Motors, der durch die verbaute Ausgleichswelle schon relativ ruhig läuft, nochmals zu verringern und die Qualität weiter zu steigern“, bemerkt Skinner. Bedingt durch die größeren Stückzahlen, die Norton mittlerweile vom 961-Motor baut, wird dieser nun im Druckguss- und nicht mehr im Sandguss-Verfahren herstellt.
Klingt eher nach einem 90 Grad V-Motor von Ducati
Das neue Fertigungsverfahren hat dabei nichts am grundsätzlichen Charakter des Motors geändert. Und das ist auch gut so. Wie die beschriebene Bulldogge tritt die Dominator schon knapp über Leerlaufdrehzahl an, klingt dank der Kurbelwelle mit 270 Grad Hubzapfenversatz nicht nach Paralleltwin, sondern deutlich mehr nach einem 90 Grad V-Motor von Ducati. Schon bei niedrigen 5200 Umdrehungen entwickelt die Norton Dominator 961 ihr höchstes Drehmoment von 90 Nm. Ihre Spitzenleistung liegt bei 80 PS, die der Motor bei 6500/min bereitstellt. Erst bei 8000 Umdrehungen greift der Drehzahlbegrenzer ein. Bedingt durch die im Vergleich zur Commando um 1,5 Liter vergrößerte Airbox sowie die nun im Durchmesser 35 Millimeter messenden Ansaugstutzen liefert der neue Motor einen satteren Punch als die ersten 961er-Aggregate. Dabei ist es gar nicht nötig, die Norton Dominator 961 bis zum Begrenzer auszuquetschen. Deutlich wohler fühlt sie sich, wenn sie im Bereich ihres maximalen Drehmoments werkeln darf. Es ist immer wieder ein Genuss, die Drehzahlen kurz fallen zu lassen, um dann den forschen Antritt der trocken 175 Kilogramm leichten, neuen Norton ein ums andere Mal zu genießen, das satte Drehmoment für kurze Zwischensprints zu nutzen.
Als kongenialer Motor-Partner für jeden Landstraßenspaß entpuppt sich das Fahrwerk der Norton Dominator 961. Die Öhlins-Federelemente führen die Räder straff, aber nicht unkomfortabel. Ebenso über jeden Zweifel erhaben sind die radialen Brembo-Bremszangen, die feiste Verzögerung mit feiner Dosierbarkeit paaren. Und da der Monodämpfer im Heck der Dominator 20 Millimeter länger ausfällt als die Stereodämpfer der Commando, biegt die Norton-Bulldogge schön handlich um Kurven aller Art, ohne es an Stabilität vermissen zu lassen. Unterm Strich ist die Dominator damit den limitierten Domiracer-Typen erfreulich ähnlich. Das gilt leider auch für den immer noch ambitionierten Preis.