Hesketh – nach Norton, Metisse, Brough Superior und Ariel ein weiterer britischer Name, der jüngst wieder von sich reden macht. Hesketh – in den 70er-Jahren Formel 1-Team, dann kurz und erfolglos Motorradhersteller, dann ein Vierteljahrhundert von der Bildfläche verschwunden. Schließlich 2014 die Rückkehr unter Führung des englischen Unternehmers Paul Sleeman mit der „24“, einem V-Twin-Streetfighter, der an die Ursprünge der Marke in der Formel 1 zu Zeiten von James Hunt erinnert. Für rund 40.000 Euro haben alle 24 Exemplare der limitierten Serie einen Käufer gefunden. Mit der knapp 30.000 Euro teuren Hesketh Sonnet präsentiert Sleeman nun das etwas weniger exklusive Café Racer-Nachfolgemodell.
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Hesketh Sonnet im Fahrbericht
Auf den Spuren von James Hunt
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Zwei Gänge des neuen Rivera-Getriebes überflüssig
Geblieben ist das Hesketh-Grundrezept anglo-amerikanischer Kooperation: US-Muskel in Form eines riesigen S & S-V-Twins, kombiniert mit britischem Handling, also sportlicher Fahrwerksgeometrie und feinen Anbauteilen. Rahmen und Geometrie sind identisch mit dem der 24. Um den günstigeren Preis zu realisieren, haben Sleeman und sein Team etwas weiter unten, aber immer noch weit oben ins Regal gegriffen. Anstelle von Beringer-Zangen verzögern radial angeschlagene Brembo-M50-Monoblocks, statt Öhlins-Komponenten finden Federgabel und Stoßdämpfer des britischen Fahrwerksspezialisten K-Tech in der Hesketh Sonnet Verwendung. Nachschlag gibt es dafür beim Motor. Der nicht gerade schwachbrüstige 117-cui-Twin der 24 wird dank mehr Bohrung (111 mm statt 104) bei unverändertem Hub (111 mm) zum 124-Kubikzoll-Monster. In nackten Leistungsdaten heißt das: 143 PS statt 124 und heftige 210 Nm maximales Drehmoment statt deren 196. Das bedeutet auch, dass mindestens zwei Gänge des neuen Rivera-Getriebes völlig überflüssig sind.
Gestreckt sportliche, ziemlich unbequeme Sitzposition
Druck hat der Motor der Hesketh Sonnet bei wirklich jeder Drehzahl, obwohl die Endübersetzung des neuen Zahnriemenantriebs (statt Kette) ein paar Zähne zu lang geraten ist. Einher mit der stilistischen Änderung vom Streetfighter hin zum Café Racer geht eine neue Ergonomie. Tief für – nun ja – ältere Herrschaften (die dürften das Gros der Zielgruppe ausmachen), sehr tief liegen die Lenkerstummel hinter dem langen, handgedengelten Aluminiumtank, der neben 13 Litern Kraftstoff auch das Ölreservoir der Trockensumpfschmierung beherbergt. Das ergibt zusammen mit den weit hinten liegenden Fußrasten und der breiten Tank-Sitzbank-Kombination eine gestreckt sportliche, ziemlich unbequeme Sitzposition. Alles vergessen aber, wenn der „X-Wedge“ getaufte Bollermann frei rennen kann. Obwohl die S & S-Männer bei ihrem ersten selbst konstruierten Motor mit drei untenliegenden Nockenwellen bewusst auf eine Ausgleichswelle verzichten, läuft er für einen luftgekühlten amerikanischen Big Twin recht kultiviert. Und dank seines enormen Drehmoments knackt er die magische Ton (100 Meilen) völlig unangestrengt im Handumdrehen, ohne dazu zwingend die untere Drehzahlhälfte, etwa 3.000 Touren, verlassen zu müssen.
Hesketh Sonnet ist kein reiner Dragster
Doch die Hesketh Sonnet ist kein reiner Dragster, auch im Kurvengeschlängel macht sie sich sehr ordentlich. Besonders die voll einstellbare KTR-2 Forke an der Front arbeitet höchst sensibel, generiert massig Feedback und Vertrauen in Schräglage. Kein Wunder, dominieren die Produkte des Zulieferers K-Tech, der mit der Hesketh erstmals einen Hersteller direkt bedient, doch in der britischen Superbike-Meisterschaft. Hinten allerdings wünscht man sich, die nicht einstellbaren Gasdruckstoßdämpfer ließen die Vorspannung erhöhen, um das spürbare Einknicken der trocken 235 Kilo schweren Maschine unter Last zu unterbinden. Aber kein großes Drama, denn dank langem Radstand und nicht allzu hohem Schwerpunkt läuft die Sonnet schön ruhig. Ihre Geometrie fühlt sich richtig gut an. Gut ebenfalls, dass Sleeman nicht an den herrlichen, federleichten BST-Karbon-Rädern gespart hat. Die sehen nicht nur teuer aus, sondern beeinflussen das Handling der Maschine dank geringerer Kreiselkräfte und weniger ungefederter Masse sehr positiv. Unterm Strich haben Sleeman und sein Hesketh-R & D-Team mit der Sonnet eine einzigartig raue, belebende Verbindung aus amerikanischer Muscle Bike-Performance sowie britischem Handling und Flair geschaffen. Das bietet in dieser Form derzeit niemand sonst an. 100 Stück sollen gebaut werden.
Technische Daten Hesketh Sonnet
Hesketh Sonnet
Motor
Luft-/ölgekühlter Zweizylinder-Viertakt-56,25-Grad-V-Motor, drei untenliegende Nockenwellen, zwei Ventile pro Zylinder, Stoßstangen, Kipphebel, Trockensumpfschmierung, Einspritzung, 1 x 52,4 mm, hydraulisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette.
Bohrung x Hub | 111,76 x 111,76 mm |
Hubraum | 2.163 cm³ |
Verdichtungsverhältnis | 9,75 : 1 |
Nennleistung | 106,6 kW (143 PS) bei 6.000/min |
Max. Drehmoment | 210 Nm bei 3.000/min |
Fahrwerk
Doppelschleifenrahmen aus Stahl, Upside-down-Gabel, Ø 50 mm, verstellbare Federbasis, Zug- und Druckstufendämpfung, Zweiarmschwinge aus Stahl, zwei Federbeine, direkt angelenkt, keine Verstellmöglichkeit, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 320 mm, Vierkolben-Festsättel, Scheibenbremse hinten, Ø 250 mm, Vierkolben-Festsattel.
Karbon-Felgen | 3.50 x 17; 6.00 x 17 |
Reifen | 120/70 ZR 17; 190/55 ZR 17 |
Maße + Gewicht
Radstand 1550 mm, Lenkkopfwinkel 65 Grad, Nachlauf 96 mm, Federweg vorn/hinten k.A., Sitzhöhe 760 mm, Trockengewicht 235 kg, Tankinhalt 13 Liter.
Preis
£ 25.000 (zirka 29.000 Euro)