Für jeden was Passendes dabei: 5 Naked Bikes bis 125 PS im Vergleichstest

Ducati Monster+, Kawasaki Z 900, KTM 990 Duke, Triumph Street Triple 765 R, Yamaha MT-09
5 Naked Bikes bis 125 PS im Vergleichstest

Zuletzt aktualisiert am 17.12.2024

Mittelklasse-Naked-Bikes? Hey, das sind Maschinen mit bis zu 950 cm³ Hubraum! So etwas hieß früher mal Big Bikes. Spannend: Diese 5 Naked Bikes represäntieren 4 Motorenkonzepte: 90-Grad-V2 (Ducati Monster +) oder aber Reihenmotoren mit zwei Zylindern ( KTM 990 Duke ), drei Zylindern ( Triumph Street Triple und Yamaha MT-09 ) oder gar vier Brennräumen ( Kawasaki Z 900 ).

Das sind diverse Wege zum gleichen Ziel: maximaler Fahrspaß mit vertretbarem technischen Aufwand. Was diese 5 Naked Bikes der 125-PS-Klasse eint:

  • Ein gesundes Maß an allem. Leistungswerte, die man wenigstens ansatzweise auf die Straße bekommt.
  • Dazu handlingfördernd moderat breite (oder schmale) 180er-Einheitsreifen.
  • Ferner LED-Beleuchtung rundum,
  • (TFT-)Cockpits mit Ganganzeigen und mehr (KTM) oder weniger (Kawasaki)
  • umfangreiche Assistenzsysteme.

Ducati Monster+: die Schöne

Diese Baureihe rettete Ducati 1993 vor dem Bankrott. Das aktuelle, kompakt zugeschnittene Modell liegt hubraumtechnisch gar nicht weit weg von der Ur-Monster M 900. Hier werkelt Ducatis "Brot-und-Butter-937er" im Alu-Rahmen. Der Gitterrohrrahmen als Erbgutist passé. Aber funktional überzeugt die Ducati Monster + mit Alu-Rahmen. "Plus" steht für eine kleine Plastikblende vorm Cockpit und die hier fehlende Abdeckung überm Soziussitz (total 400 Euro "plus").

Ab Start prustet und posaunt das Desmo-L pure Lebensfreude aus der Doppelrohr-Tröte. V2-Stakkato verwöhnt das Ohr, kehligknurrt es aus der Airbox. Ducatis DNA: Ein V2, zudem mit Ventilbetätigung per Desmodromik, ist natürlich komplexer als ein Reihenmotor. Trotz guten Durchzugs läuft der Twin wenig elastisch, seine Laufkultur ist herzhafter Natur. Er läuft mechanisch härter, metallischer. Man merkt dem Testastretta geringe Schwungmasse samt kurzhubiger Auslegung an. Auch die riesigen Ansaugschlünde sind nicht für Teillast optimiert.

Monster+ mit stark vibrierendem Motor

Bei Tempo 40 im dritten Gang rappelt’s ordentlich im Karton. Das erledigen die Motoren von Kawasaki, Triumph und Yamaha ruckelfrei im Sechsten! Die alten Legenden "von den Zweizylindern, die tierisch von unten kommen" – sie stimmen einfach nicht. Selbst bei Tempo 60 im Sechsten tut sich die da noch schüttelnde Ducati Monster+ schwer. Dies ist der rumpeligste, rappeligste, am stärksten vibrierende Motor. Hier braucht es Gefühl für Mechanik: Runterschalten, und seine Stunde kommt! Motto: Den V2 bei Drehzahl und damit bei Laune halten. Er braucht Zug an der Kette. Quicklebendig schnalzt er ab 4.000/min, besser 5.000 Touren los. Nun wirkt er wie verwandelt.

Okay, dies ist der schwächste Motor, er beschleunigt mit echten 109 PS einen Tick schwächer. Na und? Dafür ist er feurig-sinnlich. Die als einzige hydraulisch betätigte Kupplung dieses Vergleichs arbeitet stramm, braucht höhere Handkraft. Kein Problem. Denn es blippert sich prima hoch und runter. Bei 7 bis 9 Grad (so kühl ist es morgens in unserem Testgebiet) ist die große Abwärme des hinteren Krümmers an der Ducati Monster+ hochwillkommen. Aber im Hochsommer?

Monster+ ist handlich und leichtfüßig

Herrlich handlich, wunderbar leichtfüßig lässt sich die Ducati Monster+ fahren. In engen Kurven fühlt sie sich zu Hause. Ihre kompakte Kurbelwelle, schmal wie bei einem Einzylinder, senkt deren hemmende Kreiselkräfte. Hinzu kommen steiler Lenkkopfwinkel und kurzer Nachlauf. Die Ducati Monster+ umrundet Spitzkehren schön präzise, fährt vertrauenerweckend-sportlich. Kurz: ausgewogen. Sie bollert flott, auf Wunsch verwegen. Je schneller, desto lieber.

Die Ducati Monster+ ist das leichteste der 5 getesteten Naked Bikes. Sie wiegt bloß zarte 186 Kilogramm und lässt sich leicht rangieren. Trotzdem bietet sie die größte Zuladung. Und ein ordentliches Plätzchen für eine Sozia oder einen Sozius. Dabei agiert das Fahrwerk der Ducati Monster+ handzahm. Trotz direkt angelenkten Federbeins, ihm fehlt ja die progressive Wirkung einer Umlenkung, geht der Federungskomfort in Ordnung. Das gelungene Fahrwerk bügelt viel weg. So geht Fahrfreude! Pirelli Diablo Rosso III rollen haftfreudig.

Testredakteur Stefan Glück findet die Ducati Monster+ "erstaunlich benutzerfreundlich". Dafür gaben sie ihr in Bologna USB-Ladebuchse unterm Sitz, gewinkelte Ventile an den Rädern und den zweitkleinsten Wendekreis nach der KTM mit. Nicht zu vergessen intuitiv feinjustierbare Eingriffsschwellen von Kurven-ABS (drei Stufen) und Traktionskontrolle. Vielleicht von der Konzernmutter Audi inspiriert sind dynamische Laufband-Blinker. So wurde die Ducati Monster+ ein beachtlich gutes Motorrad.

Kawasaki Z 900: der Brummbär

Die Kawasaki Z 900 hat satte 125 PS. Dabei schiebt sie sich ein wenig schwerer als das restliche Quartett. Klar, die Kawa wiegt ja auch ordentliche 214 Kilogramm. Nicht viel für einen ausgewachsenen 950er-Vierzylinder (ein Tiefstapler) angesichts von mehr Kolben, Nocken und Ventilen. Dies sind 19 Kilogramm mehr als die Yamaha MT-09 und fast 30 Kilogramm mehr als die Ducati Monster+ wiegt.

Das erste, was beim Umstieg auf die Kawasaki Z 900 auffällt: Sie spreizt die Beine stärker. Tribut an den breiter bauenden Vierzylinder und den ihn umspannenden, clever konstruierten Gitterrohrrahmen aus Stahl. Ja, ganz genau, das, was einst Ducati ausmachte, kommt jetzt aus Japan. Mit der richtigen Dosis Zug an der Wirbelsäule geht es los. Von der ersten Umdrehung an gefällt der Motor. Der Brummbär auf Rädern klingt dumpf, sonor und satt – mit dem lautesten Standgeräusch. Er ruht in sich selbst, fand schon Zehntausende zufriedene Käufer. Seltsam: Der kultivierte Motor dreht nach "Kaltstart" bei 19 °C im Leerlauf lange recht hoch, fast 2.000/min. Zwar schaut die Zett bitterböse aus ihrer Frontmaske im "Sugomi-Styling" in die Welt, aber in Wirklichkeit ist sie ein umgänglicher Charakter.

Schlechtestes Leistungsgewicht, leichtgängige Kupplung

Drehzahl? Ist der Kawasaki Z 900 egal. Passt immer. Motto: bereits im Drehzahlkeller besonders kräftig, oben heraus am kräftigsten. Sechster Gang in der Stadt? Kein Problem. Doch die höchste Power im Testfeld relativiert sich ein wenig. Das Leistungsgewicht ist im Vergleichstest das schlechteste: 1,7 Kilogramm pro PS. Und so zieht just das stärkste Motorrad im sechsten Gang am wenigsten rasant durch. Aus dem Schiebebetrieb heraus springt der Vierzylinder etwas härter ans Gas. Dies führt zu einem leichten Lastwechselschlag, den Testfahrer Marc Schwenker am Kurvenscheitelpunkt einrechnen muss.

In der Mitte des Drehzahlspektrums nimmt der etwas durstigere Vierzylinder der Kawasaki Z 900 das Messer zwischen die Zähne. Ab etwa 5.000 Touren fängt die Zett an, feinpixelig-lästig zu vibrieren. Die dicken Ausgleichsgewichte unter den Fußrasten haben einen Grund. Ab 7.000 Touren zündet der Vierzylinder in der Kawasaki Z 900 ein Feuerwerk. Bloß wohin mit dem satten Power-Plus auf den engen Sträßchen? Zwar braucht der Vierzylinder gar nicht so viele Gangwechsel, doch hier ist stets der Griff zur besonders leichtgängigen Kupplung notwendig. Einen Blipper gibt es nämlich nicht.

Stoppie mit der Z 900 bergab und mit Sozius

Einen Tick behäbiger umrundet die Kawasaki Z 900 das Kurvenkarussell. Zwar haften die Dunlop-Reifen aus thailändischer Produktion ziemlich gut. Trotzdem animiert die Z 900 am wenigsten zum Schnellfahren. Bergab, und dann noch mit Sozius, stellt sich ausgerechnet dieser Brummer mächtig aufs Vorderrad. Solch ein hoher Stoppie erfordert feinfühliges Nachregeln durch den Fahrer. Nur gut, dass sowieso kein Passagier lange auf dem brettharten Soziusabteil durchhält. Fast schon klassenüblich sind 4 Fahrmodi und Smartphone-Konnektivität.

KTM 990 Duke: der Heißsporn

123 PS markieren die Leistung der KTM 990 Duke. Der Twin zitiert mit seinem speziellen Hubzapfenversatz den Charakter der hauseigenen 75-Grad-V2-Motoren.

Man hockt extrem kompakt auf der KTM 990 Duke, den Lenker nah vor der Brust und den Helm gefühlt schon überm Lenkkopf. Zündung an und erst einmal das irre Einstellungsmenü entern: Quickshifter und Anti-Wheelie-Kontrolle an oder aus, Ansprechverhalten des Gasgriffs und Launch Control programmieren, aus 5 Fahrmodi wählen, Rain, Track, Street, Sport und Performance. Oder die Traktionskontrolle schnell verstellen oder in der Supermoto-Einstellung ABS am Hinterrad deaktivieren für herzhafte Anbremsdrifts. Ready-to-Race-Attitüde … Uff. Ich wollte doch einfach bloß fahren.

990 Duke mit bestem Leistungsgewicht

Löblicherweise bollert der optionale Akrapovic-Auspuff an der KTM 990 Duke markant, doch angenehm leise aus seinen zwei Austrittsöffnungen. Auf Krawall gebürstet? Gar nicht. Gleich drei Lambdasonden melden dem Motorsteuergerät den Rest-Sauerstoffgehalt im Abgas: Zwei sitzen in den Krümmern, eine nach dem Katalysator für Onbord-Diagnose – Vorschrift für die Abgasnorm Euro 5+. Bei niedrigen Temperaturen arbeitet der nicht einstellbare Lenkungsdämpfer recht stramm, lässt die KTM 990 Duke bei Schleichfahrt leicht taumeln. Dies bessert sich bei steigenden Temperaturen.

Der KTM-Twin arbeitet deutlich elastischer als der der Ducati Monster+. Und feuriger: Bei 3.500 Umdrehungen nähert sich der Pseudo-V2 der Marke von 90 Newtonmeter, die er ab 4.500/min mit Wucht reißt. Um dann bei nur 6.900 Touren den Gipfel von bärigen 103 Newtonmetern zu erklimmen. Gut festhalten! Natural born Heißsporn! Sensationell stürmt der Twin in der Drehzahlmitte los. Kurvenausgangs macht er mächtig voran, enteilt der Truppe. Trotzdem lässt sich die KTM 990 Duke schön dosiert, berechenbar ans Gas nehmen. Für sportliche Fahrer ist die 990er eine Erfüllung. Im Performance-Modus ist der Name Programm. "Mit ohne" Traktionskontrolle haut es dir hier selbst noch im dritten Gang das Vorderrad hoch vors Gesicht – daher der Lenkungsdämpfer. Hier wütet das beste Leistungsgewicht, 1,55 Kilogramm pro PS. Nun gut, bei so viel Fahrdynamik braucht es ein fein gewebtes elektronisches Fangnetz. Was für ein Antrieb! Zumal selbst der Verbrauch zusammen mit der Yamaha MT-09 der niedrigste des Quintetts ist – 4,3 Liter je 100 Kilometer auf der dann eher zahm gefahrenen Testrunde.

Fahrwerk macht 990 Duke zum Kurven-Skalpell

Zur astreinen Asphalt-Fräse macht die KTM 990 Duke ihr Fahrwerk. Sie ist ein 1-a-Kurven-Skalpell. Superpräzise zieht sie ihre Bahn, wuselt flink um die Kurven, filetiert jeden noch so engen Radius. Sie zirkelt zackig um Rollsplitt in den Kehren, umrundet jene zielsicher und präzise wie ein Laserstrahl. Kein anderes der 4 getesteten Naked Bikes klappt so leicht ab. Fast schon überhandlich, will die agile KTM mit leichter Hand geführt werden, um nicht zappelig zu werden. Jedes Umsetzen, jedes noch so kleine Zucken am Lenker lässt sie abwinkeln. Hat man sich auf dieses hoch motivierte Einlenkverhalten eingestellt, mutiert die KTM 990 Duke zum ultimativen Kurvensuchgerät. Dazu passt die Bremse, die zwar mit etwas zu kurzem Dosierweg ein wenig digital, aber eben doch extrem wirkungsvoll zubeißt. Die prima arbeitende Abhebe-Erkennung hält das Hinterrad bergab perfekt am Boden – in gemäßigten Fahr-Modi. Alles an der KTM 990 Duke ist knackig. Sie fährt frech und verdammt flott.

Wenig Komfort und hoher Einstiegspreis

Nur eine Komfort-Sänfte ist die KTM 990 Duke nicht. Ihre satt gedämpfte Upside-down-Gabel vom Haus-und-Hof-Zulieferer WP kommt zwar aufwendig als Open-Cartridge-Konstruktion daher ("Apex") und hat praktische Schnellversteller für die Dämpfung oben auf den Gabelholmen. Doch zerfurchte Straßenabschnitte – und davon gibt es hier viele – bringen die Fuhre leicht aus dem Tritt. Hier empfiehlt es sich, die Dämpferschrauben weit zu öffnen. Längste Federwege hin oder her: Das direkt angelenkte Federbein muss ohne Progression auskommen, lässt die Hinterhand gerne mal auskeilen. Fast noch besser arbeitet das Federbein bei Belastung mit Sozius.

Bridgestone S 22 sind gute Gummis. Doch sie rubbeln sich schnell runter. Nach 3.500 Testkilometern, Toptest in MOTORRAD 10/2024 inklusive, hat das Fahrverhalten spürbar gelitten. Und preislich sprengt die KTM (ab 14. 490 Euro) den Rahmen.

Triumph Street Triple 765 R: kleines Wunderwerk

Testfahrer Moritz pilotiert die 2023 überarbeitete Triumph Street Triple R. Er genießt mit seinen 1,94 Meter trotz spitzen Kniewinkels die weiter vorgebeugte, leicht langgestreckte Sitzhaltung auf der Triumph Street Triple 765 R. Sportlich liegt der Lenker hier weiter weg, der Sitz höher (840 Millimeter). Wendemanöver muss sich Moritz angesichts des zweithöchsten Wendekreises (5,70 Meter) zurechtlegen. Aber er genießt pure Fahrfreude. Dies liegt auch am sehr guten Vorderradbezug – die Triumph Street Triple R 765 liefert die beste Rückmeldung. Die Streety verwöhnt mit ihrem famosen Dreizylinder und fährt sich fast wie ein Sportmotorrad.

Der Dreizylinder entwickelt seine Leistung sehr linear übers Drehzahlspektrum. Und läuft seidig-sanft wie eine Turbine. Dem ultrakurzhubig ausgelegten Motor ist die Drehzahl völlig schnuppe, egal ob 1.500 oder 12.000 Touren, er dreht stets willig weiter, wirkt unangestrengt. Er läuft so seidig wie eine Turbine, fast völlig vibrationsfrei. Die kleinen Kolben huschen besonders samtig durch ihre Zylinderlaufbahnen. Klasse! Die Leistungskurve zeigt allerdings, dass der Triple bei Drehzahl 7.000 heftige 20 bis 30 Newtonmeter weniger abdrückt als der Rest des Test-Felds. Fehlt es da etwa an Druck von unten? I wo!

Streety mit höchster Literleistung

Die Durchzugwerte im 6. Gang sind top: 6,7 Sekunden von Tempo 60 auf 140. Hier wirkt das zweitbeste Leistungsgewicht, 1,59 kg pro PS, nach der gleich schweren KTM 990 Duke, jeweils zarte 191 Kilogramm. Triumph packte seine Erfahrung aus der Moto2-WM in das kleine Wunderwerk: Der kurzhubigste Motor schöpft die höchste Literleistung, satte 157 PS pro 1.000 cm³. Bezogen auf den vollen Liter hat der Triple die größte Kolbenfläche und absolut wie relativ die größten Einlassquerschnitte. Dies alles toppt leistungsfördernd die Füllung bei hohen Drehzahlen.

Umso erstaunlicher, wie lässig sich der Dreizack bereits bei tiefsten Drehzahlen unter Last nehmen lässt. Wrooouup, wrooouup, wrooouup, röhrt der Triple heiser beim Durchladern. Das macht wirklich an! Gut assistiert der Blipper beim kupplungslosen Hoch- wie Runterschalten. Gut so, denn Zug am nicht einstellbaren Handhebel der Triumph Street Triple 765 R braucht etwas mehr Kraftaufwand.

Hohe Stabilität in langen Kurven

Ein Lehrstück in Sachen Theorie und Praxis ist das Fahrwerk: Zwar hat die Triumph Street Triple 765 R den kürzesten Radstand, den steilsten Lenkkopfwinkel und den zweitkürzesten Nachlauf. Trotzdem ist sie kein Überflieger im Hinblick auf's Handling. Nein, sie verlangt etwas Einsatz am Lenker – dem schmalsten und am tiefsten montierten. So stabil in lang gezogenen Kurven zeigt sich kein anderes der 4 Test-Motorräder. So fühlt sich die Streety bei gutem "Anlehngefühl" im positiven Sinne stabil und steif an. Sportlich eben.

Zwar stammen einfache Conti Road-Reifen ganz ohne "Attack"-Attitüde aus dem untersten Regal der Korbacher Radialreifen-Spezialisten. Trotzdem haften sie sehr manierlich. Knackig gibt sich das Federbein mit Ausgleichsbehälter, morst das Asphaltrelief gefühlsecht ins verlängerte Rückenmark. Auf "Schlechtwegstrecken" haut es dir die Plomben raus, keilt das Heck ein wenig aus. Die Machart der Triumph Street Triple 765 R gefällt, etwa ihre sehr ansehnliche Bananenschwinge oder die insgesamt hochwertige Verarbeitung. Etwas unpraktisch wirkt der Ölpeilstab.

Yamaha MT-09: neutraler als ein Schweizer Diplomat

Auf der überarbeiteten Yamaha MT-09 fühlt man sich vom ersten Meter an zu Hause. Und staunt doch, wie verwandelt und harmonisch dieses Motorrad fährt. Das beginnt mit dem herrlichen Dreizylinder. Die sündhaft teure Akrapovic-Komplett Auspuffanlage (ein Extra) föhnt die Flimmerhärchen im Innenohr, ohne je krawallig zu werden. Klasse. Gitter über der Airbox sorgen dafür, dass (allein) der Fahrer das satte Ansauggeräusch hört. Herrlich geschmeidig saust der tolle Dreizylinder die Drehzahlleiter hoch und wieder runter. Er stellt stets unaufgeregt-souverän genügend Power parat. Der Smooth Operator von einem Triple zerrt an der Kette, aber nicht an den Nerven. Er ist einfach ein ausgeglichener Charakter, besser denn je.

MT-09 mit Tempomat

Wunderbar weich folgt der sanft laufende Dreizylinder der Yamaha MT-09 den Gasbefehlen. Nach Runterschalten (der Blipper funktioniert klasse) geht’s mächtig vorwärts. Aber wenn man es nicht provoziert, lässt einen der cremige Motor auch mal in Ruhe. Nur beim anfänglichen Anfahren ist es ein schmaler Grat zwischen Abwürgen und einem Satz nach vorn. Dies liegt an der nicht ideal dosierbaren, da rupfenden Kupplung: Sie greift, sie greift nicht, sie greift ... Muss man sich dran gewöhnen.

Im Regenmodus wirkt der cremige Motor weniger spritzig. Nicht ganz intuitiv wirkt das Steuer-Menü der umfangreichen Elektronik. Immerhin stellt die Yamaha MT-09 fünf Fahrmodi zur Wahl, davon zwei frei programmierbare. Wie üblich beeinflussen sie Leistungsentfaltung, Traktionskontrolle et cetera pp. Da hat der linke Daumen an der neuen Lenkarmatur viel zu bedienen, inklusive Tempomat, wie bei der KTM. Zum runden Fahrgefühl trägt das überarbeitete Fahrwerk einen gehörigen Teil bei. Ausgewogen, ja begeisternd fährt die MT-09. Sie liegt satt, doch nicht träge auf der Straße. Fahrer von Gran-Turismo-Coupés kennen diesen Effekt. Die 900er bügelt viel weg, gibt sich komfortabel und doch präzise. Das 2024er-Update (vorn straffer/härter, hinten softer) tut der Yamaha MT-09 gut. Durch die geänderte Ergonomie fühlt sich die Sitzhaltung nicht mehr so Supermoto-artig an, sondern ganz "normal", wie bei üblichen Naked Bikes. Man sitzt geborgen, "im" Motorrad.

MT-09 hat breitesten und höchsten Lenker

In diesem Feld hat die Yamaha MT-09 immer noch den breitesten und höchsten Lenker. So nimmt die handzahme 900er kinderleicht Lenkimpulse an und setzt sie eins zu eins dosiert um, bleibt neutraler als ein Schweizer Diplomat. Schlafwandlerisch findet die Yamaha MT-09 die richtige Linie. So kann Testredakteur René Correra sie sehr flott bewegen, ohne permanent angestachelt zu werden. Erstaunlich, wie die Reifen-Hersteller immer noch eine Schippe drauflegen. So ist der Bridgestone S23 ein toller Reifen, einer der besten hier im Testfeld. Da fährt ein Gefühl der "Unstürzbarkeit" mit.

Kritikpunkte an der Yamaha MT-09? Bei Vollbremsungen mit Sozius bergab hebt schon mal das Hinterrad ab. Ein Passagier fühlt sich gar nicht so unwohl. Nur leider fällt die Zuladung von nur 167 Kilogramm arg begrenzt aus. Zwar ist die Sitzposition für den Fahrer richtig gut auf der Yamaha MT-09. Doch auf Dauer wird ihr Sitz ganz schön hart, man rutscht weit nach vorn. Und der Wendekreis ist der größte des Felds, 5,85 Meter.

Was ksoten die getesteten Naked Bikes?

An Spitzkehren fuhren wir uns satt. Das hat schon etwas Alpines, dieses Wechselspiel aus Anbremsen, Umlegen, Gasaufziehen, Rausbeschleunigen, wieder Anbremsen und alles wieder von vorn. Richtig flüssiger Kurvenswing geht etwas anders. Dabei umrundeten die 5 Naked Bikes Spitzkehren locker im 3. Gang, während die extrem teure KTM 990 Duke maximal den 2. Gang vertrug und die Ducati Monster+ auch mal Korrekturen per Kupplung anmahnte.

Bliebe noch das leidige Thema Geld: Alle 10.000 Kilometer müssen die zwei Dreizylinder (Triumph und Yamaha) zum Service. Noch langgestreckter sind die 15.000er-Inspektionsintervalle von Ducati und KTM, die Kawasaki muss alle 12.000 Kilometer zum Händler. Kawasaki Z 900, Triumph Street Triple 765 R und Yamaha MT-09 sind am günstigsten, liegen bei rund 11.000 Euro. Jedoch war Yamahas Test-Exemplar mit teuren Extras behangen (Akrapovic, Handschützer). Für Ducati-Verhältnisse ist die Monster+ für rund 13.000 Euro richtig preiswert. Den Rahmen sprengt unser Testsieger von KTM, mitsamt Zubehör über 17.000 Euro teuer. [Anm. d. Red.: Preise Stand Frühjahr 2024]