Mitte Juni in den Dolomiten, Aufstieg zum 2240 Meter hohen Sella-Joch. Die Motorräder tasten sich durch Landschaften, die einem Märchenbuch zu entstammen scheinen. Verwunschene, dunkelgrüne Wälder mit dichtem Unterholz kriechen die Hänge hinauf. Dazwischen sieht es so aus, als hätten Riesen mit gigantischen Steinblöcken gekegelt. Ehe dann in über 2000 Metern Höhe nackter Fels ansteht. Dazwischen schraubt sich ein Pulk von 20 Maschinen über die kunstvoll gewundenen Passstrassen in die Höhe. Es ist wieder Alpen-Masters. Der größte MOTORRAD-Test des Jahres, in dem aus 20 Motorrädern in fünf Gattungen, vom Super-Tourer bis zum Super-Sportler, das Motorrad gesucht wird, das hier in der Bergwelt mit den am breitesten gefächerten Talenten aufwartet.
Zum sechsten Mal schon veranstaltet MOTORRAD diesen gigantischen Vergleich. Warum gerade hier oben? Weil es Motorradfahrer aller Couleur mit Fahrzeugen jeglicher Bauart immer wieder in die Kurven- und Naturparadiese der alpinen Bergwelt zieht. Und weil es zugleich wohl kaum ein anderes Terrain gibt, auf dem die Anforderungen nicht nur an den Menschen, sondern vor allem auch an die Maschinen so hoch sind, wo sich Stärken und Schwächen so deutlich zeigen. Endlose Kurvenfolgen, weit, eng, oft uneinsehbar. Schwungvolles Auf und Ab, garniert mit Frostaufbrüchen und wechselnden Belägen, extreme Gefälle und Steigungen - da hat schon manche Maschine, die sich im Flachland ausgesprochen umgänglich zeigte, einen völlig anderen Charakter an den Tag gelegt.
Dazu kam, dass Fahrer und Motorräder in diesem Jahr zusätzlich ganz massiv mit den Launen der Natur, sprich: mit dem Wetter zu kämpfen hatten. Regen war in der zweiten Hälfte der Expedition ein häufiger Begleiter, der, mal überraschend und kräftig, mal langanhaltend und unermüdlich nieselnd, mancher Ausfahrt zusätzliche Würze verlieh. So waren die Tester stellenweise schon für 300 Meter trockener Strecke dankbar und lernten unter diesen verschärften Bedingungen viel und schnell über jedes Motorrad des großen Vergleichstests.
Die schwierige Verhältnisse schärften die Sinne. Die Regel, in den Alpen rund und geschmeidig zu fahren, war endgültig keine Frage von Temperament oder Geschmack mehr, sondern von existenzieller Wichtigkeit. Die anspruchsvollen Straßen gaben dem Test seine besondere Bedeutung: Motorräder, die sich hier bewähren, können überall Flagge zeigen.
Die Teststrecke

Brutto nennt Hotelier Siro den Zustand der Passstraßen rund um seinen Heimatort Canazei. Nicht das Brutto, von dem es wohl nie wieder mehr Netto geben wird, sondern italienisch für schlecht oder hässlich. Tatsächlich hat der harte Winter Frostaufbrüche von beachtlicher Länge und Tiefe produziert. Da der Sommer nicht nur die beste Zeit zum Fahren, sondern auch für Reparaturarbeiten ist, muss man immer mit Baustellen rechnen.
Nichts anhaben konnte die Witterung der genialen Streckenführung. Sie beginnt mit lockerem Einschwingen zwischen Canazei und der Westrampe des Passo di Fedaia . Die Einfahrt in die erste Galerie entlang des Stausees verläuft in einem Rechtsbogen, dort ist die Straße wegen eines Wasserfalls vom Dach der Galerie ständig nass. Die bis zu 15 Prozent steile Ostrampe mit zahlreichen Kehren bietet fatal wenig Grip. Grobe Faustregel für die Dolomiten-Pässe: Rot schimmernder Belag ist halbwegs griffig, wenn aber die Straßendecke weiß leuchtet, ist erhöhte Vorsicht angesagt.
Das Kehrengeschlinge läuft aus in eine um 15 Prozent geneigte Gerade, auf der Cheftester Karsten Schwers mit Normsozius bergab das Bremsverhalten der Motorräder prüft, bergauf das Beschleunigungsvermögen misst. Nach einigen engeren Bergabkurven windet sich die Straße in weiten Bögen entlang eines schroffen Felsmassivs, doch kurz hinter dem Ort Rocca Piétore zweigt nach links eine kleine Straße ab, die sich durch herrlich duftende Wiesen schlängelt und die Verbindung schafft zur Südrampe Passo di Falzarego. Sportliche Piloten können es in den letzten Kehren vor der Passhöhe ordentlich krachen lassen. Diese Gegend erwies sich während mehrerer Tage als Wetterküche; verwirbelte Wolkenformationen hüllten die Landschaft in Düsternis.
Nichts wie hinunter durch das Valle di San Cassiano und südwärts durch das Gadertal bis nach Corvara und zum Passo di Campolongo. Am Ortausgang vollführt die teilweise abgerutschte Trasse einige wilde Kapriolen. Jenseits der Passhöhe führt der Campolongo in wenigen, jedoch höchst unterschiedlichen Kurven nach Arraba. Von dort geht es in 33 Kehren die Westrampe des Passo Pordoi hinauf bis zur höchstgelegenen Passhöhe der Dolomiten. Auch diese Straße hat erbärmlich wenig Grip; zünftige Rutscher über Vorder- und Hinterrad lassen eine Art Offroad-Feeling aufkommen. Besserung bietet die andere Seite, die auf knapp 13 Kilometern hinunter ins Fassatal, zurück nach Canazei führt.
So testet MOTORRAD

Wenn der Tross von 20 Maschinen in den Dolomiten eintrifft, hat er den ersten Teil des Tests bereits hinter sich. Nämlich die Klärung der Frage, wie sich die Motorräder im Grenzbereich benehmen, welche Reserven Fahrwerk und Bremsen bieten. Auch mit Beladung.
Weil niemand ernsthaft auf die Idee käme, das auf öffentlichen Straßen zu testen, schon gar nicht in den Bergen, geschieht dies vorab auf dem Handling-Parcours und der Kreisbahn des Top-Test-Geländes. Eine überraschende Erkenntnis des Mess-Marathons: Sowohl Solo als auch mit Sozius kann die komplette Big-Bike-Riege im Slalom-Parcours den Sportlern Paroli bieten.
Profitieren die Rennfeilen hier von straffen und zielgenauen Fahrwerken, werfen die Big Bikes aufrechte Sitzpositionen mit breiten Lenkern - gut für schnelle Richtungswechsel - und kurze Übersetzungen in die Waagschale. Dinge, die ihnen in den Bergen zu großem Vorteil gereichen.

Andere Kriterien dagegen müssen sozusagen unter Echt-Bedingungen, also auf den Pässen, nahe der Baumgrenze geprüft werden. Wie beispielsweise die recht harte Übung, mit Sozius im zweiten Gang aus einer Kehre heraus eine 15-prozentige Steigung zu meistern. Für Ernüchterung sorgte die Honda VFR 1200 F, die hierbei nur Ducatis kleine Monster und die beiden 600er-Vierzylinder hinter sich lassen konnte. Beim Bremsen mit Sozius bergab von 75 auf 25 km/h gab es ebenfalls erstaunliche Differenzen. Den Spitzenwert mit 22,9 Metern lieferte die Kawasaki 1400 GTR ab, die auch unter solch extremen Bedingungen stabil auf Kurs blieb und das Hinterrad schön am Boden hielt. Am anderen Ende Skala rangiert ebenfalls eine Grüne, die Z 1000, die mit 31,4 Metern sage und schreibe 8,5 Meter mehr benötigte. Das grob regelnde ABS, das zudem auch kräftige Stoppies zuließ, stand einem besseren Abschneiden im Weg.
Bemerkenswert verlief auch die Verbrauchsrunde. Das häufige Schalten und Beschleunigen im Gebirge fördert gegenüber dem beschaulichen Touren im Flachland zum Teil erstaunliche Unterschiede zu Tage. Eine überzeugende Vorstellung gaben vor allem die hubraumschwächeren Allrounder ab. Von Honda CBF 600 (4,1 Liter /100 Kilometer) bis Yamaha XJ6 Diversion (4,5 Liter) gaben sie sich in der Höhenluft ausgesprochen genügsam. Während sich die italienische Schönheit MV Agusta Brutale mit 6,8 Litern recht ungeniert einen hinter die Binde goss. Immerhin sorgt ihr 23-Liter-Spritfass für ansprechende 340 Kilometer Reichweite. Und während die CBF 600 mit 482 Kilometern Reichweite protzt, verlangt die an sich sparsame Kawasaki Z 1000 wegen des kleinen 15-Liter-Tanks bereits nach 289 Kilometern nach einer Tankstelle. Dumm, wenn diese gerade dann wegen Mittagspause geschlossen ist.
Die Testfahrer


Andreas Bildl, 46, der stellvertretende Testchef ist sehr schräg und schnell auf Rennstrecken, er kann’s auch touristisch.

Rainer Froberg, 46, immer im Dienst, zuständig für Fuhrpark und gute Laune, fährt natürlich alles, am liebsten Harley.

Sigi Güttner, 72,MOTORRAD-Testerlegende, als alter Hase immer noch schnell, fuhr einst Rennen gegen Kenny Roberts.

Sven Loll, 37, Foto- und Testfahrer, Mann für knifflige Motive, favorisiert Supersportler und ein Leben im Grenzbereich.

Thomas Schmieder, 43, Test-Redakteur mit einem Faible für Youngtimer und Sporttourer, begeistert sich für Natur, vor allem für Esel.

Ralf Schneider, 49, feinsinnig, belesen und flott, Ressortleiter für Aktuelles, mag privat aber ebenso gern altes Material.

Karsten Schwers, 38, Top-Tester und Daten-Experte, Virtouse am Gasgriff, Meister vieler Computerprogramme.

Sergio Romero, 32, als mehrfacher Teilnehmer bei der Tourist Trophy ein verdammt schneller Mann, aber äußerst bescheiden.

Kristijan Ticak, 37, Chefredakteur mit viel Erfahrung beim kroatischen Schwesterblatt, lebt auf der Sonnenseite des Lebens.

Jerker Axelsson, 41, fuhr früher Supersport-EM, fährt auch Enduro und Moto-Cross sowie Rallye-Subaru Impreza.
Tourer-Vergleich

Landschaft aufsaugen, Kurven genießen, Zwischengeraden kurz aufschnupfen. Das machen Tourer und Sporttourer besonders gut, genau wie Kilometer fressen bei der Anreise. Aber wer kann das besonders lässig - Die Honda VFR 1200 F, die Kawasaki 1400 GTR, die Suzuki GSX 1250 FA oder doch die Triumph Sprint GT?
Anhalten, Pause am Valporalapass, beim Fort Tre sassi, „drei Steine.“ Die Festung dient heute als Museum und Mahnmal, erinnert an den blutigen Krieg 1915–1918 im Hochgebirge zwischen Österreichern und Italienern (www.cortinamuseoguerra.it). Der Blick fällt auf den 2462 Meter hohen Berg Col di Lana. Seinen Gipfel haben italienische Truppen im April 1916 durch einen mühsam gegrabenen Tunnel weggesprengt. Ob den damals gefallenen Soldaten offene Grenzen und der Euro als gemeinsame Währung heute eine Genugtuung wären? Mit solchen Gedanken widmen wir uns der Tourer-Quadriga.

Motorräder, gebaut für große Erlebnisse. Weil man jeden Meter durchfahrener Landschaft genießt, mit Sack und Pack reist. Gern mit Sozius, geteilte Freude ist schließlich doppelte Freude. Sitzkomfort heißt die Paradedisziplin der Kawasaki 1400 GTR. Der sanfte Riese bettet seine Besatzung geborgen auf nicht verstellbare Pullmann-Sitze. Dazu bietet er besonders große, geräumige Koffer. Serienmäßig, versteht sich. Ehrensache. Allerdings: Heftige 314 Kilogramm sind eine ganze Menge Motorrad, spätestens beim Schieben und Rangieren.
Einmal in Fahrt, swingt das Moppelchen mit den großen Rückspiegel-Ohren zügig-fröhlich durch die Kurven. Auf guten Straßenbelägen rollt die Kawa leichtfüßig-sportiv. Auf Buckelpisten Richtung Passo Campololongo allerdings will die knackig-straff abgestimmte GTR mit Nachdruck auf Kurs gehalten werden. Die Stabilität in Schräglage dürfte größer sein. Fühlt sich an, als wollten Vorder- und Hinterrad nicht dasselbe. Der Vierzylinder hängt spontan am Gas, doch in unteren Drehzahlregionen schiebt er noch verhalten an. Zumindest für solch einen Boliden mit variabler Ventilsteuerung. Erst in der Drehzahlmitte geht es richtig ab.
Die gangspezifische Drosselung wirkt übertrieben, zumal nun eine Traktionskontrolle an Bord ist. Gut so, denn am Grödner Joch werden die Sträßchen enger und rutschiger. Vollintegral bremst die GTR. Hand- und Fußbremshebel aktivieren alle drei Scheiben. Beim kräftigen Tritt aufs Pedal verzögert die GTR brutal. Doch beim Korrigieren, beim Gaswegnehmen in Kehren ist das schon zu viel Bremskraft. Genau wie beim Wenden. Wenig alpentauglich ist eine Neu-Konditionierung gefragt.

Dagegen passt die Teilintegralbremse der Honda VFR 1200 F perfekt. Der Tritt aufs Pedal aktiviert zusätzlich zwei Bremskolben links vorn. Die restlichen zehn vorderen Bremskolben steuert der Handhebel äußerst fein dosierbar, das ABS regelt punktgenau. Auch das Fahrwerk brilliert. Lenkpräzision, Rückmeldung, Abstimmung, Komfort – die sportive VFR vereint das Beste aus zwei Welten. Und trägt noch dazu das erste Doppelkupplungsgetriebe (DCT) aller Motorräder. Auf der Gegenseite fehlen dem Sporttourer (serienmäßige) Koffer und eine bessere Ausstattung (kein Bordcomputer).
Ärgerlich: Der 173 PS starke, durstige 1237-cm3-Motor saugt den 18,5 Liter kleinen Tank auf nur 300 Kilometern komplett leer. Und dann dieses schmalbrüstige Drehmoment im Drehzahlkeller. Bei 3000 Touren fällt der V4 ins Leistungsloch, erholt sich ab 4000/min und explodiert ab der 5500er-Marke. Er ändert dann Tonlage und Charakter ins knurrig-feurige, eine Klappe im Auspuff gibt nun volles Rohr. Man hat die Wahl zwischen zu viel oder zu wenig Power. Da heißt es fleißig schalten. Kupplungs- oder Schalthebel fehlen der VFR. Weich fährt sie an, selbst auf unbefestigten Parkplätzen, und schaltet selbsttätig ohne spürbare Zugkraftunterbrechung.
Eine der beiden Kupplungen stellt den Kraftschluss für das nächste Gangradpaar her, eine andere löst ihn zeitgleich für das vorhergehende auf. Funktioniert selbst am Scheitelpunkt von Kehren hervorragend. Doch bergauf kommt die Automatik im D-Modus („Drive“) wegen der inhomogenen Drehmomentabgabe nicht aus den Puschen. Selbst der sportliche S-Modus, der später hoch schaltet, kommt an seine Grenzen. Er schaltet erst unterhalb von 21 km/h vom zweiten in den ersten Gang, im D-Modus gar erst unter 19 Sachen. Zu spät, um wie hier, an der steilen Auffahrt zum Passo Pordoi, mit ordentlich Schmackes aus dem Eck zu kommen. Da ist jede 750er flotter. Im Flachland überlässt man der Automatik das Feld, am Berg schaltet man besser selber. Geht kinderleicht und manuell per Tiptronic: mit dem linken Zeigefinger hoch und mit dem linken Daumen runter. Den Dreh am Gasgriff beantworten die elektronisch gesteuerten Drosselklappen mitunter lästig verzögert.

Die Triumph Sprint GT ist mit 1050 cm3 die Hubraumkleinste. Aber wie der Dreizylinder anschiebt, ist toll. Dazu ist der Klang eine Erfüllung, ein Fauchen und Röhren wie bei einer rolligen Katze. Okay, die Gänge sortieren sich etwas knochig. Und die locker-flockige Drehfreude der bisherigen Sprint ST scheint von den gar nicht sportlichen 274 Kilogramm Gesamtgewicht der GT aufgefressen zu werden. Trotzdem, der Triple bleibt ein Quell der Freude. Erst recht, weil die jüngste Triumph weniger als fünf Liter Sprit auf hundert Kilometer konsumiert und Traumreichweiten ermöglicht.
Sportlich die Sitzposition, weit gestreckt über den langen Tank. Eine Lenkererhöhung täte der GT gut. Etwas übertrieben gesagt, kombiniert sie die Sitzhaltung eines Sportlers mit dem Handling eines Tourers. Umgekehrt würde auf Serpentinenstrecken ein noch passenderer Schuh daraus. Doch auch so bleibt ein Kompliment: Die Triumph umrundet Kurven sehr zielgenau und mit großer Rückmeldung. So fühlt man sich selbst im Regen pudelwohl.

Nur ein Motorrad fährt sich noch einfacher: die Suzuki GSX 1250 FA. Ein sperriger Name für die vollverschalte Bandit. 258 Kilogramm leicht, von einem bärigen Vierzylinder wie von einer riesigen Faust angeschoben. Ein echter Stier, dieser Motor. Er säuselt wie eine Nähmaschine, zieht immer. Unaufgeregt schüttelt Suzi Sorglos ihre Leistung aus dem Ärmel. Einfach so. Praktisch die Ganganzeige, entbehrlich der Schaltblitz. Alles easy: eine Schaltung, die schaltet, eine Kupplung, die kuppelt, eine Bremse, die bremst, ein ABS, das regelt. Diese eingebaute Lässigkeit überträgt sich auf den Fahrer im höhenverstellbaren (!) Sitz. Er genießt guten Überblick, obwohl der Lenker einen Tick breiter und weniger nach hinten gekröpft sein dürfte. Egal. Im Windschatten der hinterströmten Scheibe hält man es stundenlang aus, freut sich über praktische Dinge: beide Handhebel einstellbar, Auspuffanlage komplett aus Edelstahl, viele Gepäckhaken. Doch außer beim Durchzug und der Zuladung setzt die GSX kaum Superlative. Sie ist weder überhandlich, noch überragend lenkpräzise. Und stellt sich beim Bremsen in Schräglage sogar ziemlich auf.
Die 1250er bleibt ein gutmütiger, umgänglicher Charakter. Ein starkes, unaufdringliches Motorrad. Gerade in den Alpen realisiert es die Grundfunktion von Mobilität. Einen an Orte zu tragen, die man ohne Motor nicht oder nur höchst beschwerlich erreichen würde. Das reicht knapp für den Einzug ins Finale.
Tourer-Messwerte
Überblick:
Handlingparcours mit Sozius | Honda VFR 1200 | Kawasaki 1400 GTR | Suzuki GSX 1250 | Triumph Sprint GT | Schneller Slalom |
Zeit sek | 22,7 | 22,3 | 21,4 | 22,4 | Vmax am Messpunkt (km/h) | 102,1 | 99,4 | 105,4 | 102 |
Kreisbahn, Ø 46 m | ||||
Zeit sek | 10,9 | 11,5 | 10,7 | 10,6 | Vmax am Messpunkt (km/h) | 49,6 | 48,7 | 50,7 | 51,5 |
Verbrauch | ||||
Theoretische Reichweite Pässe (km) | 302 | 350 | 372 | 430 |
Beschleunigung | 0–140 km/h (sek) | 5,8 | 5,2 | 5,9 | 5,6 |
Bremsmessung bergab mit Sozius | ||||
Bremsweg 75–25 km/h in m | 23,7 | 22,9 | 23,3 | 23,4 |
Durchzug in 2000 m.ü.N.N 50-100 km/h
Hersteller | Zeit in sek. |
Honda VFR 1200 | 9,3 | Kawasaki GTR 1400 | 10,8 |
Suzuki GSX 1250 | 6,8 | Triumph Sprint GT | 8,4 |
Durchzug im 2. Gang bergauf mit Sozius 25-75 km/h
Hersteller | Zeit in sek. | Honda VFR 1200 | 9,1 |
Kawasaki GTR 1400 | 6,0 | Suzuki GSX 1250 | 5,0 |
Triumph Sprint GT | 6,1 |
Verbrauch
Hersteller | Liter/100 Km | Honda VFR 1200 | 6,1 |
Kawasaki GTR 1400 | 6,3 | Suzuki GSX 1250 | 5,1 |
Triumph Sprint GT | 4,7 |
Fazit
Top-Ausstattung und bequeme Sitzplätze hat die Kawasaki 1400 GTR. Doch der 314-Kilogramm-Trumm dürfte stabiler sein und im sechsten Gang besser durchziehen. Die Doppelkupplungs-VFR glänzt mit tollem Fahrwerk und fantastischem Antriebsstrang, der aber die Drehmomentschwäche des V4-Motors unten herum nicht kaschieren kann. Gleichmäßiger läuft der tolle Dreizylinder der Triumph Sprint GT. Sie bietet wenig Sport, viel Touring. So siegt das umgänglichste, leichteste und durchzugsstärkste Motorrad: Die Suzuki GSX 1250 FA.
Im Detail:
Honda VFR 1200 F
Positiv
- Doppelkupplung schaltet automatisch und per Hand
- Fahrwerk sehr stabil und komfortabel
- Bremsen tolles ABS
Negativ
- Leistungsentfaltung lästiges Drehmomentloch
- Koffer kosten extra
- Reichweite begrenzt
Kawasaki 1400 GTR
Positiv
- Ausstattung alles an Bord fürs entspannte Reisen
- Windschutz in diesem Feld am besten
- Zuladung 218 Kilogramm
Negativ
- Stabilität in Kurven gering
- Durchzug im 6. Gang mau
- Lenkpräzision/Rückmeldung gering ausgeprägt
Suzuki GSX 1250 FA
Positiv
- Motor mächtiger Schub von ganz unten im Drehzahlkeller
- Verbrauch absolut im Rahmen
- Gewicht niedrig, Zuladung hoch
Negativ
- Ausstattung eher spartanisch
- Aufstellmoment heftig beim Bremsen
- Laufruhe Vierzylinder vibriert
Triumph Sprint GT
Positiv
- Motor elastisch, klangstark, sparsam, spontan am Gas
- Koffer serienmäßig
- Schräglagenfreiheit hoch
Negativ
- Sitzposition eher sportlich lang gestreckt
- Getriebe etwas knochig
- Einstellmöglichkeiten Fahrwerk gering
Max. Punktzahl | Honda | Kawasaki | Suzuki | Triumph | |
Gesamtwertung | 500 | 352 | 339 | 359 | 354 | Platzierung | 3. | 4. | 1. | 2. |
Big Bikes-Vergleich
Leistung und Drehmoment in Fülle, moderne Fahrwerke und beste Übersicht für die Fahrer – wer hier gewinnt, hat auch Chancen auf den Gesamtsieg beim Alpenmasters. Um den Sieg fahren die Honda CBF 1000 F, die Kawasaki Z 1000, die KTM 990 Superduke und die MV Agusta Brutale 1090 RR.
Schon wieder eine MV Brutale? Die konnte doch schon beim letztjährigen Masters nicht überzeugen. Zu hart, zu ruppige Gasannahme... Stopp, das war einmal. Seither hat MV ein neues Fahrwerk konstruiert, die Ergonomie umgestaltet und den Motor tiefgreifend überarbeitet. So wedelten die Tester mit wachsendem Fahrspaß passauf- und -abwärts.

In engen rutschigen Kehren genossen sie eine von MV nicht gekannte Geschmeidigkeit der Lastwechsel, surften auf einer wohldosierbaren Drehmomentwelle auf die nächste Gerade hinaus. Mit einer kleinen Handbewegung erzeugten sie mächtige Fluten und ließen sich bergan zum nächsten Bremspunkt reissen. Die Wertungen für den Durchzug in großer Höhe sowie für den Durchzug mit zwei Personen im zweiten Gang an einer 15-prozentigen Steigung sind eine fette Beute für die MV; keine andere zieht die Messstrecken schneller unter sich hinweg, nur die Kawasaki Z 1000 mit ihrem druckvollen Vierzylinder kann dran bleiben.
Und dann noch dies: 15 Punkte für die MV beim Kriterium Abstimmung/Komfort, das ist nur ein Punkt weniger als die Honda CBF 1000 F kassiert. Vergleichsweise komfortabel abgestimmte, sauber ansprechende Federelemente und eine gute Balance mildern die Heftigkeit der Bodenwellen, ohne dass die Lenkpräzision leidet. Schnell und sportlich können Brutale sowieso, auch die neueste.
Sie ist also alltags- und alpentauglicher geworden als ihre Vorgängerin, was ihr Faszinationspotenzial nicht mindert. Nach wie vor entfaltet sie einen betörenden Klang, gediegene Verarbeitung und feine Details machen sie zur Kostbarkeit. Allerdings bietet sie noch immer kein ABS, der Soziuskomfort und die Möglichkeit, Gepäck unterzubringen sind gering, beziehungsweise kaum vorhanden.

Trotzdem kommt die Italienerin auf Rang zwei, noch vor die Kawasaki Z 1000. In Sachen Fahrleistungen und Motor liefern sich die beiden ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Was die eine (Kawasaki) durch kribbelnde Vibrationen und eine schwerer zu betätigende Kupplung verliert, gibt die andere (MV) durch die harte Schaltung ab. Und was die Z 1000 an Reichweite durch ihren geringen Benzinverbrauch gewinnt, verspielt sie durch den kleinen 15-Liter-Tank, während der Schluckspecht MV immerhin 23 Liter bunkern kann.
Mehr an Boden verliert die Kawasaki durch trägeres Einlenken, begleitet von einem ausgeprägten Aufstellmoment beim Bremsen. Beides kann in heiklen Kehren bergab und/oder mit wenig Grip irritieren. Um Rutscher zu vermeiden, operiert man in solchen Passagen instinktiv mit möglichst kleinen, langsamen Lenkimpulsen. Das Handling der Z 1000 nötigt aber zu ausgeprägtem Rudern am Lenker, und das wiederum verunsichert ein wenig. Ständig spürbar ist auch die unerbittlich harte Hinterradfederung der Z 1000.
Im Gegensatz dazu offenbart sich der leicht problematische Charakter der ABS-Abstimmung nur im Extrembereich. Das System lässt bei Vollbremsungen bergab mit Sozius spektakuläre Stoppies zu, ohne wirklich kurze Bremswege zustande zu bringen. Toptester Karsten Schwers und Testsozius Jörg Kufner wollten es genau wissen, hielten den Hebel fest und blieben sitzen bis zum Stillstand. Es ging im 15-prozentigen Gefälle gerade noch ohne Überschlag ab. Wer hat die Nerven, einen solchen Stunt im Notfall zu stehen?

Vielleicht ein geübter KTM-Superduke-Pilot. Der hätte zumindest Erfahrung mit einem Motorrad, das geradezu aus Extremen zu bestehen scheint. Nur 203 Kilogramm leicht, extrem handlich, mit extrem wirkungsvollen Bremsen und ausgestattet mit einem Motor, der nur zwei Betriebszustände kennt: alles oder nichts. Niedrige Drehzahlen mag der temperamentvolle Zweizylinder sowieso nicht; da rappelt er wegen zu geringer Schwungmasse bloß herum. Also gibt der Fahrer dem Motor Feuer. Und wird sofort animiert, mehr und noch mehr nachzulegen. Draufhalten bis zum Bremspunkt, dann Gas zu, einlenken und das Spiel beginnt von vorn. Dann passt alles. In fahrerisch reizlosen, aber landschaftlich fesselnden Passagen wie dem Abzweig vom Falzarego- zum Valparola-Pass, wo man einfach mit gleichmäßigem Tempo einem beeindruckenden Panorama entgegenfahren möchte, nervt die KTM hingegen mit Konstantfahrruckeln.
Mit gleicher Radikalität lehnt es die Superduke ab, sich um Belange wie die Unterbringung von Mitfahrern oder Gepäck zu kümmern. Der Sitzkomfort, den der Fahrer genießt, verdient vor allem dank des bequemen Kniewinkels eine bessere Bewertung als Kawasaki und MV. Die Bank selbst ist schmal und ziemlich straff. Am Ende bleibt der Eindruck, dass die KTM für diesen Teil der Alpen weniger geeignet ist, weil sie wegen der überwiegend rutschigen Beläge ihre fahrdynamischen Qualitäten kaum entfalten und ihre Dämpfungsreserven nicht nutzen kann.

So kam es, dass jeder dankbar von der Superduke auf die CBF 1000 F umstieg. Trotzdem entschlüpfte einem Kollegen bezüglich der Honda die Aussage, sie sei „eigentlich charakterlos“. Wie bitte? Wenn es charakterlos ist, den kultiviertesten, sparsamsten Motor mit den geschmeidigsten Lastwechseln, der leichtgängigsten Kupplung und Schaltung zu haben, dann bitte mehr davon. Was macht es schon aus, dass der Honda-Motor nicht so heftig anreißt wie die anderen? Das kompensiert die CBF ganz locker durch viele weitere Qualitäten. Sie lässt sich sehr einfach durch ganze Felder von Frostaufbrüchen zirkeln, folgt präzise und mit minimalen Lenkkräften der vom Fahrer vorausgeschauten Linie. Außerdem verfügt sie – zusammen mit der BMW R 1200 GS – über das beste ABS im gesamten Teilnehmerfeld und lässt auch Mitfahrer am Fahrspaß teilhaben, indem sie sie menschenwürdig unterbringt. Sie ist keinesfalls charakterlos, sondern hilfsbereit.
Das zählt in den Alpen. Alle lassen die CBF unbeschwert laufen, steuern locker kleinere Rutscher aus und geraten selbst dann nicht in Panik, wenn in einer Bergab-Links ein weit ausholender Bus entgegenkommt. Die Honda trifft traumwandlerisch sicher die schmale Spur zwischen Stoßstange und Schotterstreifen am Straßenrand. Sie ist enorm vielseitig, nur eines kann sie nicht: angeben. Soviel Charakter, dies zu akzeptieren, muss ihr Fahrer mitbringen.
Big Bikes-Messwerte
Überblick:
Handlingparcours mit Sozius | Honda CBF 1000 | Kawasaki Z 1000 | KTM 990 Superduke | MV Agusta Brutale 1090 |
Schneller Slalom | Zeit sek | 21,8 | 21,3 | 21 | 21,4 |
Vmax am Messpunkt (km/h) | 104,9 | 102,9 | 110,7 | 106,1 |
Kreisbahn, Ø 46 m | Zeit sek | 11,6 | 10,8 | 10,4 | 10,7 |
Vmax am Messpunkt (km/h) | 49,5 | 53,4 | 53,5 | 53,2 |
Verbrauch | Theoretische Reichweite Pässe (km) | 418 | 289 | 307 | 340 |
Beschleunigung | ||||
0–140 km/h (sek) | 5,8 | 5,2 | 5,2 | 5,1 |
Bremsmessung bergab mit Sozius | Bremsweg 75–25 km/h in m | 25,7 | 31,4 | 25,5 | 27,0 |
Durchzug in 2000 m.ü.N.N 50-100 km/h
Hersteller | Zeit in sek. | Honda CBF 1000 | 8,5 |
Kawasaki Z 1000 | 5,8 | KTM 990 Superduke | 7,9 |
MV Agusta Brutale 1090 | 5,6 |
Durchzug im 2. Gang bergauf mit Sozius 25-75 km/h
Hersteller | Zeit in sek. | Honda CBF 1000 | 7,9 |
Kawasaki Z 1000 | 5,0 | KTM 990 Superduke | 5,9 |
MV Agusta Brutale 1090 | 4,5 |
Verbrauch
Hersteller | Liter/100 Km | Honda CBF 1000 | 4,8 |
Kawasaki Z 1000 | 5,2 | KTM 990 Superduke | 6,0 |
MV Agusta Brutale 1090 | 6,8 |
Fazit

Es war schon immer eine Stärke von Honda, das große Ganze im Blick zu behalten. So auch bei der CBF 1000 F, die bei der jüngsten Überarbeitung nicht nur ein F erhielt, sondern auch das entscheidende Quäntchen mehr Sportlichkeit, das aus einem sehr guten ein faszinierendes Alltagsmotorrad gemacht hat. Sie verdient den Einzug ins Finale. Überraschenderweise erreicht die MV Agusta Brutale 1090 RR den zweiten Platz dank ihrer Komfortqualitäten vor der Kawasaki Z 1000. Und die KTM Duke wartet auf sportliche Extremisten.
Details:
Honda CBF 1000 F
Positiv
- Motor kultiviert, sparsam
- Lenkpräzision hervorragend
- Komfort eine Freude für Fahrer und Beifahrer
- ABS sehr gut abgestimmt
Negativ
- Gewicht recht hoch
- Motor nicht so druckvoll wie bei der Konkurrenz
Kawasaki Z 1000
Positiv
- Motor eine Wucht, auch er
- Verbrauch gemäßigt
- ABS gut, dass es da ist
Negativ
- ABS lässt hohe Stoppies zu
- Handling etwas störrisch
- Hinterradfederung zu hart
KTM 990 Superduke
Positiv
- Handlichkeit einfach sahnig
- Bremse knackig, gut dosierbar
- Federung super abgestimmt, mit Reserven
Negativ
- Motor Konstantfahrruckeln
- Soziusplatz komfortfreie Zone
- Alltagstauglichkeit interessiert sie nicht
MV Agusta Brutale 1090 RR
Positiv
- Motor eine Wucht
- Fahrwerk ausgewogen, punktgenau abgestimmt
- Bremse gleichermaßen stark wie gut dosierbar
Negativ
- Verbrauch am höchsten
- Preis nochmal am höchsten
- Gepäcktransport kann sie nicht
Max. Punktzahl | Honda | Kawasaki | KTM | MV Agusta | |
Gesamtwertung | 500 | 361 | 305 | 301 | 314 | Platzierung | 1. | 3. | 4. | 2. |
Allrounder-Vergleich

Manchmal ist weniger mehr. Wenn in den Bergen Kehre auf Kehre folgt, Nieselregen die Straßen in schmierige Pisten verwandelt oder sich eine Kurve als hinterhältige Schlaglochfalle erweist, sind nicht so sehr maximale Power oder racingtaugliche Fahrwerke gefragt. Sondern problemlose und umgängliche Begleiter, die einen verlässlich über alle Berge tragen. Wie diese Vier: Aprilia SL 750 Shiver, Ducati Monster 796, Honda CBF 600 und Yamaha XJ6 Diversion F.
Eliane ist ein hartnäckiges Ding. Unermüdlich schaufelt das Mittelmeer-Tief dunkle Regenwolken in die Dolomiten, die immer wieder an den schroffen Massiv-Wänden hängen bleiben und abregnen. Doch auch Eliane gönnt sich ab und zu eine Verschnaufpause. Dann trocknen die Passsträßchen im Nu ab und werden zum Himmelreich für die vier Allrounder. Im Kurvengewirr sind sie in ihrem Element.

Wer Mittelklasse mit Magerkost gleichsetzt oder meint, in den Bergen braucht es unbedingt ein Big Bike, der dürfte nach einem Tag im Sattel dieser vier mächtig ins Grübeln kommen. Denn hier steht die Leichtigkeit des Kurvenschwingens im Vordergrund. Unterstützt von lässigen Sitzplatzarrangements, der Beschränkung auf sinnvolle Reifendimensionen – bis auf die Aprilia begnügen sich alle hinten mit einem 160er – und gekonnt gewählten Schwerpunktlagen. Par excellence vorgeführt von der Yamaha XJ6 Diversion, die ihren Fahrer versammelt aber nicht verkrampft bettet, sodass der ihre bezaubernde Handlichkeit voll auskosten kann. Da passt jeder Einlenkpunkt, stimmen die Linien intuitiv. Das Wedeln durch die Serpentinen bekommt dadurch fast etwas Meditatives, zumal die Federelemente auch die zahlreichen Frostaufbrüche in den Straßenbelägen weitgehend herausfiltern, ehe sie sich störend in die Linienwahl einmischen könnten.
Dass ein 600er-Vierzylinder, zumal auf 78 PS begrenzt, keine Bäume ausreißt, ist klar. Dennoch zieht sich die XJ6 auf den Pässen mehr als achtbar aus der Affäre. Ihr Motor, das auf mehr Drehmoment bei mittleren Drehzahlen getrimmte FZ-6-Aggregat, zieht zwar nicht wie ein Stier, aber allemal tapfer auch im zweiten Gang um die Kehren. So unkompliziert kann der Spaß im Kurvendschungel sein, zumal die Diversion im Kurvenscheitel auch nicht mit ungebührlichen Lastwechselreaktionen die Linie zerhackt. Tadel handelt sie sich lediglich für die knochige Schaltbox ein. Schwerer wiegt für Reisende jedoch, dass Yamaha dem Anbau von Koffersystemen keine Freigabe erteilt. Bleiben nur Softbags oder ein Topcase, um das Urlaubsgepäck zu verstauen.

Vorteil Honda, für die das hauseigene Zubehörprogramm ein Koffersystem bereit hält. Aber nicht nur dies zaubert beim Bezwingen der Pässe ein Lächeln ins Gesicht des CBF-Piloten. Die Nuance an Handlichkeit die ihr zur Yamaha fehlt, macht sie durch eine noch kommodere Kommandozentrale wieder wett. Der Fahrer logiert entspannt, aber nicht passiv. Wählt sich aus den zwei möglichen Sitzhöhen die passende und genießt das reichliche Platzangebot. Und vor allem das superb ausbalancierte Fahrwerk.
Der Einfallsreichtum, mit dem die Straßenbauer teils verwegene Kurvenkombinationen in die Dolomiten gehauen haben, ist zwar gewaltig. Doch so vertrackt kann es gar nicht kommen, dass die Honda nicht wie selbstverständlich den Weg hindurch findet. Millimetergenau zirkelt sie immer wieder an den Felswänden vorbei. Und wenn es doch mal eng wird, weil hinter einer Kurve wieder ein Reisebus drei Viertel der Kurve beansprucht, kein Problem. Die CBF stellt sich beim Bremsen kaum auf und lässt sich aufreizend einfach auf eine engere Linie dirigieren.
Sie lässt sich so frech durch die Kurven scheuchen, dass sie bergab zum echten Big Bike-Schreck mutiert. Aber eben nur bergab. Denn bergan sind dem 600er Grenzen gesetzt. Erst ab 8000/min kommt Leben in die Bude, sodass in engen Kehren öfter der erste Gang herhalten muss. Was dank der geschmeidigen Schaltbox und der gut gedämpften Lastwechselreaktionen zwar kein Problem darstellt, nur eben nicht recht dynamisch ist.

Tusch und Auftritt der hubraum- und drehmomentstarken Twins. Ducatis Monster 796 beispielsweise. Der zwar hart, aber spontan ans Gas gehende, charmant bollernde Twin versüßt mit strammem Antritt aus niedrigen Drehzahlen und agilem Hochdrehen den Spurt von einer Kehre zur nächsten. So muss das sein. Doch beim Härtetest in Sachen Durchzug, mit Beladung im zweiten Gang die 15prozentige Steigung des Fedaja-Passes hinauf, sticht der Drehmoment-Trumpf gegenüber den Vierzylindern nicht. In den Drehzahlniederungen, in denen die Vierzylinder im zweiten Gang bereits rund laufen und sachte Fahrt aufnehmen, hackt der Desmo-Twin unwillig auf der Kette herum, statt voran zu marschieren. Dann ist doch wieder der erste Gang und der Einsatz der sehr leichtgängigen Kupplung gefordert.
Der eigenwillig gekröpfte und vor allem flache Alu-Lenker sorgt für mächtig Druck auf den Handgelenken. Bergab, beim Anbremsen, nicht gerade ideal. Kreuzen dann noch in Schräglage die allgegenwärtigen Schlaglöcher den Weg, tun steiler Lenkkopf, kurzer Nachlauf und die zäh arbeitende Gabel ein Übriges. Das Monster kommt etwas aus dem Tritt, poltert zappelig über den zernarbten Asphalt hinweg, und mit dem souveränen Strich durch die Kurve ist es erst einmal Essig.

Und schon witscht außen herum der Aprilia-Pilot vorbei. Ihn können weder Serpentinen noch derbe Steigungen schrecken. Der Zweizylinder strotzt vor Kraft und Laufruhe, zieht selbst die beladene Fuhre mit Nachdruck in Richtung Gipfelkreuz. Leichtfüßig wie die Honda zackt sie über die Berge. Und beim Modellieren des Sitzplatzes haben ihre Erbauer einen Volltreffer gelandet: Der Pilot sitzt aufrecht, locker, bereit zu großen Taten. Die dann letzten Endes aber doch etwas kleiner ausfallen. Weniger wegen der geringsten Zuladung, über die man ja noch hinweg sehen könnte. Bei allem Spaß, den die Shiver beim Sturm auf die Passhöhen macht, hinterlässt die zwar verbesserte, aber nach wie vor nicht gelungene Abstimmung des Ride-by-wire, des elektronischen Gasgriffs, einen schalen Beigeschmack. Das System setzt Kommandos der Gashand auf etwas eigenwillige und gewöhnungsbedürftige, mitunter verzögernde Art und Weise um. Kräftiges Aufstellmoment und spät regelndes ABS, das bergab problemlos Stoppies zulässt, sind weitere Gründe, warum auch sie trotz ausgezeichneter Anlagen der Honda hier nicht den Sieg streitig machen kann.
Allrounder-Messwerte
Überblick:
Handlingparcours mit Sozius | Aprilia 750 Shiver | Ducati Monster 796 | Honda CBF 600 | Yamaha XJ6 Diversion |
Schneller Slalom | Zeit sek | 22,7 | 22,1 | 23,5 | 23,4 |
Vmax am Messpunkt (km/h) | 99,3 | 100,1 | 93,5 | 95,4 |
Kreisbahn, Ø 46 m | Zeit sek | 10,6 | 11 | 11 | 11,7 |
Vmax am Messpunkt (km/h) | 50,9 | 49,1 | 49,6 | 45,7 |
Verbrauch | Theoretische Reichweite Pässe (km) | 354 | 319 | 482 | 389 |
Beschleunigung | ||||
0–140 km/h (sek) | 6,8 | 7,7 | 7,4 | 7,3 |
Bremsmessung bergab mit Sozius | Bremsweg 75–25 km/h in m | 24,5 | 28,2 | 23,8 | 26,8 |
Durchzug in 2000 m.ü.N.N 50-100 km/h
Hersteller | Zeit in sek. | Aprilia 750 Shiver | 10,4 |
Ducati Monster 796 | 14,4 | Honda CBF 600 | 11,9 |
Yamaha XJ6 Diversion | 10,8 |
Durchzug im 2. Gang bergauf mit Sozius 25-75 km/h
Hersteller | Zeit in sek. | Aprilia 750 Shiver | 8,2 |
Ducati Monster 796 | 11,6 | Honda CBF 600 | 10,3 |
Yamaha XJ6 Diversion | 10,3 |
Verbrauch
Hersteller | Liter/100 Km | Aprilia 750 Shiver | 4,2 |
Ducati Monster 796 | 4,2 | Honda CBF 600 | 4,1 |
Yamaha XJ6 Diversion | 4,5 |
Fazit
Wenn es überhaupt etwas gibt, was man der Honda CBF 600 vorhalten kann, dann das zurückhaltende Temperament des Motors. Das gelungene Fahrwerk macht das aber mehr als wett. Die Yamaha überzeugt rundweg mit ausgewogenen Eigenschaften. Mangelnde Federungsreserven und Einschränkungen beim Gepäcktransport kosten aber Punkte. Ducati und Aprilia begeistern mit tollen Motoren, die zeigen, dass ein Twin hier eigentlich die bessere Wahl wäre. Beide geben sich aber leider auch etwas kapriziös im Umgang.
Im Detail:
Aprilia SL 750 Shiver
Positiv
- Motor elastisch, laufruhig, durchzugsstark
- Sitzposition gelungen
- Verbrauch sehr niedrig
Negativ
- Gasannahme gewöhnungsbedürftig
- ABS lässt bergab Stoppies zu
- Aufstellmoment kräftig
Ducati Monster 796
Positiv
- Motor spritzig, kräftig und direkt
- Verbrauch sehr niedrig
- Kupplung sehr leichtgängig
Negativ
- Motor Rundlauf und damit Durchzug aus niedrigen Drehzahlen schlecht
- Komfort kommt zu kurz
Honda CBF 600
Positiv
- Durchzug nur Durchschnitt
- Schräglagenfreiheit könnte etwas größer sein
Negativ
- Balance des Fahrwerks ausgezeichnet
- Verbrauch top
- Motor sehr kultiviert
Yamaha XJ6 Divesion F
Positiv
- Handling ausgezeichnet
- Abstimmung und Komfort des Fahrwerks gut
- Bremsen wirkungsvoll
Negativ
- Koffersysteme nicht freigegeben
- Federungsreserven gering
- Getriebe nur Durchschnitt
Max. Punktzahl | Aprilia | Ducati | Honda | Yamaha | |
Gesamtwertung | 500 | 289 | 257 | 330 | 301 | Platzierung | 3. | 4. | 1. | 2. |