BMW S 1000 R, KTM 1390 Super Duke R Evo, Triumph Speed Triple 1200 RS im Vergleichstest

3 starke Power-Naked-Bikes im Vergleichstest
Fahrwerk-, Motor- und Handling-Check

ArtikeldatumVeröffentlicht am 12.10.2025
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Strengere Homologationsregeln setzen Motorradhersteller unter Handlungsdruck, fordern Entwicklungsarbeit und wirken damit potenziell preistreibend – einerseits. Andererseits treiben höhere Anforderungen auch den technischen Fortschritt, sodass die Neuhomologation oft von der Optimierung bestehender Systeme und erweiterter Serienausstattung begleitet wird. So geschehen bei der BMW S 1000 R und der Triumph Speed Triple 1200 RS des Jahrgangs 2025. Die KTM, "The Beast", 1390 Super Duke R Evo kam erst 2024 auf den Markt, außerdem geriet sie in die Insolvenzwirren um den KTM-Firmenverbund, sodass eine Überarbeitung weder nötig noch möglich war.

BMW S 1000 R: mehr Leistung, kürzere Sekundärübersetzung

Ein neuer LED-Scheinwerfer, 5 PS mehr Leistung, die neu eingeführte Möglichkeit, das Motorschleppmoment einzustellen, die Überarbeitung des Schaltassistenten und eine kürzere Sekundärübersetzung unterscheiden die BMW S 1000 R von ihrer Vorgängerin.

Die Triumph Speed Triple 1200 RS hat 3 PS an Leistung und dank eines neuen Verfahrens zur Wuchtung der Kurbelwelle mehr Laufkultur gewonnen, begleitet von der neu eingeführten Wheeliekontrolle und einer im Fahrmodus "Track" verfügbaren "Slide Control". Viel wichtiger für alle nicht driftenden Fahrer der neuen Speedy ist freilich das neue Fahrwerk, jetzt mit aktuellen semiaktiv dämpfungsvariablen Öhlins-Federelementen. Es soll den Federungskomfort deutlich verbessern.

Trotz gleicher Federhärte hinten ist das gelungen; damit bestätigt sich der Eindruck, den Kollege Fabian Dresler bereits bei der verregneten Fahrpräsentation der neuen Speed Triple gewonnen hat. Im direkten Vergleich zeigt sich jedoch, dass das Ansprechverhalten noch immer nicht die Sensibilität der beiden anderen erreicht. Da die Öhlins-Federelemente über alle Zweifel an ihrer mechanischen Leichtgängigkeit erhaben sind, ist es vermutlich die Einfederdämpfung im Lowspeed-Bereich, die noch immer auf der straffen Seite liegt und so diesen Eindruck hervorruft.

BMW S 1000 R mit straffer Abstimmung

Es gehört zu den Feinheiten und Mysterien der Abstimmungskunst, dass die BMW-Kombination aus Marzocchi und Sachs, wie schon erwähnt, sensibler anspricht, aber beim weiten und schnellen Einfedern straffer wirkt als das Öhlins-System in der Triumph Speed Triple 1200 RS. Sehr straff, um genau zu sein, dennoch ergibt sich ein etwas besserer Gesamteindruck. Der Dämpfungsmodus "Dynamic" bei der BMW S 1000 R empfiehlt sich jedenfalls nur für sauber gebügelten Asphalt, besser noch für die Rennstrecke. Was selbstverständlich nicht heißt, dass man ihn nicht auch auf holprigen Straßen fahren könnte. Man macht es sich damit halt nur weniger komfortabel als nötig, ohne in der Fahrdynamik Vorteile zu gewinnen. Deshalb an dieser Stelle auch dieser Hinweis: Es geht bei all diesen Aussagen um spürbare Unterschiede, alle drei Motorräder sind weit entfernt von der Grenze zur Unfahrbarkeit.

So kurios es auch klingen mag: Ausgerechnet die KTM 1390 Super Duke R Evo, die in allen Dämpfungsmodi, welche über "Comfort" hinaus in Richtung straffer gehen, rabiat-unkomfortabel erscheint, bietet im besagten Modus "Comfort", besser noch in "Rain", am meisten Federungskomfort. Und das, ohne dass man beim sportlichen Landstraßenfahren mehr Dämpfung bräuchte. Die hartgesottenen Ready-to-race-Anhänger der österreichischen Marke müssen sich nur trauen, sportliche Einstellungen von Traktions- oder Wheeliekontrolle oder Gasannahme mit den vermeintlichen "Puffi-Modi" bei der Dämpfung zu kombinieren.

Neues Öhlins-System bei der Triumph Speed Triple 1200 RS

Wenn dieser Akt der Selbstüberzeugung vollzogen ist, besteht bis weit in den Bereich sportlichen Fahrens keine Notwendigkeit, die KTM 1390 Super Duke R Evo in den Modi "Track" oder "Pro" fein zu justieren. Ähnlich bei der BMW S 1000 R, die im Unterschied zur S 1000 RR diese Möglichkeiten gar nicht bietet und auch nicht braucht. Bei der Triumph Speed Triple 1200 RS dagegen lohnt es sich schon, in die Einstellmenüs zu steigen und verschiedene Funktionen in jeweils elf Stufen individuell zu konfigurieren. Das neue Öhlins-System folgt dabei nicht den gängigen Kategorien Federvorspannung, Druck- und Zugstufe, sondern bietet unter anderem Funktionen wie Brems- oder Beschleunigungsunterstützung, Härte hinten und vorn, Kurven- oder Cruiseunterstützung.

Wir fanden leichte Vorteile gegenüber der Standardeinstellung mit Bremsunterstützung und Härte vorn auf plus zwei bis drei und Kurvenunterstützung auf plus zwei. Hinten blieb es beim Standard bis minus zwei. Probehalber haben wir aber auch die Dämpfung vorn und hinten auf minus fünf gefahren, damit jedoch keine Fortschritte gespürt. Manchmal ist es eben besser, kleine, harte Wellen nicht von wenig gedämpften Federelementen bügeln zu lassen, die das wegen der Massenträgheit von Reifen, Rad, Bremsscheiben und so weiter gar nicht können. Mit straffer Dämpfung übernimmt dies zu größeren Teilen der Reifen, und das fühlt sich oft besser an. So auch bei der Triumph.

Triumph Speed Triple: präzises und agiles Lenkverhalten

Was ist wichtiger, agiles Einlenken oder Zielgenauigkeit? Es ist ja nicht so, dass sich diese beiden Tugenden gegenseitig ausschließen würden, doch im Fall der BMW und der Triumph war genau dies die Frage bei der Bewertung. Mit zwei zu eins hat sich die Handling-Fraktion durchgesetzt und die Agilität der BMW S 1000 R stärker belohnt als das vorbildlich präzise und verlässliche Lenkverhalten der Triumph. Die eine Gegenstimme aber kommt von mir, dem Autor dieses Textes. Das gibt mir die Möglichkeit, meine abweichende Meinung darzulegen: Mir ist die Auslegung der Triumph lieber. An die beiden anderen kann ich mich zwar rasch gewöhnen, doch bei jeder Rückkehr auf die Speedy waren mir ihre Präzision und das Gefühl fürs Vorderrad ein besonderer Genuss.

Die KTM 1390 Super Duke R Evo erwies sich beim Hin- und Herwechseln zwischen den Motorrädern als stärkster Gegensatz zur Triumph Speed Triple 1200 RS. Eine gewisse Indifferenz der Vorderradführung nötigt zu leichten Abzügen bei einzelnen Fahrwerkswertungen. Sie könnte aber – mit aller Vorsicht sei es erwähnt – auch vom Reifen verursacht sein. Bei der Präsentation der KTM 1390 Super Duke R Evo im letzten Frühjahr waren die Michelin-Techniker selbst nicht ganz zufrieden mit dem GP. Sie hätten lieber den leider etwas zu spät vollendeten Nachfolger GP2 auf dem "Beast" gesehen, mit dem es sich tatsächlich präziser und zielgenauer fahren ließ. Das war aber auf der Rennstrecke von Almería und ist deshalb nicht ohne Weiteres auf deutsche Landstraßen übertragbar.

Der KTM-V2 ist Drehmoment- und Spitzenleistungsbulle

Lebhafte Diskussionen verursachte auch der Motor der KTM 1390 Super Duke R Evo. Ihr mächtiger 1349er mit Schaltnockentechnik ist gleichermaßen ein Drehmoment- und Spitzenleistungsbulle. Ab 4.000/min reißt er so heftig an, dass man fürs Ausscheren beim Überholen reichlich Sicherheitsabstand zu denjenigen braucht, die ihr Gefühl für Geschwindigkeit schon mal auf die Rückkehr zum Pferdegespann einstellen.

Im Ernst, obwohl die reinen Messwerte keine Vorteile gegenüber den beiden anderen anzeigen, entfaltet der KTM-V2 eine Großtopfwucht von besonderem emotionalen Mehrwert. Immer dann aber, wenn man sich gedulden muss, im Stadt- oder Stadtannäherungsverkehr zum Beispiel, benimmt er sich so ungebärdig, als litte er unter ADHS. Konstantfahrruckeln und untertouriges Einhacken auf den Kurbeltrieb fordern tiefe Gänge sowie fleißigen Einsatz der nicht besonders leichtgängigen Kupplung und tragen nicht gerade dazu bei, dass der Fahrer sich geduldig mit der Situation abfindet. Dabei geht der Zweizylinder beim flüssigen Fahren im kurvigen Geläuf durchaus geschmeidig ans Gas.

Kribbeliges Vibrationsverhalten bei BMW-Vierzylinder

674,5 Kubikzentimeter Einzelhubraum bringen naturgemäß bei jeder Zündung einen heftigen Impuls, das erklärt auch, warum die Drei- und Vierzylinder von Triumph und BMW sich dort viel kultivierter benehmen, wo sie keinen freien Auslauf haben können. Wie die Durchzugswerte von 60 auf 100 km/h andeuten, verlangen sie auch auf freier Strecke tendenziell weniger Schaltarbeit als der KTM-Motor, der seine Macht im sechsten Gang erst jenseits der 100 km/h ausspielen kann. Diese extreme Durchzugsübung gibt den realen Fahrbetrieb zwar nicht eins zu eins wieder, ihre Ergebnisse lassen sich aber sehr wohl auf geringere Geschwindigkeiten und tiefere Gänge übertragen.

Die Aussage "je mehr Zylinder, desto besser die Laufruhe" gilt für diesen Vergleichstest übrigens nicht. Der BMW-Vierzylinder zeigt ein kribbeliges Vibrationsverhalten, wie es für gewichtsoptimierte Superbike-Motoren und ihre Abkömmlinge typisch ist. Durch die kurze und nochmals gekürzte Gesamtübersetzung fällt das auch schon bei Landstraßentempo auf, weil der sehr temperamentvolle BMW-Motor immer ein wenig höher dreht als die Konkurrenz. Bis etwa 2017 gab es Supersportler, die wenigstens mit kurzen Ausgleichswellen Vibrationen konterten; das ist heute nicht mehr der Fall. Und die mechanischen Geräusche, die von dünnen Gehäusewänden abgestrahlt werden, können bei sensiblen Gemütern Zweifel wecken, ob im Inneren alles in Ordnung ist.

Speed Triple 1200 RS mit geringerem Verbrauch

Auch der massige Triumph-Dreizylinder kehrt etliches von seinem mechanischen Innenleben nach außen, entfaltet damit aber einen anderen Charme als der etwas spröde wirkende Sportler von BMW. Spätestens, wenn der Auspuffton des britischen Drillings die Mechanik übertönt, ist man regelrecht betört von seiner mit heiserer Stimme intonierten Darbietung. Auch deshalb, weil er viel weniger rau läuft, als er klingt. Sehr kultiviert zeigt er sich auch in der Gasannahme, beim Aufziehen ab der Kurvenmitte. Das ist aber nur die eine Hälfte des Themas Lastwechselverhalten. Die andere Hälfte betrifft das rasche Schließen der Drosselklappen vor der Kurve oder einem Vorausfahrenden. Dabei entsteht ein wenig behaglicher Ruck im Antriebsstrang. Es fühlt sich so an, als ob die Ruckdämpferfedern in der Kupplung entweder zu weich sind und auf Block gehen oder so hart, dass sie ihrer Aufgabe nur unzureichend nachkommen. Die erste Möglichkeit halte ich für eher wahrscheinlich.

Während die technisch unveränderte KTM 1390 Super Duke R Evo und die BMW S 1000 R trotz kürzerer Übersetzung ihre Verbrauchswerte im Bereich von Zehntellitern reproduziert haben, erfreute die Triumph Speed Triple 1200 RS mit deutlich geringerem Durst. Im Vergleich mit ihrer Vorgängerin beträgt die Ersparnis 0,4 bis 0,5 Liter pro 100 Kilometer und liegt damit jenseits einer zufällig entstandenen Messtoleranz. Mehr als die angegebenen 3 PS Mehrleistung, die sich auf dem Prüfstand als eineinhalb erwiesen, zeigt der reduzierte Verbrauch den Fortschritt, den Triumph bei der Überarbeitung des Motors erzielt hat.

Bestes Bremsgefühl bei der Triumph

Da, wo es in Sachen Verzögerung gilt, also am Vorderrad, setzen KTM und Triumph auf die gleichen hochwertigen Komponenten, abgesehen von den Bremsscheiben, die aber denselben Durchmesser haben. Das beste Bremsgefühl mit dieser Hardware bietet die Triumph durch kräftigen Anfangsbiss der Beläge und unverfälscht spürbarer Steigerung der Verzögerungsleistung mit zunehmendem Bremsdruck. So schafft eine Bremse Vertrauen und ermöglicht es dem Fahrer, ohne Stress auf den Punkt zu bremsen. Die KTM 1390 Super Duke R Evo hat etliche Kilometer mehr auf dem Tacho als die Triumph, und das könnte der Grund dafür sein, dass sie zu Beginn eines Bremsmanövers nicht so alert wirkt, wie die Triumph Speed Triple 1200 RS.

Sie schlägt sich aber immer noch besser als die BMW, die zu Beginn eher zögerlich verzögert – diese Doppelung ist Absicht – und so dazu nötigt, stärker am Hebel zu ziehen. Dabei wird die Bremse mit einem Mal sehr bissig, bissiger, als man es wollte. Es dauert eine ganze Weile, bis man dieses Verhalten so in die Anbrems- und Einlenkphase integriert hat, dass die Lenkimpulse und die vom Fahrer zu leistende Modulation des Bremsdrucks harmonisch ineinanderübergehen. Selbst dann verlangt die BMW S 1000 R noch mehr Konzentration als die beiden anderen.

BMW S 1000 R: zielgenau abgestimmte ABS-Optionen

Betrachtet man das Regelverhalten der ABS, sieht die Rangfolge anders aus. ABS und Fahrhilfen sind eine Domäne der BMW S 1000 R, dank sanft modulierender Eingriffe und zielgenau abgestimmter Optionen für die Arbeit des ABS. Also mit oder ohne Hinterrad-ABS und unterschiedlich defensive Reaktionen auf das Abheben des Hinterrads. BMW-Fahrer bekommen in einem weiten Bereich von Landstraßen-Cruising bis Rennstreckenheizen genau das, was sie einstellen. Die KTM 1390 Super Duke R Evo kommt dem fast gleich, verschiebt den Bereich aber weiter in Richtung "Ready-to-hau-rein". Diese Geschmeidigkeit der Regelungen kann die Triumph Speed Triple 1200 RS nicht bieten. Das gilt für den ganzen Komplex elektronischer Fahrhilfen, auch die Wheeliekontrolle, die sich selbst in der defensiven Stufe überlisten lässt. Hier braucht die Speedy noch Feinabstimmung.