Wenn man auf einer Party wäre, liefe man Gefahr, die neue Honda CB 650 F womöglich zu übersehen. Sie fällt nicht unangenehm durch Gegröle auf, trägt adäquate Kleidung und hängt nicht nur an der Bar rum. Sie ist eben mehr Sachbearbeiter als Hubschrauberpilot – nicht gänzlich uninteressant, doch weit entfernt von glamourös. Aber Bodenständigkeit, Solidität und Ehrlichkeit entwickeln ja auch ihren Charme. Tut man der Nachfolgerin der Honda Hornet also Unrecht, sie schon im Vorfeld als Langweiler zu diskreditieren? Ein Vierzylinder-Reihenmotor ruft bei Motorradfahrern heutzutage zumindest keine Freudentränen mehr hervor. Irgendwann fuhr halt jeder mal so eine Maschine. Dass die Honda CB 650 F dann sogar mit nur 649 Kubik Hubraum aufs Spielfeld läuft, macht die Sache nicht wirklich besser. Und mit 87 PS Nominalleistung bei 11.000 Touren holt man eben keinen mehr vom Hocker. Die Drehorgeln der 90er-Jahre haben einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
„Oben alles, unten nichts“ – die Zeiten scharfer Leistungscharakteristiken sollen jetzt aber vorbei sein. Dafür tritt das junge Entwicklerteam aus Japan zumindest an. Der komplett neu konstruierte Honda-Motor will folglich zwei Welten in sich vereinen: schon im niedrigen Drehzahlbereich verwertbaren Vortrieb liefern und obenrum noch mal richtig Zunder geben. Ein löbliches Vorhaben. Ein wenig Verwunderung herrscht dennoch, dass der in seinen Grundzügen und Charaktereigenschaften oft gelobte Hornet-Motor nicht Pate stand. Ob es sich beim neuen Triebwerk um eine in erster Linie kostenoptimierte Konstruktion handelt? Die nackte CB und ihre verkleidete Schwester Honda CB 650 F werden als erste Modelle des japanischen Herstellers vollständig in Thailand produziert. Aber das muss ja nichts heißen …
Bis in den 6. Gang ohne einmal Gas geben
Bis man mit der Honda CB 650 F warm wird, dauert es in jedem Fall einen Moment länger als bei anderen Hondas. Das liegt nicht an der Sitzposition oder der mit 64,5 Grad Lenkkopfwinkel und 101 Millimeter Nachlauf im üblichen Rahmen eines Naked Bikes liegenden Geometrie, sondern am nervigen Kaltstartverhalten. Eigentlich sollte es in Zeiten computergesteuerter Einspritzanlagen der Vergangenheit angehören, dass die Drehzahl beim Druck auf den Anlasser auf 2500 Touren schnalzt. Vor allem, wenn die morgendlichen Temperaturen im zweistelligen Bereich liegen. Nun ja, nach zirka zwei Minuten pendelt sich die Leerlaufdrehzahl bei etwa 1200 Umdrehungen ein: Los geht’s!
Der in der Weite nicht einstellbare Kupplungshebel benötigt erfreulicherweise wenig Handkraft, und der erste Gang rastet zwar hörbar, aber nicht unanständig laut ein. Spät rückt die Kupplung ein und versetzt die DID-Antriebskette in Rotation. Flottes Losfahren erfordert entsprechend eine kurze Eingewöhnungsphase. Aufmerksame Piloten registrieren bei der Suche nach dem Einrückpunkt die automatische Standgasanhebung beim Einkuppeln. Wer es darauf anlegt, kann bei der Honda CB 650 F bis in den sechsten Gang hochschalten, ohne einmal Gas gegeben zu haben – die Elektronik verhindert erfolgreich ein Absterben des Triebwerks.
Es gab schon Honda-Getriebe, die sich deutlich exakter bedienen ließen. Vor allem zwischen dem ersten und zweiten sowie dem zweiten und dritten Gang gibt sich das Schaltwerk knochig und verlangt nach einem beherzten Schaltfuß. Dafür wirkt die Übersetzung wiederum sehr gelungen, was das Gangdiagramm nicht unbedingt widerspiegelt. Bereits ab 2500 Touren spannt das Triebwerk seine Muskeln und stellt mit 50 Newtonmetern ausreichend Kraft zur Verfügung. Das ermöglicht frühes Hochschalten. Selbst im Stadtverkehr kann man sorgenfrei im fünften oder sechsten Gang fahren und locker mit den Blechkarossen mitschwimmen. Klar darf man bei diesem moderat kurzhubig ausgelegten Motor (Bohrung: 67 mm, Hub: 46 mm) keinen Antritt wie bei einem Elektro-Bike erwarten. Aber die zahm ausgelegten Steuerzeiten der über Tassenstößel betätigten acht Einlass- und acht Auslassventile gewährleisten ganz offenbar eine gute Füllung des Brennraums im unteren und mittleren Drehzahlbereich. Versprechen also eingehalten. Schön!
Putzmunter bis in den Begrenzer
Das Ansprechverhalten dürfte indes sensibler, die Lastwechselreaktionen geringer ausfallen. Gerade nach längerem Schiebebetrieb geht ein kräftiger Ruck durch die Honda CB 650 F, wenn die Drosselklappen auf Durchzug gestellt werden. Mitunter bringen die Lastwechselreaktionen sogar Unruhe in die ansonsten gute Stabilität bei Kurvenfahrten und verhageln einem die Linie.
Technisch wiederum lässt sich die zu Beginn geäußerte Vermutung des Kostendrucks für den 30 Grad nach vorn geneigten Motor nicht bestätigen. Die Kolbenhemden beispielsweise sind asymmetrisch ausgeführt, um Reibungsverluste an den Zylinderwänden zu verringern. Zudem finden sich im Kurbelgehäuse Belüftungsbohrungen, die bei hohen Drehzahlen die Druckschwankungen und Pumpverluste reduzieren sollen. Und letztlich weist auch das Prüfstandsdiagramm jegliche Zweifler zurück, dass der Vierzylinder eine Sparnummer sein könnte. Denn nicht nur übertrifft das Aggregat die Herstellerangaben um je 2 PS und Newtonmeter, es überzeugt auch in der Praxis mit einem breit nutzbaren Drehzahlband.
Wer im normalen Landstraßenmodus unterwegs ist, kann bei 5000 Touren hochschalten, ohne zum Verkehrshindernis zu werden. Kommt es einem in den Sinn, am GS-Fahrer dranzubleiben, der einen gerade überholt hat, sollte die Drehzahl allerdings nicht unter 6000 Umdrehungen sinken. Ab hier zündelt der Vierzylinder ordentlich im Brennraum und stemmt druckvollen Vortrieb an den 180er-Hinterreifen. Hat der BMW-Pilot die Verfolgung bemerkt und will mit seiner Mehrleistung die Flucht nach vorn antreten, kann man die Drosselklappen der Honda CB 650 F getrost offen lassen, bis die Kolben bis zu 11.000-mal die Minute durch die Zylinder sausen. Denn selbst im oberen Drehzahldrittel kann das Triebwerk noch eine Schippe draufsatteln und dreht putzmunter bis in den Begrenzer.
Honda CB 650 F ohne hochfrequentes Kreischen
Wer jetzt erneut stutzt, weil er auf der biologischen Festplatte abgespeichert hatte, dass die nun abgelöste Honda Hornet ganze 102 PS leistete, kann beruhigt werden. Es stimmt nämlich: Trotz größeren Hubraums leistet die Honda CB 650 F weniger. Doch wirklich vermissen wird man die letzten paar Pferdchen nicht. Auf ebenem Terrain hat das Triebwerk nie Mühe, die 212 Kilogramm flott voranzutreiben.
Die dabei von der chic in Szene gesetzten Vier-in-eins-Auspuffanlage entlassene Klangkulisse bleibt stets im Hintergrund. Im unteren Drehzahldrittel werkelt das wassergekühlte Aggregat sogar so leise, dass man die Benzinpumpe arbeiten hört. Dass mit höherer Drehzahl die Lautstärke ansteigt, ist logisch. Ein hochfrequentes Kreischen, wie von anderen 600-Kubik-Hochleistungsmotoren bekannt, ist von der Honda CB 650 F nicht zu vernehmen. Klarer Pluspunkt.
Unerwartet starke Vibrationen
Ein anderer Umstand macht dem Piloten der Honda CB 650 F indes mehr zu schaffen: Ab 5000 Touren beginnt es, in den Händen und Füßen des Fahrers kräftig zu kribbeln. Unerwartet starke Vibrationen dringen vom Triebwerk in das gesamte Motorrad und werden mit steigender Drehzahl dominanter. Nun ja, ein geschmeidiger Kandidat ist dieser Vierzylinder jedenfalls nicht.
Dafür kann die Honda CB 650 F mit anderen Tugenden punkten. In einer Sitzhöhe von 800 Millimetern findet auch ein 1,79 Meter große Pilot einen kommoden Sitzplatz vor. Die Sitzbank neigt sich leicht in Richtung des 17,3-Liter-Tanks, der Lenker streckt sich dem Fahrer freundlich entgegen. So hockt man mit einem entspannten Kniewinkel und aufrechtem Oberkörper sehr aktiv auf der Honda und empfindet lediglich den Knieschluss als minimal zu breit. Sei’s drum, das bekannte Honda-Wohlfühl-Feeling findet man auch auf der CB wieder.
Zackt extrem leichtfüßig ums Eck
So kann man sich sofort über die vom Stand weg fulminanten Handlingsqualitäten des gelben Renners freuen. Trotz des unnötige 180 Millimeter breiten Hinterreifens (Dunlop Roadsmart 2) zackt die Honda CB 650 F extrem leichtfüßig ums Eck und quittiert kurzfristige Linienkorrekturen mit militärischem Gehorsam. Da haben die Japaner ein gutes Händchen bewiesen. Denn auch wenn man auf den ersten Metern die Handlichkeit eher als Nervosität wahrnimmt, lernt man die spielerische Navigation der 650er rasch zu schätzen. Das postgelbe Motorrad mit einem Landstraßenverbrauch von akzeptablen 4,4 Litern kann nämlich auch Express-Versand!
Wer mit der Honda CB 650 F ernst macht, wird sich ebenso über die ausreichende Dämpfung der Federelemente freuen, wie über die Verwindungssteifigkeit des zum Teil oval ausgeführten Stahl-Brückenrahmens. Die Telegabel mit 41 Millimeter Durchmesser kann zwar in ihrem Setup nicht justiert werden, überzeugt dafür aber in der Serienauslegung mit gutem Ansprechverhalten und straffer Dämpfung. Gleiches gilt für den direkt an der Aluminium-Gussschwinge angesteuerten Monoshock, der immerhin siebenfach in der Vorspannung den individuellen Bedürfnissen angepasst werden kann. Lediglich der Federungskomfort dürfte für zartbesaitete Testernaturen einen Hauch luxuriöser ausfallen. Aber gut, man kann eben nicht alles haben. Der beste Freund ist ja schließlich auch kein Millionär und wirft mit Geld nur so um sich.

Dafür kann man es mit der Honda CB 650 F ganz schön fliegen lassen. Zwar lenkt sie nicht völlig neutral in Schräglage ein und erfordert bei Kurvenfahrten einen leichten Gegendruck am kurveninneren Lenkerende. Doch zieht sie, einmal auf Kurs gebracht, stoisch und unaufgeregt ihre Bahn und lässt sich auch nicht von Bodenwellen oder Schlaglöchern aus der Ruhe bringen. Allerdings sollte der Fahrer spontane Kurskorrekturen mit der nötigen Sensibilität umsetzen: Wegen des agilen Handlings zupft man ein ums andere Mal eine Spur zu stark an der Lenkstange und fährt auf einer engeren Linie ums Eck als ursprünglich geplant. Gewöhnungssache!
Ein gutes Gefühl für die Bremse muss hingegen nicht erst gefunden werden. Die Dosierung der Zweikolben-Schwimmsättel kann besser kaum sein. Und im Ernstfall bewahrt das serienmäßige ABS vor Kontrollverlust. Die Verzögerungsleistungen sind allerdings nicht besonders hitverdächtig, sondern eher Durchschnitt.
Und was ruft Honda nun für dieses solide Mittelklasse-Motorrad auf? Nicht wirklich wenig: 7955 Euro sind für ein 650-Kubik-Vierzylinder-Motorrad üppig. Vor allem bei der erstarkten Konkurrenz aus dem Hause Yamaha. Doch diese wunderbare Lockerheit um die Hüften, diese gutmütigen Fahreigenschaften und das gelungene Gesamtpaket werden definitiv Käufer finden. Sollen doch die anderen die Extravaganz pflegen. Mit der Honda CB 650 F fährt man einfach und locker Motorrad. Und darum geht es!
Technische Daten
Motor: Wassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, zwei obenliegende, kettengetriebene Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Tassenstößel, Nasssumpfschmierung, Einspritzung, 4x Ø 32 mm, geregelter Katalysator, Lichtmaschine 343 W, Batterie 12 V/9 Ah, mechanisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette, Sekundärübersetzung 42:15.
Bohrung x Hub: 67,0 x 46,0 mm
Hubraum: 649 cm³
Verdichtungsverhältnis: 11,4:1
Nennleistung: 64,0 kW (87 PS) bei 11 000/min
Max. Drehmoment: 63 Nm bei 8000/min
Fahrwerk: Brückenrahmen aus Stahl, Telegabel, Ø 41 mm, Zweiarmschwinge aus Aluminium, Federbein, direkt angelenkt, verstellbare Federbasis, Doppelscheibenbremse vorn, Ø 320 mm, Doppelkolben-Schwimmsättel, Scheibenbremse hinten, Ø 240 mm, Einkolben-Schwimmsattel, ABS.
Alu-Gussräder: 3.50 x 17; 5.50 x 17
Reifen: 120/70 ZR 17; 180/55 ZR 17
Bereifung im Test: Dunlop Roadsmart 2
MAßE + Gewichte: Radstand 1450 mm, Lenkkopfwinkel 64,5 Grad, Nachlauf 101 mm, Federweg v/h 120/128 mm, zulässiges Gesamtgewicht 396 kg, Tankinhalt 17,3 Liter.
Service-Daten:
Service-Intervalle: 12 000 km
Öl- und Filterwechsel: alle 12 000 km, 2,9 Liter
Motoröl: 10W30
Telegabelöl: 10W
Zündkerzen: Denso U27FER9, NGK CREH9
Leerlaufdrehzahl: 1250 ± 100/min
Reifenluftdruck: solo (mit Sozius)
vorn/hinten: 2,5/2,9 (2,5/2,9) bar
Garantie: zwei Jahre
Farben: Gelb, Schwarz, Silber, Tricolor (Blau/Weiß/Rot)
Preis: 7690 Euro
Nebenkosten: 265 Euro
Die 90-PS-Klasse gewinnt an Dynamik
Mitten in die Mittelklasse
So breit, wie die Mittelklasse heutzutage gefächert ist, sollte man über eine neue Nomenklatur nachdenken. Die CB 650 F befindet sich nämlich genau in der Mitte.
Um die Jahrtausendwende waren die Leistungsklassen der Mittelklasse-Motorräder noch klar strukturiert. Da gab es die einen, die zum Teil wegen der Einstufung in eine günstigere Versicherungsklasse maximal 78 PS leisteten, und die anderen, die die 100-PS-Marke umringten. Eine eher neue Erscheinung in der mittleren Hubraumklasse sind Motorräder wie die neue CB 650 F, die mit etwa 90 PS an den Start geht. In dieser Region stand jahrelang die BMW F 800 R mit ihrem Paralleltwin und 87 PS ziemlich allein da. Entweder hatte die Konkurrenz deutlich weniger Leistung, wie die Yamaha XJ6, Kawasaki ER-6n oder Suzuki Gladius mit 70 bis 80 PS, oder deutlich mehr PS wie die Honda Hornet (102 PS), Triumph Street Triple 675 (106 PS) und Kawasaki Z 800 (113 PS).
Nur die Aprilia Shiver (95 PS), Ducati Monster 796 (87 PS) und Suzuki GSX 650 F (86 PS) gesellten sich zu der erfolgreichen BMW F 800 R. Mit der neuen CB-Reihe versucht Honda gleich mit zwei Modellen, es der Konkurrenz schwer zu machen. Interessanterweise ersetzt der japanische Hersteller damit zwei Leistungsklassen seiner bisherigen Modellpalette: Neben der schnittigen und agilen Hornet 600 mit ihren 102 PS wird auch der Allrounder CBF 600 mit 78 PS nicht mehr gebaut. Letztere gab es ohnehin nur noch mit verkleideter Frontpartie, und sie hatte mit der CB 600 F bereits aus eigenem Hause einen starken Kontrahenten.
Honda strafft nun mit der CB 650 F und CBR 650 F seine Modellpalette. Inwiefern dieser Schritt in Richtung 90-PS-Klasse der richtige ist, wird sich zeigen. Klar ist zumindest, dass sowohl die Hornet als auch die bis 2012 gebaute nackte CBF 600 sich großer Beliebtheit erfreuten.
Aufgefallen

Unter der Sitzbank ist wartungsfreundlich die Batterie samt Sicherungskasten untergebracht. Zudem bietet das so freigelegte Staufach Platz für ein Paar Handschuhe und eine Regenkombi. Wer Gepäck verzurren möchte, kann zusätzlich zwei Schlaufen unterhalb des Soziussitzes ausklappen.

Das geht gar nicht! Dass die Aufkleber auf der Seitenverkleidung nicht überlackiert sind, macht sich schon nach wenigen Kilometern bemerkbar: Im vorderen Teil hat sich der Kleber bereits sichtbar gelöst. Auch wenn der Bremshebel erfreulicherweise in der Weite verstellbar ist: Warum kommt der Kupplungshebel nicht in den gleichen Genuss?
Reifen-Transparenz
Da für MOTORRAD die Vergleichbarkeit und Objektivität der Tests allerhöchste Priorität haben, sind die Hersteller angehalten, die Testmotorräder auf derselben Besohlung zur Verfügung zu stellen, wie die Maschinen auch im Handel stehen. Im Falle dieses Top-Tests klappte das leider nicht. Honda stellte uns das Motorrad mit Dunlops Roadsmart 2 vor die Tür. Die Erstausrüster-Reifen sind allerdings Dunlop D222 und Metzeler Z8 Interact „F“. Aus zeitlichen Gründen konnten diese nicht vor Redaktionsschluss gegengefahren werden. Wir bitten diesen Umstand zu entschuldigen. Beim Mittelklasse-Vergleichstest, der für MOTORRAD 14/2014 geplant ist, wird die kleine Honda dann aber auf Erstausrüster-Reifen antreten.
MOTORRAD-Messungen

Fahrleistungen
Höchstgeschwindigkeit: 205 km/h
Beschleunigung
0–100 km/h3,8 sek
0–140 km/h6,7 sek
0–200 km/h21,2 sek
Durchzug
60–100 km/h4,8 sek
100–140 km/h5,8 sek
140–180 km/h8,8 sek
Tachometerabweichung
Effektiv (Anzeige 50/100): 48/98 km/h
Drehzahlmesserabweichung
Anzeige roter Bereich: 12 200/min
Effektiv: 12 200/min
Verbrauch
Landstraße: 4,4 l/100 km
Bei 130 km/h: 4,6 l/100 km
Theor. Reichweite Landstraße: 393 km
Kraftstoffart: Super
MAßE + Gewichte
L/B/H: 2160/910/1260 mm
Sitzhöhe: 800 mm
Lenkerhöhe: 1065 mm
Wendekreis: 5440 mm
Gewicht vollgetankt: 212 kg
Zuladung: 184 kg
Radlastverteilung v/h: 50,7/49,3 %

Okay, 650 Kubikzentimeter Hubraum werden niemanden überfordern. Doch wer der Honda vorwirft, einen blutleeren Antrieb zu besitzen, tut ihr Unrecht. Schon ab 3000 Touren produzieren die vier Zylinder verwertbaren Vortrieb. Wer einen flotten Überholvorgang anstrebt, sollte allerdings mindestens die 6000er-Marke anpeilen. Ab hier spielt die CB ordentlich mit dem Feuer und dreht fröhlich bis in den Begrenzer.
Fahrdynamik
Handling-Parcours I (schneller Slalom)
Rundenzeit: 20,8 sek
Referenz KTM 690 Duke: 19,0 sek
Vmax am Messpunkt: 101,5 km/h
Referenz KTM 690 Duke: 110,0 km/h
Die kleine Honda ist zwar handlich, muss durch den schnellen Parcours jedoch mit harter Hand geführt werden, da sich das Motorrad mit steigender Geschwindigkeit versteift. Bedingt durch die harte Gasannahme, ist es schwierig, einen sauberen Strich zu fahren.
Handling-Parcours II (langsamer Slalom)
Rundenzeit: 29,3 sek
Referenz Triumph Street Triple: 27,3 sek
Vmax am Messpunkt: 52,9 km/h
Referenz Triumph Street Triple: 59,0 km/h
Hier zirkelt die Honda souverän um die Pylonen. Am Umkehrpunkt untersteuert die Honda ein wenig. Die Rückmeldung ist gut.
Kreisbahn (Ø 46 Meter)
Rundenzeit: 11,1 sek
Referenz Triumph Street Triple: 10,2 sek
Vmax am Messpunkt: 50,150,1 km/h
Referenz Triumph Street Triple: 56,4 km/h
In großer Schräglage muss man die Linie mit Bedacht korrigieren. Links herum setzen erst Fußraste, dann Seitenständer und Ausleger auf.
Bremsmessung aus 100 km/h
Bremsweg: 43,4 m (Restgeschwindigkeit 20,9 km/h)
Referenz Triumph Street Triple: 41,5 m

Die Bremsdosierung könnte kaum besser sein. Mit wenig Handkraft lässt sich die Geschwindigkeit fein kontrollierbar verringern. Wer die Zweikolben-Schwimmsättel zum beherzten Biss auffordert, erntet allerdings keine sensationellen Verzögerungswerte. Das ABS verhindert zwar effektiv ein Blockieren der Räder, 8,9 m/s² sind allerdings in dieser Kategorie nur Durchschnitt.
MOTORRAD-Punktewertung
Motor
Maximale Punktzahl | Honda CB 650 F | |
Durchzug | 40 | 20 |
Beschleunigung | 40 | 19 |
Topspeed | 30 | 14* |
Motorcharakteristik | 30 | 19 |
Ansprechverhalten | 20 | 13 |
Lastwechsel | 20 | 12 |
Laufruhe | 20 | 12 |
Kupplung | 10 | 8 |
Schaltung | 20 | 12 |
Getriebeabstufung | 10 | 8 |
Starten | 10 | 8 |
Summe | 250 | 145 |
*Bewertet: MOTORRAD-Messung 205 km/h (Werksangabe 195 km/h)
Dass Honda sich mit dem Motor viel Mühe gemacht hat, steht außer Frage. Das anvisierte Ziel, dem Vierzylinder ordentlichen Schub von unten einzupflanzen, ohne dass seine Drehfreude darunter leidet, hat man auch erreicht. Leider fällt der Vierzylinder dafür mit hartem Ansprechverhalten und unwirschen Lastwechselreaktionen auf. Diese sind ausgeprägt und verhageln dem Piloten gern die angepeilte Linie. Zudem vibriert das Triebwerk ab 5000 Umdrehungen spürbar. Das Getriebe lässt sich nicht immer exakt bedienen.
Fahrwerk
Maximale Punktzahl | Honda CB 650 F | |
Handlichkeit | 40 | 30 |
Stabilität in Kurven | 40 | 27 |
Lenkverhalten | 40 | 28 |
Rückmeldung | 10 | 8 |
Schräglage | 20 | 16 |
Geradeauslaufstabilität | 20 | 15 |
Fahrwerksabstimmung vorn | 20 | 13 |
Fahrwerksabstimmung hinten | 20 | 13 |
Einstellmöglichkeiten Fahrwerk | 10 | 1 |
Federungskomfort | 10 | 6 |
Fahrverhalten im Sozius | 20 | 14 |
Summe | 250 | 171 |
In Sachen Fahrwerk muss sich das Naked Bike nicht hinter der Konkurrenz verstecken. Dank ausgewogener Fahrwerksabstimmung, einer tollen Rückmeldung vom Vorderrad und einer prächtigen Schräglagenfreiheit kann man mit der CB ziemlich flott unterwegs sein. Da ist es sogar zu verkraften, dass lediglich das Federbein in der Vorspannung eingestellt werden kann und der Federungskomfort nicht sensationell ist. Wer gern mit Sozius fährt, macht mit der Honda nichts verkehrt. Sie bietet ausreichend Reserven und fährt mit Begleitung weiterhin unauffällig. Leider setzt sie dann aber früher auf.
Alltag
Maximale Punktzahl | Honda CB 650 F | |
Ergonomie Fahrer | 40 | 30 |
Ergonomie Sozius | 20 | 12 |
Windschutz | 20 | 1 |
Sicht | 20 | 13 |
Licht | 20 | 13 |
Ausstattung | 30 | 14 |
Handhabung/Wartung | 30 | 17 |
Gepäckunterbringung | 10 | 4 |
Zuladung | 10 | 4 |
Reichweite | 30 | 25 |
Verarbeitung | 20 | 13 |
Summe | 250 | 146 |
Der Fahrer findet einen kommoden Sitzplatz vor, wo alle Gliedmaßen problemlos ihren vorherbestimmten Platz finden. Das Bordwerkzeug liegt wie üblich unter der Sitzbank und zeigt sich gut sortiert. Fernreisende können zudem auf vier Gepäckhaken (plus Soziusfußrasten) zurückgreifen. Die Zuladung wiederum fällt mit 184 Kilogramm nicht außerordentlich üppig, aber noch zufriedenstellend aus. Dank des akzeptablen Verbrauchs von 4,4 Litern und dem 17,3-Liter-Spritfass sind Etappen bis zu 393 Kilometer ohne Tankstopp möglich.
Sicherheit
Maximale Punktzahl | Honda CB 650 F | |
Bremswirkung | 40 | 26 |
Bremsdosierung | 30 | 24 |
Bremsen mit Sozius/Fading | 20 | 13 |
Aufstellmoment beim Bremsen | 10 | 7 |
ABS-Funktion | 20 | 12 |
Lenkerschlagen | 20 | 14 |
Bodenfreiheit | 10 | 7 |
Summe | 150 | 103 |
Die Dosierung der Bremsen ist tadellos. Nur die Bremswirkung lässt ein wenig zu wünschen übrig. Das ABS regelt zwar grundsätzlich fein, ermöglicht aber trotzdem keine kürzeren Bremswege. Mit den montierten Dunlop Roadsmart 2 stellte sich die CB beim Bremsen in Schräglage leicht auf.
Kosten
Maximale Punktzahl | Honda CB 650 F | |
Garantie | 30 | 15 |
Verbrauch (Landstraße) | 30 | 22 |
Inspektionskosten | 20 | 19 |
Unterhaltskosten | 20 | 12 |
Summe | 100 | 68 |
Mit zwei Jahren Garantie und Inspektionsintervallen von 12 000 Kilometern bzw. alle zwei Jahre kann die kleine Honda zufriedenstellend punkten.
Maximale Punktzahl | Honda CB 650 F | |
Gesamtwertung | 1000 | 633 |
Preis-Leistungs-Note | 1,0 | 1,3 |
Die ordentliche Gesamtperformance ergibt zusammen mit dem Preis von 7955 Euro ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.
Fazit
Das Gesamtpaket überzeugt! Mit einem modernen Design, einem soliden Triebwerk und den tadellosen Fahreigenschaften macht die CB 650 F ihrem Hersteller alle Ehre. Sie zeigt, dass auch ein kleiner Vierzylinder untenrum schon die Muskeln anspannen kann. Nur die Vibrationen ab 5000 Touren und das Ansprechverhalten des Motors trüben das Bild des alltagstauglichen Naked Bikes.