Triumph Street Triple RS im Top-Test

Triumph Street Triple RS im Top-Test
Größerer Dreizylinder, hochwertige Ausstattung

Zuletzt aktualisiert am 12.04.2017

Die Triumph Street Triple darf die geniale Idee für sich verbuchen, mit einem rassigen Dreizylinder im Top-Fahrwerk die Mittelklasse aufzumischen. Vor zehn Jahren war das. Stillstand bedeutet jedoch Rückschritt, die Mittelklasse positioniert sich so langsam um 900 cm³, und die Konkurrenz hat nicht geschlafen, sondern ist an der Triumph Street Triple vorbeigezogen. Mehr Leistung und ein größerer Motor waren nötig geworden. Beides hat die Triumph Street Triple jetzt. Aus 675 cm³ werden 765, aus 106 PS werden in der Top-Version RS 123. Dieser fühlen wir im MOTORRAD-Top-Tst auf den Zahn. Eine Spaßgranate erster Güte war die 675er schon. Das Ganze noch mit mehr Druck und feinsten Komponenten? Wird ein Fest!

Sitzposition

Ein geniales Arrangement bietet die Triumph Street Triple RS ihrem Fahrer: Die nicht zu breite, nicht zu tiefe Lenkstange bittet den Oberkörper leicht nach vorn. Die Rasten geben etwas sportliche Würze in die Beinhaltung. Alles aktiv, aber nicht verkrampft. Dazu bietet ein straffes, gefühlsechtes Sitzpolster klare Rückmeldung und genügend Platz zum Hin- und Herrutschen. Die Spiegel an den Lenkerenden sind zwar wenig stadtgewühltauglich, bieten aber ausreichend Sicht nach hinten.

Ausstattung und Handhabung

Auf den ersten Knopfdruck nimmt die Triumph Street Triple RS mit sattem Brabbeln die Top-Test-Arbeit auf. Die Kupplung geht leicht, der erste Gang rastet sauber ein, jedoch ist der Schleifpunkt der Kupplung etwas teigig. Beim Anfahren die Drehzahl also über 2000/min halten, damit der Drilling nicht in ein kleines Anfahrloch fällt.

Ab niedrigsten Drehzahlen läuft die Triumph Street Triple RS geschmeidig. Wenn überhaupt, leistet sie sich minimale Vibrationen leistet in der ersten Drehzahlhälfte. Wie ein Kätzchen schnurrt der Motor durch das Drehzahlband. Herrlich, wie er dabei je nach Drehzahl und Lastzustand seine Tonlage ändert, schläfrig grummelt, aufgekratzt brabbelt und stets schön im Ohr präsent ist. So sind schon die ersten Kilometer mit niedrigem Tempo auch akustisch ein Genuss.

Das brillante TFT-Display der Triumph Street Triple RS lässt die Wahl zwischen drei Darstellungsformen und ist in der Neigung verstellbar. So hat der Fahrer unabhängig von Körpergröße und Sonnenstand alles bestens im Blick. Die Einstellung der Menüs und das Abrufen von Informationen, bislang nicht gerade eine Stärke der Triumphs, erledigt nun ein Joystick an der linken Schaltereinheit nach kurzer Eingewöhnung rasch und intuitiv.

Zur Auswahl stehen in der Triumph Street Triple RS vier Riding Modes (Road, Rain, Sport, Track), die zwei ABS-, drei Drosselklappen- und vier Traktionskontrollen-Setups unterschiedlich kombinieren. Dazu lässt sich ein persönlicher Modus mit individueller Abstimmung zusammenstellen.

Motor und Getriebe

Der 765er-Dreizylinder der Triumph Street Triple RS geht unter allen Gegebenheiten wunderbar sanft ans Gas. Lastwechsel kennt er nur beim Gasschließen; die Drosselklappen öffnet er jederzeit geschmeidig. Damit wird punktgenaues Gasanlegen im Kurvenscheitel zum Kinderspiel. So kann man sich beim Kurvenräubern ganz auf die Linienwahl konzentrieren und darauf, dem Dreizylinder die Sporen zu geben.

Dann legt er akustisch noch mal eine Schippe nach, röhrt bei weit aufgerissenen Drosselklappen kernig aus der Airbox. Gleichmäßig, gummibandartig schiebt er voran. In der Mitte nicht übermächtig, aber insgesamt mit respektablem Durchzug auf Augenhöhe zur 900er-Konkurrenz.

Ab 9000/min ist Feuer in der Hütte. Der kehlige Ton legt an Schärfe zu, und der Drehzahlmesser schnappt wie angestochen Richtung roter Bereich. So sanftmütig er untenrum agiert, so bissig geht der Drilling oben raus zu Werke. Und für wirklich zackige Manöger einfach einmal runterschalten und die fulminante Drehfreude und den gierigen Sound genießen.

Ein wild steigendes Vorderrad muss man dank der frontlastigen Gewichtsverteilung der Triumph Street Triple RS nicht befürchten. was der Beschleunigung zugutekommt. Dank ordentlich funktionierendem Schaltautomaten ist rasch der nächste Gang nachgelegt; beim zünftigen Durchladen reiht er sauber Gang an Gang. Dabei bräuchte man den serienmäßigen Quickshifter nicht einmal: Auch beim Schalten mit Kupplung flutschen die Gänge exakt und bei niedrigen Drehzahlen sogar geschmeidiger.

Die höhere Leistung, welche die Triumph Street Triple RS von ihren Schwestern S und R abhebt, kommt keineswegs nur aus der Elektronik: schärfere Nockenwellen, kurze Ansaugtrichter, spezielle Krümmer ohne Interferenzrohre und all dies flankiert von angepassten Zünd-/Einspritzmappings verschaffen der RS ihre 123 PS. Auf der Prüfstandsrolle ließ sie sogar satte 128 PS aufgaloppieren.

Fahrwerk

Künstle

Dass sich bei so viel sportlichem Ehrgeiz das Fahrwerk nicht lumpen lässt, versteht sich fast von selbst. Die Triumph Street Triple RS macht beim feurigen Kurventwist eine ausgezeichnete Figur. Präzise sticht sie in die Ecken, Linie anpeilen und treffen ist ein Kinderspiel. Willig lässt sie sich am breiten Lenker in tiefste Schräglagen hinabführen. Aufstellmoment? Vernachlässigbar.

Die Abstimmung der Federelemente zeigt sich im Test auf der sportlich-straffen Seite, hat aber etwas Restkomfort bewahrt - die Gabel mehr als das Federbein. Kurze, harte Kanten dringen auch als solche zum Fahrerhintern durch.

Der Lohn ist enorme Kurvenstabilität. Auch am Kurvenausgang beharrt die Triumph Street Triple RS hartnäckig auf ihrer Linie, selbst wenn der Pilot stramm am Kabel zieht. Hierfür hoben die Techniker den Schwingendrehpunkt um vier Millimeter an. Ansonsten blieb das Chassis unverändert. Neu sind dagegen Schwinge und Umlenkung, die Platz für den neuen, ein Kilogramm leichteren Schalldämpfer schaffen. Gewicht sparen auch der neue Heckrahmen (400 Gramm) und der geringfügig größere Kühler (300 Gramm).

All das trägt zum präzisen und agilen Handling bei. Erst bei höherem Tempo verlangt die Triumph Street Triple RS mehr Einsatz am Lenker für schnelle Richtungswechsel. Dennoch knallt sie im Top-Test-Parcours im schnellen Slalom eine Superzeit hin. Was nur untermauert, wie viel Rückmeldung das Fahrwerk liefert, seine Beherrschbarkeit unterstreicht und Vertrauen schenkt.

Bremsen

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Top-Material setzt die Triumph Street Triple RS auch bei den Bremsen ein: Brembos feine MCS-19.21-Bremspumpe, bei der sich die Anlenkung des Bremskolbens zur Justage des Druckpunkts ändern lässt, M.50-Monobloc-Zangen und 310er-Scheiben ergeben eine schlagkräftige Kombination. Sanftem ersten Ansprechen folgt kraftvolles, im Test wie im Alltag gut dosierbares Zupacken.

Ein wenig schwieriger wird es allerdings bei Vollbremsungen. Bei allzu heftigen Bremsmanövern oder blitzartigem Griff zur Bremse neigt die Triumph Street Triple RS deutlich zum abhebenden Heck, welches der Anti-Stoppie-­Algorithmus des scharf regelnden ABS nur bedingt in den Griff bekommt. Von einer IMU überwachte Systeme erledigen diese Aufgabe besser, doch die Leistungsfähigkeit der Bremse selbst steht außer Frage. Im Zweifelsfall sollte der Pilot daher das steigende Hinterrad lieber selbst regulieren.

Verarbeitung, Verbrauch, Kosten

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Oberflächen und Anbauteile der Triumph Street Triple RS wirken solide und fein gemacht. Ob simple Schraubenköpfe oder die Schwingenlagerung, das Auge erfreut sich an vielen nett gestalteten Details.

Die einstellbaren Handhebel gefallen ebenso wie das informative TFT-Display. Dessen Drehzahlmesser geht zwar gut 500/min vor, die exakte Verbrauchsanzeige macht das aber wieder wett. Nur die Restreichweitenanzeige reagiert etwas übereifrig auf Last- und ­damit Verbrauchsänderungen.

Womit wir bei einem weiteren erfreulichen Punkt wären, denn seinen Leistungszuwachs erkauft sich der Dreizylinder nicht mit gestiegenem Durst. 4,9 Liter/100 km im Test auf der sparsam gefahrenen MOTORRAD-Verbrauchsrunde sind ein Wort. Artgerecht bewegt wird es auch mal ein Liter mehr.

Zähne zusammenbeißen muss man lediglich beim Preis der Triumph Street Triple RS: 11 600 Euro plus Nebenkosten sind eine Ansage. Doch dafür erhält man auch ein prächtiges Feuerzeug.

MOTORRAD-Fazit zur Triumph Street Triple RS

Künstle

Bigger is better. Mehr Hubraum und mehr Leistung machen aus der Street Triple RS dank unverändert hoher Fahrwerksqualitäten
und trotz Schwächen bei der Bremsstabilität einen heißen Anwärter auf die Krone der Mittelklasse-Nakeds. Allerdings zu stolzem Preis. Ob die günstigeren Versionen, die preislich in Schlagdistanz zur Konkurrenz liegen, ebenso auftrumpfen können, das ist nun die spannende Frage.

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