Vergleichstest Honda CB 500 S gegen MuZ Skorpion Sport 660

Vergleichstest Honda CB 500 S gegen MuZ Skorpion Sport 660
Halb und halb

Zuletzt aktualisiert am 09.06.1998

Weil alle Welt Motorräder liebt, die an sich schon Show sind, gerät die untere Mittelklasse bedrohlich ins Abseits - kaum Modellvielfalt und erst recht keine neuen Modelle. Die eine oder andere Enduro wurde kreiert, gewiß, doch unter Allroundern bestimmen Yamahas Vierzylinder XJ 600 und die Twins von Suzuki, Kawasaki sowie Honda seit Jahren das Bild. Deshalb geriet etwas außer Sicht, wie souverän Bikes mit rund 50 PS die immergleiche Aufgabe erfüllen, möglichst angenehm von A nach B zu tragen: schnell genug, ausdauernd sowieso, mit geringen Wartungsansprüchen, ungemein preiswert. Die einfachen Dinge können so schön sein.
Unter diesem Gesichtspunkt zählt Hondas CB 500 sicher zu den schönsten Motorrädern überhaupt, denn ihr wassergekühlter Reihen-Zweizylinder darf sich größter Zuverlässigkeit und längster Wartungsinterwalle gleichermaßen rühmen. Nur alle 12000 Kilometer möchte ihn der Honda-Händler zur großen Inspektion wiedersehen. Obendrein werden auch die homogene Leistungsentfaltung, der gebotene Komfort und der günstige Preis zum jetzt vier Jahre anhaltenden Erfolg der CB 500 beigetragen haben. Seit wenigen Monaten nun bietet sich dieser Allrounder als S-Version mit organisch angepaßter Halbverkleidung zum Kauf. Keine schlechte Idee, denn mit der offenen Leistung von nominell 57 PS rennt der Twin locker über 170 km/h. Da kann etwas Entlastung vom Fahrtwind nicht schaden.
Dem Nippon-Bike für alle Tage stellt sich einer der wenigen Exoten dieser Klasse - die zumindest optisch deutlich ambitionierter gemachte und rasanter ausgelegte MuZ Skorpion Sport. Der Sachsen-Expreß bezieht seine Power von Yamaha, und zwar in Gestalt des robusten, aber wenig explosiven Fünfventil-Einzylinders mit 660 Kubikzentimetern, der schon die XTZ 660 vorantrieb. Das wassergekühlte und dank ungeregelten Kats wenigstens teilentgiftete Triebwerk hängt in einem ansehnlich geformten Brückenrahmen. Die seit 1994 angebotene Sport beläßt es heuer bei Detailverbesserungen, treffsicheren allerdings, denn endlich tritt sie mit richtig nett geformten Rundinstumenten an. Die klobigen Lastwagen-Uhren sind verschwunden.
Beide Motoren springen stets problemlos an, können nach wenigen hundert Metern auf die wohldosierbare Choke-Unterstützung verzichten. Doch schon im Stadtverkehr offenbaren sie charakteristische Eigenheiten: Während Hondas Twin zivilisiert säuselt, bereits bei 2000 Touren ordentlich Gas annimmt und mit leichten, leisen Gangwechseln erfreut, ruckelt der Yamaha-Single unter 2750/min deutlich. Seine Lebensäußerungen wirken kerniger, das Getriebe schaltet sich zwar ebenfalls präzise, aber knochig. Geduckte, wenn auch recht komfortable Sitzposition und durch die Lenkerstummel verringerter Einschlagwinkel harmonieren nur bedingt mit Rushhour und Einbahnstraßen-Labyrinth.
Also raus ins Freie. Auf der Autobahn machen sich die Verkleidungen beliebt, selbst wenn das flachere Plastik-Schild der MuZ bereits mittelgroße Fahrer nur bis zu den Schultern schützt und die höher gezogene Scheibe der Honda für spürbare Turbulenzen im Kopfbereich sorgt. Die ehrlichere Lösung stammt also aus Zschopau, denn mit sauber angeströmten Schultern fährt es sich auf Dauer entspannter als mit durchgerütteltem Haupt. Allerdings sei angemerkt, daß Leute unter 1,80 Meter Länge sich ganz passabel hinter der sauber gefertigten Honda-Schale verstecken können und daß die Längeren nur bei Tempi über 150 km/h zittern müssen.
Just ab dieser Geschwindigkeit beginnt die CB auch ihr altbekanntes, wenngleich harmloses Pendeln. Ansonsten wiegt sie ihren Fahrer selbst über fiese Belagkanten erstaunlich komfortabel hinweg, kann sich dank ordentlich gepolsterter sowie gut geformter Sitzbank und entspannter Sitzposition sogar für die ganz lange Tour empfehlen. Der Motor spielt dabei klaglos mit, läßt allenfalls kurz vor Topspeed die rechte Begeisterung vermissen: Dann zeigt sich, daß die Sekundärübersetzung etwas zu lang gewählt wurde und schon mittlere Steigungen zum Runterschalten in den fünften Gang zwingen. Vibrationen unterdrückt eine Ausgleichswelle, lediglich bei 7000 Touren macht sich moderates Kribbeln in den Fußrasten breit.
Die kernigen Schwingungen des MuZ-Eintopfs sind da deutlicher zu spüren. Aber die Skorpion will ja auch kein Motorrad für alle sein, will eher Fans ansprechen, Kompromisse einfordern. Die Kaufentscheidung muß das Ja zum Single bewußt mit einschließen. Nachher also kein Gejammer, daß diesem Motor auf dem Leistungsprüfstand drei PS zu dem der Honda fehlen. Daß er mit einem nutzbaren Drehzalband von knapp 4000 Umdrehungen auskommen muß. Ihr Besitzer soll sich üben, in diesem Bereich zurechtzukommen. Um dann zu erleben, wie satt der Single aus den Startblöcken kommt. Vor den unbestechlichen Meßuhren nämlich kann er besser bestehen als vor dem Gefühl so manchen Fahrers und schnalzt die Skorpion fast genauso rasch auf 140 wie der Honda-Zweizylinder. Erst darüber muß er Zugeständnisse machen.
Konstruktionsbedingte Zugeständnisse, denn dieses Triebwerk kann nicht verleugnen, daß es für eine Reise-Enduro geschaffen wurde, die längst keine 174 Sachen gehen sollte. Ein enger gestuftes Getriebe mit sechs statt fünf Gängen könnte die MuZ noch lebendiger machen. Könnte. Müßig auch die Frage, wie dieser kleine Sportler wohl mit einem explosiveren Motor, etwa dem der BMW F 650 oder der Suzuki Freewind, rennen würde. Irgendwie alles egal, denn auch 174 Sachen sind okay, und allemal genug, um die unerschütterliche Richtungsstabilität dieser MuZ unter Beweis zu stellen.
Da kennt sie nichts, geht ungerührt über Fugen oder Längsrillen auf Schnellstraßen, ignoriert geflissentlich die Gemeinheiten auf Landstraßen minderer Ordnung. Erstaunlich, wie gut dabei der Kompromiß zwischen Stabilität und Komfort gelang. Lediglich die Losbrechkraft der Gabel könnte etwas geringer sein, ansonsten darf dieses Fahrwerk als rundum gelungen gelten: Wellige Kurven jedweder Radien, Flickenasphalt beim harten Bremsen - die MuZ läßt sich auch bei sportlicher Gangart nie beirren.
Dabei kippt sie - nach kurzer Gewöhnung - noch etwas leichter in Kurven hinein als die Honda, hält - von leichter Hand geführt - zielsicher ihre Spur. Höchstens die montierten Metzeler ME Z1-Reifen irritieren ein wenig, weil sie zunächst sehr schön neutral einlenken, ab einem gewissen Punkt aber etwas Nachdruck verlangen. Wie gesagt: Gewöhnungssache. Gar nicht gewöhnen mögen sich verwöhnte Motorradler jedoch an die Armatur der vorderen Bremse: Ihr nicht verstellbarer Hebel liegt viel zu weit entfernt vom Griff, Leute mit kleinen Händen bekommen ihn nur mit den Fingerkuppen zu packen. Außerdem arbeitet er mit zu wenig Weg, was das Dosieren der ausgesprochen kräftig zupackenden Grimeca-Zange erschwert.
Andererseits beklagen just diese gestandenen Motorradler, die Honda-Bremse sei eindeutig zu weich. Kein exakt definierter Druckpunkt, der zielgenaues Anbremsen rasant angesteuerter Kurven gestattet. Mit der zum aktuellen Baujahr vorgenommenen Umstellung auf Brembo-Zangen hat Honda beim Versuch, unkomplizierte, Einsteiger-freundliche Bremsen zu verbauen, eindeutig übertrieben. Immerhin erwies sich der ausreichend wirkungsvolle Stopper - gut und unauffällig von einer weiteren Scheibenbremse im Hinterrad unterstützt - auch im Zwei-Personen-Betrieb als standfest.
Selbiger gestaltet sich für den kommod untergebrachten Beifahrer zwar durchaus angenehm, verlangt aber vom Fahrer etwas Zurückhaltung, weil die Federn der CB 500 schlicht zu weich ausgelegt wurden. Bei Reisetempo funktioniert alles noch ganz prima, sportliche Zwischenetappen - womöglich auf schlechtem Asphalt - bringen die Fuhre aber enorm ins Schaukeln. Die Gabel müßte progressiver gefedert und straffer gedämpft sein, die Stereo-Federbeine schlagen zwar bei voller Vorspannung nicht durch, sind aber in der Druckstufe unterdämpft.
Harmonischer abgestimmt, zeigt die MuZ, daß auch Fahrwerke, die auf jede Dämpfungsverstellung verzichten, mit unterschiedlichen Beladungszuständen klarkommen können: Sogar ohne Veränderung an der Vorspannung verkraftet ihr Bilstein-Monofederbein einen Sozius, die Gabel bewahrt auch bei schärfsten Bremsungen noch genügend Reserven. Fraglich nur, wie lange ein Sozius sich sportliche Touren gefallen läßt, ob überhaupt jemand auf das schmale, hoch thronende Sitzbrötchen klettert. Na ja: Sie fordert eben Kompromisse, diese Skorpion, und als Zweierkiste kann sie wirklich nicht durchgehen.
Auch als Lastenträger verbucht die Honda klare Vorteile. Gepäckhaken, großes Staufach unter der Sitzbank - ein echter Pragmatiker. Die Ölkontrolle gestaltet sich ebenfalls einfacher als bei der MuZ. Aber die will ja auch begeistern - und da zieht ein nett geformter und wirkungsvoller DE-Scheinwerfer sicher mehr als ein paar gesparte Sekunden an der Tanke.

1. Platz: Honda CB 500 S

Ganz klar, der niedrigere Kaufpreis und die Tauglichkeit als Allrounder müssen bei einem solchen Kopf-an-Kopf-Rennen den Ausschlag geben. Außerdem macht sich der Vierventil-Zweizylinder mit recht spritziger und vor allem homogener Leistungsentfaltung beliebt. Erst bei sportlicher Fahrt zeigt die robuste Honda deutliche Schwächen: Bremsen und Federelemente repäsentieren nur Durchschnitt.

2. Platz: MuZ Skorpion Sport 660

Viel ehrenwerter kann man nicht verlieren: Mit ihrem knackigen Fahrwerk empfiehlt sich die MuZ allen Sportsfreunden, denen eine Kawasaki GPZ 500 S schlicht zu japanisch ist. Oder zu bieder gestylt. Dagegen überzeugt die mittlerweile gut verarbeitete Skorpion Motorradfahrer auch noch beim hundertsten Anschauen. Allerorten nette Details, von den verstellbaren Rasten bis zum Scheinwerfer. Um ihre Käufer lebenslang zu binden, fehlt es allenfalls an explosiver Leistung.

CB 500 und Skorpion mit 34 PS - Honda und MuZ als Einsteigerbikes

Die Drosselvarianten von Honda und MuZ zählen zu den interessantesten Angeboten für Führerschein-Neulinge

Zwei Jahre mit 34 PS ohne Bewährung lautet das Urteil für alle Neu- und Wiedereinsteiger bis heute. Weil auch künftig der Direkteinstieg auschließlich älteren Anfängern vorbehalten bleibt, sind die Drosselvarianten von CB 500 S und MuZ Skorpion so aktuell wie eh und je. Bei beiden gestaltet sich der Umbau gleich aufwändig, da jeweils die Ansaugstutzen freigelegt werden müssen. Der MuZ wird rechts beim Sekundärvergaser zwischen Ansauggummi und Zylinder ein 0,5 Milllmeter dickes Blech eingeschoben, das dem 35-Millimeter-Teikei-Gleichdruckvergaser nur noch ein Schlupfloch von 18 Millimeter gewährt. Bei der Honda müssen die beiden Ansauggummis gegen solche mit einem Blecheinsatz getauscht werden, die den 34 Millimeter großen Keihin-Vergasern nur noch durch jeweils zwei 6,8 Millimeter große Rund- und ein zirka 27 mal 8 Millimeter großes Langloch lassen. Außerdem gekommt die CB für ein fetteres Gemisch anstelle der 122er Hauptdüsen zwei 125er.Durch die Drosselung fällt die Honda im Fahrbetrieb subjektiv stärker ab als die MuZ, da sie ihren kleinen Leistungsvorsprung aus der offenen Version verliert. Auf schnelle Drehungen am Gasgriff reagiert der Honda-Motor ab mittleren Drehzahlen im Vergleich zur ungedrosselten Variante nur noch sehr träge, was im Fahrbetrieb besonders dann unangenehm auffällt, wenn zügig überholt werden soll. Die Spitze von 146km/h solo und 134 mit zwei Personen ist akzeptabel.Die Befürchtung, das ohnehin schmale Leistungsband des MuZ-Motors könnte durch die Drosselung noch weiter zusammenschrumpfen, bestätigt sich nur begrenzt. Erst bei Drehzahlen von mehr als 6000/min stößt er an seine Grenzen, und selbst die Höchstgeschwindigkeit beträgt immerhin noch stattliche 153 km/h solo, 140 zu zweit.Fazit: Die Drosselung glückte bei der MuZ deutlich besser, weil die Motorcharakteristik relativ unangetastet blieb. Die Honda wirkt dagegen zugeschnürter. Dennoch: Beide fahren so angenehm, daß sich zwei Jahre ohne Bewährung locker auf einer Backe absitzen lassen.