"Sagen Sie mir, was für einen Unfall Sie planen, und ich sage Ihnen, was Sie dazu am besten anziehen …" So die etwas provokante Antwort des renommierten Unfallforschers und Biomechanikers Florian Schueler auf die Frage, welche Motorradbekleidung nun die sicherste ist. Die Debatte darüber ist vermutlich so alt wie das Motorrad selbst. Wie schützt sich der Fahrer eines Hochgeschwindigkeitsverkehrsmittels ohne Knautschzone, Sicherheitsgurt, Airbag …? Halt, der Airbag hat mittlerweile einen gewissen Stellenwert erreicht, wenn es um die Sicherheit bei Unfällen geht.
Allerdings handelt es sich dabei nicht um fahrzeug-, sondern fahrergebundene Systeme. Nur Honda hat bislang versucht, einen Airbag auf dem Motorrad zu verankern. Derzeit ist das Tourenflaggschiff Gold Wing das einzige Modell, das serienmäßig mit einem Fullsize-Airbag ausgestattet wird. Alle anderen Systeme, die zur Zeit erhältlich sind, werden als Bekleidungsstück getragen und umschließen den Fahrer mit einem Luftsack, sobald die Auslösevorrichtung einen Unfall erkennt. Das jüngste System kommt von Alpinestars und wurde im Rahmen der Motorradmesse EICMA besonders eindrucksvoll präsentiert.
Elektronische Steuerung befindet sich direkt in der Airbag-Weste
Ort des Geschehens: das CSI-Testcenter in Mailand. Eine Live-Vorführung eines Crashtests soll demonstrieren, wie ausgereift die Airbag-Technologie mittlerweile ist. Auf der Versuchsstrecke steht ein abgehalfteter 190er-Mercedes, als eine BMW R 1200 GS plus Dummy ungebremst mit Tempo 50 in Höhe der Seitentür einschlägt. Die tatsächliche Unfallabfolge ist in dieser rasend kurzen Zeitspanne fürs menschliche Auge kaum zu erfassen. Erst die anschließende Analyse der Hochgeschwindigkeitsaufnahmen macht klar, in welchen Sekundenbruchteilen adäquate Rettungssysteme reagieren müssen.
Im Falle dieses gar nicht mal so unüblichen Seitenaufpralls berührt der Motorrad-Dummy weit unter 100 Millisekunden bereits die Dachkante des Autos. Entsprechend schnell muss also der Auslösemechanismus für den Airbag reagieren. Beim neuen Tech-Air-System von Alpinestars ist die elektronische Steuerung direkt in der Airbag-Weste, die unter der herkömmlichen Schutzbekleidung getragen wird, untergebracht. Innerhalb von 70 Millisekunden ist der Torso der Versuchspuppe komplett durch ein pralles Luftpolster eingehüllt – in diesem Fall rechtzeitig vor dem harten Kontakt mit einem Hindernis. Für den Straßeneinsatz gab es ein solches System bislang noch nicht.
Im Motorrad-Straßenrennsport sind elektronisch geregelte Airbag-Systeme, die autark vom Motorrad arbeiten, mittlerweile weit verbreitet. Vorreiter war Dainese. Über Sensoren in der Lederkombi sollen Unfallszenarien erkannt werden, damit der Airbag rechtzeitig ausgelöst wird. Dazu muss die Steuereinheit mit einer Vielzahl von Parametern gefüttert werden, um einen Crash von einer im Rennsport normalen Fahrsituation zu unterscheiden. Eigentlich keine leichte Übung, aber von Vorteil ist, dass die Entwicklungsteams dabei auf eine immense Datenmenge, die sozusagen in Echtzeit bei den Motorradrennen aufgezeichnet wurde, zugreifen können. Diese hilft bei der Systemprogrammierung. Etwas Vergleichbares gibt es für die Unfallszenarien im normalen Straßenverkehr aber nicht.
Einfaches Airbag-System kostet wertvolle Zeit
Die einfachsten Airbag-Systeme sind mittlerweile 15 Jahre alt. Ausgelöst werden sie rein mechanisch über eine Reißleine. Die Nachteile liegen auf der Hand. Denn die Vorspannung kostet im Crash wertvolle Zeit. Genauso wie die Befüllung über eine CO2-Kartusche, die je nach Airbag-Volumen bereits bis zu 100 Millisekunden betragen kann. Elektronisch gestützte Systeme, die über Gasgeneratoren befüllt werden, schaffen dies meist in einem Viertel der Zeit. Also ein Niveau, wie es auch bei Auto-Airbags Standard ist.
Bleibt abschließend die Frage: Schützt es denn auch? Der eingangs erwähnte Florian Schueler macht das Dilemma klar, das in Motorradunfällen steckt: Sie sind ob ihrer Vielfältigkeit nur schwer zu schematisieren. Die Situation im Auto ist relativ eindeutig: Der Airbag bremst die Vorwärtsbewegung der (im Idealfall angeschnallten) Insassen ab und fällt gleich wieder zusammen. Bei Motorradunfällen bleibt die Frage, wann, wo und wie der Pilot auf ein Hindernis trifft. Und wie der Airbag dann den Aufprall tatsächlich abdämpfen kann. Ein lediglich prall gefüllter Luftsack kann es in Sachen Dämpfung nicht mit modernen Motorradprotektoren aufnehmen, die es inzwischen schaffen, die Krafteinwirkung über einen vergleichsweise langen Zeitraum so zu verteilen, dass möglichst wenig Restkräfte auf den Körper durchgeleitet werden. Gleichwohl gibt es einige Körperpartien wie die Halswirbelsäule oder den Brustkorb, die bislang nur unzureichend geschützt werden und wo ein Airbag noch wertvolle Dienste leisten kann.
Das sollen Airbags schützen

Brust, Hals, Schultern und Rücken: Das sind im Wesentlichen die Körperregionen, bei denen ein Airbag die Schwere der Verletzungen im Falle eines Sturzes minimieren soll. Gesicherte medizinische Erkenntnisse, wie ein Airbag tatsächlich hilft, gibt es aber noch nicht.
Brust: Wird von herkömmlichen Schutzsystemen bislang sträflich vernachlässigt. Die Brust-Protektorennorm (EN 1621-3) steckt momentan noch in der Pipeline. Ob sie 2015 verabschiedet wird, ist derzeit offen. Ein gut gemachter Airbag könnte aber eine wirkungsvolle Knautschzone abgeben.
Hals/Nacken: Experten raten dringend zum adäquaten Schutz dieser sensiblen Zone. Über herkömmliche Protektoren ist das kaum möglich, Rallye-/Motocross-Fahrer setzen auf feste Halskrausen. Der Airbag könnte eine sinnvolle Alternative sein.
Schultern/Rücken: Noch ist fraglich, welche entscheidenden Vorteile ein Airbag an diesen Stellen bringt. Allerdings könnten sich im Verbund mit gut dämpfenden Protektoren neue Bestmarken für den Schutz von Knochen und Gelenken setzen lassen.
Die Auslösetechnik

Entscheidend ist, dass Motorradfahrer-Airbags in Sekundenbruchteilen ein Unfallszenario erkennen und zuverlässig sowie blitzgeschwind ausgelöst werden. Die Anbieter setzen entweder auf mechanische oder auf elektronische Systeme. Die Vor- und Nachteile auf einen Blick.
Reißleine: Das günstigste Prinzip, um einen in der Bekleidung untergebrachten Airbag auszulösen. Ein Spiralkabel wird fest mit dem Motorrad verbunden. Trennt sich der Fahrer beim Unfall vom Fahrzeug, wird eine CO2-Kartusche entsichert und komprimiertes Gas strömt in die Luftkammer. Bei ADAC-Crashtest-Versuchen zeigte sich, dass durch das Straffen der Leine wertvolle Zeit verloren geht.
Sender/Empfänger: Bei Airbags neuerer Generation wird das Motorrad mit einem Transponder verkabelt. Erkennt das Steuermodul ein Unfallszenario, wird der drahtlos mit dem System gekoppelte Airbag in der Fahrerbekleidung durch Kaltgasgeneratoren (Bering, Dainese) ausgelöst. Damit kann der Airbag auch bei Kollisionen auslösen, wo sich Fahrer und Motorrad zunächst nicht voneinander trennen. Ducati bietet die Multistrada optional auch mit dem Dainese-Airbag an.
Integrierte Steuerung: Im Profi-Rennsport haben sich mittlerweile Airbag-Kombis von Alpinestars und Dainese etabliert, bei denen die Steuerelektronik samt pyrotechnischer Auslöseeinheit im Anzug sitzt. Diverse Sensoren und eine komplexe Software müssen sicherstellen, dass ein Unfall rechtzeitig erkannt wird. Alpinestars bietet dieses Auslösesystem nun erstmals auch für Straßenfahrer an.
Alpinestars Tech-Air

Alpinestars Tech-Air
Infos: Alpinestars, Tel. 00 39/04 23/52 86, www.alpinestars.com;
Beschreibung: Airbag-Unterziehweste mit integrierter elektronischer Steuereinheit; Stromversorgung über Lithium-Ionen-Akku mit ca. 25 Stunden Bereitschaftsdauer;
Schutzausstattung: Airbag für Schultern, Brustkorb, Oberbauch, Rücken und Nierenbereich; Hartschalen-Rückenprotektor; Gelenk-protektoren sind in separat erhältlichen Textiljacken Valparaiso bzw. Viper untergebracht;
Preise: Tech-Air-Weste 1199,95 Euro plus zweijährliche Wartungs-kosten 199,95 Euro, kombinierbar mit Textiljacken Valparaiso 649,95 Euro oder Viper 349,95 Euro;
Fazit: Einfach zu handhaben und schnelle Reaktionszeit. Allerdings bietet der Alpinestars Tech-Air nur wenig Schutz für die Nacken-/Halspartie.
Bering Protect Air

Bering Protect Air
Infos: Bering, Tel. 00 33/1/34 80 39 00, www.bering.fr/airbag;
Beschreibung: Airbag-Überziehweste mit elektronischem Steuermodul am Motorrad; Kopplung mit zweiter Airbag-Weste für den Sozius möglich; Stromversorgung der Gasgeneratoren in der Weste über Batterie mit ca. einjähriger Bereitschaftsdauer;
Schutzausstattung: Airbag für Brustkorb, Hals/Nacken und Rücken, CE-Rückenprotektor;
Preise: Ab 899 Euro plus Montage und Extrakosten für jährlichen Service; bislang nur in Frankreich erhältlich, Import über www.shark-helmets.com z. Zt. in Vorbereitung;
Fazit: Aufwendige Installation, soll als Komplettset aber unter 1000 Euro bleiben. Schnelle Auslösezeit.
Dainese D-Air street

Dainese D-Air street
Infos: Dainese, Tel. 0 89/35 82 72 70, www.dainese.com;
Beschreibung: Airbag-Überziehweste oder -Textiljacke mit elektronischem Steuermodul am Motorrad; Kopplung mit zweitem Airbag für den Sozius möglich; Stromversorgung mit ca. 30 Stunden Bereitschaftsdauer;
Schutzausstattung: Airbag für Brustkorb, Schlüsselbeine und Rücken. Jacke D-Air-Street mit Gelenkprotektoren ausgestattet; CE-Rückenprotektor nachrüstbar;
Preise: Weste D-Air Street 799 Euro, Jacke D-Air Street Gore-Tex 1599 Euro, Steuereinheit M-Kit 499 Euro;
Fazit: Aufwendige Erstinstallation am Motorrad, teures Gesamtpaket. Bietet dafür großflächigen Schutz und eine schnelle Reaktionszeit.
Held Air Vest

Held Air Vest
Infos: Held, Tel. 0 83 21/6 64 60, www.held.de;
Beschreibung: Airbag-Überziehweste mit Reißleinenauslösung zur Befestigung am Motorrad; Airbag-Textiljacke und -Lederkombi in Vorbereitung;
Schutzausstattung: Airbag für Nacken/Hals, Schlüsselbeine, Brust, Rippen, Rücken und Steißbein, CE-Steißbein- und Rückenprotektor, Brustprotektor nachrüstbar;
Preise: Weste in Schwarz/Neongelb ab 549,95/599,95 Euro, Ersatz-CO2-Patrone ab 24,95 Euro, Ersatz-Auslösegurt 39,95 Euro;
Fazit: Umfangreiche Luftpolsterung, deren rein mechanische Aktivierung aber im Vergleich zu Elektroniksystemen sehr lange dauert.
Helite Turtle

Helite Turtle
Infos: Helite, Tel. 01 76/99 79 24 99, www.helite-motorradjacken.de;
Beschreibung: Airbag-Überziehweste, Textil- oder Lederjacke mit Reißleinenauslösung zur Befestigung am Motorrad;
Schutzausstattung: Airbag für Nacken/Hals, Schlüsselbeine, Brust, Rippen, Rücken und Steißbein; Turtle-Westen mit Hartschalen-Rückenprotektor; Jacken mit zusätzlichen CE-Gelenkprotektoren;
Preise: Weste ab 449 Euro, Textiljacke 699 Euro, Lederjacke 799 Euro, Ersatz-CO2-Patrone 22 Euro;
Fazit: Umfangreiche Airbag-Kollektion mit großflächiger Polsterung, aber langer Auslösezeit.
Hit Air Airbag-System

Hit Air Airbag-System
Infos: Hit Air Protection, Tel. 03 38 41/4 44 50, www.hit-air.de;
Beschreibung: Airbag-Überziehweste oder Textiljacke mit Reißleinenauslösung zur Befestigung am Motorrad;
Schutzausstattung: Airbag für Nacken/Hals, Schlüsselbeine, Brust, Rippen, Rücken, Lende und Kreuzbein; Jacke mit zusätzlichen CE-Gelenkprotektoren; CE-Rückenprotektor optional erhältlich;
Preise: Weste 399 Euro (auch als Kindermodell für 329 Euro erhältlich), Textiljacke 499 Euro, Ersatz-CO2-Patrone 19 Euro;
Fazit: Üppiges Luftpolster, das von der Halswirbelsäule bis zum Steißbein herunterreicht. Allerdings müssen bei dem rein mechanisch gesteuerten System deutliche Zeitabstriche in Kauf genommen werden.
Motoairbag MAB V-2.0

Motoairbag MAB V-2.0
Infos: D.P.I. Safety, Tel. 00 39/02/9 05 38 06, www.motoairbag.com;
Beschreibung: Airbag-Überziehweste mit Reißleinenauslösung zur Befestigung am Motorrad;
Schutzausstattung: Airbag für Nacken, Rücken, Steißbein, optional auch mit Brust- und Rippen-Abdeckung erhältlich;
Preise: Weste „Standard“ (nur Rücken) ab 399 Euro, „Completto“ (Rücken und Brust) ab 699 Euro;
Fazit: Die Motoairbag-Weste erfüllt mit großflächiger Rücken- und Thorax-Luftpolsterung zwar die aktuelle Airbag-Protektorennorm EN 1621-4, wie alle anderen Reißleinensysteme erreicht aber auch diese Weste nicht die Reaktionszeit elektronisch gesteuerter Airbags.
Spidi Neck DPS

Spidi Neck DPS
Infos: Spidi Sport, Tel. 00 39/04 44/43 64 11, www.spidi.com;
Beschreibung: Airbag-Überziehweste mit Reißleinenauslösung zur Befestigung am Motorrad;
Schutzausstattung: Airbag als Nacken-/Halskrause;
Preis: 429,90 Euro;
Fazit: Spidis Airbag-Weste konzentriert sich auf den Schutz bzw. die Stabilisierung des Nackens. Sie soll vor allem einem Überstrecken bzw. einer Stauchung der Halswirbelsäule entgegenwirken. Allerdings müssen auch bei dieser mechanisch gesteuerten Airbag-Einheit Zeitabstriche in Kauf genommen werden. Andere wichtige Körperregionen wie Brust oder Rücken werden komplett ausgespart und müssen herkömmlich geschützt werden.
Alpinestars Tech-Air Racing

Alpinestars Tech-Air Racing
Infos: Alpinestars, Tel. 00 39/04 23/52 86, www.alpinestars.com;
Beschreibung: einteilige Renn-Lederkombi mit integriertem Airbag;
Schutzausstattung: Airbag-Polster für Schultern, Rücken, Torso und Hüften als Ergänzung zu CE-Gelenk- und Rückenprotektoren;
Preis: 6000 Euro;
Fazit: Rein auf die Rennstrecke abgestimmtes Profimaterial, mit dem auch die MotoGP-Fahrer unterwegs sind.
Dainese D-Air Racing

Dainese D-Air Racing
Infos: Dainese, Tel. 0 89/35 82 72 70, www.dainese.com;
Beschreibung: einteilige Renn-Lederkombi mit integriertem Airbag;
Schutzausstattung: Airbag-Polster für Schultern, Schlüsselbein und oberen Brustkorb als Ergänzung zu CE-Gelenk- und Rückenprotektoren;
Preis: 2899 Euro;
Fazit: Auf typische Rennstürze abgestimmtes Airbag-System – ideal für Hobbysportler, aber nicht auf der Straße.
Interview Ruprecht Müller/ADAC

„Die ersten 100 Millisekunden sind entscheidend!“
Ruprecht Müller ist am ADAC Technikzentrum in Landsberg/Lech der Motorradexperte des Automobilclubs
In Autos gibt es Airbags seit Jahrzehnten. Warum setzt sich der Airbag am Motorrad so langsam durch?
Die vergleichsweise zögerliche Verwendung hat verschiedene Gründe. Vor allem die hohe Vielfalt möglicher Unfallkonstellationen und -abläufe erschwert die optimale Abstimmung bei Motorradunfällen. Die größte Leistung bei der Entwicklung der modernen elektronisch gesteuerten Airbag-Bekleidungen dürfte in den hinterlegten Algorithmen stecken. Dabei ist natürlich auch zu beachten, dass mögliche Fehlauslösungen ein hohes Risiko für Fahrfehler beinhalten.
Neben den Systemen in oder für die Fahrerausstattung gibt es bislang nur für die Honda Gold Wing 1800 einen im Motorrad untergebrachten Airbag. Kann der mehr leisten als ein Airbag in der Fahrerausstattung?
2006 kam an der Honda Gold Wing der erste fahrzeuggestützte, großvolumige Airbag zum Einsatz. Bei dem ADAC-Crashtest hat er sich mit seinem Volumen von ca. 150 Litern zwischen das gegnerische Fahrzeug und den Fahrer geschoben und bei immerhin 70 km/h eine sehr gute Wirkung gezeigt. Jetzt hat die Gold Wing einige Besonderheiten, die die Verwendung des Airbags am Fahrzeug begünstigen. Hierzu zählen vor allem die Masse, die Integration des Fahrers und der verfügbare Platz für die Unterbringung des Airbag-Moduls. Damit ist diese Konstruktion nur bedingt auf andere Motorradtypen übertragbar.
Was sind die Besonderheiten der jetzt neuen Airbag-Westen und -Jacken?
Die ersten Motorrad-Airbags, die zum Teil seit nahezu 15 Jahren erhältlich sind, hatten oder haben Auslösemechaniken mit Reißleinen. Die seit drei Jahren verfügbare Airbag-Weste von Dainese mit elektronischer Steuerung bietet ebenso wie das für 2015 angekündigte neue Alpinestars-Modell eine schnellere Einsatzbereitschaft des Schutzes. Wenn man High-Speed-Aufnahmen eines Crashtests mit seitlichem Anprall an ein Auto analysiert, wird klar, dass die ersten 100 Millisekunden entscheidend sind. Je früher die Sensoren das entsprechende Signal geben und je schneller die Elektronik einen Crash erkennt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass bereits beim ersten, aber meist heftigsten Anprall des Fahrerkörpers die volle Schutzwirkung des Airbags bereitsteht. Die Auslöse- und die Aufblaszeit müssen also möglichst kurz sein. Versuche mit Reißleinen-Systemen haben gezeigt, dass diese bezüglich der Auslösegeschwindigkeit nicht an die elektronischen Steuerungen heranreichen.
Welche Körperbereiche müssen vom Airbag abgedeckt sein?
Aus der ADAC-Unfallforschung, die sich vorrangig auf Daten der ADAC-Luftrettung stützt, wissen wir, dass bei fast 20 Prozent der Motorradunfälle mit schwersten und tödlichen Verletzungen des Fahrers der Oberkörper, also Brust und Rücken, geschädigt wurde. Die Airbag-Westen müssen deswegen diese Bereiche abdecken.
Was sollten Airbags in Zukunft noch leisten?
Vorrangig wünschenswert aus unserer Sicht ist eine bessere Stabilisierung der Halswirbelsäule durch einen speziellen Kragen-Airbag. Auch an anderer Stelle könnte die Schutzwirkung der Airbags erweitert werden. Hierbei sind natürlich die Aspekte des Komforts und der Wirtschaftlichkeit zu berücksichtigen, damit die Marktverbreitung nicht erschwert wird.
Fazit

Mit Tech-Air hat Alpinestars einen entscheidenen Schritt gemacht: Simples Handling, schneller Auslösemechanismus sprechen dafür. Dainese lockt mit einer Hightech-Airbag-Kombi für Hobbysportler. Klassische Reißleinen-Systeme werden dagegen meist von der Unfallrealität rasend schnell überholt.