Bikes für 999 Euro und die Folgen – Teil 3

Bikes für 999 Euro und die Folgen – Teil 3
Licht und Schatten

Zuletzt aktualisiert am 23.05.2007
Licht und Schatten
Foto: fact

Mit Sätzen wie: »Auf der hab’ ich meinen Führerschein gemacht« oder »ein Kumpel hatte mal so eine Maschine«, aber auch ganz direkt »darf ich die mal fahren?« meldeten zahlreiche Kolleginnen und Kollegen der Redaktion ihr Interesse an den 999-Euro-Bikes an. Und selbstverständlich darf sich jeder mal in den Sattel schwingen und seine Eindrücke im Fahrtenbuch festhalten.

Auch außerhalb von MOTORRAD steigt der Bekanntheitsgrad des ungewöhnlichen Gebraucht-Fuhrparks. »Ist das nicht eine der 999-Euro-Maschinen?« Auf diese Weise begann schon manches Gespräch vor der heimatlichen Garage, wenn mal wieder ein Nachbar ums Eck bog und anschließend den betreffenden MOTORRAD-Mitarbeiter löcherte. CX 500 C, GS 500 E und XT 600 fallen nun mal auf – die vierte im Quartett, die FJ 1100, täte es auch, wenn sie endlich mal laufen würde. Woran’s liegt und was es sonst Neues über die Viererbande zu berichten gibt, lesen Sie auf den folgenden Seiten.

Suzuki GS 500 E

Und läuft und läuft... Weit über 1000 problemlose Kilometer hat die kleine Suzuki in den ersten Wochen ihrer Redaktionszugehörigkeit absolviert. Sämtliche Kolleginnen und Kollegen, denen sie als Untersatz für die Heimfahrt oder eine Wochenendtour diente, waren rundum zufrieden – bis auf die uralten und daher steinharten Reifen. Selbst bei geringen Schräglagen oder nur wenig glattem Untergrund verloren sie zuweilen die Contenance und begannen zu rutschen. Doch damit ist inzwischen Schluss, neue Bridgestone BT 45 sorgen für ein wesentlich vertrauenswürdigeres Fahrgefühl.
Außerdem erhielt die GS neue Bremsbeläge, was vorn zugegebenermaßen höchste Eisenbahn war. Die hinteren wiesen zwar noch reichlich »Fleisch« auf, wurden aber ebenfalls durch Lucas-Sintermetallbeläge ersetzt. Erstaunlich, wie giftig die bereits auf den ersten Metern zubeißen. Sicherlich ist auch der gleichzeitig durchgeführte Bremsflüssigkeitswechsel sowie die Reinigung der Bremskolben daran nicht ganz unbeteiligt. Alles Arbeiten, die für jeden halbwegs begabten Hobbyschrauber nach fachkundiger Anleitung kein Problem darstellen sollten.
Für eine bessere Lichtausbeute sorgt eine neue H4-Lampe, die die Kollegen von der Schwesterzeitschrift mopped spendierten, nachdem sie die GS 500 für einen Lichttest (siehe mopped 6/2007) entliehen hatten. Den besten Eindruck hinterließen dabei die Philips X-Treme Power für rund 20 Euro das Stück sowie die Philips Motovision für 15 Euro, mit der die GS jetzt unterwegs ist. Hek

Yamaha FJ 1100

Sag mir, wo die Teile sind, wo sind sie geblieben?«, hätte Nana Mouskouri geklagt, wäre sie mit der Revitalisierung der betagten FJ 1100 beauftragt gewesen. Fakt ist, dass sich der einst stolze Tourensportler pflegebedürftiger als erwartet erwiesen hat. Mit einer Ultraschallreinigung der Vergaserbatterie war es leider nicht getan, diverse Nadeln, Düsen und deren Stöcke hat der Zahn der Zeit irreparabel vergammeln lassen, Ersatz tat Not. Grundsätzlich ist die Teilebeschaffung kein Problem, allein die Preise der Originalteile drohen das Budget zu sprengen. Im Internet sind günstige Alternativen zwar schnell aufgetan, doch bis die Hardware den Weg aus den Tiefen des Netzes bis auf die Werkbank findet, sind Nerven und vor allem Zeit gefragt. Trotz Auftragsdrohung werden E-Mail-Anfragen mitunter erst nach mehreren Tagen beantwortet.
Mittlerweile sind fast alle Ersatzteile eingetroffen, und der Tiefpunkt der Operation FJ scheint überwunden. Erreicht war dieser, als im Scheinwerferglas ein Steinschlagschaden entdeckt wurde. Im Internet fand sich gebrauchter Ersatz, der Austausch erforderte nahezu eine Komplettzerlegung des Motorrads. Um die Wartezeit auf das Teil zu überbrücken, hatte sich der Wechsel des Gabelöls angeboten. Was als kleine Fingerübung für zwischendurch gedacht war, entwickelte sich zur tagesfüllenden Beschäftigung, denn zum Öffnen der Gabelstopfen ist ein 27-Millimeter-Inbusschlüssel vonnöten. Doch selbst dieses exotische Werkzeug konnte organisiert werden, und so befindet sich die FJ wieder auf dem Weg von der Baustelle zum Big Bike. Das Rennen um die schnellste Zulassung hat die FJ zwar verloren, aber wenn sie dann mal läuft, werden wir das Feld von hinten aufrollen. Versprochen. Sgl

Honda CX 500 C

Unsere Dogsitterin, selbst hartgesottene Motorradfrau, lacht sich kaputt: »Was hast du denn angestellt, dass du jetzt so etwas fahren musst?« Die beste Sozia von allen wirft mir ganz trocken einen »Scheidungsgrund« vor die Füße, als ich anbiete, sie dürfe mit der CX auch mal fahren. Und selbst an der Ampel wird gemotzt, indem Autofahrer die Scheibe runterkurbeln und stumpf rausbrüllen: »Dein Bremslicht brennt ständig!« Die Honda CX ist offensichtlich kein Sympathieträger.
Aber sie fährt. Sie brummt und lebt. Sie gibt eine Vielzahl mechanischer Geräusche von sich, die man nicht näher eingrenzen kann. Und auch nicht eingrenzen will. Hauptsache, es geht auf Knopfdruck einfach vorwärts. Und diesbezüglich zeigt sich der V2 bislang zuverlässig und unkompliziert. Das »easy going« hat noch einen weiteren Vorteil: Es ist für den Führerschein absolut ungefährlich. Auf der Landstraße pendeln sich Fahrer und CX auf knapp unter Tempo 100 ein, und Ortschaften werden wie selbstverständlich mit 50 km/h durchschritten. Zäh wird’s allerdings, wenn man hinter einem Lkw klebt und überholen will. Wer es gewohnt ist, nur kurz den Gasgriff aufzuziehen, um Kolonnen mit Warp drei nach hinten zu beamen, wird bei der CX schnell ins Gras beißen. Überholmanöver von Fahrzeugen, bei denen ein »Meiner ist 18 Meter lang« auf dem Heck klebt, sollten mit der 27-PS-Güllepumpe gut kalkuliert werden.
Wer denkt, dass sich der sparsame Tempoeinsatz an der Tankstelle auszahlt, hat sich geschnitten: Mit durchschnittlich 5,8 Liter Normalbenzin auf 100 Kilometer langt der Twin anständig zu. Eine neue GSX-R 1000 begnügt sich bei gemütlicher, aber im Vergleich zur CX deutlich dynamischerer Fahrweise mit gut einem halben Liter weniger.
Ohne viel Murren ist die 1981er Honda in den MOTORRAD-Fuhrpark übernommen worden. »Fährt, bremst, lässt sich ohne Kraftaufwand durch Kurven dirigieren, und alles sitzt am rechten Fleck«, kommentiert der Geschäftsführende Redakteur von MOTORRAD, Harald Humke, seinen ersten Ausritt mit der CX. MOTORRAD-Tester Rainer Froberg hadert zwar mit dem Fahrwerk (»Damals hat man wohl die Zug- und Druckstufendämpfung in die Sitzbank eingebaut«), findet dafür aber lobende Worte über die Handlichkeit: »Die kann man wie einen Panzer fast auf der Stelle umdrehen.«
Als Ersatz für den angerosteten Auspuffsammler (siehe Kasten »Rost«) wurde die CX mittlerweile mit einer Austauschan-
lage (ohne Krümmer) von Jama bestückt. Kosten: knapp 500 Euro. Die Montage gestaltete sich wider Erwarten zäh. Zunächst galt es, die festgebackenen Originalteile zu lösen, dann die neue Anlage auf die CX anzupasssen. Besonders problematisch: Der Bremshebel musste über eine eigens angefertigte Schraube neu justiert werden. Zu allem Überfluss blätterte bereits bei der ersten Ausfahrt der Lack an den Endstücken der Schalldämpfer ab. Da müssen trotz schlechteren Sounds wohl wieder die Originale ran. Das Auge fährt ja mit. Nach massivem Beschuss mit Stahlkies ist der stark angerostete Sammler eh richtig schick geworden. Demnächst steht der TÜV-Termin an. Es bleibt spannend. Joel

Was tun bei Rost?

Der schnell rostende Sammler ist ein bekannter Schwachpunkt von Hondas CX. Auch unser Kauf bildet da keine Ausnahme. Doch bei näherer Begutachtung stellte sich heraus: Die Substanz ist gut, aufgrund der hohen Materialstärke müsste über Sandstrahlen noch was zu retten sein. Im Branchenverzeichnis stoßen wir auf Gebhard Haberkern (Telefon 07143/92333, E-Mail gh-sandstrahlen@web.de), der sich auf das Restaurieren von Motorrad- und Oldtimerteilen spezialisiert hat.
Unserem Sammler rückt er mit Stahlkies auf den rostigen Pelz. Der hat gegenüber herkömmlichen Strahlmitteln wie Korund oder Glasperlen den Vorteil, dass er unter hohem Tempo (bis zu 250 m/s), mit dem er auf die Oberfläche trifft, nicht zerbricht und zu Staub zerfällt. Damit schafft Haberkern optimale Voraussetzungen, um den Sammler lackieren zu können: »Denn ein hoher Staubeintrag in die gestrahlte Oberfläche ist für einen guten Lackaufbau eher schädlich.« Als Folge könnte der Lack schnell wieder abblättern. Zum Reinigen, Vergüten oder Verdichten von Oberflächen, die nicht lackiert werden, schwört Haberkern übrigens auf Strahlmittel aus Alu-Granulat oder Edelstahlkugeln.
Nach der Kur in der Kabine sieht unser Sammler innerhalb von 15 Minuten aus wie neu. Die Kosten halten sich mit 25 Euro sehr im Rahmen. Die anschließende Empfehlung des Fachmanns: »Entweder beim Stahlveredler flammspritzen lassen oder mit hitzebeständigem Zinkspray grundieren und anschließend Thermolack aufbringen, den man – wenn die Frau nicht zu Hause ist – im Backofen bei 250 Grad eine halbe Stunde einbrennen lässt.“

Laufende Kosten der Honda CX 500 C

Die CX kam im Prinzip fahrfertig beim Käufer an. Sie war zwar abgemeldet, konnte aber dank gültiger HU sofort angemeldet werden. Als Ersatz für den rostigen Originalsammler wurde bei SO Products (Telefon 05924/78360, Internet www.so-products.com) eine Jama-Austauschanlage inklusive passender Endrohre geordert. Damit hat die Höhe der Ausgaben rund den halben Kaufpreis erreicht.
Zulassung mit Wunschkennzeichen 78 Euro
Jama-Auspuffsammler 219 Euro
Jama-Endschalldämpfer mit EG-BE 269 Euro

Yamaha XT 600

Zugegeben, die Yamaha XT 600 macht es einem nicht ganz so leicht. Dazu nur ein Wort: Kickstarter. An dieses Prozedere muss man sich nach jahrelanger Abstinenz erst wieder gewöhnen. Anders als auf modernen Bikes fährt man mit diesem Motorrad nicht einfach los. Weshalb folgende Überlegung durchaus ihre Berechtigung hat: Erst die komplette Montur anziehen und einen Schweiß- und Wutausbruch riskieren, falls die Möhre die Arbeit verweigern sollte? Oder zunächst das Triebwerk zum Laufen bringen und erst dann in die Klamotten springen? Hm. Inzwischen kann man sich getrost für die Reihenfolge erst anziehen, dann starten entscheiden, da die gute alte XT unterm Strich recht zuverlässig anspringt. Wer un-
ter den Augen gespannter Redaktions-
kollegen mehr als drei Versuche benötigt, muss sich allerdings einiges an Sprüchen gefallen lassen...
Wenn sie rollt, macht die Enduro auf Anhieb Spaß. Der Motor (angebliche Laufleistung: 34000 Kilometer) schiebt erstaun-
lich gut an, die hohe Sitzposition passt perfekt, und in der Stadt ist die wendige XT stets die Erste an der Ampel. Wheelies? So leicht macht es einem kaum ein an-
deres Motorrad! Bei der Premiere auf der Landstraße sowie auf der Autobahn dann die Ernüchterung. Knapp 135 Sachen,
und das nur mit großer Mühe, da müsste
eigentlich mehr gehen. Außerdem hat
sich das Federbein größtenteils seiner Funktion entledigt und lässt das Heck nach Bodenwellen unkontrolliert auf und ab schaukeln. Über die vordere Bremse hüllen wir trotz der schicken Stahlflex-
leitung besser den Mantel des Schweigens und hoffen, nie im Ernstfall auf diesen Stopper angewiesen zu sein.
Ebenfalls ärgerlich: lautes mechani-
sches Klappern aus dem Triebwerk (hoffentlich sind’s nur die Ventile) und Ölaustritt am Zylinderfuß. »Der Motor war garantiert schon mal auf, denn diese marode Dichtung ist sicher nicht original«, befindet Werkstatt-Guru Mike Funke von der Schwesterzeitschrift MOTORRAD Classic. An die niedrige Laufleistung des 23 Jahre alten Motorrads glaubt er ohnehin nicht. Nun gut, es ist, wie es ist. Jetzt stehen erst mal TÜV und Wiederzulassung an. Bislang fuhr die XT mit roter Nummer.
Viel gibt es da nicht zu tun, für die Behörde (und den Fahrspaß) sind einzig neue Reifen und Bremsbeläge nötig, der Rest fällt in die Kategorie Inspektion – und die war augenscheinlich überfällig: Die Konsistenz der tiefschwarzen Masse, die aus dem Motorblock tropft, erinnert eher an Teer als an Öl, zudem läuft mit drei
Litern einer mehr als gedacht in den Auffangbehälter. Der Ölfilter stammt vermut-
lich noch aus der Ausstattung ab Werk, ebenso das völlig zerbröselte Schaumstoff-Filterelement des Luftfilters und die Batterie. Die Zündkerze, deren Mittelelektrode arg abgefackelt ist, wandert in den Müll. Die Ventile sind schnell eingestellt (und können – leider! – als Ursache für
die mechanischen Geräusche im Inneren des Einzylinders definitiv ausgeschlossen werden). Die vorderen Bremsbeläge erweisen sich zur großen Überraschung als fast neu. Egal, weg damit und andere
rein. Das Resultat: kaum ein Unterschied zu vorher. Waren die Bremsen früher wirklich so mies?
Tag X. Der TÜV-Prüfer (GTÜ) steht auf dem Hof, und ich bewege die XT mutig in seine Richtung. Im Nachhinein betrachtet: übermütig. Die neuen Reifen sind bisher nicht in der Redaktion gelandet, und da die alten Pellen gerade noch über genügend Profil verfügen, machte ich mir deswegen keine Sorgen. Im Untersuchungsbericht steht jedoch: »Reifen mit Alterungsrissen, Gummi porös.« Da hilft auch kein Flehen, zumal ich nicht daran gedacht hatte, die Hupe auf ihre Funktion auszuprobieren – der jämmerliche Ton des Horns reicht nicht einmal aus, um eine Fliege auf dem Kot-
flügel zu erschrecken. Aus der Traum von der Plakette.
Wie es weitergeht? Möglichst rasch
die erforderlichen Teile besorgen und einen zweiten Anlauf beim TÜV starten. mis

Laufende Kosten Yamaha XT 600

Ohne Moos nix los. Im Falle der Yamaha XT 600 fällt einem rasch eine alte Regel ein: Bei alten Fahrzeugen rund ein Drittel des Kaufbetrags für zusätzliche Ausgaben bereithalten – bei der XT könnte es unterm Strich sogar mehr werden.

Batterie 32,95 Euro
Luftfilter-Element 1,95 Euro
Ölfilter 4,95 Euro
Ölablassschraube 4,95 Euro
Motoröl (zwei Liter) 16,95 Euro
Zündkerze 1,75 Euro
Bremsbeläge (vorne) 28,95 Euro
Bremsbeläge (hinten) 28,95 Euro
Reifensatz (Bridgestone Trailwing) 135 Euro
TÜV (HU) 37 Euro

Das Lastenheft der XT

Nun gut, der erste Anlauf in Sachen TÜV war nix. Die Probleme dürften allerdings rasch behoben sein. Darüber hinaus werden in den nächsten Wochen ein paar weitere Arbeiten anfallen.
Technik: Die mechanischen Geräusche lassen darauf schließen, dass es die Nockenwelle erwischt hat, die Zylinderfußdichtung bekanntermaßen ebenfalls. Vermutlich muss der Motor in absehbarer Zeit sein Innerstes preisgeben. Zudem sind ein neuer Kettensatz sowie ein Federbein für hinten fällig.
Optik: Das selbstgemalte XT-Emblem (lila!) auf dem Tank ist eine Beleidigung an den guten Geschmack, und die nachträglichen Lackierungsarbeiten an den Seitendeckeln blättern ohnehin ab. Wenn das Budget es zulässt, werden die Teile zum Lackierer gebracht. Die verfärbte Sitzbank könnte zudem gut einen neuen Bezug vertragen. Ansonsten steht die Yamaha mit ihren Goldfelgen und dem roten Rahmen gut da.
Rost: Lange macht’s der Auspuff nicht mehr, über Rettungsmaßnahmen wird nachgedacht.