Der Gesetzentwurf wurde bereits Ende Februar 2024 von der Ampel-Koalition mit 407 Ja-Stimmen, bei 226 Nein-Stimmen und vier Enthaltungen angenommen. Der Bundesrat entschied sich gegen die Anrufung des Vermittlungsausschusses und billigte damit das bis zuletzt umstrittene Cannabis-Gesetz.
Der Verkehrsgerichtstag in Goslar hat sich im Sommer 2022 ebenfalls schon für die Legalisierung von Cannabis ausgesprochen. Die Abgabe von Cannabis-Blüten, also Marihuana (das daraus gewonnene Harz nennt sich dann Haschisch) für medizinische Zwecke durch die bundeseigene Cannabis-Agentur ist bereits seit März 2017 legal.
Legalisierung hin oder her: Für den Konsum von Cannabis gilt Ähnliches wie für den Konsum von Alkohol: Er beeinträchtigt die Fähigkeit zum Auto- oder Motorradfahren. Deshalb gelten für das Fahren unter dem Einfluss von Cannabis und Alkohol Restriktionen. Darf man sich also nach dem Konsum eines Joints noch hinters Steuer setzen? Ein Blick auf die Rechtslage.
Neuer THC-Grenzwert
Das Verbot des Führens eines Kraftfahrzeugs nach Cannabis-Konsum ist in § 24 a Straßenverkehrsgesetz geregelt, Cannabis ist in der Anlage zu dem Gesetz ausdrücklich genannt. Die kritischen Grenzwerte allerdings nicht. Das soll sich nun ändern. Der Vorschlag eines Grenzwerts von 3,5 Nanogramm Tetrahydrocannabinol (THC) pro Milliliter Blutserum (ng/ml) wird nun im Bundestag beraten. Er wurde von der Ampelkoalition im "Sechsten Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und weiterer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften" verankert und basiert auf der Empfehlung einer Expertengruppe, die vom Bundesverkehrsministerium eingesetzt wurde. Das Bundesministerium für Gesundheit war ebenfalls mit einbezogen. Anders sieht es bei Fahranfängern und jungen Fahrern vor Vollendung des 21. Lebensjahres aus: Für sie soll der in der bisherigen Rechtsprechung angewendete Grenzwert (siehe unten) weiterhin gelten.
Gleichzeitig sollen im Bußgeldkatalog entsprechende Geldstrafen verankert werden. Wer über dem Limit von 3,5 ng THC pro Milliliter Blut liegt, soll 500 Euro zahlen und mit einem einmonatigen Fahrverbot belegt werden. Ist gleichzeitig Alkohol im Spiel, soll sich das Bußgeld auf 1.000 Euro erhöhen. Fahranfänger zahlen 250 Euro, sollten ihnen mehr THC im Blut nachgewiesen werden als erlaubt.
Bisheriger Grenzwert für Cannabis
Bislang ergab sich der Grenzwert aus der regelmäßigen Rechtsprechung: Ab 1,0 ng/ml begeht der Fahrer eine Ordnungswidrigkeit – nur der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat bisher mit zwei Nanogramm eine doppelt so hohe Grenze akzeptiert. Welche Menge das beim Konsum bedeutet, ist wie bei Alkohol nicht exakt zuordenbar: Wer gelegentlich Cannabis konsumiert (maximal ein Konsum pro Woche) und dabei einen Joint mit einem Drittel Gramm Cannabis, das wiederum einen THC-Gehalt in Höhe von zehn Prozent hat, raucht, dessen Blut enthält in den meisten Fällen acht Stunden nach dem Konsum noch mehr als ein Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum.
Dabei ist es unerheblich, ob der Fahrer Ausfallerscheinungen zeigt. Die Fahrerlaubnisbehörde ordnet zudem eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) an. Dies macht sie übrigens auch, wenn der Cannabiskonsum gar nichts mit einer Teilnahme im Straßenverkehr zu tun hatte – es reicht, dass die Behörde, beispielsweise im Rahmen von Strafverfahren, vom Cannabiskonsum eines Betroffenen erfährt. Sollte die Bundesregierung den Cannabishandel und den Konsum weiter legalisieren, dürfte die Zahl der außerhalb des Straßenverkehrs erfolgten Meldungen allerdings zurückgehen.

Führerschein-Risiko MPU
In jedem Fall ist die MPU eine große Gefahr für den Lappen: Im Rahmen dessen müssen Betroffene innerhalb von 3 Monaten nachweisen, dass sie kein Dauerkonsument sind. Dies ist nicht so einfach wie bei Alkohol, da sich die im Cannabis enthaltene psychoaktive Substanz THC nur sehr langsam, über Monate, im Körper abbaut – die Abbauprodukte sind noch über Wochen im Blut und über Monate im Urin nachweisbar. Betroffene müssen aber nachweisen, dass sie kein THC mehr im Blut haben – ansonsten werden die medizinischen Tests nicht bestanden, die der erste Teil der MPU sind.
Die Nachweise kosten ebenso Geld wie die MPU selbst – eine in Bezug auf Drogenkonsum durchgeführte MPU schlägt mit zirka 750 Euro zu Buche. Nach Angaben der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) haben im Jahr 2020 nur 55,7 Prozent der Drogen-MPU-Prüflinge die Prüfung im ersten Anlauf bestanden. 39,1 Prozent sind durchgefallen, 5,3 Prozent mussten zur Nachschulung. Da weniger als 56 Prozent der Prüflinge die MPU bestehen, ist der Führerschein mit cirka 44-prozentiger Wahrscheinlichkeit erst einmal weg, mit fast 40 Prozent sogar für richtig lange. Diese Gruppe gilt dann, wegen Nichtbestehens der MPU, als dauerhaft ungeeignet, ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr zu bewegen.
Deftige Bestrafung für Cannabis am Steuer
Wen die Polizei mit einem Nanogramm (künftig 3,5 ng) oder mehr THC pro Milliliter Blutserum am Lenker oder hinterm Steuer erwischt, dem drohen heftige Strafen: Beim 1. Mal beträgt das Bußgeld 500 Euro, es gibt 2 Punkte in Flensburg und die Fahrerlaubnis ist für einen Monat weg. Beim 2. Mal sind 1.000 Euro Bußgeld fällig, es gibt immer noch 2 Punkte und der Führerschein wandert für 3 Monate zur Polizei. Beim 3. Mal erhöht sich das Bußgeld auf 1.500 Euro, Punkte und Fahrerlaubnis-Entzug bleiben im Vergleich zum 2. Verstoß unverändert. Höhere Geldstrafen sind geplant, insbesondere in Kombination mit Alkohol.
Der Körper baut Cannabis nur langsam ab
Da der Abbau von THC im Körper lange dauert, sollten Konsumenten nach einmaligem Kiffen mindestens 24 Stunden warten, ehe sie sich wieder auf ein Motorrad oder ins Auto setzen. Nicht mehr nachweisbar ist THC im Körper nach einmaligem Kiffen, aber erst nach frühestens einem Monat. Wer regelmäßig Cannabis konsumiert, muss damit rechnen, dass THC länger als 3 Monate in seinem Körper nachweisbar ist. Bauen Betroffene beispielsweise nach 3 Monaten Cannabis-Abstinenz einen Unfall und die Untersuchungsbehörde entdeckt in einer Blutprobe die THC-Abbauprodukte, dann ist der Führerschein weg, es gibt Punkte in Flensburg uns es sind mindestens 500 Euro und eine MPU fällig.
Cannabis im Vergleich zu Alkohol
Im Vergleich zu THC baut sich Alkohol im Körper mit 0,1 bis 0,2 Promille pro Stunde rasend schnell ab. Außerdem ist bei Alkohol ein Promillewert von bis zu 0,49 erlaubt – außer Fahrer oder Fahrerinnen zeigen vorher schon Ausfallerscheinungen. Über 0,5 Promille kennt der Gesetzgeber kein Pardon – ebenso wie bei 1,0 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum. Die Strafen sind identisch. Beim Alkohol erfolgt die Anordnung einer MPU meistens erst beim zweiten Verstoß und das Bestehen der medizinischen Tests als Teil einer MPU ist wegen des schnellen Alkoholabbaus im Körper deutlich wahrscheinlicher.
Allerdings haben 2020 nur 50,8 Prozent der Alkohol-MPU-Prüflinge die MPU bestanden, 41,9 Prozent sind durchgefallen, 7,3 Prozent mussten zur Nachschulung. In der Praxis scheinen 2020 also mit 55,7 zu 50,8 prozentual mehr Kiffer als Alkoholsünder die MPU geschafft zu haben.
Gefährdung, grob fahrlässig, und MPU
Gefährdet der Fahrer unter Alkoholeinfluss zudem den Straßenverkehr, gibt es schon ab 0,3 Promille Blutalkohol-Konzentration eine empfindliche Strafe: 3 Punkte in Flensburg, Entziehung der Fahrerlaubnis und eine Geld- oder sogar Freiheitsstrafe machen klar, wie ernst der Gesetzgeber so einen Verstoß nimmt. Die Geld- oder Freiheitsstraße ist beim Erreichen der absoluten Fahruntüchtigkeit (1,1 Promille) noch mal deutlich höher, hinzu kommt eine angeordnete Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) bereits beim ersten Verstoß. Nach Unfällen und Sach- oder Personenschäden wird der Nachweis von Betäubungsmittelkonsum grundsätzlich gleich beurteilt wie bei Alkohol.
Unfall und Versicherung
Versicherungen ordnen das ebenfalls entsprechend ein: Personen, die unter dem Einfluss von Cannabis einen Unfall verursachen, handeln grob fahrlässig und verletzen damit ihre Sorgfaltspflicht. Dies kann dazu führen, dass die Kaskoversicherung die Leistungen kürzt oder sogar ganz verweigert. Die Haftpflichtversicherung haftet zwar gegenüber Geschädigten, kann jedoch vom Unfallverursacher Geld zurückverlangen – bis zu 5.000 Euro Regressforderung sind bisher üblich.
So sieht das Cannabis-Gesetz (CanG) aus:
- Erwachsenen ist der private Eigenanbau von bis zu 3 Cannabis-Pflanzen zum Eigenkonsum sowie der gemeinschaftliche, nicht gewerbliche Eigenanbau zum Eigenkonsum in Anbauvereinigungen bzw. Genossenschaften erlaubt.
- Der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis ist künftig straffrei.
- Es gilt ein allgemeines Werbe- und Sponsoring-Verbot für Konsum-Cannabis und für Anbauvereinigungen.
- Konsumverbot von Cannabis in einer Schutzzone von 200 Metern Abstand zum Eingangsbereich von Anbauvereinigungen, Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Kinderspielplätzen sowie in öffentlich zugänglichen Sportstätten.
- Nicht-gewerbliche Anbauvereinigungen dürfen nur mit behördlicher Erlaubnis Konsum-Cannabis gemeinschaftlich unter aktiver Mitwirkung der Mitglieder anbauen und zum Eigenkonsum an Mitglieder weitergeben. Enge gesetzliche Rahmenbedingungen müssen eingehalten werden.
- Anbauvereinigungen dürfen max. 500 Mitglieder haben; Mitglieder müssen Erwachsen sein und ihren Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland haben.
- Einhaltung von strengen Mengen-, Qualitäts- sowie Kinder- und Jugendschutzvorgaben erforderlich, gesichert durch behördliche Kontrolle.
- Begrenzung der Weitergabe von Konsum-Cannabis in Anbauvereinigungen: Weitergabe nur an Mitglieder, verbunden mit einer strikten Pflicht zur Überprüfung der Mitgliedschaft und des Alters – max. 25 Gramm pro Tag / 50 Gramm pro Monat.
- Begrenzung der Weitergabe an Heranwachsende zwischen 18 und 21 Jahren auf 30 Gramm pro Monat mit einer Begrenzung des zulässigen THC-Gehalts auf 10 Prozent.
- Weitergabe von Konsum-Cannabis in kontrollierter Qualität und nur in Reinform, d.h. Marihuana oder Haschisch.
- In begrenztem Umfang zulässiger privater Eigenanbau mit Pflicht zum Schutz des privat angebauten Konsum-Cannabis vor dem Zugriff durch Kinder und Jugendliche sowie Dritte.
- Stärkung der Prävention: Präventionsmaßnahmen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) sowie in den Anbauvereinigungen; Information und Beratung durch Präventionsbeauftragte mit nachgewiesenen Sachkenntnissen und Kooperation mit lokalen Suchtberatungsstellen.