Gebrauchtberatung

Gebrauchtberatung 3000 Euro-Bikes Günstige Motorräder mit hohem Kilometerstand

Lohnt der Kauf von günstigen Gebrauchten mit hohem Kilometerstand? Manches 3000-Euro-Bike von MOTORRAD entpuppt sich als teure Standuhr.

Günstige Motorräder mit hohem Kilometerstand Lohse

Sorgten im vergangenen Jahr die vier „Billig-Bikes“ für 999 Euro in der Redaktion und bei den Lesern für reichlich Unterhaltung, machten sich vier MOTORRAD-Redakteure für das aktuelle Projekt auf die Suche nach ihrer Traummaschine. Sie sollte genau das sein, was man sich schon immer in die Garage stellen wollte. Einziges Handicap: Viel mehr als 3000 Euro durfte die Kaufsumme nicht betragen. Die Kandidaten waren schnell gefunden, der Kauf letztlich eine Formalie. Doch kaum baumelten die Schlüssel von BMW R 1100 RS, Honda Africa Twin, Suzuki GSF 1200 Bandit und Triumph Daytona T 595 am Verteilerboard von Fuhrparkchef Rainer Froberg, häuften sich die Probleme. Besonders oft hing der rote Warnbutton „Nicht fahren“ an den Haken von Africa Twin und T 595. Deren Paten mussten immer wieder mit MOTORRAD-Werkstattleiter Gerry Wagner um einen freien Platz auf der Hebebühne feilschen.Wichtige Projekte, die bereits beim Kauf auf der Agenda standen, wurden zwangsläufig nach hinten sortiert. So war beispielsweise von Anfang an klar, dass das Fahr-werk der Triumph dringend einer Revision bedarf. Außerplanmäßige Reparaturen vereitelten bislang dieses Vorhaben. Bei vielen Gebrauchtinteressenten gilt gerade der Tachostand von mehr als 50000 Kilometern als Kaufhemmnis. Ab dann, so eine oft vertretene Stammtischthese, gehe es mit dem Problemen erst richtig los. Auf den folgenden Seiten ziehen wir eine Zwischenbilanz bei unseren vier Gebrauchten, die zusammen auf eine Fahrleistung von nahezu 250000 Kilometern kommen. In der Kosten-Nutzen-Spaß-Bilanz stehen derzeit noch die 999-Euro-Bikes aus dem letzten Jahr auf der Pole Position.

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BMW R 1100 RS

Kilometerstand 86309, bisher gefahren: 7109 Kilometer

Künstle
Ärgert: ABS-System. Nach dem Losfahren warnen meist hektisch blinkende ABS-Kontrollleuchten.

Abgesehen von einem ABS-Problem, das sich durch eine spezielle Startprozedur umgehen lässt, läuft die BMW tadellos. Lediglich eine defekte Rücklichtlampe und neue Reifen (Continental Road Attack) verursachten bislang Extrakosten. Auf längeren Autobahnetappen – bei denen dank funktioneller Verkleidung Geschwindigkeiten um 180 km/h sehr erträglich sind – genehmigt sie sich zwar hin und wieder einige Schlückchen Öl, in Anbetracht ihres Alters ist das jedoch nicht ungewöhnlich. Benzinverbräuche zwischen fünf und sechs Litern auf 100 Kilometer ermöglichen Reiseetappen von über 400 Kilometern – auch wenn die durchgesessene Sitzbank schon vorher zur Rast zwingt. Immerhin bieten die vorn wie hinten verbauten Technoflex-Federbeine ausreichend Komfort. Fazit: Kauf bislang nicht bereut.

Honda XRV 750 Africa Twin

Kilometerstand 38923, bisher gefahren: 2923 Kilometer

Archiv
Die Kolben der Vorderbremse hingen immer wieder fest.

36000 Kilometer hatte die Africa Twin beim Kauf, eine Laufleistung, mit der sie gerade mal eingefahren sei, sagt man. Ohnehin gilt die Maschine als unkaputtbar und hochgradig zuverlässig. Doch die Eintragungen im Fahrtenbuch widersprechen dem Twin-Mythos. Zwar wird die mit einem Koffersystem von Touratech ausgerüstete Reiseenduro gern von den Kollegen gebucht, aber die Kommentare sind nicht sehr schmeichelhaft: Sie lenkt schlecht ein, sie bremst schlecht, sie bleibt schon mal liegen, der Tacho fällt aus. Das darf nicht sein. Nicht bei einer Africa Twin. Also fixierten wir das für gelegentliche Stromausfälle verantwortliche lose Batteriekabel, ersetzen die angeknackste Tachowelle samt Antrieb und tauschten die maroden, abgewetzten Michelin T 66 gegen Bridgestone Battle Wing. Das Fahrverhalten wurde besser. Wir tauschten das eingelaufene Lenkkopflager, und es verbesserte sich weiter. Dann wurde die Bremsanlage entlüftet, Stahlflexbremsleitungen montiert, die Beläge erneuert. Schlussendlich stellten wir fest, dass die Bremskolben öfters mal festhingen. Also zerlegen, reinigen, gängig machen. Half nicht wirklich, daher orderten wir einen Reparatur-Kit mit neuen Dichtungen und Kolben. Jetzt braucht die Twin nur noch einen Ölwechsel und einen Ventilspiel-Check. Dann muss sie ihrem Mythos gerecht werden. Wehe, wenn nicht.

Suzuki GSF 1200 Bandit

Kilometerstand 61440, bisher gefahren: 4790 Kilometer

Künstle
Der schwergängige Choke-Zug wurde erneuert, die arg verschlissenen Brems-Beläge ebenfalls.

Von echten Defekten blieb die 1200er bislang verschont. Einzig der schwergängige Choke-Zug, ein bekanntes Bandit-Problem, musste außerplanmäßig erneuert werden. Darüber hinaus gab‘s für die abgefahrenen Bremsbeläge Ersatz von Bendix (Hostettler, Telefon 07631/18040). Seither hat sich die Bremswirkung vorn wie hinten spürbar ge-bessert – die teilweise nervigen Quietschgeräusche sind geblieben. Dennoch erfreut sich die Suzuki großer Beliebtheit – nicht nur für Heimweg und Wochenendausflüge, sondern auch für Testgeschichten. Im Generationenvergleich (MOTORRAD 14/2008) überzeugte sie ebenso wie beim Tankrucksack-Test ein Heft später. Was sie nicht mag, ist frühzeitiges Gasaufreißen ohne vorangegangene Warmlaufphase. Dann rutscht aufgrund des hohen Drehmoments schon mal die Kupplung durch. hek

Trimph Daytona T595

Kilometerstand 58553, bisher gefahren: 4590 Kilometer

Künstle
Die T595 ist ein häufig gesehener Gast in der MOTORRAD-Werkstatt. Neue Ausgaben stehen an, da das Fahrwerk dringend überholt werden müsste.

In der Redaktion heißt sie nur noch „das Goldstück“. Weniger wegen ihres fein schimmernden Lacks, sondern vielmehr wegen der vielen Belege, die mittlerweile eine Höhe von über 1200 Euro erreicht haben – Tanken nicht inklusive. Die ersten Maßnahmen nach dem Kauf (siehe MOTORRAD 10/2008) waren noch harmlos und schnell geschehen. Die steinharten Uralt-Pirellis wurden durch Standard-Pilot Power von Michelin ersetzt, dazu kamen neue Bremsbeläge von Brembo und Bremsflüssigkeit von Fuchs (DOT 5.1). Hauptuntersuchung und Abgaskontrolle meisterte die Daytona mit Bravour. Und auf dem ersten Unterwegs-Trip mit ihrer jungen Schwester Daytona 675 rollte sie problemlos durch den Hunsrück (MOTORRAD 12/2008).

Nach rund 2500 Testkilometern sattelt dann Test-Redakteur Thomas Schmieder in gespannter Erwartung auf „eines der schönsten Serien-Motorräder aller Zeiten“ und wird vor allem vom knüppelharten Fahrwerk, Startproblemen durch eine sich ent-ladende Batterie und hohem Spritverbrauch bitter enttäuscht: „Im Alltag eine Qual!“ Zudem schlägt auf der 1600-Kilometer-Tour quer durch die Republik der Hauptbremszylinder leck und muss gegen ein Neuteil (inklusive Einbau 200 Euro) ersetzt werden. Verbrauchs- und Startprobleme sollten im Rahmen der vorgezogenen 60000-Kilometer-Inspektion beseitigt werden, die dann mit Software-Update und Batterietausch stolze 600 Euro kostet. Gleichwohl fallen auf der Tour zum Triumph-Treffen „Tridays“ am Großvenediger in Österreich erneut hohe Verbrauchswerte und schlechtes Startverhalten auf, zudem nervt ein penetranter Benzingestank. Auf Kulanz werden Batterie und Dichtung der Benzinpumpenplatte unter dem Tank ausgetauscht.

Alles gut? Mitnichten. Nur wenige Tage später muss Monika Schulz, stellvertretende Chefredakteurin, eine Tour in die Schweiz bereits kurz hinter Stuttgart mitten auf der Autobahn beenden: „Der Motor ist während der Fahrt einfach abgestorben!“ An der Lösung wird derzeit gearbeitet. Im Fokus: stromfressende Diodenstecker für das Fahrlicht sowie ein Massefehler im Kabelbaum, der beispielsweise eine Abschaltung der Stromversorgung zur Benzinpumpe verursachen kann. Das Problem, so ein Insider, sei bei der ersten Generation der T 595 ein altbekanntes. joel

Mindesthaltbar bis 50000 Kilometer? – Ein Blick in die Pannenstatistik des MOTORRAD-Dauertests

Diverse Bikes laufen das ganze Jahr über im MOTORRAD-Dauertest über 50000 Kilometer. Penibel wird erfasst, welche Defekte auftreten und in welchem Zustand sich das Fahrzeug bei Testende präsentiert. Für Gebrauchtkäufer ein wichtiger Anhaltspunkt, wenn sie sich für eine Maschine mit hoher Laufleistung interessieren. Am häufigsten müssen sie dabei mit undichten Ventilen oder verbreiterten Sitzen rechnen, während sich Nockenwellen, Kolben und Zylinder sehr robust zeigen. Und bei zehn von 15 dokumentierten Dauertestmaschinen gab es mindestens einmal Elektrikprobleme, meist auf die mittlerweile komplexe Vernetzung des Motorrads zurückzuführen. Aber auch verzogene Bremsscheiben sind oft zu beobachten.

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