Gebrauchtberatung Honda CBR 1100 XX

Gebrauchtberatung Honda CBR 1100 XX (2008) Doppel-X

„The World Greatest Super Sport“, so bewarb Honda einst die CBR 1100 XX. Supersportlich war die Super Blackbird zwar nie, aber ein superfeiner Power-Tourer, der sie auch noch heute ist.

Doppel-X Archiv

Sie hätte eine Skandalnudel werden können. Wenn die Honda CBR 1100 XX bei ihrem Debüt 1996, wie gemunkelt, die magische 300-km/h-Marke geknackt hätte. Immerhin war sie „offen“ mit deutlich über echten 280 km/h der schnellste Serien-Asphalt-Tiefflieger. Und aufgrund der damals freiwilligen Selbstbeschränkung der deutschen Importeure auf 100 PS bot sie ohnehin wenig Geprächsstoff bezüglich Spitzengeschwindigkeiten. Erst die als Raserbikes verpönten Hayabusa und ZX-12R erlangten drei beziehungsweise vier Jahre später – die 100-PS-Grenze war kein Thema mehr – Outlaw-(Kult-) Status.

Die Honda Super Blackbird nicht. Deren Fans – mehrheitlich besonnene Fahrer – dampften mit ihrer kurz Doppel-X genannten Powermaschine längst in ruhigeren, touristischeren Gewässern. Ganz nebenbei gewann die 1100er durch ihre vorbildliche Ausgewogenheit auch noch Vergleichstests gegen die sportlicheren, endschnelleren Konkurrentinnen. Souverän spielt sie ihr großzügiges Leistungspotenzial aus, treibt zielsicher und vehement voran, trägt mit Volldampf bequem zu jedem noch so weiten Ziel. Konsequent war daher auch, 1999 mittels Einspritzung statt Vergasern die Leistungsentfaltung zugunsten von mehr Touringqualitäten zu optimieren.Die für ihr Gewicht von über 250 Kilogramm überaus handliche Maschine verkaufte sich gut. Doch die Honda-Entwickler ließen sich gehen: 2001 ein paar kleine Änderungen, danach technischer Stillstand. Bei Händlern wurde die über 12000 Euro teure Super Blackbird zur Standuhr, obwohl niemand an den erstklassigen Eigenschaften des sehr zuverlässigen Motorrads zweifelte. Nach Jahren des Zauderns über einen Nachfolger nimmt Honda 2008 den Dauerläufer aus dem Programm, ein neues Modell wurde bisher nicht angekündigt.

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Doppel-X: Evolution statt Revolution

Illustration: Honda
Einblick ins Innere der Doppel-X.

Das Einspritzermodell (ab 1999) mit geregeltem Kat, Sekundärluftsystem und sehr fülligem Drehmomentverlauf (siehe Diagramm) empfiehlt sich Gebraucht-Interessenten am nachdrücklichsten. Achtung, nicht blenden lassen von der angeblich deutlich höheren Leistung (164 PS) des Vorgängers! Nur wenige Vergaser-Exemplare konnten diesen Nennleistungswert erreichen, und das untere Ende der Serienstreuung liegt bei 155 PS. MOTORRAD und die Schwesterzeitschrift PS ermittelten bei diversen Messungen jedenfalls vergleichsweise große Leistungsunterschiede zwischen den einzelnen Testexemplaren.

Für alle Versionen der Doppel-X gilt: Honda hatte bei der Entwicklung großes Augenmerk auf die Aerodynamik gelegt. Die auffällig schlanke Verkleidung ist im Windkanal geboren, so dass über 280 km/h auch mit „nur“ 150 PS drin sind, Turnübungen hinter der niedrigen Windschutzscheibe vorausgesetzt. Da die Blackbird in Deutschland anfänglich einerseits wegen der Hersteller-Selbstbeschränkung und andererseits wegen günstigeren Versicherungstarifen lediglich mit 98 PS angeboten wurde, viele Fahrer jedoch lieber „offen“ unterwegs sind, unbedingt auf korrekte Eintragungen in den Papieren achten! Auch in der gedrosselten Version läuft die aerodynamische Honda locker über 240 km/h. Wer sich trotz des leichten technischen Vorsprungs des Einspritzers aus Kostengründen nach einem Vergasermodell umtut, sollte auf den 1997 eingeführten ungeregelten Kat der Umwelt zuliebe nicht verzichten: 70 bis 90 Prozent weniger Kohlenwasserstoff und -monoxid, um die Hälfte reduzierte Stickoxid-Emissionen.

Die von Anfang bis Modellende beibehaltene Verbundbremse Dual CBS (siehe Grafik) konnte Gewicht und Leistung im Normalbetrieb jederzeit im Zaum halten, auf der Rennstrecke kann es beim harten Herunterschalten und gleichzeitigem Anbremsen jedoch zu gefährlichen Querstellern kommen, weil die Hinterhand dabei überbremst. Die für 1999 überarbeitete Telegabel spricht zwar besser an, ist mit 43 Millimetern Durchmesser für Sportaktivitäten jedoch unterdimensioniert und unterscheidet sich kaum von der Vorgängerin. Der 2001 eingeführte Digitaltacho teilt zwar das Fan-Lager in modern und klassisch, ist jedoch kaum kaufentscheidend.

Interview Oliver Hart, Administrator des Fan-Forums www.super-blackbird.org

Bilski
Oliver Hart stellt sich den Fragen zur Doppel-X.

Was sagen die Anhänger zum Abgang der CBR 1100 XX?
Die Fan-Gemeinde ist sauer. Die Doppel-X hatte viele treue Anhänger gefunden und konnte sich gut gegen Konkurrenten behaupten. Leider ist in den letzten Jahren technisch so gut wie nichts passiert, und viele Fans sind abgesprungen, weil es woanders Neuheiten gab. Dass Honda die CBR 1100 XX vom Markt nimmt, ist blauäugig, denn die Verkaufsschlappe ist hausgemacht. Eine neue Gabel, ABS oder wenigstens anständige Bremsen hätten schon einiges bewirkt. Der Imageschaden durch das Nichtstun ist beträchtlich.

Stirbt die Fan-Gemeinde jetzt aus?
Keineswegs. Die Zahl der Abgänge wird durch Neuzugänge ersetzt, die sich auf dem Gebrauchtmarkt bedienen. Wir haben vom jungen Student bis zum gereiften Arzt alle möglichen Leute dabei, manche fahren Rennstrecke, andere Tagestouren von 900 Kilometern. Das Motorrad ist ideal für alle, denen Supersportler zu radikal sind und die den besten Kompromiss suchen. „Kompromiss“ klingt vielleicht etwas langweilig, aber genau diese Entscheidung treffen viele Fahrer, und das ist bestimmt kein Fehler.

Sollte es eine neue Super Blackbird mit viel Leistung geben?
Mit einem Tick mehr Leistung ja, aber die Spitzenleistung ist und war nicht entscheidend. Mehr Druck durch mehr Hubraum hingegen wäre schön, und der hohe Komfort-Standard sollte unbedingt erhalten bleiben. Vier Zylinder in Reihe sind favorisiert, aber mit einem starken Vau-Vier ließe sich auch gut leben. So eine Maschine wäre eine gute Schnittstelle zwischen uns Doppel-X-Anhängern und den ebenfalls sträflich vernachlässigten VFR-Fans. Mit einer VFR 1200 XX könnte Honda eine zumindest noch bestehende Klientel bedienen. Nichts zu unternehmen und nur Rotstift-Artisten agieren zu lassen, das empfinde ich jedenfalls als Armutszeugnis.

Daten Honda CBR 1100 XX

Archiv
Honda CBR 1100 XX: Ihr Debüt hatte die Grand Dame 1996.

Motor
Wassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, vier Ventile pro Zylinder, Nasssumpfschmierung, Einspritzung, geregelter Katalysator mit Sekundärluftsystem, hydraulisch betätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette.

Bohrung x Hub 79 x 58 mm
Hubraum 1137 cm³
Nennleistung112 kW (152 PS) bei 9500/min
Max. Drehmoment 119 Nm bei 7300/min

Fahrwerk
Brückenrahmen aus Aluminium, Telegabel, Zweiarmschwinge aus Aluminium, Zentralfederbein mit Hebelsystem, verstellbare Federbasis und Zugstufendämpfung, Doppelscheibenbremse vorn, Scheibenbremse hinten, Verbundbremssystem.

Alu-Gussräder 3.50 x 17; 5.50 x 17, Reifen 120/70 ZR 17; 180/55 ZR 17.

Maße+Gewichte
Radstand 1490 mm, Lenkkopfwinkel 65 Grad, Nachlauf 99 mm, Federweg v/h 120/120 mm, Sitzhöhe* 800 mm, Gewicht vollgetankt* 257 kg, Zuladung* 173 kg, Tankinhalt/Reserve 24/4 Liter.

Messungen (MOTORRAD 9/2005)
Höchstgeschwindigkeit** 290 km/h

Beschleunigung
0–100 km/h3,0 sek
0–140 km/h4,8 sek

Durchzug
60–100 km/h5,0 sek

Verbrauch 5,7 l/100 km (Landstraße); 5,9 l/100 km (bei 130 km/h), Normal

Besichtigung

Der sehr kultivierte Vierzylinder-Motor hält sich bei guter Wartung in der Regel problemlos. Bei der Probefahrt dennoch auf rasselnde Geräusche achten, denn mitunter treten verschlissene Steuerketten auf, deren Austausch mit einem größeren Eingriff ins Motorinnere verbunden ist. Bei älteren Modellen bis 1999 kann die Kupplung rupfen. Achtung: alle 24000 Kilometer steht eine größere Inspektion mit zirka vier Werkstattstunden auf dem Service-Plan. Interessenten sollten neben den üblichen Verschleißteilen (Reifen, Kette) das Lenkkopflager prüfen (kann bei häufigen Beschleunigungs- und Bremsorgien recht schnell verschleißen). Bei hohen Laufleistungen außerdem auf Verschleißerscheinungen an den Fahrwerkskomponenten achten (Nachfedern, Durchschlagen, stuckriges Ansprechen der Federelemente), die beim Wechsel teuer zu stehen kommen.

Marktsituation

Besonders populär und gesucht: Einspritzermodelle bis 5000 Euro in nachweisbar scheckheft-gepflegtem Zustand. Die Vergasermodelle bis einschließlich 1998 gehen nur über den Preis, der nicht viel höher als 4000 Euro liegen sollte. Gebrauchte, vergleichsweise junge Blackbirds (nicht älter als drei Jahre) lassen sich auch in gutem Pflegezustand kaum oberhalb der von diversen Händlern bezifferten Schmerzgrenze von 7000 Euro verkaufen. Für zahlungskräftige Interessenten scheinen Tageszulassungen und neuwertige Vorführer (Erstzulassungen 2007/ 2008) attraktiver, die je nach Region bereits ab 9500 Euro inseriert werden.

Modellpflege

1996
Markteinführung im Herbst für 21820 Mark (11130 Euro). Mit 164 PS Nennleistung bis dahin stärkstes Serienmotorrad auf dem Markt, in Deutschland wird das Motorrad offiziell lediglich in einer 98-PS-Drosselversion angeboten.

1997
Ungeregelter Kat kommt hinzu (gegen Aufpreis).

1999
Größere Modellpflege: Nennleistung auf 150 PS gesenkt, elektronische Einspritzung, geregelter Drei-Wege-Katalysator mit Sekundärluftsystem zur verbesserten Abgasreinigung, Klopfsensor, neue Kupplung, Ram-Air-System, geänderte Nockenprofile, modifizierte Dämpfungscharakteristik der Gabel, neues Rücklichtdesign, größerer Tank (24 statt 22 Liter), modifizierte Bremsscheiben, Diebstahlsicherung. Preis: 22550 Mark (11505 Euro).

2001
Leistung 152 PS, höhere Verkleidungsscheibe, neues Cockpit und modifizierte Instrumente (Digitaltacho). Preis: 24340 Mark (12418 Euro).

2007
Im März rollen in Japan die letzten CBR 1100 XX vom Band.

2008
Abverkauf zum Listenpreis von 13240 Euro.

Zubehör und Spezialisten

Komfort – das steht beim Auf- und Umrüsten im Fokus. Zwar gibt es genügend Doppel-X-Treiber, die ihr Motorrad mit Rennteilen wie speziellen Fußrasten, Racing-Scheiben oder leichten Verkleidungen aufmöbeln, und auch Fahrwerks-Tuning und Heckhöherlegungen sind nach wie vor angesagt (Spezialisten: Wilbers, Telefon 05921/727170, www.wilbers.de; Öhlins, Telefon 08669/8480, www.zupin.de).

Unter Sportfreaks hat sich jedoch mittlerweile rumgesprochen, dass die CBR 1100 XX auf der Rennstrecke etwas artfremd wirkt und in der Regel abgeledert wird. Ihre sporttouristischen Qualitäten zu wecken, scheint da interessanter. Nebenstehend sind die wichtigsten Umbaumaßnahmen mit dazugehörigen Anbietern aufgeführt, um aus der Honda den idealen Tourenbegleiter zu machen. Für Sport und Tour gut: Umrüstung auf Stahlflex-Leitungen und andere Bremsbeläge. Populär sind Produkte von Lucas, Telefon 02631/9120, www.trwmoto.com, Micron, Telefon 0911/936740, www.micronsystems.de und EBC, Telefon 0421/8725544, www.ebc-bremsen.de.

Tests in MOTORRAD

20/1996 (T), 9/1997 (VT), 14/1998 (Reise-VT), 2/1999 (T), 8/1999 (VT), 9/2000 (VT), 8/2001 (VT), 11/2001 (VT), 10/2002 (VT), 16/2003 (VT), 9/2005 (VT).

T=Test, VT=Vergleichst;

Nachbestellungen unter Telefon 0711/182-1229

Honda CBR 1100 XX im Internet

Fansites:
www.super-blackbird.de, www.super-blackbird.org

Gebrauchtangebote:
https://www.1000ps.de/gebrauchte-motorraeder

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