Gebrauchtberatung Japan-Big-Bikes bis 3000 Euro

Gebrauchtberatung Japan-Big-Bikes bis 3000 Euro Autobahn-Express

Vor rund 15 Jahren bescherten japanische Big-Bike-Brenner einen knisternden Speedrausch. Heute sind sie günstig zu bekommen, Reisetauglichkeit inklusive.

Autobahn-Express Jahn

Wahnsinn: Samstagmorgens Frühstück in München, Mittagsmenü in Köln, zum Kaffee nach Hamburg und abends in die Disco nach Berlin. Am nächsten Tag verkatert von Preußen nach Bayern am Stück. Alles mit dem Motorrad, Biker-Jetset total. Nicht nur Wahnsinn, sondern wahrer Masochismus wäre das, wenn man’s tatsächlich durchziehen würde.
Ginge theoretisch aber, denn mit der richtigen Maschine unterm Hintern ließe sich so eine Brutalo-Tour auf den gut ausgebauten Autobahnen Deutschlands verwirklichen. Als Einspur-ICE empfehlen sich Motorräder mit Dampf, die auch jenseits von 200 km/h nicht nervös werden, die ihren Fahrer hinter Windschutzscheibe und Verkleidung gemütlich beherbergen und ihn mit weichem Motorlauf nicht wie einen Wodka-Martini durchschütteln.
Sie denken jetzt an Kaliber wie Honda CBR 1100 XX Blackbird, Kawasaki ZX-12R, Suzuki Hayabusa 1300 oder Yamaha FJR 1300? Richtig, das sind solche Kanonen, die einen mit Lichtgeschwindigkeit von A nach B ballern. »Beam me up, Scottie«, ist die Ansage, sofern die Straße vor einem glatt wie der Stille Ozean liegt. Allerdings kann sich finanziell nicht jeder den Fahrschein erster Klasse erlauben, da diese Wuchtbrummen selbst gebraucht nicht gerade billig zu bekommen sind.
Ganz anders deren ältere Familienangehörige. Honda CBR 1000 F, Kawasaki ZZ-R 1100, Suzuki GSX 1100 F und Yamaha FJ 1200 hobelten schon mit Highspeed über die Bahn, als Hayabusa und Konsorten noch auf dem Reißbrett schlummerten. Nur durften diese Motorräder Ende der Achtziger und Anfang der Neunziger
in Deutschland nicht voll aufdrehen –
aufgrund der Leistungsbeschränkung auf 100 PS. Zu Beginn ihrer Karriere versuchten sich die Big Bikes als Sportler. Und machten gegen gleich starke, doch wesentlich leichtere 750er und 600er kaum einen Stich.
Viele Fahrer umgingen freilich die Beschränkung, indem sie ihre Boliden entdrosselten und mit 30 bis 50 Mehr-
PS ihren gewichtigen Motorrädern die
gebührende Souveränität zurückgaben. Ein Leser schrieb damals an MOTORRAD, nachdem er seine ZZ-R 1100 zunächst beschnitten durch die Gegend geschaukelt hatte und dann nach einem kleinen Eingriff auf das volle Leistungspotenzial zurück-
greifen konnte: »150 PS braucht niemand – aber es ist so geil.«
Teilweise sind die Japan-Big-Bikes dieser Epoche nun für unter 3000 Euro zu haben. Kaum ein anderes Motorrad-Genre bietet so viel Motorrad für so wenig Geld, oder besser gesagt, so viele Pferdchen
für so wenige Euro. Wobei es ungerecht wäre, diese Maschinen als reine Autobahn-Brenner zu klassifizieren. Nachdem sie peu à peu ihr Supersportler-Image ablegten und maximal noch als Sumo-Ringer durchgingen, entdeckten immer mehr Käufer die ausgesprochen guten Reise- und Alltagseigenschaften der Fernost-Vierzylinder.
Beladen mit Gepäck und Beifahrer lässt es sich mit den über zehn Jahre alten Boliden auch heute noch stressfrei in den Urlaub fahren. Über Schnellstraßen-Etappen ins Zielgebiet, dort Koffer abschnallen, und dann geht’s ab ins kurvige Landstraßen-Vergnügen. Ebenso gut eignen sich die mehr als fünf Zentner schweren, aber erstaunlich handlichen Big Bikes
für den Alltag und sind etwa für Berufspendler, die nach einem preisgünsti-
gen, soliden und komfortablen Untersatz suchen, äußerst interessant.
An den kräftigen Vierzylinder-Reihenmotoren gab und gibt es wenig zu mäkeln. Nicht nur ihre Laufkultur und Potenz,
sondern auch die Langlebigkeit ist vorbildlich. 100000 Kilometer und mehr stecken regelmäßig gewartete Exemplare locker weg – besonders, wenn es sich um Marathon-Kilometer handelt, die im Idealfall nur von einem oder zwei tourenorientierten Vorbesitzern stammen. Zum Thema »volle Leistung«: Nicht alle Umbauten waren
mit TÜV-Segen, weshalb man beim Gebrauchtkauf auf die Leistungsangabe im Fahrzeugschein achten und diese bei
einer Probefahrt verifizieren sollte. Ist die Maschine als gedrosselt eingetragen, tatsächlich jedoch offen, kann dies bei einem Unfall Schwierigkeiten mit der Versicherung geben. Gegebenenfalls die Maschine lieber beim Händler zum Check vorführen.
Ersatz- und Verschleißteile der einstigen Top-Modelle der jeweiligen Hersteller sind aufgrund von vergleichsweise langen Bauzeiten in der Regel einfach zu bekommen, und auch Gebrauchtteile sind nicht selten. Die altehrwürdigen Flaggschiffe
bevölkern nach wie vor zahlreich unsere Straßen und machen bei entsprechender Pflege so mancher aktuellen Hightech-Maschine ernsthaft Konkurrenz als gediegener, preiswerter Autobahn-Express.

Kompletten Artikel kaufen
Gebrauchtberatung Japan-Big-Bikes bis 3000 Euro Autobahn-Express
Sie erhalten den kompletten Artikel (6 Seiten) als PDF

Modellübersicht: Honda CBR 1000 F

Modellgeschichte
»Joghurtbecher« – diesen Begriff prägte die Honda CBR 1000 F gemeinsam mit ihrer
kleinen 600er-Schwester. Sie waren 1987 die ersten komplett in Plastikschale gekleideten Serienmaschinen. Die freie Sicht auf den neu konstruierten Motor war versperrt. Bei Demontage der Verkleidung kam denn auch wenig Ästhetisches zum Vorschein: ein von Schläuchen und Kabeln umgarntes Hightech-Aggregat mit dem Charme eines Atomkraftwerks.
Die erste CBR 1000 F (Typ SC 21) wurde entgegen aller Spötter Kritik zum Verkaufsrenner. Was nicht weiter verwundert, denn abseits von Kontroversen über guten oder schlechten Geschmack offenbarte die Honda ihre Qualitäten: hervorragende Laufkultur und Bremsen, ein komfortables, allerdings etwas unhandliches Fahrwerk sowie ein kräftiger Motor, der ad
hoc den 40000-Kilometer-Langstreckentest von MOTORRAD mühelos bestand. Erfolg gibt eben Recht, und der Joghurtbecher machte mit bequemer Sitzposition für Fahrer und Sozius neben sportlichen Heizern auch Tourenfahrer zu kauflustigen Freunden. Trotz so viel Verkleidung klagten Piloten ab 1,85 Meter über einen mangelnden Windschutz – die Frontscheibe war zu klein.
Ab 1989 hieß die CBR 1000 F intern SC 24. Honda überarbeitete den Motor, revidierte
das Fahrwerk und montierte breitere Felgen. Der selbst für Anfang-Neunziger-Verhältnisse äußerst schmale 140er-Hinterreifen wich einem 170er, der Vorderreifen wuchs auf 120er-Format an. Das zuvor kritisierte Schieben übers Vorderrad bei zügig gefahrenen Kurven gehörte damit der Vergangenheit an. Außerdem gab es eine neue, nun kantigere Verkleidung sowie eine größere Frontscheibe – perfekten Windschutz bot die CBR jedoch immer noch nicht. 1993 führte Honda das Verbundbremssystem Dual CBS (Combined Braking System) ein, das Motorrad nahm rund zehn Kilogramm zu, bis auf technische und optische Retuschen änderte sich ansonsten nichts. Im Frühjahr 1996 stellten die Japaner ihr neues, 164 PS starkes Topmodell CBR 1100 XX Blackbird vor. Da konnte die offen nur 120 PS (MOTORRAD-Messung) starke 1000er nicht mithalten, aufgrund schleppenden Verkaufs wurde die Produktion nach dem Modelljahr 2000 eingestellt.

Kaufempfehlung
Viele der weit über 10000 angemeldeten Fahrzeuge sind jüngeren Baujahrs und werden deutlich über 4000 Euro verkauft. Ältere Modelle (SC 21) hingegen gibt es schon ab 1500
Euro und können bei guter Pflege trotz hoher Laufleistung eine interessante Alternative sein. Besonders empfehlenswert ist eine SC 24,
Baujahr 1991 oder 1992. Für 3000 Euro werden Exemplare mit rund 40000 Kilometern angeboten. Am besten ist ein scheckheftgepflegtes Garagenfahrzeug, dann ist kaum Stress zu erwarten. Mit ein wenig Glück und vielleicht zwei-, dreihundert Euro Aufpreis findet sich
sogar eine SC 24 mit Dual CBS, Baujahr 1993, in ähnlich gutem Zustand.

Tipps
Koffer dran und fertig ist die CBR für den Urlaub. Super, wenn schon ein Gepäcksystem und eventuell auch eine Spoilerscheibe von
JF Motorsport, Telefon 06002/910391, oder MRA, Telefon 07663/9383-0, installiert sind. Verkleidungsteile sollten nach Rissen untersucht werden. Das Fahrwerk ist von Haus aus gut. Für eine sportliche Gangart empfiehlt es sich jedoch, progressive Zubehör-Gabelfedern mit zähflüssigerem Gabelöl zu verwenden.

Plus Minus: Honda CBR 1000 F

Plus und Minus
n haltbarer, durchzugsstarker
Motor
n hohe Verarbeitungsqualität
n sehr gute Bremsen
n geringe Zuladung
n mäßiger Windschutz

Technische Daten: Honda CBR 1000 F

Daten
Motor: wassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, 998 cm3, zwei oben liegende, kettengetriebene Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Schlepphebel, Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette.
Nennleistung 72 kW (98 PS) bei 9000/min
Leistung offen 99 kW (135 PS) bei 9500/min
Fahrwerk: Brückenrahmen aus Stahl, Doppelscheibenbremse vorn, Scheibenbremse hinten, Verbundbremssystem, Reifengröße v/h 120/70 VR 17, 170/60 VR 17
Maße und Gewichte: Radstand 1500 mm, Federweg v/h 130/115 mm, Sitzhöhe 770 mm, Gewicht vollgetankt 274 kg, Tankinhalt/Reserve 22/3,5 Liter.
Topspeed 225 km/h (offen 238 km/h)
Beschleunigung
0–100 km/h 4,5 sek (offen 3,7 sek)
Verbrauch 4,9 bis 8,8 Liter/100 km, Normal
offen 4,6 bis 9,6 Liter/100 km, Normal
Tests in MOTORRAD*: 22/2000 (VT), 9/1997 (VT), 14/1993 (VT), 05/1993 (T), 14/1991 (VT), 13/1991 (VT), 11/1990 (VT), 14/1989 (VT), 6/1989 (T), 22/ 1988 (LT), 10/1 988 (T), 15/1987 (LT), 9/1987 (VT), 8/1987 (VT), 5/1987 (T)

Fazit: Honda CBR 1000 F

Wie aus einem Guss: Die Honda ist ein äußerst solides und vielseitiges Motorrad, das
ohne aufwendige Verbesserungen auskommt. Gute Exem-
plare gibt es schon um 3000 Euro. Einer langen Liaison zwischen Fahrer und Maschine steht dann nichts entgegen.

Modellübersicht: Kawasaki ZZ-R 1100

Modellgeschichte
Bei Spitzensportlern zählt nur die Leistung.
So gesehen war die Kawasaki ZZ-R 1100
bei ihrem Erscheinen 1990 spitze. 147 PS, da blieb zu jener Zeit unzähligen Motorradfahrern erst der Mund offen stehen, anschließend lief
das Wasser in demselben zusammen. »Haben wollen!« Beim Wettrüsten hatte die ZZ-R
mit dem damals neuen, leistungssteigernden
Ram-Air-System die Nase vorn und sollte die Führungsposition noch jahrelang innehalten.
Die Baujahre 1990 bis 1992 liefen unter der Bezeichnung Modell C (Typ ZX1100-C1 bis C3). Zu kritisieren gibt es an der Nachfolgerin der beliebten ZX-10, deren Motor die Grundlage für die ZZ-R lieferte, wenig. Lediglich die beiden Benzinleuchten – zwei, falls eine mal durchbrennt – flackern deutlich zu früh und mahnen den Fahrer häufig unbegründet zum Tankstopp. Schließlich können bei ziviler Fahrweise aufgrund eines moderaten Verbrauchs und großen Tankvolumens Etappen von deutlich über 400 Kilometern runtergespult werden.
Kawasaki reagierte und verpasste der ZZ-R 1100 beim Wechsel zum Modell D (1993
bis 1997: ZX1100-D1 bis D5) eine Benzinuhr und einen Reservehahn. Weitere Änderungen: modifizierter Rahmen, 180er- statt 170er-Hinterreifen sowie ein vergrößertes Schalldämpfervolumen. Das G-Modell von 1998 bis zum letzten Baujahr 2001 (ZX1100-G1 bis G4) erhielt eine Digitaluhr im Cockpit, eine längere Gesamtübersetzung und neue Verkleidungs-
befestigungen. Der Vierzylinder blieb in der elfjährigen Bauzeit unverändert, denn Power hatte er satt, und robust ist er auch. Die 50000 Testkilometer der Schnellfahrer der MOTORRAD-Schwesterzeitschrift PS überstand er ohne Klagen. nur Nockenwellen und Schlepphebel wiesen leichte Gebrauchsspuren auf.
Bei gemäßigter Landstraßenfahrt stören Lastwechselreaktionen des Antriebs, die größte Stärke der ZZ-R 1100 liegt jedoch im Autobahn-Sprint, der sich gerne zu einer Marathon-Distanz ausweiten darf. Das Gesamtkonzept passt: Als Einzige ihrer Klasse wartete die Kawa zu jener Zeit mit einem sportlichen Alu-Brückenrahmen auf. Aggressives Design, ein ausreichend sta-
biles Fahrwerk und eine bequeme Sitzposition taten ein Übriges, um die ZZ-R 1100 fast eine Dekade lang zum Siegertypen zu küren.

Kaufempfehlung
Bei den älteren Modellen erscheint auf den ersten Blick die D-Version ab 1993 attraktiver. Diese Fahrzeuge werden jedoch vergleichsweise teuer verkauft und liegen meist deutlich über 3000 Euro. Also entweder Verhandlungskünste spielen lassen oder nach einem gepflegtem Modell mit hoher Laufleistung (über 60000 Kilometer) suchen. Besser ist indes, den Fokus auf das preisgünstigere Modell C3 (Baujahr 1992) zu legen. Das wird mit Laufleistungen zwischen 30000 und 40000 Kilometern in gutem Originalzustand wesentlich günstiger offeriert. Ideal ist, wenn teure Verschleißteile schon erneuert wurden.

Tipps
Nicht gerade langlebig sind die Ruckdämpfer im Hinterrad, die nach etwa 25000 Kilometern hinfällig sind. Die Gabeldichtringe halten selten länger als 30000 Kilometer, deshalb sollte
man bei der Besichtigung ein Auge darauf werfen. Gut sind progessiv gewickelte
Gabelfedern aus dem Zubehörhandel, da die Kawasaki ZZ-R 1100 serienmäßig vorn zu weich abgestimmt ist. Weitere Informationen und Tipps finden sich im Internet unter www.zx10.de.

Plus / Minus: Kawasaki ZZ-R 1100

Plus und Minus
n angenehme Sitzposition
n große Reichweite
n brachiale Leistung
n Gabel zu weich,
Dichtringe anfällig
n starke Lastwechselreaktionen

Technische Daten: Kawasaki ZZ-R 1100

Daten
Motor: wassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, 1052 cm3, zwei oben liegende, kettengetriebene Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Schlepphebel, Sechsganggetriebe, O-Ring-Kette.
Nennleistung 74 kW (100 PS) bei 9000/min
Leistung offen 108 kW (147 PS) bei 10500/min

Fahrwerk: Brückenrahmen aus Aluminium, Doppelscheibenbremse vorn, Scheibenbremse hinten, Reifengröße v/h 120/70 ZR 17, 180/60 ZR 17.

Maße und Gewichte: Radstand 1470 mm, Federweg v/h 120/117 mm, Sitzhöhe 775 mm, Gewicht vollgetankt 273 kg, Tankinhalt/Reserve 24/ 4,5 Liter.

Topspeed 226 km/h (offen 273 km/h)

Beschleunigung
0–100 km/h 4,4 sek (offen 3,0 sek)

Verbrauch 4,5 bis 10,9 Liter/100 km, Normal
offen 5,7 bis 8,5 Liter/100 km, Normal

Tests in MOTORRAD*: 8/2001 (VT), 3/2001 (VT), 8/1999 (VT), 25/1996 (VT), 13/1995 (T), 18/ 1994 (VT), 7/1993 (VT), 1/1993 (T), 14/1991 (VT), 13/1991 (VT), 11/1990 (VT), 7/1990 (T)

Fazit: Kawasaki ZZ-R 1100

Die Sportskanone im Vergleichsfeld. Und dennoch keine Folterbank für Tourenfahrer, die Sitzposition passt für
Fahrer zwischen 1,70 und 2,00 Meter. In der offenen Version überrascht der bärenstarke Motor selbst verwöhnte Speedfreaks von heute.

Modelllübersicht: Suzuki GSX 1100 F

Modellgeschichte
Die Jagd nach Rundenzeiten überließ die GSX 1100 F ihrer Big-Bike-Schwester GSX-R 1100. Sie selbst hingegen sollte auf Kundenfang im sporttouristischen Lager gehen. Der Start ging allerdings daneben, denn die ersten im Herbst 1987 in Deutschland ausgelieferten Exemplare litten unter erheblichen Fahrwerksproblemen. Suzuki reagierte prompt und verpasste der während der gesamten Bauzeit intern als GV 72 C bezeichneten Maschine 1988 progressive Gabelfedern und ein neues Federbein. Ein Jahr später wurde der Rahmen verstärkt, außerdem sollten eine um 25 Millimeter längere Schwinge sowie ein flacherer Lenkkopf für besseren Geradeauslauf sorgen.
Nun konnte die F mithalten. Zwar nicht in sportlicher Hinsicht, dafür fehlte es an Schräglagenfreiheit, die Gabel war noch immer zu weich und die Bremsen schlecht zu dosieren. Aber für damalige Verhältnisse bei modernen Tourern konnte sie dank der Modellpflege punkten. Die elektrisch verstellbare Scheibe mag mancher als Spielerei abtun, auf jeden Fall sorgt sie für guten Windschutz. Positiv fällt trotz des Gewichts eine erstaunliche Leichtfüßigkeit auf, die auf die Reifendimensionen zurückzuführen ist. Auch wenn diese Anfang der Neunziger nicht mehr zeitgemäß waren: Die Kombination aus 16-Zöllern mit vorne 120 und hinten 150 Millimeter Breite
erzeugt erfreulich wenig Aufstellneigung beim Bremsen in Schräglage. Allerdings monieren manche Fahrer, dass das Motorrad in engen Kurven kippelig sei.
Der Motor blieb während der fast zehnjährigen Bauzeit der F über alle Zweifel erhaben. Mit einer offenen Nennleistung von 136 PS blies er auf der Autobahn und auf Landstraßen-Geraden zur Attacke, und der GSX-Pilot konnte reinrassige Tourer locker verblasen. Die 1100er war zwar nie ein Verkaufsrenner, ihre Daseinsberechtigung verteidigte sie dennoch erfolgreich. Nach dem Abverkauf waren 1997 insgesamt 4700 Fahrzeuge zugelassen, im aktuellen Bestand befinden sich immerhin noch rund 4000 Stück.

Kaufempfehlung
Zu Redaktionsschluss offerierte unter www. mobile.de ein bayrischer Privatverkäufer sein 1992er-Modell: 38150 Kilometer, erste Hand, Langstrecke, Sommer-Garagenfahrzeug, unfallfrei, Tankrucksack, Batterie und Bremsbeläge neu. 2350 Euro, Verhandlungsbasis. Da lohnt sich ein Probefahrttermin auf jeden Fall. Für rund 500 Euro mehr finden sich zwei Jahre jüngere Exemplare mit ähnlich vielen Kilometern auf der Uhr. Die Schwacke-Liste
empfiehlt für ein 1995er-Modell mit zirka
50000 Kilometern Laufleistung 3120 Euro als Verkaufspreis. Da die GSX 1100 F seit 1990
technisch weitgehend unverändert blieb, sollte
der Gebrauchtkäufer eher auf Kilometerstand, den allgemeinen Pflegezustand und sinnvolle Dreingaben wie etwa ein Koffer-Set achten und weniger auf das Baujahr des Fahrzeugs.

Tipps
Ein Schwachpunkt sind verschleißfreudige Kupplungsreibscheiben. Ist der Leerlauf schwierig zu finden, krachen die Gänge während
der Probefahrt schwerfällig hinein oder rutscht die Kupplung im letzten Gang durch, müssen die Scheiben getauscht werden. Vorsicht, wenn verdächtige Geräusche (von leichtem Klickern bis schwerem Mahlen) aus dem Zylinderkopf kommen. Das könnten Folgen von Ölmangel im Ventiltrieb sein. Eine regelmäßig in der Werkstatt gewartete F (Service-Heft vorlegen lassen!) wird diese Probleme vermutlich nicht kennen.

Plus / Minus: Suzuki GSX 1100 F

Plus und Minus
n voll tourentauglich
n antrittstarker Motor
n handliches Fahrwerk
n mäßige Bremsen
n geringe Schräglagenfreiheit
n hoher Kupplungsverschleiß

Technische Daten: Yamaha FJ 1200

Daten
Motor: luft-/ölgekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, 1128 cm3, zwei oben liegende, kettengetriebene Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Gabelschlepphebel, Fünfganggetriebe, O-Ring-Kette.
Nennleistung 72 kW (98 PS) bei 8000/min
Leistung offen 99 kW (136 PS) bei 9500/min

Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen aus Stahl, Doppelscheibenbremse vorn, Scheibenbremse hinten, Reifengröße v/h 120/80 VB 16, 150/80 V 16.

Maße und Gewichte: Radstand 1535 mm, Federweg v/h 140/135 mm, Sitzhöhe 780 mm, Gewicht vollgetankt 273 kg, Tankinhalt/Reserve 21/7 Liter.

Topspeed 223 km/h (offen k. A.)

Beschleunigung
0–100 km/h 3,7 sek (offen k. A.)

Verbrauch 5,4 bis 8,6 Liter/100 km, Normal
offen k. A

Tests in MOTORRAD*: 11/1996 (VT), 3/1995 (VT), 14/1991 (VT), 13/1991 (VT), 4/1990 (VT), 9/1988 (VT), 23/1987 (VT)

Fazit: Suzuki GSX 1100 F

Der Preis-Leistungs-Tipp. Gäbe es eine Auszeichnung für die beste Nebenrolle, der Suzuki würde sie gebühren. Die GSX
1100 F ist fernab von Starallüren eine treue Begleiterin und ein Arbeitstier. Auf Urlaubsfahrten läuft sie zu Hochform auf.

Modellübersicht: Yamaha FJ 1200

Modellgeschichte
Äußerlich kann (und will) die FJ 1200 ihre Herkunft aus den Achtzigern nicht verbergen. Ihre wuchtige Halbschale, ein Bugspoiler, das wirkt im Vergleich zu den schnittigen Joghurtbecher-Bikes aus den frühen Neunzigern so kleidsam wie ein Häkelpulli oder eine Bundfaltenhose. Doch egal, die Verkleidung bietet hervorragenden Windschutz, und da modische Gepflogenheiten gerne als Retro-Look wiederkehren, ist das Aussehen der Yamaha heutzutage durchaus wieder salonfähig.
Die Vorgängerin FJ 1100 lag 1984 jedenfalls voll im Trend, nicht nur, was ihr Äußeres betraf. Mit aufgebohrtem Motor und einer modifizierten Verkleidung ging die 1200er im Jahr 1986 an den Start. Freilich mit wenig sportlichen Ambitionen, denn mit ihr wollte die Kundschaft nicht möglichst schnell ums Eck braten,
sondern möglichst weit reisen. Die FJ, Typ 1XJ, chauffiert noch heute die Kilometersammler überall hin, solange die Reifen auf Asphalt rollen. Der Sitzkomfort sucht seinesgleichen, das Fahrwerk ist jedoch bei flotter Kurvenfahrt zu instabil. Geradezu unverwüstlich scheint
der nach Messungen von MOTORRAD 117 PS starke, hübsch feingerippte Vierzylinder.
Allerdings neigt der luftgekühlte Vierzylinder
im mittleren Drehzahlbereich zu starken Vibrationen.
1988 kam die modellgepflegte 3CW mit 17-Zoll- statt antiquiertem 16-Zoll-Vorderrad, digitaler Zündung sowie, Vierkolben-Bremssätteln aus dem Supersportler FZR 1000 daher, und das überflüssige Anti-Dive-System an der Gabel entfiel. Beim Modell 3YA ab 1991 lagerte Yamaha den Motor und die Sozius-Fußrasten elastisch in Gummi, was der Fahrstabilität nicht zuträglich war. Beim Federbein wuchs der
Hub von 40 auf 48 Millimeter, allerdings änderte Yamaha auch den bis dato so praktischen Verstellmechanismus, so dass Dämpfung und Federbasis nunmehr äußerst fummelig zu justieren waren. Die Gabel musste seit der 3YA ohne Dämpfungsverstellung auskommen. Dafür war die FJ 1200 seit 1991 gegen Aufpreis mit ABS zu haben. Das Käuferinteresse ging dennoch zurück, 1996 rollten nach zehnjähriger Bauzeit die letzten FJ 1200 vom Band.

Kaufempfehlung
3CW oder 3YA, das ist hier die Frage. Attrak-
tiv: die 3YA (ab 1991) mit ABS. Schließlich sind
FJ 1200 A beim Gebrauchtkauf kaum teurer als die Basisversion, in den Kleinanzeigen oder beim Händler jedoch nur selten zu finden. Die meisten 3YA kosten deutlich über 3000 Euro
bei Kilometerständen jenseits von 50000. Bei der Fahndung nach preisgünstigeren Model-
len mit geringerer Laufleistung geraten sehr
gut gepflegte 3CW-Modelle (1988 bis 1990)
mit wenigen Vorbesitzern ins Visier. Spannend wird es, wenn Koffer, neue Verschleißteile
oder gar ein renoviertes Fahrwerk im Preis inklusive sind.

Tipps
Dem brachialen Antritt dieses Big Bikes ist die Kupplung auf Dauer nicht gewachsen. Clevere FJ-Besitzer bauen deshalb die stärkere Kupplung des Naked Bikes XJR 1300 ein. Zuwendung benötigt das schlappe Fahrwerk. Mit
progressiven Gabelfedern und einem voll
einstellbaren Austausch-Federbein der Spezialisten Wilbers, Telefon 05921/717179, Wirth, Telefon 04189/811020, White Power, Telefon 05924/7836-0, oder Öhlins, Telefon 08669/ 848-0, lässt sich das Motorrad erheblich
aufwerten. Fans der FJ tauschen sich unter www. effjott-ig.de aus.

Plus / Minus: Yamaha FJ 1200

Plus und Minus
n drehmomentstarker Motor
n gute Verarbeitung
n sehr hohe Reisetauglichkeit
n hoher Verbrauch
n schwache Kupplung
n zu weiche Federelemente

Honda CBR 1000 F: Gebrauchtberatung

Daten
Motor: luftgekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, 1188 cm3, zwei oben liegende, kettengetriebene Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Tassenstößel, Fünfganggetriebe, O-Ring-Kette.
Nennleistung 72 kW (98 PS) bei 8500/min
Leistung offen 95 kW (129 PS) bei 8500/min

Fahrwerk: Doppelschleifenrahmen aus Stahl, Doppelscheibenbremse vorn, Scheibenbremse hinten, Reifengröße v/h 120/70 V 17, 150/80 V 16.

Maße und Gewichte: Radstand 1495 mm, Federweg v/h 150/119 mm, Sitzhöhe 780 mm, Gewicht vollgetankt 282 kg, Tankinhalt/Reserve 22/5 Liter.

Topspeed 212 km/h (offen 225 km/h)

Beschleunigung
0–100 km/h 4,1 sek (offen 3,7 sek)

Verbrauch 5,1 bis 10,1 Liter/100 km, Normal
offen 5,1 bis 11,4 Liter/100 km, Normal

Tests in MOTORRAD*: 14/1993 (VT), 15/1992 (VT), 14/1991 (VT), 13/1991 (VT), 4/1990 (VT), 7/1988 (T), 23/1987 (VT), 21/1986 (VT), 15/1986 (VT), 10/1986 (T), 3/1986 (VT)

Honda CBR 1000 F: Gebrauchtberatung

Touring mit Express-Zuschlag. Die FJ 1200 ist vergleichsweise teuer, hat aber schon Kultstatus. So wird das sauber verarbeitete Motorrad wohl wertstabil bleiben. Wer öfter reisen und nur selten rasen möchte, ist gut bedient.

Zur Startseite
Kawasaki ZZ-R 1100
Artikel 0 Tests 0 Markt 0
Alles über Kawasaki ZZ-R 1100
Mehr zum Thema Sporttourer
Aprilia Tuono V4, KTM 1290 Super Duke GT Vergleichstest
Naked Bike
Podcast MOTORRAD RIDE Folge 6
Reisen
Teaserbild Kawasaki 1400 GTR Gebrauchtkauf
Gebrauchtkauf
BMW R 1250 RS, Kawasaki Z 1000 SX
Tourer
Mehr anzeigen